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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 268 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

Waren und Dienstleistungen in der Gemeinschaft oder<br />

diesem Mitgliedstaat erzielt wurde. Nach der Mitteilung<br />

der Kommission über die Berechnung des Umsatzes richtet<br />

sich der Ort des Umsatzes danach, wo sich der Kunde<br />

zur Zeit der Transaktion befindet. 125 Der Umsatz ist dem<br />

Standort des Kunden zuzuordnen, da in den allermeisten<br />

Fällen dort der Vertrag zustande kommt, der entsprechende<br />

Umsatz erzielt wird und Wettbewerb mit anderen<br />

Anbietern stattfindet.<br />

631. In früheren Entscheidungen zum Luftverkehr hatte<br />

die Europäische Kommission verschiedene Alternativen<br />

der Umsatzzurechnung erwogen. So war eine 50/50-Aufteilung<br />

der Umsätze auf den Abflug- und Ankunftsort<br />

ebenso in Betracht gezogen worden wie eine vollständige<br />

Zurechnung zu dem Ort des Ticketverkaufs. Die anfängliche<br />

Überlegung, Umsätze ausschließlich dem Ankunftsland<br />

zuzurechnen, hat die Europäische Kommission zwischenzeitlich<br />

wieder verworfen. Da die vorgeschlagenen<br />

Alternativen in früheren Fällen nicht zu unterschiedlichen<br />

Ergebnissen geführt hätten, konnte die Wettbewerbsbehörde<br />

die genaue Zurechnung bislang offen lassen. In der<br />

jetzt vorliegenden Verfügung lehnt die Europäische Kommission<br />

eine Zurechnung der auf dem Hin- und Rückflug<br />

erzielten Umsätze ausschließlich zum Ankunftsland ab.<br />

Sie verwirft außerdem die von Aer Lingus vorgeschlagene<br />

Zuordnung ausschließlich zum Abflugland. Nach<br />

beiden Ansätzen wäre die Kommission für die fusionskontrollrechtliche<br />

Prüfung nicht zuständig gewesen. Die<br />

Wettbewerbsbehörde verneint daneben eine Zurechnung<br />

zum Verkaufsort, wie sie noch in der Mitteilung zur Umsatzberechnung<br />

vorgeschlagen wird. Zur Begründung<br />

führt die Europäische Kommission an, dass ein erheblicher<br />

Teil der Tickets beider Fluggesellschaften über das<br />

Internet erworben werde und der jeweilige Verkaufsort<br />

deshalb nicht feststellbar sei. Außerdem gelte beim Internetvertrieb<br />

in der Regel die Vermutung nicht, wonach der<br />

Verkaufsort und der Ort der Dienstleistungserbringung<br />

übereinstimmten. Die Europäische Kommission spricht<br />

sich schließlich dafür aus, entweder die Umsätze hälftig<br />

auf das Abflug- und das Ankunftsland aufzuteilen oder<br />

sie zwar dem Abflugland zuzuordnen, Hin- und Rückflug<br />

aber als zwei Flüge zu behandeln. Nach Auffassung der<br />

Europäischen Kommission spiegelt die hälftige Aufteilung<br />

den transnationalen Charakter der Dienstleistung wider<br />

und erlaubt eine einfache und rechtssichere Anwendung.<br />

Für die Zuordnung zum jeweiligen Abflugland bei<br />

Hin- und Rückflug spreche, dass die Kunden auch beide<br />

Flüge bei verschiedenen Anbietern buchen könnten. Nach<br />

beiden Alternativen ist die Europäische Kommission im<br />

vorliegenden Fall zuständig.<br />

632. Die Monopolkommission lehnt beim Internetvertrieb<br />

– ebenso wie die Europäische Kommission – eine<br />

Zuordnung zum Ort des Vertragsschlusses als unpraktikabel<br />

und wenig sachgerecht ab. Oftmals werden den betroffenen<br />

Unternehmen die entsprechenden Daten nicht<br />

125 Mitteilung der Kommission über die Berechnung des Umsatzes im<br />

Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates über die Kontrolle<br />

