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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 311 – Drucksache 16/10140<br />

lyse eindeutig oder höchstwahrscheinlich festzustellen<br />

sei, das unrechtmäßige Verhalten wahrscheinlich aufgedeckt<br />

werde und welche Strafen festgesetzt werden könnten.<br />

788. In ihre Beurteilung bezieht die Europäische Kommission<br />

sowohl mögliche wettbewerbswidrige Wirkungen<br />

der Fusion als auch mögliche wettbewerbsfördernde<br />

Wirkungen ein, die sich aus den von den Parteien nachgewiesenen<br />

Effizienzgewinnen ergeben. Für die Bewertung<br />

der Effizienzgewinne verweist die Kommission auf die in<br />

Abschnitt VII der Mitteilung über horizontale Zusammenschlüsse<br />

dargelegten Grundsätze. Damit behauptete<br />

Effizienzvorteile bei der Analyse einer Fusion berücksichtigt<br />

werden können, müssen diese somit den Verbrauchern<br />

zugute kommen, fusionsspezifisch und nachprüfbar<br />

sein. Darüber hinaus trifft die Europäische Kommission<br />

die Feststellung, dass Zusammenschlüsse sowohl horizontale<br />

als auch nichthorizontale Wirkungen entfalten<br />

können. In einem solchen Fall wird die Wettbewerbsbehörde<br />

die horizontalen, vertikalen und/oder konglomeraten<br />

Effekte gemäß den in den entsprechenden Mitteilungen<br />

enthaltenen Leitlinien beurteilen.<br />

789. Grundsätzlich begrüßt die Monopolkommission<br />

die Initiative der Europäischen Kommission, ihre künftige<br />

Entscheidungspraxis bei nichthorizontalen Zusammenschlüssen<br />

darzulegen. Im gegenwärtigen Berichtszeitraum<br />

standen zwar überwiegend die horizontalen<br />

Auswirkungen von Zusammenschlüssen im Mittelpunkt<br />

der fusionskontrollrechtlichen Untersuchungen. Vertikale<br />

und konglomerate Effekte von Fusionen haben weit<br />

weniger Bedeutung erlangt. Dies wirft die Frage auf, ob<br />

der erhebliche zeitliche und personelle Aufwand für die<br />

Erstellung der Nichthorizontal-Leitlinien gerechtfertigt<br />

ist. Vor dem Hintergrund der bisherigen behördlichen<br />

Entscheidungspraxis ist diese Frage aber zu bejahen. In<br />

früheren Verfahren hat die Europäische Kommission beispielsweise<br />

eine wesentlich kritischere Haltung gegenüber<br />

konglomeraten Zusammenschlüssen eingenommen<br />

als in den vorliegenden Leitlinien. So wurden insbesondere<br />

Erweiterungen des Portfolios als wettbewerbsbeschränkend<br />

bewertet; diese Bewertung hat die Europäische<br />

Kommission mit den Leitlinien aufgegeben. Zwar<br />

hat die Rechtsprechung bestimmte von der Wettbewerbsbehörde<br />

in der Vergangenheit eingenommene Positionen<br />

zwischenzeitlich korrigiert. Aus Sicht der betroffenen<br />

Unternehmen ist jedoch mit der Veröffentlichung der<br />

Leitlinien ein weiterer Zuwachs an Rechtssicherheit verbunden.<br />

Sie können nunmehr jedenfalls prinzipiell besser<br />

voraussehen, wie die Wettbewerbsbehörde künftig mit<br />

konglomeraten und vertikalen Zusammenschlüssen umgehen<br />

wird. Unklar ist freilich, ob die Leitlinien auf einer<br />

hinreichenden Fallerfahrung beruhen. Die oft recht offenen<br />

Formulierungen der Leitlinien lassen Zweifel aufkommen,<br />

wie die Europäische Kommission im konkreten<br />

Fall argumentieren und entscheiden wird.<br />

790. In weiten Teilen stimmt die Monopolkommission<br />

den Ausführungen der Europäischen Kommission in den<br />

Leitlinien zu. Sie teilt auch die Auffassung, dass von<br />

nichthorizontalen Zusammenschlüssen in der Regel ge-<br />

