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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 32 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

Umsatz von Krankenhausunternehmen ist das Dreifache<br />

der Umsatzerlöse in Ansatz zu bringen.“<br />

59.* Im Berichtszeitraum hat die Anwendung der Bagatellmarktklausel<br />

des § 35 Abs. 2 Satz 2 GWB eine Konkretisierung<br />

erfahren. Mit seiner Entscheidung im<br />

Rechtsbeschwerdeverfahren zum Zusammenschlussfall<br />

Sulzer/Kelmix/Werfo hat der Bundesgerichtshof nun für<br />

eine Klärung in der Frage gesorgt, ob bei Anwendung der<br />

Bagatellmarktklausel auf den Inlandsmarkt abzustellen ist<br />

oder ob hinsichtlich der Bagatellumsätze die ökonomische<br />

Marktabgrenzung angenommen werden muss. Bei<br />

Letzterer können die relevanten Märkte über den Geltungsbereich<br />

des GWB hinausgehen. Hier ist nun im<br />

Sinne der Regelung nur auf die Umsätze auf dem Inlandsmarkt<br />

abzustellen. Die Monopolkommission begrüßt den<br />

Beschluss des Bundesgerichtshofs, da er auf den Sinn und<br />

Zweck der Bagatellmarktklausel abstellt, nur Zusammenschlüsse<br />

mit hinreichender gesamtwirtschaftlicher Bedeutung<br />

im Inland zu erfassen. Eine solche zweckbezogene<br />

Auslegung sollte jedoch auch bei der Zusammenfassung<br />

von Umsätzen aus mehreren sachlich relevanten Märkten<br />

erfolgen, da auch die gesamtwirtschaftliche Bedeutung<br />

eines Zusammenschlusses bei einer Vielzahl betroffener<br />

Märkte wächst. Hier hat der Bundesgerichtshof jedoch einer<br />

Addition der Umsätze hohe Hürden gesetzt. Die Monopolkommission<br />

empfiehlt dem Gesetzgeber daher, die<br />

Bagatellmarktklausel dahingehend zu konkretisieren,<br />

dass die Zusammenfassung mehrerer Inlandsmärkte explizit<br />

in die Norm aufgenommen wird.<br />

60.* Die Bagatellmarktklausel ist in diesem Zusammenhang<br />

auch als Indikator zu sehen, ob ein Zusammenschluss<br />

überhaupt hinreichende Bedeutung in Deutschland<br />

hat. Denn gemäß § 130 Abs. 2 findet das GWB<br />

Anwendung auf alle Wettbewerbsbeschränkungen, die<br />

sich im Geltungsbereich des Gesetzes auswirken, auch<br />

wenn sie außerhalb dieses Geltungsbereichs veranlasst<br />

werden. Demzufolge sind auch Fusionen von ausländischen<br />

Unternehmen in Deutschland anmeldepflichtig,<br />

wenn sie Auswirkungen in Deutschland haben. Im Falle<br />

der Fusionsvorhaben der ausländischen Unternehmen<br />

Coherent/Excel, CVS Ferrari/Cargotec und Phonak/GN<br />

ReSound hat das Bundeskartellamt das Vorhaben jeweils<br />

untersagt. Neben der Bagatellmarktklausel dient die Inlandsumsatzgrenze<br />

von 25 Mio. Euro dazu, den qualitativen<br />

Inlandsbezug eines Zusammenschlusses festzustellen.<br />

Hier wird bislang auf den Umsatz eines der beteiligten<br />

Unternehmen abgestellt, welches diese Schwelle in<br />

Deutschland erzielen muss. Zuweilen werden diese Aufgreifkriterien<br />

der deutschen Fusionskontrolle im Falle<br />

von Auslandsfusionsvorhaben als kritisch beurteilt, weil<br />

weltweite Zusammenschlüsse auf diese Weise in mehreren<br />

Jurisdiktionen anmeldepflichtig werden und die<br />

Bagatellmarktschwelle für die Beteiligten schwierig ermittelbar<br />

ist, da sie bereits auf die sachliche Marktabgrenzung<br />

der materiellen Prüfung zurückgreift. Hier zielen<br />

Lösungsvorschläge darauf ab, die Aufgreifkriterien durch<br />

eine zweite Inlandsumsatzschwelle zu stärken, die gegebenenfalls<br />

auch die Bagatellmarktklausel ersetzen<br />

könnten. Die Monopolkommission steht einer solchen<br />

