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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 275 – Drucksache 16/10140<br />

Kommission in ihren Entscheidungen. In dem Verfahren<br />

Omya/Huber macht die Europäische Kommission keinerlei<br />

nähere Angaben über Zahl und Bedeutung der Papiermaschinen,<br />

die ihrer Ansicht nach ungeeignet für eine<br />

Umstellung sind. Ferner wird die Höhe der Kosten, die<br />

bei einer Umstellung anfallen würden, nicht näher beziffert.<br />

In dem Verfahren Glatfelder/Crompton spricht die<br />

Wettbewerbsbehörde ohne weitere Details von „beträchtlichen<br />

Investitionen“, in der Entscheidung Inco/<br />

Falconbridge würde eine Umrüstung laut Kommission erhebliche<br />

Investitionen erfordern. In dem Verfahren<br />

Cargill/Degussa Food Ingredients geht die Europäische<br />

Kommission im Rahmen der wettbewerblichen Würdigung<br />

auf die Angebotsumstellungsflexibilität ein und<br />

kommt ohne nähere Erläuterung zu dem Ergebnis, dass<br />

diese ohne unerschwinglich hohe Kosten zu vollziehen<br />

sei. Mangels genauerer Angaben kann der Leser nicht<br />

nachvollziehen, ob der erforderliche Investitionsaufwand<br />

tatsächlich so hoch oder niedrig ist, dass bestimmte Produkte<br />

von dem sachlich relevanten Markt ausgenommen<br />

bzw. in ihn einbezogen werden sollten.<br />

660. Selbst dort, wo die Europäische Kommission konkretere<br />

Ausführungen macht und die notwendigen Investitionen<br />

genau beziffert, sind ihre Schlussfolgerungen<br />

nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Ohne zusätzliche Informationen<br />

