Deutscher Bundestag Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 323 – Drucksache 16/10140<br />
vergleichsweise niedrigen Anteil einnehmen. 32 Da sie<br />
auch nur in einem vergleichsweise geringem Umfang auf<br />
eigenes Kapital zurückgreifen können, zeigen sich daher<br />
insbesondere die kleinen und öffentlichen Träger bei ihren<br />
Investitionsentscheidungen auf Zuwendungen aus den<br />
staatlichen Förderprogrammen der Bundesländer angewiesen.<br />
33 In diesem Kontext ist allerdings darauf hinzuweisen,<br />
dass es sich bei den unterschiedlichen Finanzierungslasten<br />
nicht um eine strukturelle<br />
Wettbewerbsbenachteiligung kleiner und öffentlicher<br />
Krankenhausträger handelt, da die bei diesen anfallenden<br />
höheren Kapitalkosten in der Regel wirtschaftlich relevanten<br />
Gesichtspunkten entsprechen sollten, nämlich der<br />
Ausfallwahrscheinlichkeit ihrer vergleichsweise riskanten<br />
Kredite. Strukturell benachteiligt sind jedoch – solange<br />
eine Krankenhausplanung betrieben und eine Investitionsförderung<br />
durch den Staat nur Plankrankenhäusern<br />
gewährt wird – die Nichtplankrankenhäuser gegenüber<br />
den Plankrankenhäusern. Denn im Wettbewerb um privat<br />
versicherte Patienten müssen ausschließlich die Nichtplankrankenhäuser<br />
sämtliche Kapitalkosten selbst tragen.<br />
827. Die duale Finanzierung ist ökonomisch problematisch,<br />
weil sie triftige Nachfrageprognosen durch staatliche<br />
Planung voraussetzt. Die Investitionsplanung muss<br />
Nachfrageentwicklungen prognostizieren und zutreffende<br />
Kenntnisse über die zukünftig gesellschaftlich erwünschte<br />
Nachfrage nach stationären Krankenhausleistungen<br />
besitzen. Damit Krankenhauskapazitäten und die<br />
technische Ausstattung in der Fläche zutreffend festgelegt<br />
werden können, wird Wissen über die künftige regionale<br />
Bevölkerungsentwicklung benötigt. Hierbei gilt es, einerseits<br />
die bloße quantitative Veränderung abzuschätzen,<br />
aber auch Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur, da<br />
sich hieraus wichtige Schlussfolgerungen für den Bedarf<br />
an Versorgungsangeboten in einer Region ziehen lassen.<br />
In zeitlicher Hinsicht ist diese Nachfrageentwicklung<br />
dann über den gesamten Nutzungszeitraum des jeweils<br />
betrachteten Investitionsgutes abzuschätzen, damit in<br />
ökonomisch richtiger Weise über seine Anschaffung und<br />
Errichtung entschieden werden kann. Da dieser Betrachtungszeitraum<br />
im Krankenhausbereich durchaus 25 Jahre<br />
betragen kann und das innovatorische Leistungsvermögen<br />
der Branche weiterhin ungebrochen ist, sollte es<br />
staatlichen Stellen besonders schwerfallen, auf eine solch<br />
lange Sicht die für eine erfolgreiche Investitionsplanung<br />
notwendige Nachfrageprognose abzugeben.<br />
Die Monopolkommission ist sich bewusst, dass es auch<br />
bei einer wettbewerblichen Organisation des Krankenhausmarktes<br />
zu Fehlentscheidungen bei der Investitionsplanung<br />
kommen kann. Eine stärkere Rolle für den Wettbewerb<br />
bei der Organisation des Angebotes von<br />
Krankenhausleistungen ist jedoch geboten, da der Wett-<br />
32 Vgl. Augurzky, B. u. a., Krankenhaus Rating Report 2007, a. a. O.,<br />
S. 84 f.<br />
33 Die Fördermittel der öffentlichen Hand bilden zugleich eigenkapitalähnliche<br />
Positionen in den Bilanzen der geförderten Krankenhäuser.<br />
Insbesondere „Sonderposten aus Fördermitteln nach dem KHG“ fallen<br />
