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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 257 – Drucksache 16/10140<br />

Sportwetten werden in vielen Landeshaushalten, teilweise<br />

zweckgebunden, der Sportförderung und ähnlichen<br />

gesellschaftlichen Zwecken zugeleitet.<br />

594. Das Land Rheinland-Pfalz hat als einziges Bundesland<br />

seine Aufgabe an ein privatrechtliches Unternehmen<br />

übertragen, an welchem es selbst nicht beteiligt ist. § 2<br />

Ziff. 1 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über das<br />

öffentliche Glücksspiel (a.F.) gibt dem Land die Möglichkeit,<br />

die Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots<br />

durch ein betrautes Unternehmen durchführen<br />

zu lassen. Zu diesem Zweck hat das Land Rheinland-<br />

Pfalz eine Konzession an die Lotto Rheinland-Pfalz vergeben,<br />

die im Gegenzug eine Konzessionsabgabe zwischen<br />

17,33 und 25 Prozent des Spieleinsatzes zahlen<br />

muss. Die zuständige Behörde kann während der Laufzeit<br />

der Konzession sowohl höhere Konzessionsabgaben als<br />

auch Abgaben auf den Überschuss festsetzen. Die Anteile<br />

der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH liegen zu je 40 Prozent<br />

beim Sportbund Rheinland e.V. und beim Sportbund<br />

Pfalz e.V. und zu 20 Prozent beim Sportbund Rheinhessen<br />

e.V. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />

zum Glücksspielmonopol haben die Bundesländer das betreffende<br />

Recht neu gefasst. Zum 1. Januar 2008 ist der<br />

Staatsvertrag zum Glücksspielwesen (Glücksspielstaatsvertrag,<br />

GlStV) in Kraft getreten. § 10 GlStV normiert die<br />

Aufgabe der Länder, ein ausreichendes Glücksspielangebot<br />

sicherzustellen. Greifen sie dafür auf privatrechtliche<br />

Gesellschaften zurück, so muss eine mittelbare oder unmittelbare<br />

maßgebliche Beteiligung juristischer Personen<br />

des öffentlichen Rechts vorliegen. Eine Ausnahme besteht<br />

auch hier gemäß § 25 Abs. 3 GlStV für das Land<br />

Rheinland-Pfalz, das weiterhin die Möglichkeit behält,<br />

seine Aufgabe durch ein betrautes Unternehmen wahrnehmen<br />

zu lassen.<br />

Im März 2007 wies die EU-Kommission das Land Rheinland-Pfalz<br />

darauf hin, dass die Erlaubnis für einen<br />

privaten Lotterie- und Sportwettenbetreiber de facto diskriminierend<br />

sei, wenn diese ohne eine öffentliche Ausschreibung<br />

erteilt würde. Nach Auffassung des rheinlandpfälzischen<br />

Ministeriums der Finanzen müsste der Lotto<br />

Rheinland-Pfalz daher die Konzession entzogen werden,<br />

um diese anschließend auszuschreiben. Eine mögliche<br />

Übernahme der Konzession durch eine andere privatrechtliche<br />

Gesellschaft infolge des Ausschreibungsverfahrens<br />

schloss das Land-Rheinland-Pfalz jedoch aus. In<br />

der Neufassung des Landesglücksspielgesetzes, welche<br />

der rheinland-pfälzische Landtag am 14. November 2007<br />

beschlossen hat, ist die Übernahme der Veranstaltung von<br />

Lotterien durch das Land Rheinland-Pfalz zum 1. Januar<br />

2009 vorgesehen. Der Lotto Rheinland-Pfalz möge man<br />

sich nur dann bedienen, wenn das Land daran eine Mehrheit<br />

besitzt. Eine solche Mehrheitsbeteiligung wurde<br />

demzufolge als zu bevorzugende Möglichkeit gesehen,<br />

den rechtlichen Anforderungen Genüge zu tun.<br />

595. Das Bundeskartellamt hat das Zusammenschlussvorhaben<br />

des Landes Rheinland-Pfalz mit der Lotto<br />

Rheinland-Pfalz im November 2007 untersagt, da es zu<br />

einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der<br />

Lotto Rheinland-Pfalz in Rheinland-Pfalz und zu einer<br />

