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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 254 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

zum spanischen Festland. Auf diesen Routen erreichen<br />

die Beteiligten hohe Marktanteile, die auf den einzelnen<br />

Relationen zwischen 40 und 90 Prozent liegen. Die Freigabeentscheidung<br />

begründet das Bundeskartellamt damit,<br />

dass trotz des hohen Marktanteils teilweise Wettbewerb<br />

auf Parallelstrecken möglich sei und zudem die sehr niedrigen<br />

Marktzutrittsschranken dafür Sorge tragen würden,<br />

dass ständiger Wettbewerbsdruck durch konkurrierende<br />

Fluggesellschaften bestehe. Das Bundeskartellamt sieht<br />

einen wichtigen Hinweis niedriger Barrieren für den<br />

Markteintritt in den auf den meisten betroffenen Zielflughäfen<br />

nach wie vor vorhandenen freien Slots. Der Markt<br />

zeige eine hohe Flexibilität der aktiven Anbieter, die jederzeit<br />

in der Lage sind, auf einzelnen Strecken mit ihren<br />

Wettbewerbern in Konkurrenz zu treten. Es sei zudem zu<br />

berücksichtigen, dass Einzelstrecken eine sehr enge<br />

Marktabgrenzung darstellen und Ausweichmöglichkeiten<br />

zu berücksichtigen sind, die hier teilweise vorliegen.<br />

Im Charterflugverkehr schätzt das Bundeskartellamt die<br />

Nachfragemacht der Reiseveranstalter zudem als hoch<br />

ein, da nach Ansicht des Amtes genügend Ausweichmöglichkeiten<br />

bestehen.<br />

583. Die Monopolkommission stellt fest, dass das Bundeskartellamt<br />

seine Freigabe in diesem Fall in hohem<br />

Maße auf den potenziellen Wettbewerb gestützt hat. Hintergrund<br />

ist, dass Marktzutrittsschranken für bestehende<br />

Fluggesellschaften relativ gering sind, da sie relativ kurzfristig<br />

Kapazitäten umlenken können, sofern auf den<br />

Flughäfen freie Slots zur Verfügung stehen. Vor allem aus<br />

diesem Grund sieht das Kartellamt vergleichsweise geringe<br />

wettbewerbspolitische Probleme auch auf solchen<br />

Strecken, die nach dem Zusammenschluss vermutlich zunächst<br />

eine hohe Konzentration aufweisen. Hier ist jedoch<br />

zu monieren, dass das Bundeskartellamt mit dem<br />

Argument des potenziellen Wettbewerbs im Flugverkehr<br />

sehr generalisierend vorgeht, ohne eine detailliertere Prüfung<br />

der Wettbewerbssituation der Zusammenschlussbeteiligten,<br />

beispielsweise über einen Vergleich von<br />

Preisanalysen anhand von Zeitreihen, anzustellen. Nach<br />

Meinung der Monopolkommission sind auch die Eintrittswahrscheinlichkeiten<br />

potenzieller Wettbewerber infolge<br />

der zunehmend engeren Marktstruktur genauer zu<br />

beachten und lassen sich nicht alleine darauf reduzieren,<br />

dass freie Slots zur Verfügung stehen. So hat die Europäische<br />

Kommission in ihrer Untersagung des Zusammenschlusses<br />

Ryan Air/Aer Lingus den potenziellen Wettbewerb<br />

unter anderem danach differenziert, ob mögliche<br />

Konkurrenten auf den Abflug- oder Zielflughäfen der betroffenen<br />

Strecken bereits eine Basis unterhalten. Gerade<br />

im Linienverkehr schätzt die Kommission die Markteintrittsbarrieren<br />

deutlich höher ein, wenn neue Wettbewerber<br />

erst eine neue Flugbasis errichten müssen oder nur<br />

Punkt-zu-Punkt-Verkehre anbieten können. Schränkt man<br />

die Möglichkeiten im Endkundengeschäft auf die bestehenden<br />

Anbieter mit größeren Kapazitäten ein, so werden<br />

die kritischen Strecken neben den Beteiligten nur durch<br />

Condor und TUIfly bzw. auf einzelnen Relationen auch<br />

