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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 245 – Drucksache 16/10140<br />

ströme dar. Die Festlegung der kritischen Quoten ist jedoch<br />

sehr an die individuellen Gegebenheiten geknüpft<br />

und sollte im Krankenhaussektor daher in dieser Heuristik<br />

nicht durch feste Schwellenwerte erfasst werden. Die<br />

Monopolkommission begrüßt daher das Vorgehen des<br />

Bundeskartellamtes, nicht alleine auf allgemeingültige<br />

Grenzwerte für die Eigenversorgungsquote abzustellen,<br />

sondern die besonderen Gegebenheiten auf den Märkten<br />

und die Analyse einzelner Wanderungsbewegungen von<br />

Patienten in die Abgrenzung einfließen zu lassen. Erfahrungen<br />

aus den Vereinigten Staaten legen nahe, dass es<br />

bei einer mechanistischen Vorgehensweise leicht zu einer<br />

wenig adäquaten Abgrenzung von Krankenhausmärkten<br />

kommen kann.<br />

546. Eine alternative Methodik, sich dem diffizilen Problem<br />

der Marktabgrenzung zu nähern, hat die Monopolkommission<br />

bereits in ihrem Sechzehnten Hauptgutachten<br />

vorgeschlagen. 68 Auf die hier beschriebene Weise<br />

ließe sich die Marktabgrenzung dadurch ermitteln, dass<br />

eine repräsentative Auswahl der Patienten der am Zusammenschluss<br />

beteiligten Kliniken befragt wird, in welcher<br />

Klinik sie sich hätten behandeln lassen, wenn es die Klinik,<br />

die sie besucht haben, nicht gegeben hätte. So erhält<br />

man die Alternative zu der gewählten Klinik. Je größer<br />

der Anteil der Patienten ist, der stattdessen in die Klinik<br />

68 Vgl. Monopolkommission, Hauptgutachten 2004/2005, a. a. O.,<br />

Tz. 483.<br />

des anderen Zusammenschlussbeteiligten gegangen wäre,<br />

desto problematischer ist aus wettbewerblicher Sicht der<br />

Zusammenschluss. Mit dieser Vorgehensweise ließe sich<br />

auch die Abgrenzung unterschiedlicher sachlich relevanter<br />

Märkte in Form von verschiedenen Behandlungsformen<br />

verwirklichen, für die die Befragung durchgeführt<br />

wird.<br />

547. Die räumliche Marktabgrenzung soll den Bereich<br />

des wettbewerbsrelevanten Wirkens der Zusammenschlussbeteiligten<br />

möglichst genau erfassen. Die Methodik<br />

des Bundeskartellamtes führt dabei im Falle von<br />

Krankenhausfusionen in der Regel zur Abgrenzung relativ<br />

kleiner Regionalmärkte. Eng abgegrenzte Märkte<br />

haben zur Folge, dass sich Zusammenschlüsse von Krankenhäusern<br />

aus fusionskontrollrechtlicher Sicht problematischer<br />

darstellen als beispielsweise bei einer bundesweiten<br />

Marktabgrenzung. Je enger der relevante Markt<br />

abgegrenzt wird, desto weniger Wettbewerbshäuser können<br />

dort aktiv sein und desto wahrscheinlicher wird es,<br />

dass der Zusammenschluss wettbewerbsbeschränkende<br />

Wirkungen mit sich bringt. 69 Aus diesem Grunde liegt es<br />

in der Regel im Interesse der Zusammenschlussbeteiligten,<br />

dass möglichst weite Märkte abgegrenzt werden. Vor<br />

dem Hintergrund der bisherigen Untersuchungen des<br />

69 Eine Ausnahme stellt der Fall dar, bei dem der Markt so eng abgegrenzt<br />

wird, dass letztlich zwei Monopolmärkte um jedes Krankenhaus<br />

herum entstehen.<br />

Übersicht der Selbstversorgungsquoten bei Krankenhausfusionen<br />

Zusammenschluss 1<br />

1. Universitätsklinikum Greifswald/Kreiskrankenhaus<br />

Wolgast<br />

Tabelle IV.4<br />

Selbstversorgungsquoten in den räumlich<br />

abgegrenzten Märkten<br />

Gebiet Greifswald und Umland: 89 %<br />

(Kerngebiet Greifswald: 92 %) 2<br />

2. Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim/Enzkreis-Kliniken Gebiet Suttgart: 85,7 %<br />

Gebiet Pforzheim: 79,4 %<br />

Gebiet Löschgau, Stuttgart, Heilbronn: 94 %<br />

3. Klinikum Region Hannover Gebiet Hannover und Umland: 93 %<br />

4. LBK Hamburg/Krankenhaus Mariahilf Gebiet Hamburg Harburg: ca. 70 %<br />

(Hamburg und südliches Umland: ca. 90 %)<br />

1 Das Zusammenschlussverfahren Klinikum Region Hannover/Landeskrankenhaus Wunstorf ist nicht aufgeführt, da die räumliche Marktabgrenzung<br />

in diesem Fall hinsichtlich der regionalen Pflichtversorgungsgebiete für einzuweisende Patienten vorgenommen wurde. Für die Sektoren hat<br />

das Bundeskartellamt die Eigenversorgungsquoten nicht angegeben. Jedoch haben die Pflichtversorger der Zusammenschlussbeteiligten in den<br />

abgegrenzten Sektoren allein Marktanteile von jeweils ca. 72,5 Prozent und 77,5 Prozent erzielt. Im Zusammenschlussverfahren Marienhaus<br />

GmbH/Krankenhaus Ottweiler, Kinderklinik Kohlhof wurde die definitive räumliche Marktabgrenzung offen gelassen, da eine Marktbeherrschung<br />

auch ohne definitive Abgrenzung ausgeschlossen werden konnte. Im Verfahren Helios/Humaine konnte die detaillierte Aufschlüsselung<br />

des räumlich relevanten Marktes deshalb entfallen, da die Beteiligten eine Überschneidung durch strukturelle Änderungen noch im Laufe des<br />

Verfahren ausschließen konnten.<br />

2 Das Bundeskartellamt hielt aufgrund der hohen Eigenversorgungsquote bereits den Kernmarkt Greifswald für den räumlich relevanten Markt.<br />

Um Auseinandersetzungen mit der Anmelderin zu vermeiden und da eine weitere Marktabgrenzung materiell zu dem gleichen Ergebnis führt, hat<br />

das Kartellamt jedoch die weitere Marktabgrenzung gewählt.<br />

3 Obwohl das Bundeskartellamt den räumlich relevanten Markt „Hamburg Harburg 1“ abgegrenzt hat, hat es auch die Marktanteile in größeren<br />

Märkten bis einschließlich Hamburg und südliches Umland zu Grunde gelegt um zu zeigen, dass auch die Annahme eines größeren räumlich relevanten<br />

Marktes zum selben Ergebnis führt.<br />

Quelle: Bundeskartellamt<br />

3

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