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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 303 – Drucksache 16/10140<br />

würden. Außerdem befürchtete die Wettbewerbsbehörde,<br />

dass die Parteien andere Chip-Kartenhersteller behindern<br />

würden, indem sie ihre OTA-Plattformen so ausgestalten,<br />

dass sie nicht kompatibel mit den Karten der Wettbewerber<br />

seien. Axalto verpflichtete sich daraufhin nicht nur<br />

zur Erteilung einer zehnjährigen Lizenz für die gemeinsamen<br />

Patente, sondern sagte auch die Bereitstellung von<br />

Informationen zur Interoperabilität seiner Plattformen für<br />

eine Dauer von acht Jahren zu.<br />

761. Der Zusammenschluss SFR/Télé2France wirkt<br />

sich auf den Pay-TV-Sektor in Frankreich aus.<br />

Télé2France ist in Frankreich unter anderem in den Bereichen<br />

Internetzugang und Vertrieb von Pay-TV via DSL<br />

tätig. Vivendi als Mutterkonzern von SFR ist vor allem<br />

im Medien- und Telekommunikationssektor aktiv. Das<br />

Unternehmen verfügt über eine sehr starke Stellung im<br />

gesamten Pay-TV-Sektor in Frankreich, ist bisher jedoch<br />

noch nicht selbst im Vertrieb von Pay-TV via DSL tätig.<br />

Nach den Erkenntnissen der Europäischen Kommission<br />

sind die DSL-Anbieter insgesamt die wichtigsten Akteure,<br />

die auf den betroffenen Märkten Wettbewerbsdruck<br />

auf Vivendi ausüben können. Allerdings ist dieser Wettbewerbsdruck<br />

noch relativ gering, weil die audiovisuellen<br />

Inhalte weitgehend von Vivendi kontrolliert werden, was<br />

den Zugang für die DSL-Anbieter erheblich erschwert.<br />

Die Europäische Kommission befürchtet, dass Vivendi<br />

nach dem Zusammenschluss Anreize haben würde, seine<br />

Tochtergesellschaft SFR/Télé2France beim Zugang zu<br />

Inhalten zu privilegieren. Dadurch würde sich die Marktposition<br />

von SFR/Télé2France gegenüber den anderen<br />

DSL-Anbietern sowohl auf dem nachgelagerten Markt<br />

für den Vertrieb von Rechten an audiovisuellen Inhalten<br />

als auch auf den vorgelagerten Märkten für den Erwerb<br />

solcher Rechte wesentlich verbessern.<br />

Um die Bedenken der Europäischen Kommission auszuräumen,<br />

haben die Parteien Verpflichtungen angeboten,<br />

die sicherstellen sollen, dass Vivendi die anderen DSL-<br />

Anbieter im Vergleich zu SFR/Télé2France nicht benachteiligt.<br />

Vivendi sagt unter anderem zu, von ihm selbst<br />

und von Dritten veranstaltete Programme, die von SFR/<br />

Télé2France vertrieben werden, auch allen anderen DSL-<br />

Anbietern zu normalen Marktbedingungen zur Verfügung<br />

zu stellen. Diese Bedingungen dürfen nicht ungünstiger<br />

sein als die SFR/Télé2France eingeräumten Bedingungen.<br />

Laut ausdrücklicher Erklärung der Europäischen<br />

Kommission bedeutet diese Verpflichtung nicht, dass Vivendi<br />

allen DSL-Anbietern dieselben Bedingungen einräumen<br />

müsse. Ein solches Vorgehen könnte nämlich<br />

diese Anbieter zur Abstimmung ihres Marktverhaltens<br />

und/oder Vivendi zu einer allgemeinen Preiserhöhung gegenüber<br />

allen Anbietern veranlassen und sich damit nachteilig<br />

auf den Wettbewerb auswirken. Im Rahmen der<br />

Verpflichtung sei lediglich vorgesehen, dass Vivendi den<br />

anderen DSL-Anbietern keine ungünstigeren Bedingungen<br />

einräumen dürfe als SFR/Télé2France, was auch<br />

künftig eine differenzierte Behandlung der anderen DSL-<br />

Anbieter ermögliche. Außerdem schließe die Zusage, die<br />

Programme zu normalen Marktbedingungen bereitzustellen,<br />

