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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 293 – Drucksache 16/10140<br />

den geplanten Zusammenschluss geäußert haben. Einige<br />

Handelsunternehmen hätten den Zusammenschluss sogar<br />

begrüßt, weil die Kombination der Produkte von Danone<br />

und Numico eine gute Alternative zu Nestlé als Vollsortimenter<br />

schaffen würde. Die Europäische Kommission<br />

schließt sich dieser Ansicht mit äußerst knapper Begründung<br />

an.<br />

726. In beiden dargestellten Fällen hat die Europäische<br />

Kommission den konglomeraten Effekten des Zusammenschlusses<br />

lediglich untergeordnete Bedeutung beigemessen.<br />

Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen<br />

vielmehr die horizontalen Wirkungen der geplanten Fusionen.<br />

Entsprechend knapp sind die Ausführungen der<br />

Europäischen Kommission zu den konglomeraten Effekten<br />

gehalten. Diese Vorgehensweise ist symptomatisch<br />

für die Behandlung von konglomeraten Aspekten während<br />

des Berichtszeitraums. In den letzten zwei Jahren ist<br />

kein Zweite-Phase-Fall zu verzeichnen, in dem Wettbewerbsbedenken<br />

ausschließlich oder überwiegend auf konglomeraten<br />

Auswirkungen beruhen.<br />

727. Festzuhalten ist ferner, dass die Europäische Kommission<br />

die Ausweitung des Produktportfolios in beiden<br />

Fällen prinzipiell positiv bewertet. Aus Sicht der Nachfrager<br />

wird es als vorteilhaft angesehen, wenn diese das<br />

ganze „Sortiment“ bei einem einzigen Anbieter beziehen<br />

können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie in den dargestellten<br />

