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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 263 – Drucksache 16/10140<br />

wirkungen infolge des Zusammenschlusses auf den Märkten<br />

für Internet- und Telefoniedienste deutlich zurück.<br />

Im Gegensatz zum Bundeskartellamt spricht sich die Monopolkommission<br />

dafür aus, den sachlich relevanten<br />

Markt für die Belieferung der Endkunden mit Rundfunksignalen<br />

weit abzugrenzen und auch alternative Übertragungswege<br />

wie Satellit, Terrestrik und IPTV über DSL-<br />

Verbindungen in den gemeinsamen Markt einzubeziehen.<br />

109 Zwar können nicht alle Endkunden auf Satelliten-<br />

TV wechseln, wenn z. B. der Mietvertrag die Installation<br />

von Satellitenantennen verbietet oder bauliche Gegebenheiten<br />

die korrekte Ausrichtung der Antenne verhindern.<br />

Ebenso ist ein Wechsel zu DVB-T und IPTV über DSL<br />

mangels flächendeckender Verfügbarkeit nicht in allen<br />

Regionen Deutschlands möglich. Dass nicht alle Endkunden<br />

einen alternativen Bezugsweg für Rundfunksignale<br />

haben, bedeutet gleichwohl nicht, dass kein intermodaler<br />

Wettbewerb der Übertragungswege besteht, der die Möglichkeit<br />

missbräuchlicher Marktmachtausübung durch<br />

KDG beschränkt. Entscheidend ist, wie viele Endkunden<br />

die Möglichkeit eines Wechsels haben und alternative<br />

Übertragungswege nutzen können. Hiervon hängt ab, ob<br />

alternative Technologien eine disziplinierende Wirkung<br />

auf den Markt für die Belieferung von Endkunden mit<br />

Rundfunksignalen haben.<br />

612. Die Monopolkommission sieht in der Abwägungsklausel<br />

ein sinnvolles Instrument bei der Beurteilung von<br />

Zusammenschlüssen. 110 Die Klausel ermöglicht es dem<br />

Bundeskartellamt, neben den negativen Auswirkungen<br />

eines Zusammenschlusses auf einem Markt auch seine<br />

positiven wettbewerblichen Effekte auf anderen Märkten<br />

zu berücksichtigen. Auf diese Weise können sämtliche für<br />

die Gesamtwürdigung des Zusammenschlusses erforderlichen<br />

Wettbewerbsbedingungen in die Beurteilung einbezogen<br />

werden. Von der Abwägungsklausel profitieren<br />

auch Transparenz und Nachvollziehbarkeit von fusionskontrollrechtlichen<br />

Entscheidungen. Dadurch, dass eine<br />

Beschränkung der positiven Aspekte auf die Marktstruktur<br />

und damit den wettbewerblichen Bereich vorliegt,<br />

wird den Wettbewerbsbehörden und Kartellgerichten mit<br />

der Abwägungsklausel kein unangemessen weiter Beurteilungsspielraum<br />

zugestanden.<br />

3. Europäische Fusionskontrolle<br />

3.1 Einführung<br />

613. Der Berichtszeitraum 2006/2007 ist von einer besonders<br />

großen Zahl von Anmeldungen geprägt. Es wurden<br />

mit 758 Zusammenschlüssen mehr Fälle in Brüssel<br />

notifiziert als während der „Fusionswelle“ in den Jahren<br />

2000/2001. Während des gegenwärtigen Berichtszeitraums<br />

hat sich die Anwendung des SIEC-Tests (significant<br />

impediment of effective competition, erhebliche<br />

Behinderung wirksamen Wettbewerbs) nachhaltig durchgesetzt.<br />

Das SIEC-Kriterium wurde in die Fusionskontroll-<br />

109 Vgl. Monopolkommission, Wettbewerbspolitik in Netzstrukturen,<br />

Hauptgutachten 1998/1999, Baden-Baden 2000, Tz. 649; dies.,<br />

Hauptgutachten 2004/2005, a. a. O., Tz. 860 ff.<br />

110 Vgl. Monopolkommission, Hauptgutachten 2004/2005, a. a. O.,<br />

Tz. 737.<br />

verordnung (FKVO) aufgenommen, nachdem Zweifel aufgetreten<br />

waren, ob mit dem Marktbeherrschungstest<br />

