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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 378 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

EU-Kommission hat es jedoch versäumt, im SAAP eine<br />

stärker ökonomisch fundierte Analyse für den vorgelagerten<br />

Beihilfentatbestand (Artikel 87 Abs. 1 EGV) vorzusehen.<br />

Hier nimmt die EU-Kommission – insbesondere bei<br />

der Prüfung des Merkmals der Wettbewerbsverfälschung –<br />

regelmäßig nur die bereits dargestellte kursorische und<br />

pauschale Untersuchung vor. Diese bleibt weit hinter den<br />

Maßstäben zurück, die traditionell im EU-Kartellrecht<br />

angewendet worden sind und welche die EU-Kommission<br />

dort nun unter Berufung auf einen more economic<br />

approach durch stärker ökonomisch fundierte Kriterien<br />

ersetzen möchte. Eine nähere Untersuchung der marktstrukturellen<br />

Ausgangssituation und Wettbewerbslage<br />

soll nach dem Vorschlag der EU-Kommission im Beihilfenrecht<br />

erst auf Stufe 3 der Abwägungsprüfung auf<br />

Rechtfertigungsebene erfolgen. Die Prüfung läuft auf<br />

eine Verhältnismäßigkeitsprüfung hinaus, bei der die Geeignetheit,<br />

Erforderlichkeit und Angemessenheit einer<br />

staatlichen Maßnahme untersucht werden.<br />

1056. Im Vorfeld einer Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />

wird jedoch üblicherweise näher untersucht, ob ein Eingriff<br />

vorliegt. Hier steht zwar nicht ein Eingriff im engeren<br />

Sinne, also ein Eingriff in eine bestimmte subjektive<br />

Rechtsposition, in Rede. Vielmehr geht es um einen Eingriff<br />

in Form einer Wettbewerbsbeeinträchtigung im europäischen<br />

Binnenmarkt. Nur wenn eine solche Beeinträchtigung<br />

vorliegt, ist der EU-Kommission nach Artikel<br />

87 ff. EGV die Kompetenz übertragen, mitgliedstaatliche<br />

Maßnahmen einer Beihilfenkontrolle zu unterziehen.<br />

Denn wie bereits dargelegt worden ist, bildet nur der<br />

Schutz des Wettbewerbs im Binnenmarkt das Leitbild der<br />

europäischen Beihilfenbestimmungen. Die Monopolkommission<br />

hält es generell für sachgerecht, bei bestimmten<br />

Formen mitgliedstaatlicher Beihilfen das Vorliegen einer<br />

Wettbewerbsverfälschung zu vermuten und innerhalb des<br />

Beihilfentatbestands auch ansonsten mit Vermutungen zu<br />

arbeiten. Da jedoch die Merkmale der Selektivität und der<br />

Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels sehr<br />

weit ausgelegt werden, ist eine pauschale Vermutung<br />

nicht in sämtlichen Fällen gerechtfertigt. Ein Reformansatz<br />

im Beihilfenrecht sollte nach Auffassung der Monopolkommission<br />

daher auch auf Tatbestandsebene,<br />

insbesondere bei den Merkmalen der Wettbewerbsverfälschung<br />

und des zwischenstaatlichen Handels des Artikel<br />

87 Abs. 1 EGV, ansetzen.<br />

6.2 Konkrete Umsetzung des SAAP –<br />

Beispiele<br />

1057. Seit der Veröffentlichung des SAAP im Juni 2005<br />

sind bereits zahlreiche Maßnahmen zur Umsetzung der<br />

darin angekündigten Reform getroffen worden. 186 Zudem<br />

hat die Generaldirektion Wettbewerb intern organisatori-<br />

186 Zu nennen sind:<br />

Im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem<br />

Interesse: Die Entscheidung der Kommission vom 28. November<br />

2005 über die Anwendung von Artikel 86 Abs. 2 EGV auf staatliche<br />

Beihilfen, die bestimmten, mit der Erbringung von Dienstleistungen<br />

von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen<br />

als Ausgleich gewährt werden (ABl. EU Nr. L 312 vom 29. November<br />

2007, S. 67) sowie ein Gemeinschaftsrahmen für staatliche Bei-<br />

sche Maßnahmen im Zuge des more economic approach<br />

ergriffen. Ebenso wie die Merger Task Force wurde die<br />

Beihilfenabteilung (State Aid) aufgelöst und in die vorhandenen<br />

Abteilungen für die verschiedenen Industriesektoren<br />

eingegliedert, um so das dort vorhandene Wissen<br />

