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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 376 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

6.1.1 Inhalt des SAAP<br />

1046. Im SAAP benennt die EU-Kommission vier<br />

Grundsätze, die mit einer Reform des Beihilfenrechts verfolgt<br />

werden sollen:<br />

– weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen,<br />

– effizientere Verfahren, bessere Rechtsanwendung,<br />

größere Berechenbarkeit und mehr Transparenz,<br />

– geteilte Verantwortung zwischen Kommission und<br />

Mitgliedstaaten sowie<br />

– eine verfeinerte wirtschaftliche Betrachtungsweise<br />

(more economic approach 178).<br />

6.1.1.1 Weniger und besser ausgerichtete<br />

staatliche Beihilfen<br />

1047. Der SAAP greift das durch den Europäischen Rat<br />

im Rahmen der Lissabon-Strategie formulierte Ziel auf,<br />

dass die Mitgliedstaaten künftig weniger Beihilfen gewähren<br />

und diese zudem gezielter vergeben sollten. 179<br />

Demnach sollen das quantitative Beihilfenniveau abgesenkt<br />

und die Beihilfen auf die Ziele der Lissabon-<br />

Agenda (Innovation sowie Forschung und Entwicklung,<br />

Investitionen in Humankapital, Förderung von Unternehmensgründungen)<br />

hin ausgerichtet werden. Die EU-<br />

Kommission möchte laut SAAP die Beihilfen, die kein<br />

gemeinsames Interesse der Gemeinschaft verfolgen, auf<br />

ein Minimum reduzieren. Die besonders problematischen<br />

Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen sind nach<br />

Möglichkeit zu vermeiden. Mitgliedstaatliche Beihilfen<br />

sollen vielmehr horizontale Zielsetzungen verfolgen, die<br />

im Gegensatz zu sektoralen Hilfen nicht von vornherein<br />

auf einzelne Wirtschaftszweige begrenzt sind. Beihilfen<br />

sollen insbesondere dann zulässig sein, wenn ein Marktversagen<br />

vorliegt.<br />

178 Wörtlich heißt es in der englischen Fassung des SAAP in Tz. 18:<br />

„a refined economic approach“.<br />

179 Auf einem Sondergipfel im März 2000 in Lissabon haben die Staatsund<br />

Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten (Europäischer Rat) die<br />

sog. Lissabon-Strategie mit dem Ziel verabschiedet, die EU innerhalb<br />

von zehn Jahren zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten<br />

wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Die Produktivität<br />

und Innovationsgeschwindigkeit soll durch verschiedene politische<br />

Maßnahmen erhöht werden. Die Lissabon-Strategie ist insbesondere<br />

auf Innovation und internationale Wettbewerbsfähigkeit der<br />

EU ausgerichtet. Auf einem Treffen im März 2005 zog der Europäische<br />

Rat eine Zwischenbilanz. Da sich der Wachstumsabstand, insbesondere<br />

zu den USA, in den vergangenen fünf Jahren vergrößert hatte,<br />

wurden bei diesem Treffen keine konkreten Zielvorgaben<br />

formuliert. Es wurde jedoch eine Neubelebung der Lissaboner<br />

Wachstumsziele beschlossen. Insoweit soll jeder Mitgliedstaat eigene<br />

Reformprogramme erstellen. In seinen Schlussfolgerungen geht der<br />

Europäische Rat auch auf nationale Beihilfen ein: „Der Europäische<br />

Rat ersucht die Mitgliedstaaten, zusätzlich zu einer aktiven Wettbewerbspolitik<br />

