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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 305 – Drucksache 16/10140<br />

tun werden, um den Übertragungsvorgang so unkompliziert<br />

und zügig wie möglich zu gestalten. Diese Erwägungen<br />

gelten ebenso für die vorgeschlagene Fix-it-first-Lösung.<br />

767. Die Europäische Kommission hat einen Teil ihrer<br />

Positionen bereits während des Berichtszeitraums in ihre<br />

Entscheidungen einfließen lassen. In dem Verfahren<br />

Omya/Huber haben die Parteien unter anderem die Veräußerung<br />

einer Produktionsanlage angeboten. Nach Durchführung<br />

des Markttests hielt die Europäische Kommission<br />

diese Verpflichtung grundsätzlich für ausreichend,<br />

stellte jedoch auch fest, dass die Lebensfähigkeit des zu<br />

veräußernden Geschäftsbereichs weitgehend von der<br />

Identität des Erwerbers abhänge. Außerdem kam es in einer<br />

Reihe von Entscheidungen, T-Mobile Austria/<br />

Tele.ring, Metso/Aker Kvaerner sowie Inco/Falconbridge,<br />

zu verbindlichen Rahmenvereinbarungen noch im<br />

Verlauf des fusionskontrollrechtlichen Verfahrens. In dem<br />

Fall Ryanair/Aer Lingus hatte Ryanair allerdings keinen<br />

Erfolg mit den von ihm übermittelten Zusagen, obwohl<br />

das Unternehmen zusätzlich eine Upfront-Buyer-Zusage<br />

angeboten hatte.<br />

768. Es bleibt zu fordern, dass die Europäische Kommission<br />

in Zukunft regelmäßig über die Wirksamkeit von<br />

Abhilfemaßnahmen berichtet. Die Studie von 2005 belegt<br />

die Bedeutung solcher Kontrollen. Nur auf der Grundlage<br />

regelmäßiger Beobachtung lässt sich zuverlässig ermitteln,<br />

ob die nun vorgeschlagenen Änderungen wesentlich<br />

zur Verbesserung der Implementierung von Abhilfemaßnahmen<br />

beitragen oder ob weiterer Reformbedarf besteht.<br />

3.7 Rechtsprechung<br />

769. Das Gericht erster Instanz und der Europäische<br />

Gerichtshof haben im Berichtszeitraum mehrere wichtige<br />

Entscheidungen getroffen. Mit großer Spannung wurde<br />

das Urteil über die Schadensersatzklage von Schneider<br />

Electric gegen die Europäische Kommission erwartet. In<br />

dem Urteil vom 11. Juli 2007 setzt sich das Gericht erster<br />

Instanz zum ersten Mal grundlegend mit der Haftung der<br />

Europäischen Gemeinschaft für Fehler im Fusionskontrollverfahren<br />

auseinander. 185 Weitere Urteile sind unter<br />

anderem in den Gerichtsverfahren easyJet/Kommission,<br />

Impala/Kommission, Cementbouw/Kommission und Sun<br />

Chemical/Kommission ergangen. Diese Urteile wurden<br />

teilweise bereits oben erläutert. 186 Einige der genannten<br />

Entscheidungen enthalten daneben interessante verfahrensrechtliche<br />

Überlegungen, die im Anschluss dargelegt<br />

werden. Während des Berichtszeitraums ist eine Reihe<br />

weiterer Klagen erhoben worden. So gehen z. B. Ryanair<br />

gegen die Untersagungsentscheidung Ryanair/Aer Lingus<br />

und Omya gegen die von der Europäischen Kommission<br />

auferlegten Abhilfemaßnahmen im Verfahren Omya/<br />

Huber vor. Gegen zwei Urteile des EuG wurden Rechtsmittel<br />

beim EuGH eingelegt: Die Europäische Kom-<br />

185 EuG, Urteil vom 11. Juli 2007, Rs. T-351/03, Schneider Electric/<br />

Kommission.<br />

186 Vgl. zu easyJet/Kommission Tz. 753 ff., zu Impala/Kommission<br />

Tz. 717 ff., zu Cementbouw/Kommission Tz. 633 ff.<br />