durch Germanwings und Easyjet bedient, die im Hinblick<br />

auf die Möglichkeiten potenziellen Wettbewerbs hier<br />

kurzfristig Kapazitäten umlenken könnten. Hier ist nach<br />

Ansicht der Monopolkommission erforderlich, in stärkerem<br />

Maße mögliche versunkene Kosten zu prüfen, die<br />

neuen Wettbewerbern beim Aufbau einer Verbindung und<br />

deren Etablierung auf den nachgelagerten Märkten entstehen,<br />

freie Flugzeugkapazitäten der verbliebenen Wettbewerber<br />

abzubilden und einen Vergleich zu mittelfristig erzielbaren<br />

Anteilen am Marktvolumen anzustellen.<br />

Die angekündigte Übernahme von Condor durch Air Berlin<br />

stellt das Bundeskartellamt nun vor das Problem, dass<br />

auf einzelnen Relationen voraussichtlich hohe Marktanteile<br />

von den Zusammenschlussbeteiligten erreicht werden,<br />

die einerseits wettbewerbsrechtlich bedenklich sind,<br />

denen aber andererseits erneut die für den Flugverkehr<br />

üblichen und nach Ansicht des Bundeskartellamtes vermutlich<br />

geringen Markteintrittsbarrieren gegenüberstehen.<br />

Gleichzeitig führt eine Akquisition zu einer weiteren<br />

Verengung der Marktstruktur. Die Monopolkommission<br />

empfiehlt daher grundsätzlich eine tiefer gehende Analyse<br />

der Kosten und Möglichkeiten des Markteintritts potenzieller<br />

Wettbewerber vorzunehmen, wenn ein hoher<br />

Konzentrationsgrad auf Verbindungen zwischen einzelnen<br />

Gebieten vorliegt. Auf diese Weise können feinere<br />

Kriterien zur Abgrenzung vorgenommen werden, die<br />

auch eine Einstufung in zukünftigen Kontrollverfahren<br />

erleichtern. Können die wettbewerbspolitischen Bedenken<br />

nicht vollständig ausgeräumt werden, so sind die Besonderheiten<br />

bei Bedingungen und Auflagen im Luftverkehr<br />

zu beachten. 91<br />

2.4.1.4 Untersagung des Erwerbs eines<br />

nachgelagerten Unternehmens durch<br />

ein Mitglied eines Duopols<br />

584. Im Rahmen der Untersagung des Beteiligungserwerbs<br />

der zum E.ON-Konzern gehörigen EAM Energie<br />

AG an den Stadtwerken Eschwege GmbH hat das Bundeskartellamt<br />

die Einschätzung abgegeben, dass es sich<br />

bei E.ON und RWE um ein marktmächtiges Duopol handelt<br />

und die vier Verbundunternehmen E.ON, RWE,<br />

EnBW und Vattenfall über eine marktbeherrschende Stellung<br />

beim Angebot von Strom verfügen. 92 Diese Einschätzung<br />

wurde vom Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt<br />

und damit eine Grundsatzentscheidung getroffen. 93<br />

E.ON und RWE sind auf den abgegrenzten bundesweiten<br />

Strommärkten nach Auffassung des Bundeskartellamtes<br />

und des Oberlandesgerichtes Düsseldorf gemeinsam<br />

marktbeherrschend im Sinne von § 19 Abs. 2 GWB, weil<br />

dort zwischen diesen beiden Unternehmen gemäß § 19<br />

Abs. 2 Satz 2 GWB ein wesentlicher Wettbewerb nicht<br />

besteht und weil sie insofern in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen<br />

der überragenden Marktstellung nach § 19<br />

Abs. 2 GWB erfüllen. Aufgrund der relevanten Marktstrukturfaktoren<br />

und des tatsächlichen Wettbewerbsge-<br />

91 Mögliche Probleme mit Abhilfemaßnahmen im Luftverkehr, die sich<br />

aus der Abgabe von freien Slots ergeben, werden in Abschnitt 3.6.3<br />

diskutiert.<br />

92 BKartA, Beschluss vom 12. September 2003, B 8 – 21/03, WuW/E<br />

DE-V 823.<br />

93 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Juni 2007, VI-2 Kart 7/04 (V),<br />

WuW/E DE-R 2094.

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