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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 339 – Drucksache 16/10140<br />

satzangebot betraut wird, der dieses in der gewünschten<br />

Qualität und im gewünschten Umfang mit dem geringsten<br />

Bedarf an öffentlichen Zuschüssen bereitstellt. Im Ergebnis<br />

entstünde auf dem Krankenhausmarkt wieder eine<br />

Form dualer Finanzierung, die diesmal allerdings auf die<br />

im Hinblick auf die Investitionsanreize problematische<br />

Trennung von staatlich getragenen Investitionskosten einerseits<br />

und durch die Krankenkassen getragenen Krankenhausbetriebskosten<br />

andererseits verzichtete.<br />

880. Die Monopolkommission schlägt die Einführung<br />

spezieller Optionstarife für die Krankenhausversorgung<br />

in der gesetzlichen Krankenversicherung vor, innerhalb<br />

derer die Wahlmöglichkeiten zwischen Krankenhäusern<br />

für Patienten bei unverändertem Leistungsumfang begrenzt<br />

und die Steuerungsmöglichkeiten der Krankenkassen<br />

ausgeweitet werden. Die Krankenkassen sollen für<br />

Optionstarife mit einzelnen Krankenhäusern selektive<br />

Versorgungsverträge abschließen. Den Versicherten wird<br />

sodann die Möglichkeit eröffnet, durch ein freiwilliges<br />

Opting-out Krankenhausleistungen nur in den ausgewählten<br />

Vertragskrankenhäusern ihrer Krankenkasse wahrzunehmen.<br />

881. Die Grenzen des Optionsmodells sind durch den<br />

Gesetzgeber abzustecken und einer kontinuierlichen<br />

Überprüfung zu unterwerfen. Hierbei gilt es insbesondere<br />

zu berücksichtigen, dass den Krankenkassen auf der einen<br />

Seite hinlängliche Möglichkeiten gegeben sein müssen,<br />

ihre Tarife qualitativ zu differenzieren und so Vorteile<br />

im Wettbewerb gegenüber anderen Krankenkassen<br />

auch durch Unterschiede im Leistungsangebot zu erlangen.<br />

Auf der anderen Seite ist dem kritischen Zeitinkonsistenzproblem<br />

der Versicherten bei langfristigen Versicherungskontrakten<br />

Rechnung zu tragen. In jungen<br />

Jahren unterschätzen Versicherte regelmäßig das Bedürfnis<br />

für den Krankenversicherungsschutz, den sie im Alter<br />

benötigen. Die Monopolkommission rät deshalb dazu,<br />

durch das Optionsmodell in einem ersten Schritt lediglich<br />

den Krankenhauszugang auf die unmittelbaren Vertragskrankenhäuser<br />

der Krankenkasse zu beschränken und das<br />

Leistungsspektrum für die Versicherten im Optionstarif<br />

gegenüber dem gesetzlichen Standardtarif ansonsten unberührt<br />

zu lassen. Jeder Versicherte hat sodann auch weiterhin<br />

Anspruch auf eine Krankenhausbehandlung im<br />

vollen qualitativen Umfang des gesetzlichen Standardtarifs.<br />

Weiterhin sollen im Optionstarif die Regelungen der<br />

gesetzlichen Krankenkassen zum Versicherungsschutz im<br />

Ausland denen des gesetzlichen Standardtarifs entsprechen.<br />

Ebenso sollen Versicherte im Optionstarif im Notfall<br />

freien Zugang zu jedem Krankenhaus erhalten.<br />

882. Die Monopolkommission ist der Auffassung, dass<br />

der Wettbewerb der Krankenhäuser um die Aufnahme in<br />

die Optionstarife der gesetzlichen Krankenkassen dann zu<br />

besonders wirkungsvollen Ergebnissen gelangen kann,<br />

wenn die gesetzlichen Vorgaben zu den Inhalten von Vereinbarungen<br />

zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen<br />

