Deutscher Bundestag Unterrichtung
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Drucksache 16/10140 – 292 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />
entsprechend der Differenzierung zwischen Entstehung<br />
und Verstärkung von Marktbeherrschung – bei den koordinierten<br />
Effekten ebenfalls zwischen dem Ermöglichen<br />
und dem Verstärken einer Koordinierung. Laut Randziffer<br />
39 der Leitlinien kann ein Zusammenschluss in einem<br />
konzentrierten Markt wirksamen Wettbewerb erheblich<br />
behindern, weil er die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die<br />
Unternehmen in der Lage sind, ihr Verhalten zu koordinieren<br />
und die Preise zu erhöhen. Ein Zusammenschluss<br />
kann auch die Abstimmung zwischen Unternehmen erleichtern,<br />
stabilisieren oder erfolgreicher machen, die ihr<br />
Verhalten bereits zuvor koordinierten, entweder indem sie<br />
ihre Abstimmung weiter verstärken oder ihre Preise abgestimmt<br />
noch weiter erhöhen.<br />
3.4.6 Konglomerate Aspekte/Portfolio-Effekte<br />
724. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle bilden<br />
die horizontalen Auswirkungen von Zusammenschlüssen<br />
den Mittelpunkt der Untersuchung. Zum Teil spricht die<br />
Wettbewerbsbehörde daneben vertikale Effekte an. In einigen<br />
Verfahren, wie SFR/Télé2France und Thales/<br />
Finmeccanica/AAS/Telespazio, stehen vertikale Aspekte<br />
im Vordergrund der wettbewerblichen Prüfung. Nur in<br />
wenigen Entscheidungen – etwa Metso/Aker Kvaerner,<br />
Mittal/Arcelor und Danone/Numico – hat sich die Europäische<br />
Kommission auch mit möglichen konglomeraten<br />
Auswirkungen von Zusammenschlüssen auseinandergesetzt.<br />
In dem Verfahren Metso/ Aker Kvaerner stellen die<br />
Parteien Maschinen und Ausrüstungen für Zellstoffanlagen<br />
her. Die Europäische Kommission grenzt verschiedene<br />
Märkte für „Prozessinseln“ wie Kocher, Braunwaschausrüstung<br />
und Bleichungsausrüstung – jeweils für<br />
neue Fabriken und für die Ersatzbeschaffung – ab. Im<br />
Rahmen der Marktdefinition geht die Europäische Kommission<br />
ferner der Frage nach, ob der Erwerb von kompletten<br />
Fabriken einen separaten Markt darstellt. Sie verneint<br />
dies am Ende, obwohl nicht geleugnet werden<br />
könne, dass die Kunden auf dem Markt für neue Fabriken<br />
zwei unterschiedliche Einkaufsstrategien verfolgten. Sie<br />
würden entweder eine oder mehrere Prozessinseln von<br />
verschiedenen Anbietern oder eine gesamte Fabrik von<br />
nur einem Anbieter erwerben.<br />
Die Zusammenschlussbeteiligten sind zum Teil auf denselben<br />
Märkten tätig, teilweise ergänzen sich ihre Produktpaletten.<br />
Die Europäische Kommission konzentriert<br />
ihre Prüfung auf die horizontalen Auswirkungen des Zusammenschlusses<br />
und stellt erhebliche Wettbewerbsbehinderungen<br />
auf mehreren Märkten fest. Dazu tragen in<br />
erster Linie die hohen gemeinsamen Marktanteile von bis<br />
zu 70 bzw. 90 Prozent sowie erhebliche Marktzutrittsschranken<br />
und fehlende Nachfragemacht bei. Unter dem<br />
Titel „Wettbewerbsfördernde Effekte des angemeldeten<br />
Vorhabens“ geht die Europäische Kommission außerdem<br />
auf die Portfolio-Effekte des Zusammenschlusses ein und<br />
prüft mögliche Wettbewerbsvorteile für die Abnehmer<br />
von Zellstoffanlagen und -ausrüstung. Einige Abnehmer<br />
hätten darauf hingewiesen, dass vor dem Zusammenschluss<br />
lediglich ein Produzent, Andritz, in der Lage sei,<br />
