Deutscher Bundestag Unterrichtung
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Drucksache 16/10140 – 266 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />
von mindestens zwei beteiligten Unternehmen jeweils<br />
mehr als 25 Mio. Euro betragen und der gemeinschaftsweite<br />
Gesamtumsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen<br />
jeweils 100 Mio. Euro übersteigen. Außerdem<br />
gilt auch insoweit die Zwei-Drittel-Regelung. Die Zuständigkeit<br />
der Europäischen Kommission kann sich daneben<br />
aus einer Verweisung nach Artikel 4 Abs. 5 oder<br />
nach Artikel 22 FKVO ergeben. Eine Verweisung nach<br />
Artikel 4 Abs. 5 FKVO resultiert aus einem Antrag der<br />
Zusammenschlussparteien, während eine Verweisung<br />
nach Artikel 22 FKVO auf Initiative eines oder mehrerer<br />
Mitgliedstaaten erfolgt.<br />
624. Betrachtet man die Zweite-Phase-Verfahren im gegenwärtigen<br />
Berichtszeitraum, ergibt sich für die Begründung<br />
der Zuständigkeit Brüssels folgendes Bild: 121 Aufgrund<br />
des Artikel 1 Abs. 2 FKVO fallen die sieben<br />
Zusammenschlussvorhaben Sea-Invest/EMO-EKOM,<br />
Thales/ Finmeccanica/AAS/Telespazio, Sony/BMG sowie<br />
T-Mobile Austria/Tele.ring, Inco/Falconbridge, Gaz<br />
de France/Suez und SFR/Télé2 in den Zuständigkeitsbereich<br />
der Europäischen Kommission. Für vier Fälle ist die<br />
Europäische Kommission gemäß Artikel 1 Abs. 3 FKVO<br />
zuständig, nämlich Cargill/Degussa Food Ingredients sowie<br />
Dong/Elsam/Energie E2, Universal/ BMG Music Publishing<br />
und Ryanair/Aer Lingus. Nach Artikel 22 FKVO<br />
gelangten die zwei Verfahren Glatfelder/Crompton und<br />
Omya/Huber auf Antrag der Mitgliedstaaten in die Jurisdiktion<br />
der Europäischen Kommission. In den drei Fällen<br />
Travelport/Worldspan, Metso/Aker Kvaerner und Kronospan/Constantia<br />
wurde die Zuständigkeit Brüssels durch<br />
einen Antrag der Parteien gemäß Artikel 4 Abs. 5 FKVO<br />
eröffnet.<br />
625. Die Zuständigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden<br />
folgt in erster Linie aus den mitgliedstaatlichen<br />
Regelungen und wird durch die Artikel 1 Abs. 2 und 3<br />
FKVO begrenzt. Die nationalen Wettbewerbsbehörden<br />
sind auch dann zuständig, wenn ein Zusammenschlussvorhaben<br />
zwar ursprünglich gemeinschaftsweite Bedeutung<br />
hatte, aber auf Betreiben der Parteien (Artikel 4<br />
Abs. 4 FKVO) oder eines Mitgliedstaates (Artikel 9<br />
FKVO) verwiesen wird. Im gegenwärtigen Berichtszeitraum<br />
hat die Europäische Kommission 18 Verfahren gemäß<br />
Artikel 4 Abs. 4 FKVO vollständig, einen weiteren<br />
Fall nur teilweise an die nationalen Wettbewerbsbehörden<br />
abgegeben. Auf der Grundlage von Artikel 9 FKVO wurden<br />
zwei Verfahren – TCCC/CCHBC/Traficante und<br />
Carrefour/Ahold Polska – vollständig an die italienische<br />
und die polnische Wettbewerbsbehörde verwiesen. In den<br />
Fällen Aggregate Industries/Foster Yeoman und Alfa<br />
Acciai/Cronimet/Remondis/TSR Group kam es zur teilweisen<br />
Verfahrensabgabe an das Vereinigte Königreich<br />
und Deutschland. Soweit die Zuständigkeit für diese Vorhaben<br />
bei der Europäischen Kommission verblieb, erließ<br />
sie Entscheidungen nach Artikel 6 Abs. 1 lit. b FKVO.<br />
Den Verweisungsantrag Bulgariens in dem Fall AIG Ca-<br />
121 Bei Redaktionsschluss waren 17 Zweite-Phase-Verfahren veröffentlicht.<br />