Fällen – bereits ein Konkurrent über eine vergleichbar<br />

breite Produktpalette verfügt. Die Europäische<br />

Kommission folgt damit ihren Leitlinien zu nichthorizontalen<br />

Zusammenschlüssen, in denen sie die möglichen<br />

positiven Effekte von konglomeraten Fusionen betont. 170<br />

Diese bieten laut Leitlinien erhebliche Spielräume für Effizienzen,<br />

z. B. aufgrund der Möglichkeit von Kunden,<br />

one-stop-shopping zu betreiben. Im Fall Danone/Numico<br />

erscheint es allerdings fraglich, ob dieser Vorteil tatsächlich<br />

auf dem Zusammenschluss beruht. Nach Angaben<br />

der Europäischen Kommission stellte zwar Numico vor<br />

der Fusion lediglich eine bestimmte Sorte von Baby-<br />

Mahlzeiten her. Danone aber produzierte – ebenso wie<br />

der Wettbewerber Nestlé – bereits zu diesem Zeitpunkt<br />

die ganze Palette von Baby-Mahlzeiten. Eine Sortimentsausweitung<br />

war demnach mit dem angemeldeten Vorhaben<br />

jedenfalls aufseiten von Danone nicht verbunden.<br />

Es fällt außerdem auf, dass die Europäische Kommission<br />

möglichen Wettbewerbsbeeinträchtigungen, die mit der<br />

Erweiterung der Produktportfolios einhergehen können,<br />

nicht nachgeht. Sie prüft weder die Möglichkeit zur<br />

Marktverschließung seitens der neuen Unternehmenseinheiten<br />

noch die Fähigkeit und Anreize zu wettbewerbsbeeinträchtigenden<br />

Bündelungsstrategien. Ihre positive Einschätzung<br />

der Portfolio-Effekte gründet die Kommission<br />

dabei lediglich auf die Antworten einiger Marktteilnehmer<br />

im Rahmen der Marktuntersuchung, die ein Angebot<br />

aus einer Hand präferieren. In dem Verfahren Metso/Aker<br />

Kvaerner wird ferner die Frage von möglichen koordi-<br />

170 Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse gemäß<br />

der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen,<br />

Rn. 13 ff.<br />

nierten Effekten nicht angesprochen, obwohl die neue<br />

Unternehmenseinheit und der Wettbewerber Andritz bei<br />

kompletten Zellstoffanlagen gemeinsam über 100 Prozent<br />

des Marktanteils verfügen. In der Entscheidung Danone/<br />

Numico geht die Europäische Kommission zumindest<br />

kurz auf die Möglichkeit koordinierter Effekte ein, verneint<br />

deren Vorliegen aber mit dem Hinweis, dass Innovation<br />

und Produkteinführungen ein Schlüsselfaktor auf<br />

dem betroffenen Markt darstellten. Außerdem müssten<br />

die Hersteller von Baby-Mahlzeiten eine breite Produktpalette<br />

anbieten, was die Koordination erheblich erschweren<br />

würde.<br />

728. Die Entscheidung Metso/Aker Kvaerner zeigt daneben<br />

auf, wie die Europäische Kommission mit Zusammenschlüssen<br />

umgeht, die sowohl negative horizontale<br />

als auch positive konglomerate Wirkungen haben. Wie<br />

die Überschrift „Wettbewerbsfördernde Aspekte des Zusammenschlusses“<br />

im Rahmen der Ausführungen zur<br />

wettbewerblichen Würdigung schließen lässt, nimmt die<br />

Europäische Kommission eine Saldierung zwischen diesen<br />

Effekten vor. Dies ergibt sich auch aus dem von ihr<br />

gezogenen Fazit, wonach die positiven (konglomeraten)<br />

Effekte des Zusammenschlusses dessen negative (horizontale)<br />

Wirkungen nicht aufwiegen. Zu beachten ist insbesondere,<br />

dass es bei der vorgenommenen Abwägung<br />

um die Wettbewerbsanalyse selbst und nicht um eine<br />

Korrektur der Analyse durch zusätzliche Effizienzerwägungen<br />

geht. Die Europäische Kommission berücksichtigt<br />

vielmehr im Rahmen der Wettbewerbsanalyse, dass<br />

auf dem betroffenen Markt heterogene Verbraucher mit<br />

gegenläufigen Interessen existieren. Im vorliegenden Fall<br />

bevorzugt ein Teil der Verbraucher den Erwerb von einzelnen<br />

Prozessinseln, ein anderer – kleinerer – Teil den<br />

Kauf von Komplettlösungen.<br />

Als problematisch erweist sich im vorliegenden Fall allerdings<br />

die Art und Weise, in der die Europäische Kommission<br />

die Abwägung vornimmt. Sie stützt ihre Entscheidung<br />

im Wesentlichen auf den Umstand, dass sich nur<br />

wenige Kunden für Gesamtlösungen interessieren und<br />

sich entsprechende Vorteile von dem Zusammenschluss<br />

versprechen. Dem stellt sie die Auffassung der Mehrheit<br />

der Kunden gegenüber, die keine Komplettangebote<br />

wünscht und den Zusammenschluss daher ablehnt, weil<br />

er für sie zu Nachteilen führt. Diese rein quantitative Gegenüberstellung,<br />

die allein auf die Größe des jeweiligen<br />

Kundenkreises abstellt, ist zu kritisieren. Sie verkennt,<br />

dass die Vor- bzw. Nachteile, die sich für den einzelnen<br />

Kundenkreis ergeben mögen, unterschiedliches Gewicht<br />

haben können. So wäre auch eine Situation vorstellbar, in<br />

der sich bei wenigen Kunden ganz erhebliche Vorteile<br />

durch die Portfolio-Effekte einstellen, denen nur geringfügige<br />

Nachteile bei der Mehrzahl der Kunden gegenüberstehen.<br />

Eine Abwägung allein nach der jeweiligen<br />

Anzahl der Kunden, die Vorteile bzw. Nachteile erleiden,<br />

greift daher zu kurz.<br />

3.5 Effizienzen<br />

729. Nach Erwägungsgrund 29 der Verordnung 139/<br />

2004 soll die Europäische Kommission begründeten und

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