Deutscher Bundestag Unterrichtung
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Drucksache 16/10140 – 264 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />
wurf einer Bekanntmachung zu Abhilfemaßnahmen<br />
vor. 115<br />
615. Während des Berichtszeitraums wurden laut Statistik<br />
der Europäischen Kommission insgesamt 758 Zusammenschlussvorhaben<br />
in Brüssel angemeldet. Auf das Jahr<br />
2006 entfielen 356 Notifizierungen, die restlichen 402<br />
Anmeldungen erfolgten 2007. Im Vergleich zu dem vorangegangenen<br />
Berichtszeitraum mit 562 Fällen stieg die<br />
Zahl der Anmeldungen um fast 200, d. h. um circa<br />
35 Prozent. Die Fallzahlen übertreffen selbst die „Fusionswelle“<br />
in den Jahren 2000 und 2001, in denen immerhin<br />
schon 665 Vorhaben notifiziert worden waren.<br />
616. Im Berichtszeitraum erfolgten neun Anträge der<br />
Mitgliedstaaten gemäß Artikel 9 FKVO auf Verweisung<br />
an die nationalen Wettbewerbsbehörden. Die Europäische<br />
Kommission gab den Anträgen jeweils zweimal teilweise<br />
und vollständig statt. In einem Fall verweigerte die Kommission<br />
die Verweisung. 116 Die Mitgliedstaaten haben<br />
sieben Mal von der Möglichkeit des Artikel 22 FKVO<br />
Gebrauch gemacht und eine Verweisung an die Brüsseler<br />
Wettbewerbsbehörde beantragt. Davon waren fünf Anträge<br />
erfolgreich, einen Antrag lehnte die Europäische<br />
Kommission ab.<br />
Mit der letzten Reform der Fusionskontrollverordnung erlangten<br />
die zusammenschlussbeteiligten Unternehmen<br />
die Befugnis, selbst die Verweisung ihres Vorhabens zu<br />
beantragen. Nach Artikel 4 Abs. 4 FKVO können sie um<br />
die Abgabe eines Falles, der ursprünglich in die Zuständigkeit<br />
der Europäischen Kommission fallen würde, an<br />
einen Mitgliedstaat bitten. Artikel 4 Abs. 5 FKVO eröffnet<br />
hingegen die Möglichkeit, einen ursprünglich nationalen<br />
Fall in die Zuständigkeit der Europäischen Kommission<br />
zu verlagern. Den betroffenen Mitgliedstaaten<br />
steht jeweils ein Vetorecht zu, mit dem der Wechsel der<br />
Zuständigkeit verhindert werden kann. Während des Berichtszeitraums<br />
haben die Parteien 18 Anträge auf Verweisung<br />
an eine nationale Wettbewerbsbehörde gestellt.<br />
Die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission kamen<br />
derartigen Ersuchen 18 Mal vollständig und einmal<br />
teilweise nach. Die Übertragung der Zuständigkeit wurde<br />
in keinem Fall verweigert. Fast verdoppelt hat sich die<br />
Zahl der Anträge nach Artikel 4 Abs. 5 FKVO. Während<br />
die Zusammenschlussparteien im letzten Berichtszeitraum<br />
48 Anträge auf Verweisung an die Europäische<br />
Kommission gestellt haben, stieg die Zahl in den Jahren<br />
2006/2007 auf 89 an. In ebenfalls 89 Fällen wurde die<br />
Übertragung der Zuständigkeit akzeptiert, nur in zwei<br />
Fällen wurde sie abgelehnt.<br />
115 Draft revised Commission Notice on remedies acceptable under the<br />
Merger Regulation, 24. April 2007, http://ec.europa.eu/comm/com<br />
petition/mergers/legislation/merger_remedies.html.<br />
116 Die Zahl der während des Berichtszeitraums eingegangenen Anträge<br />
nach Artikel 9 FKVO muss nicht mit der Zahl der im Berichtszeitraum<br />
getroffenen Entscheidungen nach Artikel 9 FKVO übereinstimmen.<br />
Zum Teil beziehen sich Entscheidungen auf Anträge aus dem<br />
vorigen Berichtszeitraum, zum Teil werden die in 2007 gestellten<br />
Anträge erst in 2008 entschieden. Dasselbe gilt auch für Anträge<br />