den Anreiz Vivendis aus, ein besonders hohes Entgelt<br />

von SFR/Télé2France zu verlangen, wodurch dieses Unternehmen<br />

faktisch ein Exklusivrecht erhielte.<br />

762. Insbesondere vor dem Hintergrund der oben erwähnten<br />

Studie der Europäischen Kommission zur Umsetzung<br />

von Abhilfemaßnahmen sind erhebliche Zweifel<br />

gegenüber der Wirksamkeit von Zugangsverpflichtungen<br />

angebracht. Laut den Ergebnissen der Studie hatten sich<br />

gerade solche Abhilfemaßnahmen als besonders ineffizient<br />

erwiesen. Problematisch sind hierbei vor allem die<br />

vielfachen Diskriminierungs- und Preiserhöhungspotenziale,<br />

die den Zusammenschlussparteien bei der Gewährung<br />

des Zugangs offen stehen. Wie schwierig sich die<br />

Durchführung solcher Abhilfemaßnahmen gestaltet, belegt<br />

das Verfahren Axalto/Gemplus. Hier erwies es sich<br />

bereits als problematisch, die Erkennbarkeit der den Parteien<br />

auferlegten Informationspflichten für die begünstigten<br />

Wettbewerber zu gewährleisten. Um das Problem zu<br />

lösen, verpflichtete die Europäische Kommission die Parteien<br />

daher zur Veröffentlichung von Kontaktdetails auf<br />

ihrer Website. Während des Markttests war darüber hinaus<br />

die vorgesehene Frist zur Informationsübermittlung<br />

kritisiert worden. Die Europäische Kommission verkürzte<br />

diese Frist schließlich auf zehn Werktage.<br />

In dem Verfahren SFR/Télé2France erkannte die Europäische<br />

Kommission ausdrücklich die mit der Zusage<br />

verbundene Gefahr einer Preiserhöhung und verpflichtete<br />

Vivendi deshalb, ein Angebot zu „normalen Marktbedingungen“<br />

bereitzustellen. Zur Erläuterung führt die Europäische<br />

Kommission aus, dass sich die normalen Marktbedingungen<br />

an den allgemeinen Marktpraktiken<br />

orientieren sollen. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob<br />

diese Vorkehrung die drohende Preiserhöhungsgefahr beseitigen<br />

kann. Wie die Wettbewerbsbehörde selbst festgestellt<br />

hat, kontrolliert Vivendi die audiovisuellen Inhalte<br />

weitestgehend selbst. Vivendi ist somit in der Lage, die<br />

allgemeinen Marktpraktiken bzw. die „normalen Marktbedingungen“<br />

ganz wesentlich mit zu prägen. Unter dieser<br />

Voraussetzung dürften vielfältige Möglichkeiten für<br />

das Unternehmen bestehen, Preiserhöhungen zu begründen.<br />

Daneben bleiben die grundsätzlichen Bedenken gegen<br />

Zugangsverpflichtungen bestehen, die sich aus dem<br />

sonstigen Diskriminierungspotenzial wie Qualitätsverschlechterungen,<br />

zeitlichen Verzögerungen oder reduziertem<br />

Service ergeben.<br />

763. Beizupflichten ist den Feststellungen der Europäischen<br />

Kommission zur mangelnden Geeignetheit von<br />

sog. „firewalls“ in dem Verfahren Telefónica/O 2. Hier bestanden<br />

Wettbewerbsbedenken insbesondere auf dem<br />

Markt für internationale Roaming-Dienste im Vereinigten<br />

Königreich. Auf der Großkundenebene erwerben die Telekommunikationsunternehmen<br />

internationale Roaming-<br />

Dienste voneinander, um ihren Mobilfunkkunden zu ermöglichen,<br />

Anrufe im Ausland zu tätigen und zu empfangen.<br />

Die wettbewerblichen Bedenken standen in engem<br />

Zusammenhang mit der Existenz von zwei Allianzen, die<br />

von den Netzbetreibern gebildet wurden, um die internationalen<br />

Roaming-Dienste zu verbessern. Telefónica ist<br />

Mitglied der Allianz FreeMove, O 2 gehört der etwas loseren<br />

Allianz Starmap an. Die Europäische Kommission er-

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