mission hat die Entscheidung in dem Schadensersatzprozess<br />

Schneider Electric/ Kommission angefochten,<br />

Bertelsmann und Sony griffen das Urteil Impala/Kommission<br />

an.<br />

3.7.1 Schneider Electric/Kommission<br />

770. Im Oktober 2001 hatte die Europäische Kommission<br />

das Zusammenschlussvorhaben von Schneider<br />

Electric und Legrand untersagt. Da Schneider zu dem<br />

Zeitpunkt der Untersagungsentscheidung bereits einen<br />

Großteil der Legrand-Aktien erworben hatte, erließ die<br />

Europäische Kommission im Januar 2002 außerdem eine<br />

Entflechtungsanordnung. Gegen beide Entscheidungen<br />

erhob Schneider Nichtigkeitsklage vor dem EuG. Für den<br />

Fall einer Abweisung der Klagen bereitete Schneider die<br />

Veräußerung von Legrand vor und schloss im Juli 2002<br />

mit dem Konsortium Wendel/KKR einen Veräußerungsvertrag,<br />

der spätestens im Dezember 2002 durchzuführen<br />

war. Am 22. Oktober 2002 erklärte das EuG sowohl die<br />

Untersagungs- als auch die Entflechtungsentscheidung<br />

für nichtig. Nach Ansicht des Gerichts waren der Europäischen<br />

Kommission bei der Beurteilung des Zusammenschlusses<br />

mehrere gravierende Fehler unterlaufen.<br />

Neben einer Reihe von sachlichen Beurteilungsfehlern<br />

habe die Europäische Kommission die Verteidigungsrechte<br />

von Schneider aus Artikel 18 FKVO missachtet,<br />

indem sie den Einwand, die beherrschende Stellung von<br />

Schneider würde in bestimmten Sektoren durch den Erwerb<br />

von Legrand verstärkt werden, erstmals in ihrer<br />

Untersagungsentscheidung vorgebracht habe. Dadurch<br />

sei dem Unternehmen eine Stellungnahme zu der vorgebrachten<br />

Argumentation unmöglich gewesen. Außerdem<br />

habe es keine Gelegenheit gehabt, geeignete Abhilfemaßnahmen<br />

vorzuschlagen, um die Bedenken der Wettbewerbsbehörde<br />

gegen den Zusammenschluss auszuräumen.<br />

Einen Tag nach der Nichtigerklärung durch das<br />

Gericht nahm die Europäische Kommission das Fusionskontrollverfahren<br />

wieder auf und leitete am 4. Dezember<br />

2002 erneut das Hauptprüfverfahren ein. Daraufhin vollzog<br />

Schneider am 10. Dezember 2002 den Veräußerungsvertrag<br />

mit Wendel/KKR und teilte dies der Europäischen<br />

Kommission mit. In der Folge stellte die Europäische<br />

Kommission das wieder aufgenommene Fusionskontrollverfahren<br />

am 13. Dezember 2002 wegen Gegenstandslosigkeit<br />

ein. Am 10. Oktober 2003 erhob Schneider beim<br />

Gericht erster Instanz Klage auf der Grundlage von<br />

Artikel 288 Abs. 2 EGV und forderte 1,66 Mrd. Euro<br />

Schadensersatz. Am 11. Juli 2007 erging das Urteil, mit<br />

dem das Gericht der Klage teilweise stattgab.<br />

771. In dem vorliegenden Urteil erinnert das EuG vorab<br />

an die Voraussetzungen für eine außervertragliche Haftung<br />

der Europäischen Gemeinschaft gemäß Artikel 288<br />

Abs. 2 EGV. Eine Haftung setze erstens eine hinreichend<br />

qualifizierte Verletzung einer dem Schutz der Einzelnen<br />

dienenden Rechtsnorm, zweitens das Vorliegen eines<br />

Schadens sowie drittens einen hinreichend unmittelbaren<br />

Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Schaden<br />

voraus. Stehe dem Gemeinschaftsorgan beim Erlass der<br />

betreffenden Maßnahme ein Ermessensspielraum zu, so<br />

führe nur eine offenkundige und erhebliche Überschrei-

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