Deutscher Bundestag Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 241 – Drucksache 16/10140<br />
Untersagungsentscheidung hat Asklepios mehrere Verfahren<br />
angestrengt. Neben dem Beschwerdeverfahren vor<br />
dem Oberlandesgericht Düsseldorf, dessen Entscheidung<br />
derzeit noch aussteht, hat der Konzern ein zivilrechtliches<br />
Verfahren angestrengt und einen Antrag auf Ministererlaubnis<br />
gestellt, der allerdings zwischenzeitlich zurückgezogen<br />
wurde.<br />
532. Im Sondergutachten zum Ministererlaubnisverfahren<br />
hat sich die Monopolkommission zu einer Verdrängung<br />
des Wettbewerbsrechts durch das Krankenhausplanungsrecht<br />
geäußert. 59 Mit Blick auf die gegenwärtige<br />
rechtliche Situation ist festzuhalten, dass die Bundesländer<br />
nach § 6 KHG Krankenhauspläne und Investitionsprogramme<br />
aufstellen, um eine bedarfsgerechte Versorgung<br />
der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich<br />
wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten<br />
und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Hierbei<br />
muss gemäß § 1 Abs. 2 KHG die Vielfalt der Krankenhausträger<br />
beachtet werden. Nähere Bestimmungen treffen<br />
nach § 6 Abs. 4 KHG die Bundesländer. Von einer<br />
Einschränkung wettbewerbsrechtlicher Grundsätze ist im<br />
Krankenhausfinanzierungsgesetz des Bundes nicht die<br />
Rede, im Gegenteil: § 1 Abs. 2 KHG bringt den Wettbewerbsgedanken<br />
auch hier zum Tragen. Die Krankenhausgesetze<br />
der Länder und die darauf beruhenden Krankenhauspläne<br />
sind Landesrecht und können ein Bundesgesetz<br />
nicht verdrängen. 60 Folglich setzt das Wettbewerbsrecht<br />
als vorrangiges Bundesrecht dem Krankenhausplanungsrecht<br />
als nachrangigem Landesrecht Grenzen, innerhalb<br />
derer die Krankenhausplanung gestaltend tätig werden<br />
kann. Es gibt keinen Vorrang des Krankenhausplanungsrechts<br />
vor dem Wettbewerbsrecht, vielmehr verhält es<br />
sich umgekehrt. Ein am Krankenhausfinanzierungsgesetz<br />
ausgerichteter Krankenhausplanungsprozess wäre<br />
durch die wettbewerbsrechtliche Untersagung eines<br />
Fusionsvorhabens auch nicht gefährdet, da er Fusionsvorhaben<br />
– in Erfüllung der Ziele des Krankenhausfinanzierungsgesetzes<br />
– nur vorbehaltlich einer wettbewerbsrechtlichen<br />
Prüfung unterstützen kann.<br />
533. Eine Überlagerung des Wettbewerbsrechts wurde<br />
auch im Zusammenschlussverfahren Region Hannover/<br />
Klinikum Region Hannover vorgebracht, das am 13. Dezember<br />
2006 durch das Bundeskartellamt freigegeben<br />
wurde. 61 Der Zusammenschluss betraf die Krankenhäuser<br />
des ehemaligen Landkreises Hannover und der Stadt<br />
Hannover, welche durch die kommunale Neuordnung mit<br />
der Region Hannover einem neuen gemeinsamen Träger<br />
unterstellt wurden. Grundlage ist das Gesetz über die Region<br />
Hannover vom 5. Juni 2001, was gemäß § 8 Abs. 4<br />
vorsieht, dass die Region Hannover die Trägerschaft über<br />
die kommunalen Krankenhäuser in ihrem Gebiet übernimmt.<br />
Mit Wirkung vom 1. Januar 2005 wurden die gemeinsamen<br />
Regionskrankenhäuser zudem in die Klini-<br />
59 Vgl. Monopolkommission, Zusammenschlussvorhaben der Asklepios<br />
Kliniken Hamburg GmbH mit der Krankenhaus Mariahilf gGmbH,<br />
Sondergutachten 52, Baden-Baden 2008, Tz. 62 ff.<br />
60 Vgl. Artikel 31 GG: „Bundesrecht bricht Landesrecht“.<br />
