Deutscher Bundestag Unterrichtung
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Drucksache 16/10140 – 330 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />
Föderalismuskommission – wird ermitteln lassen, dennoch<br />
kann die Gefahr eines Scheiterns nicht ausgeschlossen<br />
werden. Hierbei ist hervorzuheben, dass die Überführung<br />
der Krankenhausfinanzierung in ein monistisches<br />
System nicht zwangsläufig das Ende des Einflusses der<br />
Bundesländer auf die Struktur der Krankenhausversorgung<br />
bedeutet, die diese zusammen mit den kreisfreien<br />
Städten und Landkreisen sicherstellen. Sollten die Verhandlungen<br />
daher zu einem positiven Abschluss gelangen<br />
und die Bundesländer anschließend in der Summe in mindestens<br />
demselben Maße wie bisher zur Investitionsfinanzierung<br />
des Krankenhaussektors beitragen, so führt die<br />
Umstellung auf ein monistisches Finanzierungssystem im<br />
Ergebnis auch nicht zu einer höheren Beitragslast auf den<br />
Schultern der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung.<br />
Für den Fall des Scheiterns einer Überführung der Krankenhausfinanzierung<br />
in ein vollmonistisches System ist<br />
zumindest über die Einführung einer teilmonistischen Finanzierung,<br />
wie sie beispielsweise das RWI diskutiert,<br />
nachzudenken. 47 Hierbei würde auf die antragspflichtige<br />
Einzelförderung verzichtet und es würden sämtliche<br />
staatlichen Mittel nur noch in Form pauschaler Fördermittelzuwendungen<br />
an die Krankenhäuser ausgeschüttet.<br />
Es entfiele der aufwendige Antragsprozess und dem<br />
Krankenhausmanagement würden zusätzliche Freiheiten<br />
gegeben, bei der Investitionsplanung auch kurzfristig diskretionär<br />
zu verfahren. Allerdings müsste ein geeigneter<br />
Schlüssel gefunden werden, über den die Bundesländer<br />
ihre Fördergelder ausschütten. Da die bisherige Bindung<br />
an die Planbettenzahl aufgrund der mit Angebots- oder<br />
Prozessinnovationen im Krankenhaussegment zwangsläufig<br />
einhergehenden Kapazitätsanpassungen nicht anreizgerecht<br />
erscheint, muss ein zeitgemäßerer Schlüssel<br />
etwa in Form einer Bindung an den Krankenhausumsatz<br />
entwickelt werden. Da die Teilmonistik von den Bundesländern<br />
in Eigenregie umzusetzen wäre, ist hierzu jedoch<br />
ohnehin eine bundeseinheitliche Lösung nicht zwingend<br />
erforderlich.<br />
3.2.2 Flächendeckende Versorgung und<br />
Monistik<br />
850. Gegenwärtig liegt der Sicherstellungsauftrag für<br />
die Krankenhausversorgung bei den Bundesländern und<br />
Gemeinden. Dieser leitet sich aus dem Sozialstaatsprinzip<br />
des Artikel 20 Abs. 1 GG ab und findet sich in der Regel<br />
in den Krankenhausgesetzen der Bundesländer. Kreisfreie<br />
Städte und Gemeinden sind demnach verpflichtet, eine<br />
bedarfsgerechte Krankenhausversorgung dort vorzuhalten,<br />
wo diese nicht bereits von einem freigemeinnützigen<br />
oder privaten Träger gewährleistet wird. 48 Geht es nach<br />
dem Willen der Bundesländer, so soll sich an diesen Zuständigkeiten<br />
zukünftig nichts ändern. Auf der Sonderkonferenz<br />
der Gesundheitsminister zur Zukunft der Kran-<br />
47 Vgl. Augurzky, B. u. a., Krankenhaus Rating Report 2007, a. a. O.,<br />
S. 55.<br />
48 Vgl. exemplarisch § 1 Abs. 3 KHG NRW, § 3 Hessisches Krankenhausgesetz<br />
und § 1 Abs. 3 Sächsisches Krankenhausgesetz.<br />
kenhausversorgung haben sie deutlich gemacht, dass die<br />
