Deutscher Bundestag Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/10140<br />
werden muss, dass auch effizienzsteigernde Praktiken untersagt<br />
werden.<br />
56.* Eine Änderung hat auch das Verbot erfahren, Produkte<br />
unter Einstandspreis anzubieten. Der im Dezember<br />
2007 geänderte § 20 Abs. 4 GWB enthält nun ein Regelbeispiel,<br />
in welchem für Lebensmittel im Sinne des § 2<br />
Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches<br />
nun auch das gelegentliche Angebot unter Einstandspreis<br />
als unbillige Behinderung definiert wird. Die Monopolkommission<br />
kritisiert die Änderung, wie auch das Untereinstandspreisverbot<br />
an sich, da es de facto nicht zu Vorteilen<br />
für den Kunden führt. Auch trägt es nur sehr<br />
begrenzt zum Schutz kleiner Händler bei, da große Ketten<br />
allein aufgrund ihrer Einkaufsvorteile weiterhin günstiger<br />
anbieten können. Das Setzen von Untereinstandspreisen<br />
im Rahmen einer Mischkalkulation sieht die Monopolkommission<br />
als regulären Parameter im Wettbewerbsgeschehen,<br />
solange der Untereinstandspreis nicht als<br />
Instrument einer wettbewerbsbeschränkenden Verdrängungsstrategie<br />
genutzt wird. Auch zeigt die Fallpraxis des<br />
Bundeskartellamtes in mehreren Fällen, dass die operative<br />
Umsetzung des Untereinstandspreisverbotes mit Problemen<br />
behaftet ist. So mussten im Missbrauchsfall um<br />
die Drogerieartikelkette Rossmann verschiedene Rabatte<br />
auf einzelne Produkte der Produktpalette umgelegt werden.<br />
Hier blieb fraglich, ob der Werbekostenzuschuss nur<br />
auf tatsächlich beworbene Produkte umzulegen sei. Die<br />
Monopolkommission hält eine eindeutige und ökonomisch<br />
korrekte Zurechnung für nicht möglich, weshalb in<br />
einer freien Gesellschaft der Anbieter selbst über die Zurechnung<br />
entscheiden sollte. Es zeigt sich dadurch aber<br />
auch, dass eine konsistente Umsetzung des Untereinstandspreisverbotes<br />
nicht möglich ist.<br />
57.* Schließlich beschäftigte sich ein Missbrauchsverfahren<br />
im Berichtszeitraum mit dem Boykott gewerblicher<br />
Spielevermittler durch die staatlichen Landeslottogesellschaften.<br />
Auf dem regulierten Markt für Glücksspiele<br />
führte der Auftritt privater Spielevermittler zu einer Überwindung<br />
der Monopolstellung der staatlichen Lottogesellschaften.<br />
Daraus ergab sich der Anreiz für die<br />
Landeslottogesellschaften, gewerbliche Spielevermittler<br />
in ihrem Aktionsradius einzuschränken. Der Deutsche<br />
Lotto- und Totoblock forderte seine Mitglieder daher auf,<br />
keine Spielscheine von Spielevermittlern anzunehmen,<br />
die ihre Tätigkeit auf den terrestrischen Vertrieb ausgedehnt<br />
hatten. Das Bundeskartellamt ahndete das Vorgehen<br />
als Boykott im Sinne des § 21 GWB. Der Beschluss<br />
des Bundeskartellamtes wurde im Beschwerdeverfahren<br />
weitestgehend bestätigt. Die Monopolkommission hält<br />
das Vorgehen des Bundeskartellamtes nach geltendem<br />
Recht für richtig, weist jedoch auf Zielkonflikte zwischen<br />
der Bekämpfung der Spielsucht einerseits und der wettbewerbsbedingten<br />
Ausweitung des Glücksspiels andererseits<br />
hin. Zudem besteht die Gefahr, dass durch den Eingriff<br />
des Bundeskartellamtes nicht der Verbraucher<br />
profitiert, sondern lediglich Monopolrenten von öffentlichen<br />
zu privaten Anbietern verschoben werden.<br />
58.* Die Fusionskontrollstatistik des Bundeskartellamtes<br />
weist für den Berichtszeitraum der Monopolkom-<br />
