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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 333 – Drucksache 16/10140<br />

nehmers ungleich stärker beeinflusst sein als von der Erwartung<br />

über seinen mit großen Unwägbarkeiten behafteten<br />

zukünftigen Bedarf. Gerade mit Blick auf das auch<br />

mit Unannehmlichkeiten und Ängsten behaftete Thema<br />

Krankheit und Vorsorge mögen daher die individuellen<br />

Einschätzungen der hiermit verbundenen persönlichen<br />

und wirtschaftlichen Risiken systematisch von dem Ergebnis<br />

eines rationalen Erwartungsbildungsprozesses abweichen.<br />

Die Monopolkommission ist deshalb der Auffassung,<br />

dass das Optionsmodell in einem ersten Schritt<br />

lediglich den Krankenhauszugang auf die unmittelbaren<br />

Vertragskrankenhäuser der Krankenkasse beschränken<br />

und ansonsten das Leistungsspektrum für die Versicherten<br />

im Optionstarif gegenüber dem gesetzlichen Standardtarif<br />

unverändert lassen soll. Nach einer Evaluation<br />

der mit diesem Modell in der Einführungsphase gemachten<br />

Erfahrungen kann zu einem späteren Zeitpunkt ganz<br />

im Sinne der wettbewerblichen Öffnung des Krankenhausmarktes<br />

über weitere Schritte nachgedacht werden.<br />

4.3 Selektive Versorgungsverträge im<br />

Optionstarif<br />

4.3.1 Die Perspektive der Krankenkassen<br />

860. Bereits ein moderates Optionsmodell sollte positive<br />

Anreizwirkungen im Hinblick auf ein differenzierteres<br />

Angebot von gesetzlichen Krankenversicherungsverträgen<br />

und die wettbewerbliche Versorgung der<br />

Bevölkerung mit Krankenhausleistungen entfalten. Die<br />

Krankenkassen schließen für ihre im Optionstarif Versicherten<br />

selektive Versorgungsverträge mit ausgewählten<br />

Krankenhäusern ab. Ziel jeder Krankenkasse muss es<br />

hierbei sein, schließlich für Versicherte durch die geeignete<br />

Ausgestaltung ihres Optionstarifs hinsichtlich der<br />

Preis- und/oder Qualitätskomponente gegenüber den Angeboten<br />

konkurrierender Krankenkassen attraktiv zu werden.<br />

Entsprechend stützen sie auf der Suche nach geeigneten<br />

Krankenhäusern die Nachfragepräferenzen ihrer<br />

Zielgruppen und suchen nicht notwendigerweise nach<br />

denjenigen Vertragspartnern im Krankenhaussektor, die<br />

für die Behandlung einer bestimmten Diagnose den günstigsten<br />

Preis aufrufen. Je nach Kundensegment und ihrer<br />

jeweiligen Fähigkeit, den Versicherungsnehmern einen<br />

tatsächlichen Qualitätsvorsprung auch zu vermitteln,<br />

kann daher ebenso die besonders hohe Qualität des Leistungsangebotes<br />

eines Krankenhauses den Ausschlag zum<br />

Vertragsschluss bieten.<br />

861. Um hinlängliche Anreize für preis- und qualitätswirksame<br />

selektive Vertragsschlüsse zu besitzen, müssen<br />

Krankenkassen verhindern können, dass die Versicherten<br />

im Optionstarif Leistungen in ungeschmälertem Umfang<br />

in anderen Krankenhäusern als den Vertragskrankenhäusern<br />

in Anspruch nehmen. Im Wettbewerb der Krankenkassen<br />

sollte dann ein Tarif mit einer höheren Versorgungsqualität<br />

und mit größeren Freiheitsgraden für den<br />

Versicherten teurer sein als ein Tarif, der eine stärkere Lenkung<br />

des Versicherten durch die Krankenkasse vorsieht.<br />

Die Tarife im Optionsmodell sollten umso preisgünstiger<br />

werden, je schwieriger den Versicherten ein Wechsel zu-<br />

rück in den gesetzlichen Standardtarif fällt. Zwar ist das<br />

solidarische Finanzierungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung,<br />