nicht restriktiv sind. Insbesondere soll das DRG-Vergütungssystem<br />

für die Tarife im Optionstarif lediglich<br />

noch empfehlenden Charakter besitzen. Die Vertragspartner<br />

sollen grundsätzlich frei sein, Zu- und Abschläge oder<br />

eine alternative Vergütungsstruktur zu vereinbaren.<br />

883. Der Gesetzgeber muss außerdem Rahmenbedingungen<br />

für den Preiswettbewerb im Optionsmodell vorgeben.<br />

Politisch leicht zu vermitteln mag eine Beitragssatzsenkung<br />

für den Optionstarif sein. Jedoch bedeutete<br />

diese auch, dass die Teilnahme an dem Optionsmodell für<br />

ansonsten homogene Versichertengruppen sehr unterschiedlich<br />

attraktiv sein kann, nur weil sie sich in der<br />

Höhe ihrer Erwerbseinkommen unterscheiden. Aus Sicht<br />

der Monopolkommission ist grundsätzlich eine Preisdifferenzierung<br />

wünschenswert, die den Versicherten korrekte<br />

Signale zur Wirtschaftlichkeit ihrer Tarifentscheidung<br />

übermittelt. Idealerweise sollten daher den Versicherten<br />

Preisnachlässe in Form von kassenindividuellen, pauschalen<br />

Prämien gewährt werden. Zudem ist darüber<br />

nachzudenken, ob preismindernde Prämien nicht lediglich<br />

je Beitragszahler, sondern je Versicherten ausgezahlt<br />

werden sollen. Weiterhin ist die Möglichkeit einer regionalen<br />

Prämiendifferenzierung zu erwägen. Hierdurch<br />

würde der Tatsache Rechnung getragen, dass sich die<br />

Krankenhausversorgung überwiegend im regionalen,<br />

wohnortnahen Umfeld der Versicherten abspielt, daher<br />

auch für den einzelnen Versicherten die vor Ort zwischen<br />

seiner Krankenkasse und den Krankenhäusern geschlossenen<br />

selektiven Verträge eine besondere Relevanz besitzen.<br />

884. Es wäre anreizschädlich, Kostenersparnisse, die<br />

eine Krankenkasse alleine aus der erfolgreichen Einführung<br />

ihres Optionstarifes bei einem Teil ihrer Versicherten<br />

erzielt, ganz oder teilweise zugunsten allgemeiner Solidarziele<br />

über den Risikostrukturausgleich auch den<br />

Versicherten im Standardtarif zukommen zu lassen. Die<br />

Monopolkommission empfiehlt daher, den Risikostrukturausgleich<br />

für die Tarife des Optionsmodells unter Beachtung<br />

des hierfür erforderlichen zusätzlichen bürokratischen<br />

Aufwandes von dem Risikostrukturausgleich für<br />

den gesetzlichen Standardtarif zu trennen.<br />

885. Damit der Vertragswettbewerb der Krankenkassen<br />

funktionsfähig wird, muss schließlich die Nachfragemacht<br />

marktbeherrschender Krankenkassen angegriffen<br />

werden. Die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den<br />

gesetzlichen Krankenkassen und den Krankenhäusern<br />

sind daher nach Auffassung der Monopolkommission im<br />

vollen Umfang wettbewerbsrechtlichen Regelungen und<br />

kartellrechtlicher Kontrolle zu unterwerfen. Die Bereichsausnahme<br />

des § 69 SGB V für die Rechtsbeziehungen<br />

zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den Leistungserbringern<br />

vom deutschen Kartell- und Unlauterkeitsrecht<br />

soll daher zumindest für den Krankenhaussektor<br />

aufgehoben werden. Für alle übrigen Beziehungen der<br />

Krankenkassen zu den Leistungsbringern im Gesundheitswesen<br />

ist sie einer kritischen Überprüfung im Hinblick<br />

auf eine stärker wettbewerbliche Ausrichtung des<br />

Gesundheitsmarktes insgesamt zu unterziehen.

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