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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 345 – Drucksache 16/10140<br />

rung einer Beihilfe für den Verursacher eines negativen<br />

externen Effektes vor dem Hintergrund bedenklich, weil<br />

dieser für die Verminderung bzw. Vermeidung des externen<br />

Effektes belohnt wird. Vielmehr müsste der Verursacher<br />

des externen Effektes dazu verpflichtet werden, die<br />

sich hieraus ergebenden externen Kosten zu tragen.<br />

2.2.2 Öffentliches Gut<br />

908. Ein Gut, das keine Rivalität im Konsum aufweist<br />

und somit grenzkostenlos mehrnutzbar ist und von dessen<br />

Nutzung niemand mit vertretbarem Aufwand und vertretbaren<br />

Mitteln ausgeschlossen werden kann, ist ein sog.<br />

reines öffentliches Gut.<br />

909. Vereinzelt wird in der ökonomischen Literatur bereits<br />

die Nichtrivalität im Konsum als hinreichende Bedingung<br />

für das Vorliegen eines öffentlichen Gutes angesehen,<br />

dessen private Bereitstellung ohne staatlichen Eingriff<br />

zu einem Marktversagen führt. 22 Das Vorliegen von<br />

Nichtrivalität hat bei einem bereits existenten Gut zur<br />

Folge, dass ein zusätzlicher Nachfrager des gleichen Gutes<br />

keine weiteren Kosten der Bereitstellung verursacht,<br />

d. h., die Grenzkosten eines zusätzlichen Nutzers sind<br />

null. Im Idealfall sollte daher niemand von der Nutzung<br />

ausgeschlossen werden. Zu einem Preis von null würde<br />

das entsprechende Gut jedoch privatwirtschaftlich ohne<br />

Subventionen gar nicht erst bereitgestellt. 23<br />

910. Das Auftreten von Nichtrivalität ist jedoch allein<br />

noch keine hinreichende Bedingung für das Vorliegen<br />

von Marktversagen. Ist es nämlich möglich, potenzielle<br />

Nachfrager von der Nutzung des Gutes auszuschließen,<br />

so kann ein Anbieter die einmaligen Bereitstellungskosten<br />

bei der Preissetzung berücksichtigen (z. B. durch<br />

mehrteilige Tarife), ohne dass es sich hierbei generell um<br />

ein – aus einer komparativen Perspektive betrachtet – ineffizientes<br />

Angebot handeln muss. 24<br />

911. In der ökonomischen Literatur wird daher überwiegend<br />

nur dann von einem öffentlichen Gut und einem<br />

hierdurch induzierten Marktversagen gesprochen,<br />

wenn zusätzlich aufgrund unzureichend definierter bzw.<br />

22 Typische Güter, die durch Nichtrivalität im Konsum gekennzeichnet<br />

sind, stellen virtuelle Güter wie Software und Inhalte in Fernsehen,<br />

Rundfunk und Internet dar.<br />

23 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Anbieter für<br />

die Bereitstellung eines Gutes in der Regel Fixkosten hat. So verursacht<br />

etwa die Bereitstellung von Software, die ebenfalls durch<br />

Nichtrivalität im Konsum gekennzeichnet ist, einmalige Forschungsund<br />

Entwicklungskosten. Die Kosten der Vervielfältigung sind jedoch<br />

vernachlässigbar gering.<br />

24 Ein derartiges Vorgehen ist auf diversen Märkten für virtuelle Güter<br />

zu beobachten, deren Bereitstellung nicht durch ein generelles<br />

Marktversagen gekennzeichnet ist. Darüber hinaus wird das Abschöpfungspreissystem<br />