hierunter. Denn solange ein Krankenhaus seine Zweckbestimmung<br />
nicht ändert und es entsprechend im Krankenhausplan enthalten<br />
ist, sind die Fördermittel grundsätzlich nicht zurückzuzahlen.<br />
bewerb die dezentral vorliegenden Informationen besser<br />
nutzen, daher auch begangene Fehler schneller korrigieren<br />
und im Zeitablauf besser zur Aufdeckung bislang unbekannter<br />
Innovationsmöglichkeiten beitragen kann, als<br />
es die planerische Investitionssteuerung vermag.<br />
828. Die staatliche Investitionsförderung führt außerdem<br />
zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen dem ambulanten<br />
und dem stationären Versorgungsbereich und benachteiligt<br />
besondere Vertragsformen. Dies gilt<br />
insbesondere in Bereichen, in denen die Krankenkassen<br />
als Kostenträger mitwirken und daher die relativen Preise<br />
der unterschiedlichen Bereiche eine gewisse Lenkungswirkung<br />
entfalten. Ein solcher Zusammenhang ist für besondere<br />
Vertragsformen gegeben wie beispielsweise für<br />
das Angebot integrierter Versorgungsformen, mit denen<br />
die Krankenkassen für bestimmte Erkrankungen eine die<br />
Leistungssektoren übergreifende Versorgung über Einzelverträge<br />
mit ausgewählten Leistungserbringern sicherstellen<br />
können und hierdurch die Häufigkeit von<br />
Krankenhauseinweisungen und die Verweildauer im<br />
Krankenhaus reduzieren. Bei korrekten Preisverhältnissen<br />
ergäben sich für diese höhere Ersparnisse, als<br />
aufgrund des durch die Subventionierung künstlich niedrigen<br />
Kostenniveaus des stationären Bereiches erreicht<br />
werden.<br />
829. Weiterhin ist die duale Finanzierung des Krankenhaussektors<br />
problematisch, da sie die Investitionsentscheidungen<br />
verzerrt. Denn es lassen sich im Krankenhaussektor<br />
zum einen Kapital und Arbeit zumindest<br />
teilweise substituieren. Es sollte daher von den relativen<br />
Preisen langlebiger Investitionsgüter und den laufenden<br />
Kosten ihres Betriebes abhängig sein, welcher Technologie<br />
bei der Anschaffung der Vorzug gegeben wird. Zu beachten<br />
ist, dass die Personalkosten im Krankenhaussektor<br />
den wesentlichen Kostenanteil ausmachen. Im Jahr 2006<br />
betrug ihr Anteil 62,3 Prozent an den Gesamtkosten, auf<br />
Sachkosten entfielen hingegen nur 36,2 Prozent. 34 Sollen<br />
die Investitionsentscheidungen über den Einsatz von Arbeit<br />
und Kapital nun in optimaler Weise getroffen werden,<br />
müssen diese simultan und daher „aus einer Hand“<br />
erfolgen.<br />
Zum anderen bedingt eine optimale Investitionsentscheidung<br />
stets eine Abwägung der Investitionskosten mit den<br />
aus der Investition zukünftig zu erwartenden Erträgen. Jedes<br />
Investitionsprojekt soll mit der Zeit zu Erträgen führen,<br />
die seine direkten Kosten zuzüglich seiner Finanzierungskosten<br />
zumindest aufwiegen. In der dualen<br />
Krankenhausfinanzierung aber wird die Kostenseite von<br />
der Ertragsseite losgelöst, da die Kapitalkosten nicht angemessen<br />
in die Investitionsentscheidung eingehen und<br />
auch die notwendigen finanziellen Mittel nicht auf dem<br />
Kapitalmarkt beschafft werden müssen. Der Investitionsprozess<br />
ist daher auch keinem strengen betriebswirtschaftlichen<br />
Optimierungsprozess unterworfen. Ganz im<br />
Gegenteil besteht aufgrund der großen Einflussmöglichkeiten<br />
von politischen Gremien und von Interessenver-<br />
34 Vgl. Augurzky, B. u. a., Krankenhaus Rating Report 2008, a. a. O.,<br />
S. 44.