Deutscher Bundestag Unterrichtung
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Drucksache 16/10140 – 34 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />
kommission begrüßt diese Entscheidungen, weil sie einer<br />
weiter fortschreitenden vertikalen Konzentration im<br />
Stromsektor entgegenwirken. Sie sieht in der Vorwärtsintegration<br />
der Duopolmitglieder eine Marktabschottung<br />
und einen sukzessiven Ausbau von Marktmacht. Darüber<br />
hinaus stellt die vertikale Integration nach Auffassung der<br />
Monopolkommission eine erhebliche Marktzutrittsschranke<br />
dar, die verhindert, dass sich potenzielle Wettbewerber<br />
auf dem Strommarkt etablieren können, die nicht<br />
alle Marktstufen abdecken. Zudem wäre im Falle einer<br />
fortschreitenden vertikalen Integration, zum Beispiel<br />
durch Stadtwerksbeteiligungen, der Einfluss auf die Erzeugungskapazitäten<br />
der Stadtwerke, als aktuell einzigem<br />
Gegenpol zu den vier Verbundunternehmen, ausgesprochen<br />
kritisch zu sehen.<br />
68.* Im November 2007 hat das Bundeskartellamt die<br />
Übernahme der Lotto Rheinland-Pfalz durch das Land<br />
Rheinland-Pfalz untersagt, da diese zu einer Verstärkung<br />
der marktbeherrschenden Stellung der Lotto Rheinland-<br />
Pfalz in Rheinland-Pfalz und zu einer Verstärkung marktbeherrschender<br />
Stellungen der Lottogesellschaften in Baden-Württemberg,<br />
Bayern, Hessen, Sachsen und Thüringen<br />
auf den Lottomärkten in den jeweiligen Ländern<br />
führen würde. Die Lotto Rheinland-Pfalz ist derzeit die<br />
einzige unter den deutschen Landeslottogesellschaften,<br />
die durch das Bundesland, in dessen Auftrage sie Glücksspiele<br />
veranstaltet, nicht kontrolliert wird. Die Monopolkommission<br />
sieht in dem Zusammenschlussverfahren die<br />
Besonderheit, dass das Land Rheinland-Pfalz auch ohne<br />
den Zusammenschluss der alleinige Veranstalter von<br />
Glücksspielen in Rheinland Pfalz würde. Dies ergibt sich<br />
aus dem neuen rheinland-pfälzischen Landesglücksspielgesetz,<br />
nach dem das Land Rheinland-Pfalz nur noch<br />
dann eine Konzession an die Lotto Rheinland-Pfalz erteilt,<br />
wenn es daran eine Mehrheit besitzt. Andernfalls<br />
will das Land Rheinland-Pfalz die Austragung von<br />
Glücksspielen auf eine Eigengesellschaft übertragen.<br />
Scheitert das Fusionsverfahren an einer Untersagung des<br />
Bundeskartellamtes, dann geht die Veranstaltung von<br />
Glücksspielen in Rheinland-Pfalz somit dennoch auf das<br />
Land Rheinland-Pfalz über. Dies lenkt eine besondere<br />
Aufmerksamkeit auf die Prüfung der Kausalität des Zusammenschlusses<br />
für die Begründung oder Verstärkung<br />
einer marktbeherrschenden Stellung. Hier hat das Bundeskartellamt<br />
eine, im Vergleich zur Betrachtung der Verstärkungswirkungen,<br />
kurze Analyse vorgenommen und<br />
die Kausalität bejaht. Die Monopolkommission sieht in<br />
einem solchen Fall jedoch einen besonderen Prüfbedarf,<br />
da in diesem Fall unklar bleibt, ob der Zusammenschluss<br />
tatsächlich Auswirkungen auf die Verstärkungswirkung<br />
hat und hier nicht eine effizienzsteigernde Fusion untersagt<br />
wird. Die Kausalität ist daher durch eine begründete<br />
Prognose darüber zu prüfen, ob die vom Bundeskartellamt<br />
festgestellten Verstärkungswirkungen einer marktbeherrschenden<br />
Stellung auch im Falle einer Ausrichtung<br />
der Lotterien durch das Land Rheinland-Pfalz einträten.<br />
69.* Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum von<br />
der Möglichkeit Gebrauch gemacht, einer durch einen<br />
