Deutscher Bundestag Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 379 – Drucksache 16/10140<br />
Voraus exakt berechnen lässt, ohne dass eine Risikobewertung<br />
erforderlich ist. 189 Eine solche präzise Berechnung<br />
ist beispielsweise bei Zuschüssen, Zinszuschüssen<br />
oder begrenzten Steuerbefreiungen möglich, nicht aber<br />
bei Kapitalzuführungen der öffentlichen Hand. Infolge<br />
dieser Einschränkung profitieren viele kommunale Projekte,<br />
die etwa in Form eines Public-Private-Partnership-<br />
Modells realisiert werden, nicht von der in der De-minimis-Verordnung<br />
angeordneten Freistellung. Vielmehr unterliegen<br />
entsprechende Projekte der Anmeldepflicht<br />
nach Artikel 88 Abs. 3 Satz 1 EGV und sind somit für die<br />
Beteiligten mit hohen Transaktionskosten verbunden. Das<br />
Transparenzkriterium hat jedoch den Vorteil, dass die Regeln<br />
der De-minimis-Verordnung aus Sicht der Rechtsanwender<br />
eindeutig und einfach zu handhaben sind.<br />
1060. Ein möglicher Einwand gegen die De-minimis-<br />
Verordnung ist, dass sie einen absoluten Schwellenwert<br />
verwendet, der pauschal für alle Branchen gilt. Dies kann<br />
zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen, da die Freistellung<br />
unabhängig von der Größe des Marktes, der<br />
Marktstellung des Begünstigten und der konkreten Wettbewerbssituation<br />
zum Tragen kommt. Auch können bei<br />
Verwendung eines pauschalen Schwellenwerts die durch<br />
eine Beihilfe drohenden Wettbewerbsverzerrungen nicht<br />
richtig abgeschätzt werden. Gleichwohl hält die Monopolkommission<br />
die Verwendung eines Schwellenwerts,<br />
unterhalb dessen Beihilfen von geringem Umfang freigestellt<br />
werden, für ein sinnvolles Instrument der Verfahrensvereinfachung,<br />
durch das die Rechtssicherheit erhöht<br />
wird und Bürokratiekosten vermieden werden können.<br />
Hierdurch wird die EU-Kommission entlastet und eine<br />
Konzentration auf problematische Fälle ermöglicht, in<br />
denen erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigungen drohen.<br />
Jedoch ist der inzwischen auf 200 000 Euro angehobene<br />
Schwellenwert immer noch sehr niedrig angesetzt.<br />
1061. Die Monopolkommission ist der Ansicht, dass darüber<br />
hinaus auch bei Beihilfen, die ein höheres Volumen<br />
aufweisen, erleichterte Freistellungsvoraussetzungen eingeführt<br />
werden sollten. So könnte der EU-Kommission<br />
bei Beihilfen, die einen näher zu definierenden Betrag<br />
– der bei 1 Mio. Euro angesetzt werden könnte – ein Aufgreifermessen<br />
eingeräumt werden. 190 Bei Beihilfen unterhalb<br />
dieses Schwellenwertes sollte widerlegbar vermutet<br />
werden, dass keine spürbare Wettbewerbsverfälschung<br />
nach Artikel 87 Abs. 1 EGV vorliegt. Diese Vermutung<br />
sollte allerdings nur gelten, wenn die Beihilfe zusätzlich<br />
tätigkeitsbezogen vergeben wird, die Beihilfenintensität<br />
191 vergleichsweise gering ist (nicht mehr als<br />
30 Prozent) und die Zuwendung in einem offenen und<br />
transparenten Verfahren vergeben wird. 192<br />
6.2.2 Entwurf einer allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung<br />
1062. Um die Zahl der anmeldepflichtigen Beihilfen zu<br />
verringern, setzt die EU-Kommission zunehmend sog.<br />
189 Vgl. hierzu Erwägungsgrund 12 der De-minimis-Verordnung.<br />
190 Vgl. hierzu bereits oben Tz. 1015 ff.<br />
191 Als Beihilfenintensität wird der Anteil der Förderung an den Gesamtausgaben<br />
des jeweiligen Projekts bezeichnet.<br />
192 Vgl. hierzu näher unten Tz. 1106 ff.<br />
Gruppenfreistellungsverordnungen ein. Diese Gruppenfreistellungsverordnungen<br />
