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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 250 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

GWB neben strukturellen Kriterien auch wettbewerbsrelevante<br />

Verhaltensweisen zu berücksichtigen. Das Bundeskartellamt<br />

ist in seinen Entscheidungen um eine umfassende<br />

Würdigung aller Wettbewerbswirkungen eines<br />

Zusammenschlusses bemüht. Es stellt sich allerdings die<br />

Frage, ob ein stärkeres Gewicht auf den Einsatz ökonomischer<br />

Modelle gelegt werden sollte, um die Beschlüsse<br />

des Bundeskartellamtes weiter zu fundieren. Einige der<br />

Beschlüsse im Berichtszeitraum sollen nachfolgend näher<br />

betrachtet werden.<br />

2.4.1.1 Wettbewerb durch Randanbieter<br />

bei Laserquellen im Verfahren<br />

Coherent/Excel<br />

566. Am 25. Oktober 2006 untersagte das Bundeskartellamt<br />

den Zusammenschluss der beiden amerikanischen<br />

Unternehmen Coherent und Excel, die beide in der Entwicklung<br />

von Laser- bzw. Präzisionsoptikprodukten tätig<br />

sind. 84 Das Zusammenschlussverfahren war neben<br />

Deutschland nur in den Vereinigten Staaten anmeldepflichtig<br />

und wurde von der dortigen Wettbewerbsbehörde<br />

freigegeben. In der Prüfung durch das Bundeskartellamt<br />

war vor allem die Abgrenzung des sachlich<br />

relevanten Marktes sehr aufwendig, da sich die Lasertechnologien<br />

hinsichtlich Nachfragergruppen und verschiedenen<br />

Leistungsstufen nicht trennscharf unterscheiden<br />

ließen. Das Bundeskartellamt grenzte den sachlich<br />

relevanten Markt für sealed-off RF CO 2 Laser 85 bis<br />

600 W und den Markt für Ultrafast-Laser ab. Während<br />

die Beteiligten insbesondere für den ersteren Markt mehrfach<br />

andere Varianten zur Abgrenzung vorschlugen, die<br />

zuletzt die Märkte für sealed-off RF CO 2 Laser unter und<br />

über 100 W betrafen, entschied sich das Bundeskartellamt<br />

vor allem aufgrund der nicht mehr eindeutig abgrenzbaren<br />

Nachfragergruppen für die genannte Marktabgrenzung.<br />

So werden die sealed-off RF CO 2 Laser<br />

vornehmlich zur Bearbeitung von Nichtmetallen eingesetzt,<br />

wobei eine exakte Trennung einzelner Bereiche<br />

nicht möglich ist. Bei den Beteiligten handelt es sich um<br />

die wichtigsten Hersteller auf dem sachlich abgegrenzten<br />

Markt, deren Marktanteile bereits die Vermutungsschwelle<br />

für oligopolistisches Parrallelverhalten überschritten<br />

haben. Das Bundeskartellamt stellte jedoch fest,<br />

dass der Markt durch starken Preiswettbewerb gekennzeichnet<br />

ist. Mit einem Zusammenschluss hätten die Beteiligten<br />

nach Ansicht des Bundeskartellamtes jedoch<br />

eine überragende Marktstellung mit großem Marktanteilsabstand<br />

zum nächsten Verfolger erlangt. Daher hat<br />

das Bundeskartellamt den Zusammenschluss aufgrund<br />

der Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung auf<br />

dem Markt für sealed-off RF CO 2 Laser bis 600 W untersagt.<br />

Der zweite abgegrenzte Markt für Ultrafast-Laser<br />

hat hingegen keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken<br />

verursacht.<br />

84 BKartA, Beschluss vom 24. August 2008, B5 – 51/07.<br />

85 Bei sealed-off RF CO 2 Lasern handelt es sich um vergleichsweise<br />

kleinere Laserquellen, bei denen sich das Gasmedium in einer geschlossenen<br />

Röhre befindet (sealed-off) und indirekt mit Hochfrequenzenergie<br />

