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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 265 – Drucksache 16/10140<br />

Spannungsverhältnisses ist darauf zu achten, dass problematische<br />

Fälle auch künftig nicht allein aus Personaloder<br />

Zeitmangel als unbedenklich eingestuft und im vereinfachten<br />

Verfahren abgehandelt werden.<br />

620. In 28 Fällen hat die Europäische Kommission die<br />

zweite Verfahrensphase gemäß Artikel 6 Abs. 1 lit. c<br />

FKVO eröffnet. Im Vergleich zum vorigen Berichtszeitraum<br />

mit 18 derartigen Entscheidungen ist die Zahl deutlich<br />

angestiegen. Erhöht hat sich auch die Zahl der Freigaben<br />

ohne Bedingungen und Auflagen, nämlich von vier<br />

in den Jahren 2004/2005 auf neun in 2006/2007. In den<br />

Fällen Sea-Invest/EMO-EKOM, Cargill/Degussa Food Ingredients,<br />

Ineos/BP Dormagen, Glatfelder/Crompton, Thales/Finmeccanica/AAS/Telespazio,<br />

Travelport/Worldspan,<br />

AAE/Lentjes und Syniverse/BSG ergingen die Verfügungen<br />

nach Artikel 8 Abs. 1 der Verordnung 139/2004. 117 Die<br />

Entscheidung Sony/BMG wurde noch auf der Grundlage<br />

von Artikel 8 Abs. 2 der Verordnung 4064/89 erlassen.<br />

Erstmals hatte die Europäische Kommission das Vorhaben<br />

im Jahr 2004 untersucht und eine Freigabe ohne Bedingungen<br />

und Auflagen erlassen. Nachdem das Gericht<br />

erster Instanz diese Entscheidung aufgehoben hatte,<br />

musste die Kommission das Verfahren erneut durchführen.<br />

Da es für die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf<br />

den Tag des Vertragsabschlusses zwischen den Parteien<br />

ankommt, blieb die Verordnung 4064/89 maßgebend. Die<br />

neue Prüfung führte ebenfalls zu einer bedingungslosen<br />

Freigabe nach Durchführung der zweiten Verfahrensphase.<br />

Die Europäische Kommission erließ im gegenwärtigen<br />

Berichtszeitraum zehn Entscheidungen gemäß Artikel 8<br />

Abs. 2 der Verordnung 139/2004. Sie genehmigte die<br />

Fälle Omya/Huber, Dong/Elsam/Energi E2, T-Mobile<br />

Austria/Tele.ring, Inco/Falconbridge sowie Gaz de<br />

France/Suez, Metso/Aker Kvaerner, JCI/Fiamm, Universal<br />

Music Group/BMG Music Publishing, SFR/Télé2 und<br />

Kronospan/Constantia nur unter Bedingungen und Auflagen.<br />

118 Im Verhältnis zum vorigen Berichtszeitraum mit<br />

sieben bedingten Entscheidungen blieb die Zahl in etwa<br />

gleich.<br />

621. Lediglich in einem Verfahren – Ryanair/Aer Lingus<br />

– sprach die Europäische Kommission eine Untersagung<br />

aus. Im Vergleich zum letzten Berichtszeitraum ist<br />

damit die Zahl der Untersagungen zwar gleich geblieben<br />

– mit ENI/EDP/GDP wurde damals ebenfalls nur eine<br />

Verbotsverfügung ausgesprochen. Im Verhältnis zu den<br />

Jahren 2004/2005 liegen in den Jahren 2006/2007 allerdings<br />

ca. 200 zusätzliche Notifizierungen vor. Die Gesamtzahl<br />

der Untersagungen seit Beginn der europäischen<br />

Fusionskontrolle stieg damit von 19 auf 20. Daneben<br />

wurden im vorliegenden Berichtszeitraum insgesamt<br />

16 Anmeldungen zurückgenommen. Eine solche Rücknahme<br />

erfolgte zwölf Mal in der ersten und vier Mal in<br />

der zweiten Verfahrensphase. In den Jahren 2004/2005<br />

117 Die Entscheidungen AAE/Lentjes und Syniverse/BSG waren zum<br />

Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch nicht veröffentlicht.<br />