nach Artikel 22 sowie 4 Abs. 4 und 5 FKVO.<br />
617. Aus den genannten Zahlen ergibt sich, dass die von<br />
den Mitgliedstaaten ausgehenden Artikel 9-Anträge<br />
nochmals an Bedeutung verloren haben. Im Vergleich<br />
zum vorigen Berichtszeitraum mit elf Verweisungsersuchen<br />
ging die Zahl weiter zurück. Die Zahl der Ersuchen<br />
der Mitgliedstaaten nach Artikel 22 FKVO ist mit sieben<br />
hingegen leicht gestiegen (2004/2005: 5 Anträge). Dies<br />
gilt auch für die Fälle, in denen die Parteien um Verfahrensabgabe<br />
an die Mitgliedstaaten gebeten haben (2004/<br />
2005: 16 Anträge, 2006/2007: 18 Anträge). Stark gestiegen<br />
ist hingegen die Zahl der Anträge nach Artikel 4<br />
Abs. 5 FKVO, nämlich von 48 auf 89. Offenbar nehmen<br />
immer mehr Unternehmen die Möglichkeit wahr, die Prüfung<br />
ihrer Vorhaben von Brüssel vornehmen zu lassen,<br />
obwohl sie die Umsatzschwellen des Artikel 1 FKVO<br />
nicht erreichen. Auffällig ist in diesem Zusammenhang<br />
zudem, dass die Mitgliedstaaten trotz der Häufigkeit dieser<br />
Verweisungsanträge kaum von ihrem Vetorecht Gebrauch<br />
machen: Nur in zwei Fällen wurde eine Verweisung<br />
abgelehnt. Dies ist um so erstaunlicher vor dem<br />
Hintergrund, dass der Verweisungstatbestand des Artikel<br />
4 Abs. 5 FKVO noch im Gesetzgebungsverfahren auf<br />
teilweise erheblichen Widerstand der nationalen Wettbewerbsbehörden<br />
gestoßen war.<br />
618. In der ersten Verfahrensphase traf die Europäische<br />
Kommission 722 Entscheidungen. In keinem Fall kam es<br />
zu einer Ablehnung der Brüsseler Zuständigkeit nach<br />
Artikel 6 Abs. 1 lit. a FKVO. In 691 Fällen verneinte die<br />
Europäische Kommission ernsthafte wettbewerbliche Bedenken<br />
und schloss das Verfahren mit einer Entscheidung<br />
nach Artikel 6 Abs. 1 lit. b FKVO ohne Bedingungen und<br />
Auflagen ab. 31 Zusammenschlussvorhaben führten zu<br />
erheblichen Wettbewerbsproblemen und wurden nur unter<br />
Zusagen erlaubt. Im Verhältnis zum vorigen Berichtszeitraum<br />
ist die Zahl der bedingungslosen Freigaben<br />
leicht gestiegen, die Zahl der Genehmigungen unter Bedingungen<br />
und Auflagen leicht gefallen.<br />
619. Vermehrt hat die Europäische Kommission das<br />
vereinfachte Verfahren genutzt. Während diese Verfahrensart<br />
im letzten Berichtszeitraum 214 Mal zur Anwendung<br />
kam, waren in den Jahren 2006/2007 schon 445,<br />
also mehr als doppelt so viele Fälle betroffen. Selbst unter<br />
Berücksichtigung der stark gestiegenen Gesamtzahl von<br />
Anmeldungen lässt sich noch eine beträchtliche Ausbreitung<br />
des vereinfachten Verfahrens feststellen. In der vermehrten<br />
Anwendung des vereinfachten Verfahrens dürfte<br />
das Bestreben der Europäischen Kommission zum Ausdruck<br />
kommen, ihre Ressourcen vorrangig auf die<br />
schwierigeren Fälle zu konzentrieren und im Gegenzug<br />
unproblematische Vorhaben schnell zu beenden. Angesichts<br />
der gestiegenen Fallzahlen ist diese Tendenz zwar<br />
durchaus nachvollziehbar, allerdings bleibt zu bedenken,<br />
dass die Zunahme der Fälle auch auf die von der Europäischen<br />
Kommission initiierten Zuständigkeitsregeln des<br />
Artikel 1 Abs. 3 und Artikel 4 Abs. 5 FKVO zurückgehen.<br />
Hier tritt ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen<br />
dem Bestreben nach erweiterten Zuständigkeiten<br />
einerseits und den begrenzten personellen Ressourcen andererseits<br />
zutage, die einen zügigen Verfahrensabschluss<br />
in einer Vielzahl der Fälle erfordern. Angesichts dieses