(skimming pricing) in frühen Marktphasen<br />

nicht selten von Innovatoren angewendet, um so eine schnelle Amortisation<br />

der Forschungs- und Entwicklungskosten zu gewährleisten.<br />

Eine solche Strategie wird beispielsweise häufig auf dem Markt für<br />

PC-Prozessoren-Chips verfolgt, bei dem zu beobachten ist, dass der<br />

Anbieter, der den Prozessor-Chip der nächsten Generation entwickelt<br />

hat, zunächst hohe Preise verlangt, die, sobald Wettbewerber mit einem<br />

Chip gleicher Leistung in den Markt eintreten, deutlich absinken.<br />

definierbarer Verfügungsrechte ein Ausschluss zahlungsunwilliger<br />

Nachfrager nicht mit vertretbaren Mitteln<br />

möglich ist. Beispiele für ein reines öffentliches Gut<br />

stellen die innere und äußere Sicherheit eines Landes<br />

oder auch die Sicherstellung des Wettbewerbs auf Märkten<br />

dar. Kein Verbraucher kann mit vertretbaren Mitteln<br />

von den Vorteilen des Wettbewerbs ausgeschlossen werden,<br />

kein Bürger von der inneren und äußeren Sicherheit.<br />

912. Aus der Nichtausschließbarkeit resultiert ein Trittbrettfahrerverhalten:<br />

Da niemand ausgeschlossen werden<br />

kann, hat auch niemand starke Anreize, sich (ohne<br />

Zwang) an der Finanzierung eines öffentlichen Gutes zu<br />

beteiligen. Dies hat zur Folge, dass ein reines öffentliches<br />

Gut ohne staatlichen Eingriff in aller Regel nicht in effizientem<br />

Maße bereitgestellt wird.<br />

913. Die Bereitstellung eines öffentlichen Gutes muss<br />

allerdings deshalb noch lange nicht durch die öffentliche<br />

Hand erfolgen. Sie kann auch von privaten Unternehmen<br />

gewährleistet werden, sofern diese die Möglichkeit haben,<br />

durch einen öffentlichen Zuschuss ihre Kosten zu<br />

decken. 25 Eine derartige Bezuschussung kann eine Beihilfe<br />

im Sinne des Artikel 87 Abs. 1 EGV darstellen.<br />

Falls jedoch eine ordnungsgemäße Ausschreibung um die<br />

private Bereitstellung des öffentlichen Gutes erfolgt und<br />

das Unternehmen mit dem besten Angebot in Bezug auf<br />

Leistung und Preis den Zuschlag erhält, wird der in diesem<br />

Zusammenhang gewährte öffentliche Zuschuss von<br />

den europäischen Gerichten nicht als Beihilfe qualifiziert.<br />

26<br />

2.2.3 Größenvorteile im Bereich der<br />

relevanten Nachfrage<br />

914. Angebots- oder nachfrageseitige Größenvorteile<br />

im Bereich der relevanten Marktnachfrage können ein natürliches<br />

Monopol bedingen. In diesem Fall stellt ein einziger<br />

Anbieter die am Markt nachgefragte Menge am kostengünstigsten<br />

her. Angebotsseitige Größenvorteile sind<br />

z. B. bei Stromnetzen anzutreffen. Sie werden insbesondere<br />

durch das Verlegen der engmaschigen Stromverteilnetze<br />

hervorgerufen.<br />

915. Nachfrageseitige Größenvorteile entstehen durch<br />

das Auftreten bedeutender positiver Netzwerkeffekte. Ein<br />

positiver Netzwerkeffekt bezeichnet das Phänomen, dass<br />

ein neuer Nachfrager des gleichen Gutes den Nutzen der<br />

aktuellen Nachfrager erhöht. So mehrt ein neuer Nachfrager<br />

einer Anwendungssoftware den Nutzen der anderen<br />

Anwender, weil er einen zusätzlichen potenziellen<br />

Austauschpartner (z. B. für Textverarbeitungsdokumente<br />

oder Informationen) darstellt. Der sich hieraus ergebende<br />

Wunsch, an einem möglichst großen Netzwerk teilzunehmen,<br />

kann im Extremfall zur Monopolisierung des ge-<br />

25 So sind in Deutschland bereits einige Gefängnisse teilprivatisiert<br />

worden.<br />

26 Vgl. hierzu detailliert Abschnitt 5.3.4.

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