Deutscher Bundestag Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 249 – Drucksache 16/10140<br />
beteiligt sind. Das Unternehmen würde einen Umsatz von<br />
über 11 Mrd. Euro erwirtschaften, davon stammen ca.<br />
7 Mrd. Euro von den 2 900 Filialen von Plus und ca.<br />
4,1 Mrd. Euro von den 1 300 Netto-Märkten. Damit wäre<br />
EDEKA der drittgrößte Anbieter im deutschen Lebensmitteldiscount.<br />
Führend sind Aldi mit 24,3 Mrd. Euro<br />
Umsatz und Lidl mit 14,3 Mrd. Euro Umsatz. Der<br />
REWE-Discounter Penny wäre nach dem Zusammenschluss<br />
viertgrößter Anbieter. Dass das Bundeskartellamt<br />
in dem Zusammenschluss eine erhebliche Verbesserung<br />
der Wettbewerbsposition der EDEKA-Gruppe sehen<br />
könnte, ist darin begründet, dass es den Zusammenschluss<br />
von Netto und Plus überwiegend als einen Zusammenschluss<br />
von Markenanbietern wertet und das entstehende<br />
Gemeinschaftsunternehmen deutlich stärker in<br />
Konkurrenz zu herstellermarken-orientierten Anbietern,<br />
sog. Soft-Discountern wie Penny oder Vollsortimentern<br />
wie REWE oder Kaufland, sieht als in Konkurrenz zu<br />
handelsmarken-orientierten Anbietern, sog. Hard-Discountern<br />
wie Aldi, Norma oder – mit Einschränkungen –<br />
Lidl. Das Amt differenziert die verschiedenen Vertriebsschienen<br />
im Lebensmitteleinzelhandel nach den Kriterien<br />
Sortimentsbreite (Anzahl der Produkte), Sortimentstiefe<br />
(Anzahl der Marken pro Produkt und Anteil der Hersteller-<br />
bzw. Handelsmarken), Warenpräsentation sowie Verkaufsfläche<br />
in folgende Segmente:<br />
– SB-Warenhäuser bieten ein warenhausähnliches Sortiment<br />
und eine Vielzahl von Lebensmitteln verschiedener<br />
Marken an, wobei der Anteil der Herstellermarken<br />
sehr hoch und der Anteil der Handelsmarken sehr viel<br />
geringer ist. Die Verkaufsflächen liegen in der Regel<br />
über 5 000 m 2 .<br />
– Vollsortimenter bieten eine Vielzahl von Lebensmitteln<br />
verschiedener Marken an. Der Anteil der Herstellermarken<br />
ist sehr hoch, Handelsmarken machen nur<br />
einen kleinen Anteil aus. Das Bundeskartellamt unterscheidet<br />
nach der Größe der Geschäfte sog. Verbrauchermärkte<br />
mit Verkaufsflächen zwischen 1 500 und<br />
5 000 m 2, große Supermärkte mit 800 bis 1 500 m 2,<br />
Supermärkte mit 400 bis 800 m 2 und SB-Geschäfte<br />
mit weniger als 400 m 2 Verkaufsfläche.<br />
– Discounter bieten eine begrenzte Auswahl an Produkten<br />
zu niedrigen Preisen an. Das Bundeskartellamt differenziert<br />
ferner zwischen Hard-Discountern und Soft-<br />
Discountern. Hard-Discounter haben eine sehr einfache<br />
Ladenausstattung, dauerhafte Tiefstpreise, eine<br />
geringe Sortimentsbreite und -tiefe und führen fast<br />
ausschließlich Handelsmarken, d. h. nur wenige Herstellermarken.<br />
Soft-Discounter haben ebenfalls eine<br />
einfache Ladenausstattung, führen aber ein etwas breiteres<br />
Sortiment und mehr Marken, insbesondere mehr<br />
Herstellermarken als Hard-Discounter.<br />
563. Dem Bundeskartellamt zufolge besteht Wettbewerbsdruck<br />
vonseiten der Hard-Discounter im Wesentlichen<br />
über die Preissetzung im Bereich der Handelsmarken.<br />
Davon seien die Soft-Discounter und insbesondere<br />
die Vollsortimenter mit einem großen Anteil an Herstellermarken<br />
und anderen Konzepten hinsichtlich Qualität,<br />
Service, Verkaufsflächen und Werbung weitgehend unab-<br />