61 BKartA, Beschluss von 13. Dezember 2006, B3 – 1001/06.<br />
kum Region Hannover GmbH eingebracht, die nunmehr<br />
die Geschäfte sämtlicher Häuser führt. Sowohl die Beteiligten<br />
als auch das niedersächsische Ministerium für Inneres<br />
und Sport hatten den Zusammenschluss erst nachträglich<br />
angemeldet, da sie aufgrund der Umstände des<br />
Zusammenschlusses davon ausgingen, dass eine Anmeldepflicht<br />
nicht bestehe. Das Bundeskartellamt stellte hingegen<br />
fest, dass auch ein gesetzlich angeordneter Zusammenschluss<br />
§ 37 GWB unterliegt. Zudem bestehe kein<br />
Vorrang öffentlichen Organisationsrechts, da hier nicht<br />
die kommunalrechtliche Neuordnung, sondern lediglich<br />
der bei den Krankenhäusern eingetretene Trägerwechsel<br />
für die Zusammenschlusskontrolle von Bedeutung sei.<br />
Hier handele es sich um eine unternehmerische Strukturmaßnahme,<br />
die gemäß § 130 Abs. 1 GWB der Fusionskontrolle<br />
unterliege. Auch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie<br />
gemäß Arti-kel 28 Abs. 2 Satz 2 GG<br />
schränke den Anwendungsbereich des GWB nicht ein, da<br />
die Vorschriften zur Fusionskontrolle wie bei allen allgemeinen<br />
Gesetzen allein den Rahmen vorgeben, in dem<br />
das Recht der Selbstverwaltung ausgeübt werden kann.<br />
Die Monopolkommission stimmt dieser Rechtsauffassung<br />
zu und macht sie sich zu eigen.<br />
2.3 Marktabgrenzung<br />
2.3.1 Die Marktabgrenzung bei Krankenhausfusionen<br />
534. Auf den Berichtszeitraum entfallen mehrere Zusammenschlüsse<br />
von Krankenhäusern, die beim Bundeskartellamt<br />
in die zweiten Prüfphase gegangen sind. 62 In<br />
zwei Fällen sprach das Amt Untersagungen aus. Das<br />
Bundeskartellamt befasst sich erst etwa seit dem Jahre<br />
2003 mit Krankenhausfusionen und war seither aufgefordert,<br />
für die Charakteristika des Marktes adäquate Prüfungsstandards<br />
zu entwickeln. Eine besondere Aufmerksamkeit<br />
fällt dem vom Bundeskartellamt angewendeten<br />
System der Marktabgrenzung zu. Seitdem das Amt Krankenhausfusionen<br />
prüft, hat es ein eigenes System für eine<br />
adäquate Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten<br />
Marktes entwickelt und kontinuierlich erweitert. Da<br />
die Marktabgrenzung als ein erster Schritt zur Erfassung<br />
der Marktmacht in der Lage ist, das Ergebnis des Marktbeherrschungstests<br />
entscheidend zu beeinflussen, stellt<br />
sie eines der Kernprobleme bei der Prüfung von Krankenhauszusammenschlüssen<br />
dar. Sowohl in sachlicher als<br />
auch in räumlicher Hinsicht ergeben sich bei der Abgren-<br />
62 BKartA, Beschluss vom 6. Juni 2006, B10 – 24/06 „Marienhaus<br />
GmbH/Krankenhaus Ottweiler, Kinderklinik Kohlhof“; dass., Beschluss<br />
vom 7. September 2006, B3 – 1000/06 „Helios/Humaine“;<br />
dass., Beschluss vom 11. Dezember 2006, B3 – 1002/06 „Universitätsklinikum<br />
Greifswald/Kreiskrankenhaus Wolgast“; dass., Beschluss<br />
vom 13. Dezember 2006, B3 – 1003/06, WuW/E DE-V 1335<br />
„Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim/Enzkreis-Kliniken“; dass., Beschluss<br />
vom 13. Dezember 2006, B3 – 1001/06 „Klinikum Region<br />
Hannover“; dass., Beschluss vom 10. Mai 2007, B3 – 587/06 „Klinikum<br />
Region Hannover/Landeskrankenhaus Wunstorf“; dass., Beschluss<br />
vom 6. Juni 2007, B3 – 587/06, WuW/E DE-V 1407 „LBK/<br />
Mariahilf“.