Zellstoffanlagen aus einer Hand anzubieten. Dieses Monopol<br />
werde durch die Zusammenführung der Produkte<br />
von Metso und Akver Kvaerner durchbrochen. Mit der<br />
Fusion entstehe ein zweiter Anbieter von Gesamtanlagen,<br />
der wirksamer mit Andritz konkurrieren könne, was wiederum<br />
den Kunden zugute komme. Daneben hätten die<br />
Parteien vorgetragen, dass ihr erweitertes Produktportfolio<br />
es den Kunden künftig erleichtere, größere Pakete an<br />
Prozessinseln von einem Anbieter zu kaufen, was zu einer<br />
Ersparnis bei Schnittstellenkosten führe und Konflikte<br />
in Haftungsfällen vermeiden helfe.<br />
Nach Auffassung der Europäischen Kommission kann die<br />
Existenz eines zweiten Vollanbieters im vorliegenden Fall<br />
tatsächlich positive Wirkungen entfalten. Dies gelte jedenfalls<br />
im Hinblick auf die Kunden, die am Erwerb einer<br />
Komplettanlage interessiert seien. Solche Kunden hätten<br />
nach dem Zusammenschluss der Parteien neben dem Anbieter<br />
Andritz, der derzeit eine monopolistische Stellung<br />
bei Komplettanlagen einnehme, einen weiteren Lieferanten.<br />
Allerdings habe die Marktuntersuchung gezeigt, dass<br />
lediglich eine Minderheit der Kunden überhaupt an Gesamtlösungen<br />
interessiert sei. Darüber hinaus habe die<br />
Marktbefragung ergeben, dass die Mehrheit der Abnehmer<br />
Schnittstellenkosten nicht als gravierend ansehen und<br />
dem Zusammenschluss skeptisch gegenüberstehen. Die<br />
Europäische Kommission folgert daraus, dass die möglichen<br />
wettbewerbsfördernden Effekte des Vorhabens dessen<br />
negative Auswirkungen nicht aufwiegen und gibt den<br />
Zusammenschluss nur unter Veräußerungszusagen frei,<br />
welche die festgestellten Überschneidungen aufheben.<br />
725. Von dem Zusammenschluss Danone/Numico sind<br />
die Bereiche Babynahrung und Babymilch betroffen. Die<br />
Europäische Kommission konzentriert ihre Untersuchung<br />
insbesondere auf den französischen, belgischen, niederländischen<br />
und portugiesischen Markt. Auf den drei erstgenannten<br />
Märkten befürchtet die Europäische Kommission<br />
erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigungen. Darauf<br />
weisen in erster Linie die gemeinsamen Marktanteile der<br />
Parteien in Höhe von 45 Prozent bis zu 100 Prozent hin.<br />
Außerdem stellen die Zusammenschlussbeteiligten jeweils<br />
engste Wettbewerber dar und verfügen – bei ausgeprägtem<br />
Markenbewusstsein der Kunden – über eine<br />
Reihe von wichtigen Marken. Daneben stellt die Europäische<br />
Kommission erhebliche Marktzutrittshindernisse<br />
aufgrund der begrenzten Regalfläche im Handel fest. Die<br />
Parteien haben sich daraufhin unter anderem verpflichtet,<br />
Numicos Babymilch- und Getränkesparte in Frankreich<br />
zu verkaufen, so dass keine Überschneidungen verbleiben.<br />
Auf dem portugiesischen Markt für Baby-Mahlzeiten erreichen<br />
die Parteien einen gemeinsamen Marktanteil von<br />
45 bis 55 Prozent. Stärkster Wettbewerber ist das Unternehmen<br />
Nestlé, das ebenfalls 45 bis 55 Prozent der Anteile<br />
hält. Ein weiterer Konkurrent verfügt über nicht<br />
mehr als 5 Prozent der Marktanteile. Nach den Ermittlungen<br />
der Europäischen Kommission waren die Parteien<br />
vor dem Zusammenschluss nicht engste Wettbewerber,<br />
sondern wurden jeweils eher als Alternative zu Nestlé als<br />
zueinander angesehen. Die Europäische Kommission<br />
weist außerdem darauf hin, dass die Marktteilnehmer im<br />
Rahmen der Marktuntersuchung keine Bedenken gegen