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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 244 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

DRG-Fallgruppen abzugrenzen, in denen mindestens<br />

zwei der beteiligten Unternehmen im zuletzt erfassten<br />

Abrechnungsjahr eine gewisse Mindestzahl an Fällen abgerechnet<br />

haben. Da Krankenhäuser gemäß § 21<br />

KHEntgG die DRG-Einzelfalldaten vorhalten müssen,<br />

um diese den Krankenkassen zur Verfügung zu stellen,<br />

dürfte die Ermittlung des notwendigen Datenmaterials,<br />

einer ersten Einschätzung zufolge, die praktische Umsetzung<br />

dieser Methode nicht deutlich erschweren. Eine solche<br />

Abgrenzung nach Fallgruppen, die sowohl Diagnose<br />

als auch Behandlungsform klassifizieren, birgt zwar weiterhin<br />

Potenzial für einzelne Ungenauigkeiten, erscheint<br />

aber nach Meinung der Monopolkommission auch hinsichtlich<br />

einer Abgrenzung nach dem Bedarfsmarktkonzept<br />

ein geeignetes Verfahren darzustellen.<br />

2.3.1.2 Räumliche Marktabgrenzung auf<br />

Krankenhausmärkten<br />

542. In Einklang mit der Abgrenzung des sachlich relevanten<br />

Marktes wird auch die räumliche Marktabgrenzung<br />

nach Maßgabe der gegebenen Austauschbeziehungen<br />

aus Sicht der Abnehmer vorgenommen. Um zu<br />

testen, ob die Austauschmöglichkeiten der Nachfrager<br />

aus objektiven Gründen regional begrenzt sind, nimmt<br />

das Bundeskartellamt daher für den Krankenhausmarkt<br />

eine individuelle Betrachtung der tatsächlichen Patientenströme<br />

vor. Dazu fragt das Amt in allen potenziellen<br />

Wettbewerbskrankenhäusern die Anzahl und Herkunft<br />

der Patienten ab. Aus den ermittelten Patientendaten erstellt<br />

es eine angebots- und eine nachfragerorientierte Statistik<br />

der Patientenströme nach Postleitzahlengebieten<br />

und verwendet die Werte dieser Analyse als Teil einer<br />

mehrdimensionalen Abgrenzung des wettbewerblich relevanten<br />

Raumes.<br />

543. Um die gesammelten Daten statistisch aufzuarbeiten,<br />

so dass die Werte Rückschlüsse auf den räumlich relevanten<br />

Markt zulassen, fasst das Bundeskartellamt zunächst<br />

mehrere Postleitzahlengebiete um die an einem<br />

Fusionsvorhaben beteiligten Krankenhäuser zu regionalen<br />

Einheiten zusammen. Anschließend zeigt es in einer<br />

angebotsbezogenen Aufbereitung der erhobenen Daten,<br />

welcher Anteil der Patienten der befragten Krankenhäuser<br />

aus welchen der abgegrenzten Postleitzahlengebiete<br />

kommt. Eine Übereinstimmung bei den Einzugsgebieten<br />

der betroffenen Krankenhäuser und möglicher Wettbewerbskrankenhäuser<br />

gibt dem Amt einen Hinweis darauf,<br />

aus welchen Gebieten die Kliniken gemeinsam ihre Patienten<br />

akquirieren. Einen noch gewichtigeren Einfluss auf<br />

die räumliche Marktabgrenzung durch das Bundeskartellamt<br />

hat allerdings die nachfrageorientierte Marktanteilsbetrachtung<br />

der erhobenen Daten. Dabei erstellt das Kartellamt<br />

für jede der untersuchten Regionen eine Übersicht<br />

über die Marktanteile, welche die untersuchten Krankenhäuser<br />

in der jeweiligen Region erzielt haben. Das Bundeskartellamt<br />

ermittelt in diesem Zusammenhang auch<br />

die Eigenversorgungsquote eines Gebietes, die einen gewichtigen<br />

Hinweis für die Abgrenzung des räumlich relevanten<br />

Marktes darstellt. Dabei handelt es sich um den<br />

Marktanteil, den alle Krankenhäuser einer Region bei den<br />

Patienten in der gleichen Region erzielen. Eine hohe Ei-<br />