118 Die Entscheidung JCI/Fiamm war zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses<br />

noch nicht veröffentlicht.<br />

waren es annähernd genauso viele, nämlich 14 Rücknahmen.<br />

622. Die Tatsache, dass immerhin 16 Anmeldungen zurückgenommen<br />

worden sind, lässt auf eine gewisse Vorfeldwirkung<br />

der europäischen Fusionskontrolle schließen.<br />

Diese wird wahrscheinlich auch dafür sorgen, dass<br />

bestimmte offensichtlich wettbewerblich problematische<br />

Zusammenschlussvorhaben gar nicht erst angemeldet<br />

werden. Dennoch bleibt festzustellen, dass die Zahl der<br />

Untersagungen auf anhaltend niedrigem Niveau verharrt.<br />

Dies dürfte auch auf eine Tendenz der Europäischen<br />

Kommission zurückzuführen sein, bei festgestellten Wettbewerbsbeeinträchtigungen<br />

eher auf Freigabeentscheidungen<br />

unter Bedingungen und Auflagen zu setzen als<br />

Verbote auszusprechen. Die Verhängung strenger Abhilfemaßnahmen<br />

wird möglicherweise als gleichwertig zum<br />

Erlass von Untersagungsentscheidungen angesehen. Gerade<br />

vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der begrenzten<br />

Wirksamkeit von Bedingungen und Auflagen in<br />

der Fusionskontrollpraxis muss diese Annahme jedoch<br />

stark bezweifelt werden. Eine Studie der Europäischen<br />

Kommission aus dem Jahr 2005 kam zu dem Ergebnis,<br />

dass nur knapp über die Hälfte der untersuchten Abhilfemaßnahmen<br />

wirksam waren. 119 Positiv kann in diesem<br />

Zusammenhang lediglich stimmen, dass die Europäische<br />

Kommission in dem im April 2007 veröffentlichten Entwurf<br />

einer überarbeiteten Mitteilung zu Abhilfemaßnahmen<br />

eine Reihe von Vorkehrungen getroffen hat, um die<br />

Effektivität von Zusagen zu erhöhen. Dazu gehören umfangreiche<br />

Informationspflichten seitens der Parteien sowie<br />

die vermehrte Anwendung von sog. Upfront-Buyerund<br />

Fix-it-first-Lösungen. 120<br />

3.2 Zuständigkeit<br />

623. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Europäischen<br />

Kommission einerseits und den nationalen Wettbewerbsbehörden<br />

andererseits ergibt sich in erster Linie<br />

aus Artikel 1 Abs. 2 und Abs. 3 FKVO. Nach Artikel 1<br />

Abs. 2 FKVO ist die Zuständigkeit der Europäischen<br />

Kommission eröffnet, wenn ein weltweiter Gesamtumsatz<br />

aller beteiligten Unternehmen zusammen von mehr<br />

als 5 Mrd. Euro und ein gemeinschaftsweiter Gesamtumsatz<br />

von mindestens zwei beteiligten Unternehmen von<br />

jeweils mehr als 250 Mio. Euro erzielt werden. Außerdem<br />

dürfen die beteiligten Unternehmen nicht jeweils mehr als<br />

zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes<br />

in ein und demselben Mitgliedstaat erzielen. Artikel 1<br />

Abs. 3 FKVO sieht als subsidiäre Zuständigkeitsregelung<br />

folgende Voraussetzungen vor: Der weltweite Gesamtumsatz<br />

aller beteiligten Unternehmen muss zusammen mehr<br />

als 2,5 Mrd. Euro betragen, der Gesamtumsatz aller beteiligten<br />

Unternehmen in mindestens drei Mitgliedstaaten<br />

jeweils 100 Mio. Euro übersteigen, in jedem von mindestens<br />

drei dieser Mitgliedstaaten muss der Gesamtumsatz<br />

119 Merger Remedies Study, DG Competition, European Commission,<br />

October 2005, http://ec.europa.eu/comm/competition/mergers/stu<br />

dies_reports/study_reports.html. Vgl. hierzu Monopolkommission,<br />

Hauptgutachten 2004/2005, a. a. O., Tz. 701 ff.<br />

120 Vgl. Tz. 765 ff.

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