Zusammenschluss entstehenden marktbeherrschenden<br />
Stellung im Rahmen der Abwägungsklausel Verbesserun-<br />
gen der Wettbewerbsbedingungen auf anderen Märkten<br />
gegenüberzustellen. Gewürdigt wurde die Fallpraxis des<br />
Bundeskartellamtes in zwei Fällen: Die Monopolkommission<br />
schließt sich der Argumentation des Bundeskartellamtes<br />
an, das die Schaffung einer gemeinsamen Plattform<br />
für den Handel mit Sekundärkapazitäten für den<br />
Gastransport, der trac-x, im Rahmen der Abwägungsklausel<br />
freigegeben hat. Auch die Monopolkommission sieht<br />
durch den Zusammenschluss positive Wirkungen auf die<br />
Anzahl der teilnehmenden Unternehmen, das Transaktionsvolumen,<br />
die Liquidität und das damit verbundene<br />
Entstehen von Netzwerkeffekten. Ebenso befürwortet die<br />
Monopolkommission die im April 2008 erfolgte Freigabe<br />
im Fall Kabel Deutschland/Orion-Gesellschaften. Die<br />
Überwindung der künstlichen Trennung der Netzebenen<br />
3 und 4 im deutschen Breitbandkabelnetz begünstigt den<br />
Ausbau dieser Netze als alternative Infrastruktur für das<br />
Angebot von Telekommunikationsdiensten und schafft<br />
die Voraussetzung für Infrastrukturwettbewerb mit anderen<br />
Festnetzbetreibern auf Telekommunikationsmärkten.<br />
70.* Während des Berichtszeitraums 2006/2007 gab es<br />
eine Reihe bemerkenswerter Entwicklungen bei der europäischen<br />
Fusionskontrolle: Mit 758 Zusammenschlüssen<br />
wurden mehr Fälle in Brüssel notifiziert als während der<br />
„Fusionswelle“ in den Jahren 2000/2001. Allerdings hat<br />
die Europäische Kommission – wie im vorigen Berichtszeitraum<br />
– lediglich eine Untersagung ausgesprochen<br />
(Ryanair/Aer Lingus). Die im Zuge der letzten FKVO-<br />
Reform eingeführten Verweisungsmöglichkeiten auf Initiative<br />
der Parteien, vor allem Artikel 4 Abs. 5 FKVO,<br />
haben erneut deutlich an Bedeutung gewonnen. Daneben<br />
hat die spanische Regierung die ausschließliche Zuständigkeit<br />
der Europäischen Kommission in den Fusionsfällen<br />
E.ON/Endesa und Enel/Acciona/Endesa bestritten.<br />
Bei der Marktabgrenzung ist die Europäische Kommission<br />
in mehreren Verfahren von dem Ansatz einer möglichst<br />
klaren und trennscharfen Definition abgerückt. Der<br />
SIEC-Test hat sich endgültig etabliert und wurde in einem<br />
ersten „Lücken“-Fall – T-Mobile Austria/Tele.ring – angewendet.<br />
Das Marktbeherrschungskriterium blieb – im<br />
Rahmen des neuen Tests – weiterhin von Bedeutung. In<br />
einigen Verfahren setzte sich die Europäische Kommission<br />
mit dem Effizienzeinwand auseinander. Effizienzen<br />
spielten ebenfalls eine bedeutende Rolle bei der Diskussion<br />
über die Behandlung von nichthorizontalen Zusammenschlüssen,<br />
die im November 2007 in Leitlinien der<br />
Europäischen Kommission mündete. Noch im Entwurf<br />
befinden sich die überarbeiteten Leitlinien zu Abhilfemaßnahmen.<br />
Das Gericht erster Instanz (EuG) erließ<br />
unter anderem sein lang erwartetes Urteil Schneider<br />
Electric/Kommission zu Schadensersatzansprüchen in<br />
Fusionsfällen.<br />
71.* Im Berichtszeitraum hat die spanische Regierung<br />
die ausschließliche Zuständigkeit Brüssels in den Zusammenschlussverfahren<br />
E.ON/Endesa und Enel/Acciona/<br />
Endesa bestritten. Obwohl die Europäische Kommission<br />
beide Vorhaben ohne Bedingungen genehmigt hatte,<br />
machte Spanien die Durchführung der Zusammenschlüsse<br />
von weitreichenden Auflagen abhängig. Die<br />
Monopolkommission lehnt mitgliedstaatliche Eingriffe in