ringere Risiken für den Wettbewerb ausgehen als von horizontalen<br />

Fusionen. Die Monopolkommission gibt allerdings<br />

zu bedenken, dass eine Unterscheidung zwischen<br />

horizontalen und nichthorizontalen Zusammenschlüssen<br />

in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten aufwerfen kann.<br />

Eine solche Differenzierung hängt entscheidend von der<br />

vorzunehmenden Marktabgrenzung ab. Insbesondere bei<br />

differenzierten Produkten ist die Marktdefinition indes<br />

stets mit einer gewissen Willkür verbunden. Auf derartige<br />

Schwierigkeiten weist die Europäische Kommission<br />

selbst in Fußnote 5 ihrer Bekanntmachung hin. Vor diesem<br />

Hintergrund wird ein rein verhaltensbezogener Ansatz<br />

bei der Prüfung nichthorizontaler Zusammenschlüsse<br />

skeptisch gesehen. Schon früher hat die Monopolkommission<br />

sich dafür ausgesprochen, auch bei konglomeraten<br />

Zusammenschlüssen Marktstrukturkriterien, wie sie<br />

z. B. § 19 Abs. 2 GWB vorsieht, zu berücksichtigen. 197<br />

Zu nennen wäre hier etwa eine verstärkte Betonung des<br />

Zugangs zu Absatz- oder Beschaffungsmärkten. Stärkere<br />

Berücksichtigung bei der Beurteilung nichthorizontaler<br />

Fusionen sollte daneben der Wegfall potenzieller Wettbewerber<br />

finden. Entsprechende Überlegungen der Europäischen<br />

Kommission finden sich auch in ihrer Entscheidungspraxis,<br />

beispielsweise in dem Fall ENI/EDP/<br />

GDP. 198<br />

791. Die vorgelegten Leitlinien bestimmen, dass neben<br />

der Fähigkeit der neuen Unternehmenseinheit zu einer bestimmten<br />

Verhaltensweise auch die entsprechenden Anreize<br />

untersucht werden sollen. Hierbei sind sowohl die<br />

positiven Anreize als auch die anreizmindernden Faktoren,<br />

wie etwa absehbare Sanktionen bei Verstößen gegen<br />

nationales oder europäisches Recht, zu berücksichtigen.<br />

Die Monopolkommission bekräftigt ihre Zweifel in Bezug<br />

auf die geforderte Prüfung. Sie hat sich schon früher<br />

gegen die Untersuchung von Missbrauchspraktiken im<br />

Rahmen der Fusionskontrolle gewendet. 199 Eine umfassende<br />

Prüfung derartiger Rechtsverstöße muss schon an<br />

der zeitlichen Begrenzung des fusionskontrollrechtlichen<br />

Verfahrens scheitern. Sie würde daneben – ebenso wie die<br />

anschließende Kosten-/Nutzenanalyse – genaue Kenntnis<br />

der Unternehmensinterna erfordern, die der Europäischen<br />

Kommission im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens<br />

regelmäßig nicht zur Verfügung stehen. Die notwendigen<br />

zusätzlichen Ermittlungen wären im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens<br />

kaum zu bewältigen. Zudem hat<br />

der EuGH die Simulation eines Missbrauchs nach dem<br />

Zusammenschluss im Zeitpunkt der präventiven Fusionskontrolle<br />

als zu spekulativ abgelehnt. 200 Auch wenn die<br />

Horizontal-Leitlinien lediglich eine summarische Prüfung<br />

von Rechtsverstößen und ihren Folgen vorsehen, gelten<br />

doch die oben dargestellten Einwände weitgehend fort.<br />

Insbesondere ändert sich nichts an dem vom Gerichtshof<br />

festgestellten spekulativen Charakter des Prüfungsergeb-<br />

197 Vgl. Monopolkommission, Hauptgutachten 2002/2003, a. a. O.,<br />

Tz. 866 ff.<br />

198 Europäische Kommission, Entscheidung vom 9. Juli 2004, M.3440.<br />

199 Vgl. Monopolkommission, Hauptgutachten 2002/2003, a. a. O.,<br />

Tz. 870.<br />

200 EuGH, Urteil vom 15. Februar 2005, Rs. C-12/03 P, Kommission/<br />

Tetra Laval, Slg. 2005, I-987, Rn. 71 ff.

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