(radio frequency = RF) angetrieben wird.<br />

567. Die unterschiedliche Beurteilung des Zusammenschlusses<br />

zwischen Bundeskartellamt und Department of<br />

Justice erscheint auch deshalb auffällig, da sich das Bundeskartellamt<br />

bei der Marktabgrenzung auf einen weltweiten<br />

Markt bezogen hat und somit nicht allein von den<br />

eventuell divergierenden Wettbewerbswirkungen in<br />

Deutschland ausgeht. Die Monopolkommission erkennt<br />

vor allem in der technologischen Abgrenzung der Lasertypen<br />

und in der Einschätzung des Wettbewerbs durch<br />

Randanbieter die möglichen Gründe für die unterschiedliche<br />

Bewertung. Zu diesem Zweck können sealed-off RF<br />

CO 2 Laser in die Segmente für Laser unter und über 100<br />

W differenziert werden.<br />

568. Für die obere Leistungsklasse für Laser zwischen<br />

100 und 600 W steht dabei vor allem die Frage im Raum,<br />

ob die Unterschiede der Produkte der Zusammenschlussbeteiligten<br />

beide zu nächsten Wettbewerbern machen.<br />

Laut dem Vortrag der Beteiligten muss hier vielmehr zwischen<br />

Lasern unterschieden werden, die mit einem gepulsten,<br />

und solchen, die mit einem konstanten Strahl arbeiten.<br />

In dem genannten Leistungsbereich produziert nur<br />

Coherent gepulste Laser, während die Excel Tochter Synrad<br />

Laser mit einem konstanten Strahl herstellt. 86 Beide<br />

Laserarten seien nicht austauschbar. Daher seien beide<br />

Unternehmen hier nicht nächste Wettbewerber und die<br />

Addition der Marktanteile infolgedessen wenig aussagekräftig.<br />

Das Bundeskartellamt wertet jedoch die von<br />

den Beteiligten vorgelegten Unterlagen völlig anders. So<br />

ist nach Meinung des Amtes eine weitgehende Austauschbarkeit<br />

der Laser beider Beteiligten für die Nachfrager<br />

gegeben. Die Preise beider Laserarten unterschieden<br />

sich nicht und bis zu einem bestimmten Grade seien<br />

auch die Laser beider Beteiligten pulsbar. Allenfalls ein<br />

kleiner Bereich der Modellpalette von Coherent sei in der<br />

Lage, eine extrem hohe Pulsleistung zu generieren, so<br />

dass nur in einem sehr engen Feld signifikante Unterschiede<br />

im Anwendungsbereich zu Lasern von Synrad<br />

bestehen.<br />

569. Für die Beurteilung des Wettbewerbs bei Lasern<br />

der unteren Leistungsklasse ist die Bewertung der addierten<br />

Marktanteile bei der Gesamtwürdigung der Wettbewerbsbedingungen<br />

als ein wesentlicher Punkt zu sehen.<br />

Daraus allein lässt sich aber noch keine Aussage über den<br />

Verhaltensspielraum eines Unternehmens ableiten. So<br />

können Randanbieter dafür sorgen, dass auch ein dominantes<br />

Unternehmen seine Marktmacht nicht vollständig<br />

nutzen kann und bei zunehmenden Marktzutritten sogar<br />

in seinem Bestand als solches gefährdet ist. Können<br />

kleine Wettbewerber im Markt auch nur geringe Mengen<br />

zu Preisen anbieten, die unterhalb des Preises des dominanten<br />

Unternehmens liegen, dann ziehen diese Unternehmen<br />

einen Teil der Nachfrage weg. Dem dominanten<br />

Unternehmen bleibt die sog. (Residual-)Nachfrage, um<br />

seine Preissetzung zu optimieren. Dies führt zu einem<br />

Preis, der unterhalb des Monopolpreises liegt. Zusätzliche<br />

Markteintritte weiterer Randanbieter nehmen dem domi-<br />

86 Die Pulsbarkeit von Lasern betrifft die Möglichkeit, für kurze Momente<br />

deutlich höhere Spitzenleistungen zu erreichen.

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