Anpassung des GWB jedoch kritisch gegenüber, da zu<br />

befürchten ist, dass Zusammenschlüsse aus der Kontrollpflicht<br />

entlassen würden, die zu einer erheblichen Wettbewerbsbeschränkung<br />

im Inland beitragen könnten. Hier ist<br />

darauf zu verweisen, dass die genannten Auslandsfusionen,<br />

in denen es zu einer Untersagung kam, bei einer<br />

Ausweitung der bestehenden Inlandsumsatzschwelle von<br />

25 Mio. Euro auf zwei beteiligte Unternehmen teilweise<br />

nicht erfasst worden wären.<br />

61.* In mehreren Fällen des Berichtszeitraumes haben<br />

Zusammenschlussbeteiligte darauf verwiesen, dass das<br />

GWB aufgrund einer Überlagerung durch andere Normen<br />

nicht anwendbar sei. Hier sind vor allem Krankenhausfusionen<br />

zu nennen, bei denen die Beteiligten in mehreren<br />

Fällen von einer Nichtanwendbarkeit des GWB ausgingen,<br />

da dieses durch die Ausschlussklausel des § 69<br />

SGB V bzw. höherrangiges Krankenhausplanungsrecht<br />

verdrängt werde. In den untersagten Zusammenschlussfällen<br />

Rhön-Klinikum AG/Kreiskrankenhäuser Bad Neustadt,<br />

Mellrichstadt und LBK Hamburg/Krankenhaus<br />

Mariahilf stellten die Beteiligten jeweils Antrag auf Ministererlaubnis<br />

gemäß § 42 GWB. In ihren Sondergutachten<br />

gemäß § 42 Abs. 4 GWB im Rahmen der Verfahren<br />

hat sich die Monopolkommission dazu geäußert, dass sie<br />

das GWB auch in diesen Fällen für anwendbar hält. Am<br />

16. Januar 2008 bestätigte auch der Bundesgerichtshof in<br />

seiner Entscheidung zum Fall Rhön-Klinikum AG/Kreiskrankenhäuser<br />

Bad Neustadt, Mellrichstadt höchstrichterlich<br />

die Anwendung des Wettbewerbsrechts bei<br />

Zusammenschlüssen öffentlicher Krankenhäuser. Eine<br />

Überlagerung des Wettbewerbsrechts wurde auch im<br />

Zusammenschlussverfahren Region Hannover/Klinikum<br />

Region Hannover vorgebracht, da der Zusammenschluss<br />

auf der kommunalen Neuordnung der Gebietskörperschaften<br />

in der Region Hannover beruhte. Das Bundeskartellamt<br />

sah auch in diesem Fall den Anwendungsbereich<br />

des GWB nicht eingeschränkt. Das Verfahren<br />

endete am 13. November 2006 mit einer Freigabe.<br />

62.* Ob einer starken Präsenz von Krankenhauszusammenschlüssen<br />

im Berichtszeitraum hat sich die Monopolkommission<br />

mit der Marktabgrenzung im Krankenhaussektor<br />

beschäftigt. Die Praxis des Bundeskartellamtes<br />

zeigt, dass Patienten eine wohnortnahe Versorgung vorziehen<br />

und hier häufig kleine Regionalmärkte abzugrenzen<br />

sind. Das Amt errechnet unter anderem eine Selbstversorgungsquote,<br />

verzichtet dabei aber darauf, feste<br />

Werte zu nennen, ab denen ein räumlich relevanter Markt<br />

abzugrenzen ist. Vielmehr werden verschiedene Kriterien<br />

in die Abgrenzung einbezogen. Die exakte Methodik der<br />

räumlichen Marktabgrenzung durch das Bundeskartellamt<br />

wird von der Monopolkommission begrüßt. Im Falle<br />

der sachlichen Marktabgrenzung stellt das Bundeskartellamt<br />

regelmäßig auf den Gesamtmarkt für Krankenhausdienstleistungen<br />

ab und unterscheidet nicht weiter nach<br />

Fachabteilungen. In einer eigenen empirischen Studie<br />

stellt das Bundeskartellamt starke Verflechtungen<br />

zwischen den Fachabteilungen fest, weshalb es eine Abgrenzung<br />

des Gesamtmarktes für akutstationäre Krankenhausdienstleistungen<br />

als adäquat erachtet. Eine Unterscheidung<br />

trifft das Amt allerdings dann, wenn eine<br />

psychiatrische Klinik an einem Zusammenschluss betei-

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