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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 235 – Drucksache 16/10140<br />

sätze von verbundenen Landesbetriebseinheiten zuzuordnen.<br />

Dazu zählte beispielsweise auch die landeseigene<br />

Staatslotterie, die mit einem Umsatz von deutlich über<br />

100 Mio. Euro maßgeblich dazu beitrug, dass der Umsatz<br />

der Zusammenschlussbeteiligten oberhalb der Aufgreifschwellen<br />

des § 35 Abs. 1 GWB lag.<br />

512. Am 7. Mai 2008 gab das Oberlandesgericht Düsseldorf<br />

einer Beschwerde der Betroffenen statt. 36 Der Zusammenschluss<br />

sei nicht von der Fusionskontrolle zu erfassen,<br />

weil er die allgemeine Aufgreifschwelle des § 35<br />

Abs. 1 Nr. 1 GWB nicht erreiche. Das Gericht stimmte<br />

zwar der Auffassung des Bundeskartellamtes zu, dass das<br />

Uniklinikum ein vom Land Mecklenburg Vorpommern<br />

beherrschtes Unternehmen sei und daher von Konzernbeziehungen<br />

auszugehen ist. In Abgrenzung zur Auffassung<br />

des Bundeskartellamtes nahm das Oberlandesgericht jedoch<br />

an, dass die Umsätze der Landeslottogesellschaft<br />

nur abzüglich der Gewinnausschüttungen anzusetzen<br />

seien, da es sich bei diesen um eine Erlösschmälerung gemäß<br />

§ 277 Abs. 1 HGB handele.<br />

513. Der Annahme des Oberlandesgerichtes, bei der<br />

Umsatzermittlung des Landeslotteriebetriebes seien besondere<br />

Maßstäbe anzusetzen, kann die Monopolkommission<br />

sich nicht anschließen. Unter Beachtung der<br />

gegebenen Rechtslage ist für die Berechnung der Umsatzerlöse<br />

die Vorschrift des § 38 Abs. 1 GWB in Verbindung<br />

mit § 277 Abs. 1 HGB allein maßgeblich. Den Umsätzen<br />

sind daher alle Einnahmen zuzurechnen, die das<br />

Unternehmen aus dem Absatz von Lotterie- und Sportwettverträgen<br />

abzüglich der darauf zu entrichtenden Lotteriesteuern<br />

erzielt. Der im Handelsrecht gebräuchliche<br />

Tatbestand der Erlösschmälerung bezeichnet auf den<br />

Preis gewährte Rabatte wie Skonti oder Warenrücksendungen,<br />

die außerhalb des Einflusses des Handelstreibenden<br />

stehen, der diese Umsätze erzielt, und daher keine<br />

beeinflussbare Kostenposition darstellen. Die Gewinnausschüttungen<br />

im Lotteriespiel sind hierunter nicht zu<br />

subsumieren, denn sie sind ein direkter Angebotsparameter<br />

bei der Veranstaltung von Glücksspielen. Die Gewinnausschüttungsquote<br />

muss vom Veranstalter nicht als ein<br />

nicht beeinflussbarer Posten hingenommen werden, vielmehr<br />

ist sie ein bedeutsamer Wettbewerbsparameter zur<br />

Abgrenzung des eigenen Gewinnspiels gegenüber anderen<br />

Gewinnspielen. Sie unterliegt landesrechtlichen Regelungen<br />

und wird nur aufgrund des Zusammenschlusses<br />

der Landeslottogesellschaften im Deutschen Lotto- und<br />

Toto-Block bei gemeinsam ausgespielten Lotterien gemeinschaftlich<br />

bestimmt. Dies entzieht die Gewinnausschüttungsquote<br />

jedoch nicht dem Einfluss der Landesregierung<br />

bzw. der ihr gemäß § 38 Abs. 2 GWB<br />

zuzurechnenden Lottogesellschaft. Daher sind Gewinnausschüttungen<br />

als gewöhnliche Kostenpositionen bei der<br />

Veranstaltung von Glücksspielen zu behandeln und nicht<br />

als Erlösschmälerungen. Hilfsweise kann auch ein Vergleich<br />

zur Versicherungsbranche gezogen werden, für die<br />

gemäß § 38 Abs. 4 Satz 2 GWB die Prämieneinnahmen<br />

des abgeschlossenen Geschäftsjahres maßgeblich sind.<br />

36 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008, VI-Kart 1/07 (V).<br />