In der Entscheidung Ineos/BP Dormagen macht die Europäische<br />
Kommission keine Angaben zur Zuständigkeit.<br />
pital Partners/Bulgarian Telecommunications Company<br />
beschied die Europäische Kommission abschlägig und<br />
führte die Prüfung selbst durch. Sie beendete das Verfahren<br />
ebenfalls mit einer Entscheidung nach Artikel 6<br />
Abs. 1 lit. b FKVO.<br />
3.2.1 Ausschließliche Zuständigkeit der<br />
Europäischen Kommission<br />
626. Nach Artikel 21 Abs. 2 FKVO ist die Europäische<br />
Kommission ausschließlich dafür zuständig, die wettbewerbsrechtlichen<br />
Auswirkungen von Zusammenschlüssen<br />
mit gemeinschaftsweiter Bedeutung zu beurteilen.<br />
Gemäß Artikel 21 Abs. 3 FKVO wenden die Mitgliedstaaten<br />
ihr nationales Wettbewerbsrecht nicht auf derartige<br />
Zusammenschlüsse an. Nach Abs. 4 der Vorschrift<br />
sind die Mitgliedstaaten jedoch befugt, geeignete Maßnahmen<br />
zum Schutz anderer berechtigter Interessen zu<br />
treffen, sofern die Interessen mit den allgemeinen Grundsätzen<br />
und den übrigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts<br />
vereinbar sind. Als berechtigte Interessen in<br />
diesem Sinn gelten gemäß Artikel 21 Abs. 4 FKVO die<br />
öffentliche Sicherheit, die Medienvielfalt und die Aufsichtsregeln.<br />
Alle Maßnahmen zum Schutz anderer Interessen<br />
sind der Europäischen Kommission mitzuteilen,<br />
die innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden muss, ob<br />
das geltend gemachte Interesse mit den allgemeinen<br />
Grundsätzen und den sonstigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts<br />
vereinbar ist. In den Verfahren E.ON/<br />
Endesa und Enel/Acciona/Endesa hat die Europäische<br />
Kommission insgesamt drei Entscheidungen wegen Verstoßes<br />
gegen Artikel 21 FKVO erlassen.<br />
627. Am 16. März 2006 hat E.ON sein Vorhaben,<br />
Endesa im Wege eines öffentlichen Übernahmeangebots<br />
zu erwerben, in Brüssel angemeldet. Am 25. April 2006<br />
genehmigte die Europäische Kommission den Zusammenschluss<br />
in der ersten Verfahrensphase ohne Bedingungen<br />
und Auflagen. Einige Tage, nachdem E.ON sein<br />
Angebot für Endesa bekannt gegeben hatte, erließ die<br />
spanische Regierung ein Gesetz, mit dem die Aufsichtsbefugnisse<br />
der Energieregulierungsbehörde CNE ausgeweitet<br />
wurden. In Anwendung dieses Gesetzes machte<br />
die CNE den Zusammenschluss E.ON/Endesa von einer<br />
Reihe von Auflagen abhängig und verpflichtete E.ON unter<br />
anderem zur Veräußerung bestimmter Vermögenswerte.<br />
Daraufhin erließ die Europäische Kommission im<br />
September 2006 eine Verfügung nach Artikel 21 FKVO<br />
gegen Spanien. Die spanische Regierung habe gegen<br />
Artikel 21 FKVO verstoßen, weil die Entscheidung der<br />
CNE ohne vorherige <strong>Unterrichtung</strong> und ohne Billigung<br />
der Europäischen Kommission erlassen worden sei. Außerdem<br />
werde der Zusammenschluss von einer Reihe von<br />
Auflagen abhängig gemacht, die den Bestimmungen des<br />
EG-Vertrags über den freien Kapitalverkehr und die Niederlassungsfreiheit<br />
zuwiderliefen. Aufgrund dieser Entscheidung<br />
war Spanien verpflichtet, die Auflagen unverzüglich<br />
aufzuheben.<br />
Im November 2006 legte das spanische Ministerium für<br />
Industrie, Tourismus und Handel im Rahmen des verwaltungsrechtlichen<br />
Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Ent-