Deutscher Bundestag Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 319 – Drucksache 16/10140<br />
geht über die formelle hinaus und wird meist dann vollzogen,<br />
wenn ein Krankenhaus unter dem kommunalen Träger<br />
dauerhaft defizitär ist. Der Verkauf eines Krankenhauses<br />
spült dann Geld in die kommunalen Kassen und<br />
entlastet zukünftige kommunale Haushalte. Im Durchschnitt<br />
lassen sich durch ihn etwa zwei Drittel des Jahresumsatzes<br />
eines Krankenhauses erlösen.<br />
815. Unbestritten ist, dass private Träger kostenseitige<br />
Vorteile gegenüber öffentlichen Trägern genießen, da sie<br />
in dem personalkostenintensiven Krankenhaussektor<br />
nicht in gleicher Weise an tarifliche Vereinbarungen des<br />
öffentlichen Dienstes gebunden sind wie öffentliche<br />
Krankenhäuser. Insbesondere die höheren Altersvorsorgeaufwendungen<br />
je Arbeitnehmer belasten die öffentlichen<br />
Träger im Vergleich mit privaten Krankenhäusern. 20<br />
Auch ist davon auszugehen, dass die Minderung politischer<br />
Einflüsse die Anreize für das Krankenhaus zu einem<br />
an wirtschaftlichen Kriterien ausgerichteten Angebot<br />
stärkt und daher die Wirtschaftlichkeit von Arbeitsabläufen<br />
und des Einsatzes von Ressourcen in privaten Kliniken<br />
deutlicher in den Blickpunkt rückt.<br />
Umstrittener ist die Frage, inwiefern private Kliniken gegenüber<br />
öffentlichen Krankenhäusern im Wettbewerb benachteiligt<br />
werden. Eine mögliche Wettbewerbsverzerrung<br />
ergibt sich aus der Betrachtung der unterschiedlichen<br />
Besteuerungsmodalitäten für öffentliche, freigemeinnützige<br />
und private Krankenhausträger. Plankrankenhäuser<br />
erfüllen durch ihre gemeinnützigen Aufgaben die Voraussetzungen<br />
nach den §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung<br />
(„Steuerbegünstigende Zwecke“) und sind von der Gewerbe-,<br />
Umsatz- und Grundsteuer befreit. Krankenhäuser<br />
in öffentlicher Trägerschaft sind zusätzlich von der Körperschaftsteuer<br />
befreit.<br />
816. In der Vergangenheit waren öffentliche Krankenhäuser<br />
durch die Gewährträgerhaftung der öffentlichen<br />
Hand effektiv vor einem Konkurs geschützt. Hieraus können<br />
Vorteile bei der Aufnahme von Krediten erwachsen,<br />
die jedoch durch den höheren Aufwand der notwendigen<br />
haushaltsrechtlichen Prüfungen und Genehmigungen bei<br />
kommunalen Krankenhausträgern zumindest teilweise<br />
konterkariert werden. Zudem belegt gerade auch die fortschreitende<br />
Welle von Privatisierungen öffentlicher Krankenhäuser<br />
mit langfristig defizitären Kostenstrukturen,<br />
dass die durch die hohe Belastung der sozialen Sicherungssysteme<br />
knappen finanziellen Mittel der öffentlichen<br />
Hand keine dauerhafte Aufrechterhaltung der Gewährträgerhaftung<br />
erlauben. Ob daher öffentliche<br />
Krankenhäuser gegenüber ihren privaten Wettbewerbern<br />
bei der Aufnahme von Krediten zur Finanzierung von Investitionen<br />
signifikant im Vorteil sind, ist zweifelhaft.<br />
Entscheidender wird bei der Kreditvergabe seit Basel II<br />
die Prüfung sein, inwiefern die bestehenden organisatorischen<br />
Strukturen eines Krankenhauses Rückschlüsse auf<br />
20 Vgl. Augurzky, B. u. a., Krankenhaus Rating Report 2008, a. a. O.,<br />
S. 103 f. Die durchschnittlichen Aufwendungen zur Altersvorsorge je<br />