Auch hier sieht das GWB explizit keine Erlösminderung<br />

hinsichtlich der Ausschüttungen aufgrund von Schadensfällen<br />

vor.<br />

514. Auch im Zusammenschlussverfahren Kliniken<br />

Ludwigsburg-Bietigheim/Enzkreis-Kliniken 37 war die<br />

Zurechnung von Umsätzen verbundener Unternehmen<br />

der Gebietskörperschaften ausschlaggebend für das Erreichen<br />

der fusionskontrollrechtlichen Umsatzschwellen.<br />

Mehr als die Hälfte der den Zusammenschlussbeteiligten<br />

zuzurechnenden Umsätze entfiel etwa auf die Kreissparkasse<br />

Ludwigsburg. Darüber hinaus wurden bei den Beteiligten<br />

Umsätze beispielsweise im Bereich der Volkshochschule<br />

GmbH oder der Abfallwirtschaftsgesellschaft<br />

erzielt, die das Bundeskartellamt auch hier entgegen dem<br />

Vortrag der Anmelderin vollständig in die Umsatzberechnung<br />

der Zusammenschlussbeteiligten hat einfließen lassen.<br />

So bezieht das Bundeskartellamt alle Umsätze von<br />

durch die Gebietskörperschaften beherrschten Unternehmen<br />

in seine Berechnungen ein, die zum Zwecke des<br />

marktwirtschaftlichen Leistungsaustausches als Anbieter<br />

von Leistungen auf dem Markt auftreten. Es stellt damit<br />

klar, dass die bloße Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen<br />

Rechts nicht im Widerspruch zur Unternehmenseigenschaft<br />

steht. Im Falle der Sparkasse sei der beherrschende<br />

Einfluss des Landkreises gemäß § 17 Abs. 1<br />

AktG auch dadurch gegeben, dass infolge von § 15 des<br />

baden-württembergischen Sparkassengesetzes sowohl der<br />

Vorsitzende als auch weitere zwei Drittel der Mitglieder<br />

des Verwaltungsrates durch den Träger gestellt werden.<br />

Auf die tatsächliche Nutzung des Besetzungsrechts oder<br />

die Ausübung der Einflussmöglichkeit komme es indes<br />

nicht an.<br />

515. Die Monopolkommission hält es für notwendig,<br />

eine Anpassung der Aufgreifkriterien davon abhängig zu<br />

machen, ob im allgemeinen Anwendungsfall genauere<br />

und ebenso einfach zu bestimmende Heuristiken denkbar<br />

sind. Entsprechend einer stärker ökonomischen Ausrichtung<br />

der Fusionskontrolle ist hier auch den besonderen<br />

wettbewerbspolitischen Anforderungen einzelner Branchen<br />

Rechnung zu tragen, wenn diese einer genaueren Erfassung<br />

möglicher Wettbewerbsbeschränkungen dienen<br />

kann.<br />

Die Monopolkommission hat sich auch vor dem Hintergrund<br />

einer wettbewerbspolitischen Evaluation des Krankenhaussektors<br />

mit den Aufgreifkriterien für den Krankenhaussektor<br />

auseinander gesetzt. Wie in Kapitel V,<br />

Abschnitt 2, ausführlich dargestellt, handelt es sich beim<br />

Krankenhausmarkt um einen wettbewerbspolitisch sensiblen<br />

Regionalmarkt, der gegenüber anderen Märkten<br />

zudem durch hohe administrative Markteintrittsbarrieren<br />

gekennzeichnet ist. Derzeit hängt die fusionskontrollrechtliche<br />

Notifizierungspflicht von Krankenhausfusionen<br />

davon ab, ob diese entweder Teil eines sehr großen<br />

Konzerns sind, oder bei der Fusion mit Beteiligung öffentlich-rechtlicher<br />

Häuser, welche Unternehmensbeteiligungen<br />

die tragenden Gebietskörperschaften eingegangen<br />

37 BKartA, Beschluss vom 13. Dezember 2006, B3 –1003/06, WuW/E<br />

DE-V 1335.

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