tatsächlich sämtliche problematischen Fälle erfasst werden<br />

können. Zum Teil ging man von einer gewissen „Lücke“<br />

bei der Behandlung nicht koordinierter Effekte im<br />

Oligopol aus. Mit dem Zusammenschluss T-Mobile Austria/Tele.ring<br />

wurde erstmals ein derartiger „Lücken“-Fall<br />

untersucht und nur unter Bedingungen und Auflagen erlaubt.<br />

Der Marktbeherrschungstest hat – im Rahmen des<br />

neuen Untersagungskriteriums – allerdings weiterhin eine<br />

wesentliche Rolle gespielt. In einer ganzen Reihe von<br />

Zweite-Phase-Fällen prüfte die Europäische Kommission<br />

die Entstehung oder Verstärkung von Marktbeherrschung.<br />

Grundsätzlich wurde während des Berichtszeitraums die<br />

zweistufige Prüfung – Marktabgrenzung auf der ersten<br />

Stufe, weitere wettbewerbliche Würdigung auf der folgenden<br />

Stufe – beibehalten. Im Rahmen der Marktabgrenzung<br />

hat die Europäische Kommission allerdings<br />

mehrmals neben der eigentlichen Marktdefinition den<br />

Wettbewerbsdruck, der von anderen, nicht in den Markt<br />

einbezogenen Produkten ausging, festgestellt und im weiteren<br />

Verlauf ihrer Bewertung berücksichtigt. In mehreren<br />

Verfahren wurden ökonomische Gutachten vonseiten<br />

der Parteien oder der Europäischen Kommission vorgelegt.<br />

Sie betrafen sowohl die Marktabgrenzung als auch<br />

Aspekte der weiteren wettbewerblichen Würdigung. Den<br />

verstärkten ökonomischen Ansatz hat die Kommission<br />

ferner weiterentwickelt, indem sie z. B. in der Entscheidung<br />

Travelport/Worldspan verschiedenen, möglicherweise<br />

wettbewerbsschädlichen Szenarien nachging. In einigen<br />

Fällen hat sich die Europäische Kommission<br />

darüber hinaus mit dem Effizienzeinwand auseinandergesetzt,<br />

der mit der letzten FKVO-Reform in Erwägungsgrund<br />

29 aufgenommen sowie in den Horizontal-<br />

Leitlinien 111 erläutert worden ist. Das Ergebnis der wettbewerblichen<br />

Analyse wurde dadurch allerdings in keinem<br />

Fall geändert.<br />

614. In den Berichtszeitraum fiel darüber hinaus die<br />

Entscheidung des Gerichts erster Instanz (EuG) in dem<br />

Schadensersatzprozess Schneider Electric/Kommission.<br />

112 Daneben hat das Gericht unter anderem seine<br />

Rechtsprechung zum Beweismaßstab bei gemeinsamer<br />

Marktbeherrschung weiterentwickelt. 113 In legislativer<br />

Hinsicht sind die neuen Leitlinien zur Zuständigkeit<br />

sowie die Bekanntmachung über nichthorizontale Zusammenschlüsse<br />

zu nennen. 114 Des Weiteren liegt der Ent-<br />

111 Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der<br />

Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen,<br />

ABl. EG Nr. C 31 vom 5. Februar 2004, S. 5.<br />

112 EuG, Urteil vom 11. Juli 2007, Rs. T-351/03, Schneider Electric/<br />

Kommission.<br />

113 EuG, Urteil vom 13. Juli 2006, Rs. T-464/04, Impala/Kommission,<br />

Slg. 2006, II-2289.<br />

114 Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen<br />

gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle<br />

von Zusammenschlüssen, 10. Juli 2007, http://ec.europa.eu/<br />

comm/competition/mergers/legislation/draft_jn.html; Mitteilung der<br />

Kommission, Leitlinien zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse<br />

gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen,<br />

28. November 2007, http://ec.europa.eu/<br />

comm/competition/mergers/legislation/nonhorizontalguidelines.pdf.

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