wird nicht deutlich, ob die Anbieter bei einer<br />

nach dem Zusammenschluss erfolgenden Preiserhöhung<br />

bereit wären, eine Umrüstung ihrer Maschinen vorzunehmen.<br />

Insbesondere dürfte der Investitionsaufwand je nach<br />

Branche unterschiedlich sein, so dass die Angabe der absoluten<br />

Investitionshöhe keinen Schluss darauf zulässt,<br />

ob im Einzelfall eine angebotsseitige Substitution wahrscheinlich<br />

ist. Das Erkenntnisinteresse der Europäischen<br />

Kommission im Rahmen der Marktuntersuchung sollte<br />

deshalb nicht darauf gerichtet sein, welche absoluten<br />

Kosten bei einer Umrüstung anfallen würden. Zielführender<br />

wäre es, die Kosten der Umrüstung in Relation zu den<br />

sonstigen Kosten oder zu den auf dem betroffenen Markt<br />

erzielten Umsätzen bzw. Gewinnen zu setzen. Ferner<br />

könnte überprüft werden, ob es in der Vergangenheit zu<br />

Angebotsumstellungen gekommen ist. Hierbei sollten<br />

auch die Erfahrungen auf anderen räumlichen Märkten<br />

einbezogen werden.<br />

661. In dem Verfahren Glatfelder/Crompton geht die<br />

Europäische Kommission im Rahmen der nachfrageseitigen<br />

Substitution nicht nur auf die Umstellungsflexibilität<br />

aktueller Wettbewerber ein, sondern prüft auch die Wahrscheinlichkeit<br />

von Markteintritten. Sie stellt fest, dass ein<br />

solcher Marktzutritt umfangreiche Investitionen – etwa<br />

38 Mio. Euro – und relativ lange Vorlaufzeiten erfordere.<br />

Notwendig seien darüber hinaus ein Zertifizierungsverfahren,<br />

das etwa vier Wochen in Anspruch nehme, sowie<br />

gewisse Qualitätsprüfungen seitens der Abnehmer, die<br />

zwischen zwei und zwölf Monaten dauerten. Neben der<br />

Errichtung eines Werkes setze ein erfolgreicher Markteintritt<br />

zusätzlich den Aufbau eines Verkaufs- und Vertriebsnetzes<br />

sowie das Angebot technischer Dienstleistungen<br />

voraus. Aus diesen Gründen lehnt die Europäische Kommission<br />

das Vorliegen der Kriterien für die Wirksamkeit<br />

und die Unmittelbarkeit der angebotsseitigen Substituier-<br />

barkeit, wie sie in ihrer Bekanntmachung über die Definition<br />

des relevanten Marktes dargelegt werden, ab.<br />

662. Nach Auffassung der Monopolkommission sollte<br />

die Frage des Marktzutritts nicht im Rahmen der Marktdefinition<br />

untersucht, sondern im Rahmen der weiteren<br />

wettbewerblichen Würdigung berücksichtigt werden.<br />

Prinzipiell vertritt die Europäische Kommission dieselbe<br />

Ansicht, wie aus Randziffer 24 der erwähnten Bekanntmachung<br />

hervorgeht. Hiernach wird der potenzielle Wettbewerb<br />

nicht bei der Marktdefinition herangezogen, da<br />

die Voraussetzungen, unter denen potenzieller Wettbewerb<br />

eine wirksame Wettbewerbskraft darstellt, von den<br />

Markteintrittsbedingungen abhänge. Soweit erforderlich,<br />

solle diese Untersuchung in einer späteren Stufe vorgenommen<br />

werden, falls die Stellung der neuen Unternehmenseinheit<br />

Anlass zu Wettbewerbsbedenken gibt.<br />

3.3.4 Räumliche Marktabgrenzung<br />

663. Auch bei der räumlichen Marktabgrenzung hat die<br />

Europäische Kommission verschiedentlich auf quantitative<br />

Analysen zurückgegriffen. Das Verfahren Sea-Invest/<br />

EMO-EKOM betrifft den sachlichen Markt für Hafenumschlagsleistungen<br />

für Kohle und Eisenerz. Die Europäische<br />

Kommission nimmt anhand der im Rahmen der<br />

Marktuntersuchung übermittelten Angaben für den Antwerpener<br />

und Rotterdamer Hafen eine quantitative Analyse<br />

der Seefrachtkosten für Kohle verschiedener Herkunft<br />

vor. Sie ermittelt aufgrund der durchschnittlichen<br />

Seefrachtkosten eine nicht unerhebliche Kostendifferenz<br />

zwischen den beiden Häfen. Die quantitative Analyse bestätigt<br />

nach Ansicht der Europäischen Kommission die<br />

Bedeutung des Tiefgangs eines Frachtschiffs und der sich<br />

daraus ergebenden Kostennachteile des Hafens in Antwerpen<br />

gegenüber dem Rotterdamer Hafen. Unter anderem<br />

auf der Grundlage der Seefrachtkosten und der Kosten<br />

für den Inlandstransport grenzt die Europäische<br />

Kommission das Gebiet Rotterdam/Amsterdam/Zeeland<br />

von dem Gebiet Antwerpen/Gent/Dünkirchen als separaten<br />

räumlichen Markt ab.<br />

664. In dem Verfahren Omya/Huber sind nach Auffassung<br />

der Europäischen Kommission die Transportkosten<br />

der entscheidende Faktor für die räumliche Marktabgrenzung.<br />

138 Laut ihren Ermittlungen erhöht sich der Preis<br />

durch die Transportkosten z. B. bei Füllstoffen durchschnittlich<br />

um bis zu 30 bis 45 Prozent gegenüber dem<br />

Preis ab Werk. Durch die Höhe der Transportkosten sei<br />

die Entfernung, über die Calciumcarbonate zu einem akzeptablen<br />

Preis befördert werden könnten, begrenzt. Die<br />

Untersuchung habe außerdem gezeigt, dass die Preispolitik<br />

auf nationaler und regionaler Ebene uneinheitlich ist.<br />

Die Preise hingen insofern entscheidend davon ab, ob<br />

dem Kunden eine realistische alternative Bezugsquelle<br />

zur Deckung seines Bedarfs zur Verfügung steht. Daraus<br />

folgt nach Ansicht der Europäischen Kommission, dass<br />

nicht das gesamte Gebiet innerhalb von Landesgrenzen<br />

als räumlich relevanter Markt zu betrachten sei. Könnten<br />

138 Vgl. Tz. 640 ff.

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