innerhalb dessen nicht alleine die Vermögensrisiken<br />

einer Erkrankung, sondern zusätzlich soziale<br />

Risiken umverteilt werden, nicht in gleicher Weise wie<br />

die private risikoorientierte Krankenversicherung darauf<br />

angewiesen, dass jeder Rückkehrer in das Vollversicherungssystem<br />

fortan einen seinem gegebenenfalls in der<br />

Zwischenzeit gestiegenen Erkrankungsrisiko entsprechenden<br />

höheren Versicherungsbeitrag entrichtet. Zur Realisierung<br />

der Einsparpotenziale durch selektives Kontrahieren<br />

ist es erforderlich, eine zumindest befristete Bindung der<br />

Versicherten an den freiwillig durch sie gewählten Optionstarif<br />

zuzulassen. Andernfalls böte sich für gesunde<br />

Versicherte eine Möglichkeit zu schädlichem Trittbrettfahrerverhalten.<br />

Sie könnten als Gesunde zunächst von dem<br />

preisgünstigen Optionsmodell profitieren und später als<br />

Erkrankte in den gesetzlichen Standardtarif mit seinen<br />

größeren Wahlfreiheiten zurückkehren. Für die Krankenkassen<br />

als Kostenträger im Gesundheitswesen wäre es sodann<br />

auch im Optionstarif unmöglich, die Wahlentscheidungen<br />

ihrer Versicherten kostensparend zu beeinflussen<br />

und die Patienten in die vergleichsweise günstigen Vertragskrankenhäuser<br />

zu steuern.<br />

4.3.2 Die Perspektive der Krankenhäuser<br />

862. Ziel der Krankenhäuser im Vertragswettbewerb ist<br />

es, von den Krankenkassen für ihre Optionstarife als Vertragskrankenhäuser<br />

berücksichtigt zu werden. Wettbewerbsparameter<br />

sind konkurrenzfähige Preise einerseits<br />

und eine überlegene Behandlungsqualität andererseits.<br />

Denn die Zusammenstellung der für die Patienten im<br />

Krankheitsfall verfügbaren Vertragskrankenhäuser bestimmt<br />

dann im Verbund mit der Höhe des Versichertenbeitrags<br />

die Attraktivität des Optionstarifs für die Versicherten.<br />

863. Welche konkreten Wirkungen die Optionstarife der<br />

gesetzlichen Krankenkassen insgesamt auf das Angebot<br />

von Krankenhausleistungen entfalten werden, muss sich<br />

im Anbieterwettbewerb erweisen. Es sind sowohl Tarife<br />

vorstellbar, die mit dem Ziel einer geringen Beitragslast<br />

für die Versicherten einzig ein Angebot zu den für das<br />

Optionsmodell geltenden gesetzlichen Mindestanforderungen<br />

bieten, als auch Tarife, die eine qualitativ hochwertige<br />

Versorgung über das Niveau des gesetzlichen<br />

Standardtarifes hinaus bereitstellen. Die Präferenzen der<br />

Versicherten entscheiden dann darüber, ob sich für letztere<br />

Tarife nicht sogar höhere Beiträge als im gesetzlichen<br />

Standardtarif am Markt werden durchsetzen lassen. 54 Die<br />

Monopolkommission ist der Auffassung, dass der Wett-<br />

54 Es ist zumindest nicht auszuschließen, dass für einen Teil der Versicherten<br />

ein Optionstarif gerade deswegen attraktiv wird, weil er eine<br />

gesteigerte Versorgungsqualität ermöglicht. Da in dem gegenwärtig<br />

durch ein standardisiertes Leistungsangebot geprägten System eine<br />

Differenzierung der Krankenkassentarife in preislicher wie in qualitativer<br />

Hinsicht nur in geringem Umfang zulässig ist, wird ein treffsicheres<br />

Abbild der Versichertenpräferenzen im Angebot auf dem Gesundheitsmarkt<br />

weitgehend erschwert. Hiervon sollte vor allen Dingen

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