Vollzeitkraft betrugen 2006 bei privaten Trägern 1 082 Euro gegenüber<br />
2 414 Euro bei freigemeinnützigen Trägern und 3 110 Euro bei<br />
öffentlichen Trägern.<br />
ein niedriges Kreditausfallrisiko zulassen. Hier kann vermutet<br />
werden, dass private Anbieter durch ihre gegenüber<br />
öffentlichen Trägern bereits wirtschaftlichere Organisation<br />
regelmäßig im Vorteil sind. 21<br />
2. Transparenz und Wettbewerb auf dem<br />
Krankenhausmarkt<br />
2.1 Preiswettbewerb auf dem<br />
Krankenhausmarkt<br />
817. Die laufenden Betriebskosten der deutschen Krankenhäuser<br />
werden von den Krankenkassen über Fallpauschalen<br />
vergütet. Die in Deutschland verwendete Form<br />
einer leistungsorientierten Vergütung über DRG-Fallpauschalen<br />
je Behandlungsfall konvergiert bis zum Ende der<br />
Konvergenzphase im Jahr 2009 zu einem System mit<br />
krankenhauseinheitlichen Basisfallwerten für jedes Bundesland.<br />
22 Daher wird das Fallpauschalensystem voraussichtlich<br />
zwar Unterschiede im Preisniveau zwischen den<br />
Bundesländern zulassen, jedoch erlaubt es keine Preisdifferenzierung<br />
der Krankenhäuser gegenüber unterschiedlichen<br />
gesetzlichen Krankenversicherungsträgern. Die<br />
Bereiche der Krankenhausversorgung, in denen Preiswettbewerb<br />
eine gewisse Bedeutung hat, sind hingegen<br />
von allenfalls geringer wirtschaftlicher Relevanz. Preiswettbewerb<br />
betrifft zum einen den Bereich der integrierten<br />
Versorgung, zum anderen bieten sich gewisse Preissetzungsspielräume<br />
bei allen freiwilligen Leistungen, bei<br />
Wahlleistungen und bei Leistungen, die gegenüber privat<br />
Versicherten erbracht werden.<br />
Daher existiert gegenwärtig kein spürbarer Preiswettbewerb<br />
auf dem deutschen Krankenhausmarkt. Zwar besteht,<br />
solange noch krankenhausspezifische Basisfallwerte<br />
existieren, die theoretische Möglichkeit, dass<br />
Krankenkassen ihre Patienten bei der Krankenhauswahl<br />
beeinflussen und sie in günstige Krankenhäuser lotsen.<br />
Allerdings lässt in der Praxis bereits für das Konvergenzniveau<br />
des Jahres 2007 der Abgleich der Patientenzuwanderungen<br />
auf Kreisebene mit den Basisfallwerten keine<br />
nennenswerte Beziehung und damit auch keine aktive<br />
Steuerung nach Preisen erkennen. 23 Dies mag auch daran<br />
liegen, dass die Einflussmöglichkeiten der Krankenkassen<br />
auf die Patientenentscheidungen gering sind, da die<br />
GKV-Versicherten in Abstimmung mit den einweisenden<br />
Medizinern ihr Krankenhaus frei wählen können.<br />
818. Die Abwesenheit spürbaren Preiswettbewerbs auf<br />
dem deutschen Krankenhausmarkt bedingt auch, dass fusionsbedingte<br />
Marktmacht nicht dazu genutzt werden<br />
kann, Preise kurzfristig missbräuchlich anzuheben. Selbst<br />
21 Vgl. Augurzky, B. u. a., Krankenhaus Rating Report 2008, a. a. O.,<br />
S. 106.<br />
22 Der Basisfallwert entspricht den durchschnittlichen Behandlungskosten<br />
je Fall. Zur Abrechnung im deutschen Fallpauschalensystem wird<br />
unterschiedlichen Diagnosen ein individuelles Fallgewicht zugeordnet,<br />
mit dem der Basisfallwert zu gewichten ist. Während die Fallgewichte<br />
bundeseinheitlich festgelegt werden, ist für die Landesbasisfallwerte<br />
auch nach dem Abschluss der Konvergenzphase 2009 eine<br />
Differenzierung vorgesehen.<br />
23 Vgl. Augurzky, B. u. a., Krankenhaus Rating Report 2008, a. a. O.,<br />
S. 39.