hängig. Ein engeres Wettbewerbsverhältnis hat das Amt<br />
dagegen zwischen den Vertriebsschienen Soft-Discount<br />
und Vollsortiment festgestellt. Die Feststellung, dass zwischen<br />
den Vertriebsschienen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel<br />
ein stark abgestuftes Wettbewerbsverhältnis<br />
besteht, hat das Bundeskartellamt bisher jedoch noch<br />
nicht dazu bewogen, jeweils getrennte sachlich relevante<br />
Märkte abzugrenzen. In diesem Zusammenhang wurde<br />
darauf hingewiesen, dass die Endverbraucher ihre Einkäufe<br />
in der Regel in Geschäften mehrerer Vertriebsschienen<br />
tätigen und dass die Anbieter EDEKA, REWE und<br />
Tengelmann ein zweigleisiges Vertriebskonzept verfolgen<br />
und sowohl im Vollsortiment als auch im Soft-Discountbereich<br />
vertreten sind. Auch die Schwarz-Gruppe verfolgt<br />
ein zweigleisiges – wenn auch gebrochenes – Vertriebskonzept<br />
mit dem Vollsortimenter Kaufland und der<br />
Unternehmenstochter Lidl, die nach Definition des Bundeskartellamtes<br />
eher zwischen den Bereichen Soft- und<br />
Hard-Discount einzuordnen ist. Die Feststellung des stark<br />
abgestuften Wettbewerbsverhältnisses hat das Amt dazu<br />
veranlasst, die Marktmachtzuwächse der EDEKA-<br />
Gruppe infolge des Zusammenschlusses im Soft-Discount-Bereich<br />
wesentlich schwerwiegender zu bewerten,<br />
als dies bei einer globalen Betrachtung des Wettbewerbs<br />
unter den Lebensmittel-Discountern und den Anbietern<br />
anderer Vertriebsschienen erfolgt wäre, und hierauf aufbauend<br />
eine Abmahnung auszusprechen.<br />
564. Die Monopolkommission weist darauf hin, dass<br />
bisher keine hinreichend fundierten unabhängigen Studien<br />
vorliegen, welche die These des Bundeskartellamtes<br />
von einem stark abgestuften Wettbewerbsverhältnis der<br />
Vertriebsschienen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel<br />
stützen. Eine kritische Würdigung der Vorgehensweise<br />
des Bundeskartellamtes kann erst im Anschluss an<br />
den endgültigen Beschluss erfolgen. Insbesondere die Bewertung<br />
des Wettbewerbspotenzials verbleibender und<br />
zukünftiger Wettbewerber in den Segmenten Soft-Discount<br />
und Vollsortiment erfordert dazu aus Sicht der Monopolkommission<br />
eine genaue Betrachtung.<br />
2.4 Entstehung oder Verstärkung einer<br />
marktbeherrschenden Stellung<br />
2.4.1 Prüfung der Wettbewerbsbedingungen<br />
565. Bei der Prüfung der Wettbewerbsbedingungen<br />
stellt das Bundeskartellamt traditionell auf verschiedene<br />
strukturelle Kriterien ab, die dazu beitragen sollen, mögliche<br />
Auswirkungen des Zusammenschlusses innerhalb einer<br />
Gesamtwürdigung einzuschätzen. Ein wichtiges Kriterium<br />
für die Beurteilung der Marktstellung der an einem<br />
Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ist nach wie<br />
vor der addierte Marktanteil der beteiligten Unternehmen.<br />
Im deutschen Kartellrecht ist dieser die Grundlage für die<br />
Vermutungstatbestände des § 19 Abs. 3 GWB, bei denen<br />
eine marktbeherrschende Stellung der beteiligten Unternehmen<br />
angenommen wird. Aufgrund des Marktanteils<br />
alleine kann jedoch die Entstehung oder Verstärkung einer<br />
marktbeherrschenden Stellung nicht festgestellt werden,<br />
weshalb andere Kriterien ebenfalls für die Gesamtwürdigung<br />
relevant sind. Hier sind gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2