nutzen zu können. Zur Verdeutlichung des<br />

Reformansatzes der EU-Kommission sollen nachstehend<br />

exemplarisch drei verschiedene Umsetzungsmaßnahmen<br />

vorgestellt werden.<br />

6.2.1 Erweiterung der De-minimis-Verordnung<br />

1058. Die EU-Kommission hatte bereits im SAAP angekündigt,<br />

die Obergrenze für die De-minimis-Beihilfen zu<br />

erhöhen. Inzwischen ist eine entsprechende Verordnung<br />

ergangen. Zuvor galten Finanzhilfen, die einen Gesamtbetrag<br />

von 100 000 Euro innerhalb von drei Jahren nicht<br />

überschreiten, nicht als staatliche Beihilfen. In der neuen<br />

De-minimis-Verordnung wird dieser Betrag nun auf<br />

200 000 Euro angehoben. Kreditsicherheiten werden in<br />

einer Höhe von bis zu 1,5 Mio. Euro zugelassen.<br />

1059. Die Verordnung gilt jedoch nur für sog. „transparente“<br />

Beihilfen. 187 Eine Beihilfe gilt nur dann als transparent,<br />

wenn sich ihr Bruttosubventionsäquivalent 188 im<br />

187 hilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen<br />

gewährt werden (ABl. EU Nr. C 297 vom 29. November 2005,<br />

S. 4).<br />

Im Bereich Regionalbeihilfen: Die Verordnung (EG) Nr. 1628/2006 der<br />

Kommission vom 24. Oktober 2006 über die Anwendung der Artikel<br />

87 und 88 EGV auf regionale Investitionsbeihilfen der Mitgliedstaaten<br />

(Gruppenfreistellungsverordnung im Bereich regionaler Investitionsbeihilfen)<br />

(ABl. EU Nr. L 302 vom 1. November 2006, S. 29) sowie die<br />

Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007 bis<br />

2013 (ABl. EU Nr. C 54 vom 4. März 2006, S. 13). In den Leitlinien legt<br />

die EU-Kommission dar, unter welchen Voraussetzungen sie Beihilfen<br />

zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmter benachteiligter<br />

Gebiete innerhalb der EU nach Artikel 87 Abs. 3 Buchstabe a<br />

und c EGV als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ansieht. Sie differenziert<br />

insoweit zwischen Investitionsbeihilfen an große Unternehmen,<br />

Betriebsbeihilfen und Investitionsbeihilfen an KMU, die in den<br />

benachteiligten Gebieten ansässig sind.<br />

Darüber hinaus sind zu nennen: Die De-minimis-Verordnung (Verordnung<br />

Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über<br />

die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis“-<br />

Beihilfen, ABl. EU Nr. L 379 vom 28. Dezember 2006, S. 5), die<br />

Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Förderung<br />

von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen<br />

(ABl. EU Nr. C 194 vom 18. August 2006, S. 2), die Mitteilung der<br />

Kommission an die Mitgliedstaaten zur Änderung der Mitteilung<br />

nach Artikel 93 Absatz 1 EGV zur Anwendung der Artikel 92 und 93<br />

EGV auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (ABl. EU Nr. C 325<br />

vom 22. Dezember 2005, S. 22), der Gemeinschaftsrahmen für staatliche<br />

Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation (ABl. EU<br />

Nr. C 323 vom 30. Dezember 2006, S. 1) sowie die Leitlinien der Gemeinschaft<br />

für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. EU Nr. C 82<br />

vom 1. April 2008, S. 1).<br />

Außerdem hat die EU-Kommission mehrere Vorschläge für künftige<br />

Regelwerke vorgelegt, insbesondere einen Entwurf der Allgemeinen<br />

Gruppenfreistellungsverordnung für staatliche Beihilfen.<br />

187 Vgl. Artikel 2 Abs. 4 der De-minimis-Verordnung.<br />

188 Das Subventionsäquivalent oder der Barwert einer Förderung gibt<br />

den wirtschaftlichen Nutzen einer Förderung wieder. Das Subventionsäquivalent<br />

wird häufig in Prozent der gesamten (berücksichtigungsfähigen)<br />

Projektkosten angegeben. Das sog. Bruttosubventionsäquivalent<br />

unterscheidet sich vom Nettosubventionsäquivalent<br />

dadurch, dass die Besteuerung der Fördermittel nicht berücksichtigt<br />

wird.

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