Sicherstellung der Krankenhausversorgung auch bei einer<br />
grundsätzlich wettbewerblicheren Organisation des Krankenhausmarktes<br />
eine Aufgabe der Bundesländer bleiben<br />
soll und durch Ländergesetze zu regeln ist. 49<br />
851. Staatliche Eingriffe in Märkte lassen sich aus ökonomischer<br />
Sicht grundsätzlich nur unter der Bedingung<br />
rechtfertigen, dass Gründe für Marktversagen vorliegen.<br />
Als mögliche Marktversagensgründe kommen Informationsasymmetrien,<br />
das Vorliegen externer Effekte, ein natürliches<br />
Monopol sowie die Möglichkeit in Betracht,<br />
dass das zu produzierende Gut Eigenschaften eines öffentlichen<br />
Gutes besitzt. Für den Krankenhausmarkt<br />
wurde aus der Diskussion um Qualitätstransparenz und<br />
Qualitätswettbewerb deutlich, dass zwar grundsätzlich<br />
schwerwiegende Informationsprobleme bestehen, aber<br />
dennoch eine stärker wettbewerbliche Organisation des<br />
Krankenhaussektors möglich ist. Zudem ist eine Vielzahl<br />
alternativer Instrumente vorstellbar, die die Problematik<br />
asymmetrischer Information mildern können. Externe Effekte<br />
sind auf dem Krankenhausmarkt ebenfalls zu vernachlässigen.<br />
Auch Kostensubadditivität oder die Irreversibilität<br />
von Invesititionen scheinen auf dem Krankenhausmarkt<br />
nicht so ausgeprägt zu sein, dass räumlich begrenzte natürliche<br />
Monopole in einer problematischen Weise aufzutreten<br />
drohen. Zwar sollte die an Fallzahlen gemessene<br />
mindestoptimale Betriebsgröße in den letzten Jahren angewachsen<br />
sein, was besonders in dünn besiedelten ländlichen<br />
Räumen eine Ausdünnung des Krankenhausnetzes<br />
bedingt – jedoch ist auch zu bedenken, dass zugleich die<br />
räumliche Mobilität der Bevölkerung gewachsen ist. 50<br />
Die monistische Krankenhausfinanzierung mit Investitionszuschlägen<br />
auf den Fallpauschalen sollte daher auf<br />
ineffizient kleine Häuser einen notwendigen Anpassungsdruck<br />
ausüben. Mögliche innovative Anpassungen<br />
können dann auch in marktstrukturellen Veränderungen<br />
gesehen werden, etwa in einer stärkeren Integration der<br />
ambulanten Versorgung in den Krankenhausbetrieb oder<br />
in der Umsetzung von Portalklinikkonzepten in weniger<br />
dicht besiedelten Regionen, durch die in einem Klinikverbund<br />
die unmittelbare Notfallversorgung vor Ort sichergestellt<br />
und gleichzeitig die spezialisierte stationäre<br />
Krankenhausversorgung in überregionalen Zentren übernommen<br />
wird. Das sich einstellende marktliche Leistungsangebot<br />
sollte dann bei korrekt bemessenen Investitionszuschlägen<br />
– zumindest im Hinblick auf die elektiven<br />
Krankenhausleistungen, die rein private Güter sind – dem<br />
effizienten Versorgungsniveau weitgehend entsprechen.<br />
852. Die Europäische Kommission sieht den Krankenhaussektor<br />
insofern in einer besonderen Rolle, als dieser<br />
mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem<br />
Interesse betraut sein kann. Im jetzigen Entwicklungsstadium<br />
des Binnenmarktes steht daher die Wettbewerbsverfälschung<br />
in diesem Sektor nicht zwangsläufig in einem<br />
49 Vgl. Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg, Pressemitteilung<br />
Nr. 47/2007 vom 8. März 2007.<br />
50 Vgl. für eine Analyse Kuchinke, B., Krankenhausdienstleistungen<br />
und Effizienz in Deutschland, Baden-Baden 2004, Kapitel 4, insbesondere<br />
S. 102 ff.