mission 2006/2007 einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen<br />
gegenüber den Vorjahren auf. Erneut ist die Zahl der<br />
Neuanmeldungen gestiegen. Für den nächsten Berichtszeitraum<br />
ist demnach mit einem weiteren Anstieg der<br />
Fallzahlen zu rechnen. Im vergangenen Berichtszeitraum<br />
hat das Bundeskartellamt 65 Fälle im Hauptprüfverfahren<br />
abgeschlossen, davon 38 Fälle mit einer Freigabe ohne<br />
Auflagen und Bedingungen. In 15 Fällen wurde eine Freigabe<br />
unter Bedingungen und Auflagen erteilt. Zwölf Vorhaben<br />
wurden untersagt.<br />
Die Monopolkommission hat sich mit den Aufgreifkriterien<br />
der Fusionskontrolle auseinandergesetzt und ist dabei<br />
auf Möglichkeiten eingegangen, diese hinsichtlich einer<br />
effizienteren Zweckerfüllung anzupassen. Im Hinblick<br />
auf die Verbundklausel des § 36 Abs. 2 Satz 1 GWB und<br />
die allgemeine Aufgreifschwelle des § 36 Abs. 1 Ziff. 1<br />
GWB ist festzustellen, dass diese Heuristik für die Notifizierungspflicht<br />
von Zusammenschlüssen beim Bundeskartellamt<br />
insbesondere kritische Fusionsvorhaben erfassen<br />
soll. Am Beispiel von Fusionen unter Beteiligung<br />
öffentlicher Krankenhäuser zeigte sich, dass die Kontrollpflicht<br />
in diesem Sektor in verschiedenen Fällen davon<br />
abhängig ist, welche Beteiligungen die tragende Gebietskörperschaft<br />
eingegangen ist. Im Zusammenschlussverfahren<br />
des Universitätsklinikums Greifswald mit dem<br />
Kreiskrankenhaus Wolgast war der Zusammenschluss zunächst<br />
deshalb anmeldepflichtig, weil dem Universitätsklinikum<br />
die Einnahmen des Landes Mecklenburg-<br />
Vorpommern zugerechnet wurden, die zu einem wesentlichen<br />
Teil aus den Zuflüssen der Landeslottogesellschaft<br />
stammen. Im Mai 2008 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf<br />
der Beschwerde der Anmelderin entsprochen.<br />
Zwar seien die Umsatzerlöse des Landes Mecklenburg-<br />
Vorpommern und verbundener Unternehmen mit zu berücksichtigen,<br />
es sei jedoch bei der Berücksichtigung der<br />
Lotterieumsätze die Gewinnausschüttung erlösmindernd<br />
abzuziehen. Unter Annahme dieser Methodik zur Berechnung<br />
der Umsatzerlöse erreicht der Zusammenschluss die<br />
allgemeine Aufgreifschwelle nicht mehr. Im Zusammenschlussverfahren<br />
Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim/<br />
Enzkreis-Kliniken war vor allem die Zurechnung der<br />
Umsatzerlöse der Sparkasse Ludwigsburg ausschlaggebend<br />
für das Erreichen der fusionskontrollrechtlichen<br />
Umsatzschwellen. Die Monopolkommission hat darauf<br />
hingewiesen, dass die konzernmäßige Konsolidierung der<br />
Umsätze im Falle von Gebietskörperschaften qualitativ<br />
gegenüber privaten Unternehmen abzugrenzen ist. Insbesondere<br />
bei Zusammenschlüssen öffentlicher Krankenhäuser<br />
sollte die Kontrollpflicht häufiger ausgelöst werden<br />
und weniger abhängig von solchen Unternehmen sein,<br />
die aufgrund der Verbundklausel über die Gebietskörperschaften<br />
zugerechnet werden. Die Monopolkommission<br />
hält die Notwendigkeit einer stärkeren Beteiligung der Zusammenschlusskontrolle<br />
bei Krankenhausfusionen auch<br />
aufgrund der stark regionalen Marktabgrenzung und der<br />
sehr hohen administrativen Marktzutrittsschranken für<br />
gegeben. Sie schlägt daher vor, die Berechnung der Umsatzerlöse<br />
auf diesem Markt anzupassen, indem § 38<br />
GWB durch folgenden Absatz ergänzt wird: „Für den