das allgemeine Niveau staatlicher Beihilfen weiter zu<br />

senken, wobei etwaigen Ausfällen der Märkte jedoch Rechnung zu<br />

tragen ist. Diese Tendenz muss mit einer Umlenkung der Mittel<br />

zugunsten bestimmter horizontaler Ziele – wie z. B. Forschung und<br />

Innovation sowie Erschließung von Humankapital – einhergehen.<br />

Darüber hinaus sollte die Reform der Regionalbeihilfen im Sinne der<br />

Lissaboner Ziele ein hohes Investitionsniveau begünstigen und das<br />

Gefälle zwischen den Regionen verringern.“<br />

Grundsätzlich begrüßt die Monopolkommission diese<br />

Zielsetzungen. Sie gibt jedoch zu bedenken, dass der EU-<br />

Kommission im Rahmen der Beihilfenkontrolle nach Artikel<br />

87 ff. EGV keine fiskalpolitische Kompetenz zusteht.<br />

Die Überwachung des Ressourceneinsatzes durch<br />

die Mitgliedstaaten gehört nicht zu den Aufgaben der EU-<br />

Kommission. Die europäischen Beihilfenvorschriften<br />

können daher nicht unmittelbar zu dem Zweck eingesetzt<br />

werden, das quantitative Beihilfenniveau in den Mitgliedstaaten<br />

abzusenken. Der Beihilfenabbau und die Verhinderung<br />

einer Verschwendung (mitglied-)staatlicher Mittel<br />

müssen in erster Linie auf nationaler Ebene sichergestellt<br />

werden. Ein Schwerpunkt der künftigen Beihilfenkontrolle<br />

sollte vielmehr sein, dass „weniger wettbewerbsverzerrende“<br />

Beihilfen gewährt werden und diese insofern<br />

besser ausgerichtet sind, als grenzüberschreitende<br />

Wettbewerbsverzerrungen im EU-Binnenmarkt so gering<br />

wie möglich gehalten werden. Eine so gestaltete europäische<br />

Wettbewerbspolitik kann nach Auffassung der Monopolkommission<br />

mittelbar zu einem begrüßenswerten<br />

Abbau des Beihilfenvolumens führen.<br />

6.1.1.2 Effizientere Verfahren, bessere Rechtsanwendung,<br />

größere Berechenbarkeit<br />

und mehr Transparenz<br />

1048. Die EU-Kommission bezweckt mit der geplanten<br />

Reform insbesondere auch ihre eigene Arbeitsentlastung.<br />

Sie möchte sich auf die problematischen Fälle konzentrieren<br />

und zu diesem Zweck den Anwendungsbereich der<br />

De-minimis-Verordnung erweitern und eine einheitliche<br />

Gruppenfreistellungsverordnung verabschieden. Das Ziel<br />

der Entlastung war auch der Hintergrund für die Kartellverfahrensverordnung,<br />

in der die zuvor als präventives<br />

Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgelegte Bestimmung<br />

des Artikel 81 Abs. 3 EGV zur unmittelbar anwendbaren<br />

Legalausnahme erklärt wurde.<br />

6.1.1.3 Geteilte Verantwortung zwischen EU-<br />

Kommission und Mitgliedstaaten<br />

1049. Die EU-Kommission fordert die Mitgliedstaaten<br />

im SAAP auf, sich um mehr Effizienz, Transparenz und<br />

eine bessere Umsetzung der Beihilfenpolitik zu bemühen.<br />

Insbesondere soll durch sorgfältigere Anmeldungen eine<br />

Verkürzung der Verfahrensdauer bewirkt werden. 180 Die<br />

EU-Kommission beabsichtigt zudem, „best practices<br />

guidelines“ herauszugeben.<br />

1050. Im SAAP wird auch der Gedanke geäußert, unabhängige<br />

Behörden in den Mitgliedstaaten zu errichten, die<br />

die EU-Kommission bei der Durchsetzung des Beihilfenrechts<br />

unterstützen sollen. 181 Die Kommission greift insoweit<br />

auf die Erfahrungen im Rahmen des letzten Beitrittsprozesses<br />

zurück, in dessen Verlauf in den neuen<br />

Mitgliedstaaten Kontrollbehörden für die Überprüfung<br />

der staatlichen Beihilfen zuständig waren.<br />

180 Vgl. SAAP, Tz. 49.<br />

181 Vgl. SAAP, Tz. 51.

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