von Zusammenschlüssen, ABl. EG Nr. C 66 vom 2. März<br />

1998, S. 25, hier: S. 32, Rn. 45.<br />

oder nicht ohne weiteres zur Verfügung stehen. Zudem<br />

dürfte der Ort des Vertragsschlusses häufig nicht identisch<br />

mit dem Ort sein, an dem die erworbene Dienstleistung<br />

zu erbringen ist. Diese Auffassung kommt auch in<br />

der konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen<br />

zum Ausdruck, mit der die Mitteilung über<br />

die Umsatzberechnung im Juli 2007 abgelöst wurde. 126<br />

Hiernach ist, sofern die fragliche Dienstleistung nicht<br />

über das Internet geliefert wird, der Ort für die Zurechnung<br />

zugrunde zu legen, an dem die charakteristische<br />

Handlung im Rahmen des Vertrags durchgeführt wird.<br />

Geht man vom Ort der Erbringung der Dienstleistung aus,<br />

erscheint eine ausschließliche Zuordnung zum Abflugoder<br />

Ankunftsort nicht sinnvoll, denn bei einem Hin- und<br />

Rückflug wird die Dienstleistung an beiden Orten erbracht.<br />

Dieser Auffassung entsprechen beide von der<br />

Europäischen Kommission vertretenen Alternativen. Eine<br />

Entscheidung musste sie nicht treffen, weil im vorliegenden<br />

Fall beide Methoden zu demselben Ergebnis führten.<br />

3.2.3 Zuständigkeit und Abhilfemaßnahmen<br />

633. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem<br />

Urteil Cementbouw/Kommission wichtige Feststellungen<br />

zur Zuständigkeit der Europäischen Kommission<br />

getroffen. 127 Dem Urteil lag eine Entscheidung der Europäischen<br />

Kommission vom Juni 2002 zugrunde, mit der<br />

das Zusammenschlussvorhaben Haniel/Cementbouw/JV<br />

(CVK) nach Durchführung der zweiten Verfahrensphase<br />

nur unter Bedingungen und Auflagen genehmigt worden<br />

war. Cementbouw legte gegen die Entscheidung am<br />

11. September 2002 Klage beim Gericht erster Instanz<br />

ein. Das Gericht folgte jedoch keinem der vorgebrachten<br />

Argumente und wies die Klage ab. 128 Am 3. Mai 2006<br />

legte Cementbouw Rechtsmittel beim EuGH gegen das<br />

erstinstanzliche Urteil ein. Die Klägerin macht unter anderem<br />

geltend, die Zuständigkeit der Europäischen Kommission<br />

nach der Fusionskontrollverordnung werde nicht<br />

ausschließlich durch den Zusammenschluss in der Form,<br />

wie er angemeldet worden sei, sondern durch den tatsächlich<br />

vollzogenen Zusammenschluss begründet. Dies gelte<br />

für den Fall, dass die Parteien das Zusammenschlussvorhaben<br />

nach dessen Anmeldung geändert hätten, wobei<br />

solche Änderungen auch aus einem Zusagenvorschlag resultieren<br />

könnten.<br />

634. Der Europäische Gerichtshof hat diese Argumentation<br />

– nach Auffassung der Monopolkommission zu<br />

Recht – verworfen. Zur Begründung führt der EuGH aus,<br />

dass die Fusionskontrollverordnung gemäß Artikel 21<br />

FKVO auf einer exakten Verteilung der Zuständigkeiten<br />

zwischen den nationalen und den gemeinschaftlichen Behörden<br />

beruhe. Die Fusionskontrollverordnung enthalte<br />

darüber hinaus Bestimmungen wie Artikel 10 Abs. 1 und 2<br />

126 Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen<br />

gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle<br />

von Unternehmenszusammenschlüssen, 10. Juli 2007, Rn. 196.<br />

127 EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007, Rs. C-202/06 P,<br />

Cementbouw/Kommission, Rn. 39.<br />

128 EuG, Urteil vom 23. Februar 2006, Rs. T-282/02, Cementbouw/<br />

Kommission, Slg. 2006, II-319.

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