genversorgungsquote deutet auf eine in sich geschlossene<br />

Versorgungsregion und damit auf einen eigenen räumlich<br />

relevanten Markt hin. Zur Ermittlung der Quote wird zunächst<br />

vom kleinsten abgegrenzten Gebiet um die betroffenen<br />

Krankenhäuser ausgegangen. Ist die Versorgungsquote<br />

anschließend nur gering, so muss das Gebiet<br />

hinsichtlich benachbarter Regionen ausgedehnt werden.<br />

Mit zunehmender Größe des Gebietes umfasst selbiges<br />

auch eine größere Zahl an Wettbewerbskrankenhäusern,<br />

weshalb eine geringe Selbstversorgungsquote durch die<br />

Gebietsausdehnung tendenziell ansteigt. 67<br />

544. Die Berechnung der Selbstversorgungsquote hat<br />

bei den im Berichtszeitraum geprüften Zusammenschlüssen<br />

im räumlich relevanten Markt zu den in Tabelle IV.4<br />

dargestellten Ergebnissen geführt. Das Bundeskartellamt<br />

nennt keinen fixen Wert für die Selbstversorgungsquote,<br />

bei der es einen räumlich relevanten Markt abgrenzt. Im<br />

Fall Klinikum Region Hannover hat das Bundekartellamt<br />

eine Selbsversorgungsquote von 55 Prozent des Postleitzahlengebietes<br />

Nienburg als hoch, aber „nicht dominierend“<br />

eingestuft. Somit reiche diese Quote nicht aus, um<br />

sich vom benachbarten Markt abzugrenzen. Im Zusammenschlussfall<br />

Universitätsklinikum Greifswald/Kreiskrankenhaus<br />

Wolgast zeigte sich, dass die Abgrenzung allein<br />

anhand der Eigenversorgungsquote nicht eindeutig<br />

sein kann. So grenzte das Bundeskartellamt zwar das Gebiet<br />

Greifswald und Umland als räumlich relevanten<br />

Markt ab; die Selbstversorgungsquote im Kerngebiet war<br />

dabei noch höher. Im Kerngebiet seinerseits betrug die<br />

Selbstversorgungsquote der Krankenhäuser im Gebiet<br />

Greifswald 88,9 Prozent während der Marktanteil des<br />

Kreiskrankenhauses Wolgast als einziges Krankenhaus in<br />

Wolgast selbst nur 58,1 Prozent betrug. Aus räumlicher<br />

Sicht hätte die zwischen Greifswald und Wolgast gelegene<br />

Fachklinik Karlsburg auch dem Wolgaster Gebiet<br />

zugeschlagen werden können. In diesem Fall hätten die<br />

Selbstversorgungsquoten der Gebiete Greifswald und<br />

Wolgast bei 84,4 und 66,1 Prozent gelegen, was eine Abgrenzung<br />

zweier regionaler Märkte allein hinsichtlich der<br />

Eigenversorgungsquote nicht mehr ausgeschlossen hätte.<br />

545. Auf Krankenhausmärkten agieren sachlich und<br />

räumlich sehr heterogene Anbieter- und Nachfragergruppen,<br />

für die keine gleichermaßen adäquate Marktabgrenzung<br />

gewählt werden kann. Da die Leistung am Ort des<br />

Angebotes erbracht wird, spielen Wegüberwindungskosten,<br />

deren Gewicht je nach Behandlungsbedarf unterschiedlich<br />

ausfallen kann, für die Entscheidung der Nachfrager<br />

für ein Krankenhaus eine Rolle. Insofern stellt die<br />

Marktabgrenzung lediglich eine Heuristik dar, um die<br />

Ausweichmöglichkeiten von Nachfragergruppen auf<br />

räumlich relevanten Märkten abzubilden. Die zu diesem<br />

Zweck vom Bundeskartellamt auf dem Krankenhausmarkt<br />

angewendete Methode, zur Marktabgrenzung die<br />

Patientenbewegungen heranzuziehen, stellt eine Anlehnung<br />

an das ökonomische Konzept des Tests der Handels-<br />

67 Im Falle einer hohen Selbstversorgungsquote kann der Effekt auch<br />

gegenläufig sein, da durch die Gebietsausweitung auch zusätzliche<br />

Personen einbezogen werden, deren Präferenzen auch neue Wettbewerber<br />

außerhalb des vergrößerten Gebietes betreffen können.

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