Verstärkung marktbeherrschenden Stellungen der Lottogesellschaften<br />

in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen,<br />

Sachsen und Thüringen auf den Lottomärkten in den jeweiligen<br />

Ländern führen würde. Dabei wird ein Szenario,<br />

das von einem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages<br />

ausgeht, von einem Szenario unterschieden, in welchem<br />

der Lotteriestaatsvertrag seine Gültigkeit beibehält.<br />

99 In beiden Fällen hebt das Bundeskartellamt die<br />

strukturelle Verbindung des Landes Rheinland-Pfalz zur<br />

SKL hervor. Die Verbindung begründe die Verstärkung<br />

einer marktbeherrschenden Stellung der Lotto Rheinland-<br />

Pfalz. Nach einem Zusammenschluss würden mögliche<br />

Interessengegensätze zwischen den Trägerländern der<br />

SKL mit der jeweiligen Landeslottogesellschaft wegfallen.<br />

Es liege nahe, dass die Trägerländer der SKL das<br />

Verhältnis von Klassenlotterie und Landeslottogesellschaften<br />

auf den jeweiligen Landeslotteriemärkten im<br />

Hinblick auf Lotterieprodukte, Vertrieb, Werbung etc. so<br />

austarieren werden, dass ein weitgehend wettbewerbsloser<br />

Zustand bestände. Erst der unmittelbare Einfluss des<br />

Landes Rheinland-Pfalz auf die Geschäftspolitik der<br />

Lotto Rheinland-Pfalz wäre ursächlich für diese strukturelle<br />

Verbindung, da Rheinland-Pfalz bisher das einzige<br />

Land sei, das aufgrund des Konzessionsmodells nicht in<br />

das bestehende Interessengeflecht der Lottogesellschaften<br />

einbezogen sei. Es ergäbe sich somit in Rheinland-Pfalz<br />

ein Marktanteilszuwachs der marktbeherrschenden Lotto<br />

Rheinland-Pfalz durch den Verbund mit der SKL von zusätzlichen<br />

5 bis 10 Prozent. Zudem sei zu erwarten, dass<br />

die Trägerländer der SKL auch ihre Interessen bei den<br />

Landeslottogesellschaften koordinieren. Potenzieller und<br />

tatsächlicher Wettbewerb der Landeslottogesellschaften<br />

untereinander würde somit geschwächt. Der Zusammenschluss<br />

führe demnach ebenfalls zu einer Verstärkung der<br />

marktbeherrschenden Stellung bei den anderen Landeslottogesellschaften,<br />

zu denen eine Verbindung über die<br />

SKL besteht.<br />

596. Eine besondere Relevanz kommt in diesem Fall<br />

der Kausalitätsprüfung zu. Eine Prognose der zukünftigen<br />

Situation ohne den Zusammenschluss müsste den Fall berücksichtigen,<br />

dass das Land Rheinland-Pfalz ohne die<br />

Fusion die Veranstaltung von Lotteriespielen zum 1. Januar<br />

2009 auf eine Eigengesellschaft überträgt, um seinem<br />

Auftrag laut Landesglücksspielgesetz (n. F.) gerecht<br />

zu werden. Eine aus diesem Zusammenhang möglicherweise<br />

nicht vorhandene Kausalität des Zusammenschlussvorhabens<br />

für die Verstärkung der marktbeherrschenden<br />

Stellung schließt das Bundeskartellamt jedoch<br />

aus. Zum einen weist es darauf hin, dass die bisherige Situation<br />

noch bis zum 1. Januar 2009 weiterbestehen<br />

könne. Zum anderen sei auch danach keine fehlende Kausalität<br />

gegeben. Das Bundeskartellamt zog dabei zur Prüfung<br />

der Kausalität die Grundsätze einer Sanierungsfu-<br />

99 Der Glücksspielstaatsvertrag ist auch Gegenstand eines laufenden<br />

Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission. Die<br />

Europäische Kommission sieht in den Regelungen des Staatsvertrages<br />

mehrere mögliche Verstöße gegen das europäische Gemeinschaftsrecht.<br />

Insbesondere die erheblichen Einschränkungen privater<br />

Vermittlung verstößt nach Ansicht der Kommission gegen die Freiheit<br />

des Dienstleistungsverkehrs.

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