stellen unmittelbar anwendbares<br />
Recht dar und ihre korrekte Anwendung kann – etwa<br />
auf Betreiben eines Konkurrenten des begünstigten Empfängers<br />
– vor den nationalen Gerichten überprüft werden.<br />
Die Kommission kündigt im SAAP an, die bisherigen<br />
Gruppenfreistellungsverordnungen durch eine einheitliche<br />
Gruppenfreistellungsverordnung zu vereinfachen, zu<br />
konsolidieren und um weitere Bereiche zu ergänzen. Inzwischen<br />
hat die EU-Kommission einen Entwurf für eine<br />
allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung veröffentlicht.<br />
193 Der Verordnungsentwurf sieht die Möglichkeit<br />
einer Freistellung für fast alle Wirtschaftszweige vor und<br />
wird – wenn er umgesetzt wird – eine Vielzahl der Beihilfenfälle<br />
erfassen. Die Mitgliedstaaten wären künftig nicht<br />
mehr verpflichtet, Beihilfen, die unter diese Verordnung<br />
fallen und die darin festgelegten Voraussetzungen erfüllen,<br />
bei der Kommission anzumelden und vor Gewährung<br />
der Beihilfen die Genehmigung der Kommission abzuwarten.<br />
Sie könnten ihre Beihilfenmaßnahmen vielmehr<br />
sofort umsetzen.<br />
1063. Die bisherigen fünf Gruppenfreistellungsverordnungen<br />
(für Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen<br />
(im Folgenden: KMU 194 ), Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen<br />
für KMU, Beschäftigungsbeihilfen, Ausbildungsbeihilfen<br />
und Regionalbeihilfen) sollen in der allgemeinen<br />
Gruppenfreistellungsverordnung aufgehen; sie<br />
soll darüber hinaus neue Gruppen von Beihilfen erfassen:<br />
Umweltschutzbeihilfen, Risikokapitalbeihilfen sowie<br />
Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen für Großunternehmen.<br />
1064. Für die verschiedenen Gruppen werden im Verordnungsentwurf<br />
die maximal zulässigen Beihilfenintensitäten<br />
sowie die beihilfenfähigen Kosten näher definiert.<br />
Durch die Höhe der zulässigen Beihilfenintensität als<br />
dem Anteil, zu dem sich ein Mitgliedstaat an den (anerkannten)<br />
Gesamtkosten des Projekts beteiligen darf,<br />
bringt die EU-Kommission zum Ausdruck, wie erheblich<br />
sie das Risiko einer Wettbewerbsverfälschung in Bezug<br />
auf die jeweilige Beihilfenkategorie und deren voraus-<br />
193 Vgl. Aufforderung zur Stellungnahme zu dem Entwurf der Allgemeinen<br />
Gruppenfreistellungsverordnung der Kommission für staatliche<br />
Beihilfen, ABl. EU Nr. C 210 vom 8. Septembr 2007, S. 14.<br />
194 Der Begriff der kleinen und mittleren Unternehmen wird in Anhang I<br />
der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 der Kommission vom 12. Januar<br />
2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf<br />
staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. EG<br />
Nr. L 10 vom 13. Januar 2001, S. 33) wie folgt wiedergegeben:<br />
„Artikel 1<br />
(1) Die kleinen und mittleren Unternehmen, nachstehend ,KMU’ genannt,<br />
werden definiert als Unternehmen, die<br />
– weniger als 250 Personen beschäftigen und<br />
– einen Jahresumsatz von höchstens 40 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme<br />
von höchstens 27 Mio. Euro haben und<br />
– die das in Absatz 3 definierte Unabhängigkeitskriterium erfüllen.<br />
(2) Für den Fall, dass eine Unterscheidung zwischen kleinen und<br />
mittleren Unternehmen erforderlich ist, werden die „kleinen Unternehmen“<br />
definiert als Unternehmen, die<br />
– weniger als 50 Personen beschäftigen und<br />
– einen Jahresumsatz von höchstens 7 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme<br />
von höchstens 5 Mio. Euro haben und<br />
– die das in Absatz 3 definierte Unabhängigkeitskriterium erfüllen.“