29.11.2012 Aufrufe

Deutscher Bundestag Unterrichtung

Deutscher Bundestag Unterrichtung

Deutscher Bundestag Unterrichtung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Drucksache 16/10140 – 230 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

Umständen eine Einpreisung des Zertifikatswertes nicht<br />

missbräuchlich ist. Fraglich ist auch, wie eine Durchsetzung<br />

der Nichteinpreisung erzielt werden sollte. Faktisch<br />

fände eine Preisregulierung statt, die einer Forderung<br />

nach mehr Wettbewerb zuwiderläuft. Darüber hinaus gibt<br />

die Monopolkommission zu bedenken, dass bei einer<br />

Nichteinpreisung die umweltpolitisch gewünschte Lenkungswirkung<br />

ausbleiben würde.<br />

500. Ein Argument des Bundeskartellamtes ist, dass die<br />

Einführung des CO 2-Zertifikatehandels in anderen Industrien<br />

nicht zu einer derartigen Erhöhung der Preise geführt<br />

hat und die Divergenzen nicht mit Unterschieden in<br />

der Elastizität der Nachfrage erklärt werden können. Die<br />

Monopolkommission ist der Meinung, dass sich die vom<br />

Kartellamt herangezogenen Märkte Zucker, Kalk, Zement<br />

und Mineralöl nur bedingt mit dem Strommarkt vergleichen<br />

lassen. Zunächst ist festzuhalten, dass nicht auf<br />

all diesen Märkten intensiver Wettbewerb herrscht und<br />

auch schon wiederholt Zweifel an der Intensität des Wettbewerbs<br />

aufgekommen sind, so dass fraglich ist, inwieweit<br />

sie als Referenzmaßstab dienen können oder sollen.<br />

Ein Teil der Produkte wird weltweit gehandelt und produziert.<br />

Steigt der Preis für eines der Produkte in Ländern,<br />

in denen für die Emission von CO 2 mit der Abgabe von<br />

Zertifikaten bezahlt werden muss, haben die Nachfrager<br />

die Möglichkeit, die Produkte aus anderen Ländern zu beziehen.<br />

Auch die Produzenten können ihre Produkte in<br />

Ländern herstellen, in denen die Produktion nicht mit<br />

Kosten für CO 2-Zertifikate belastet wird. Dieses ist im<br />

Strommarkt nicht der Fall. Die Möglichkeit abzuwandern<br />

besteht nicht. Darüber hinaus ist zumindest bei Zucker,<br />

Kalk und Zement die Nachfrageelastizität kurzfristig 28<br />

sehr viel höher als bei Strom. Eine höhere Elastizität steht<br />

dafür, dass Preiseffekte durch Mengenreduktionen beschränkt<br />

werden. Auch können die Nachfrager durch Lagerbestände<br />

ihren Handlungsspielraum erweitern, was<br />

wiederum bei dem Gut Strom nicht der Fall ist. Daher<br />

hätte sich nach Ansicht der Monopolkommission angeboten,<br />

statt eines sachlichen einen räumlichen Vergleichsmarkt,<br />

wie den vergleichsweise wettbewerblich organisierten<br />

britischen Strommarkt, 29 heranzuziehen. Hierbei<br />

hätte sich gezeigt, dass eine Einpreisung aus Unternehmenssicht<br />

eine durchaus rationale Strategie darstellt, die<br />

sich im Wettbewerb ergibt. Darüber hinaus bleibt unbestritten,<br />

dass eine Änderung der Opportunitätskosten<br />

nicht auf jedem Markt die Preise in gleichem Umfang<br />

verändert. Im Übrigen ist auch unstrittig, dass eine Einpreisung<br />

ausscheidet, wenn CO 2-Zertifikate nicht veräu-<br />

28 Hier wird das erste Jahr nach Einführung der CO 2-Zertifikate betrachtet.<br />

Daher werden die längerfristig wahrscheinlichen Reaktionen<br />

wie die Verringerung der Nachfrage durch Anbieterwechsel oder<br />

Reduktion von verbrauchsintensiven Haushaltsgeräten und Produktionsanlagen<br />

keinen Einfluss haben.<br />

29 So liegt der HHI in Großbritannien als einzigem Land in Europa<br />

nicht im bedenklichen Bereich. Vgl. dazu European Commission,<br />

DG Competition Report on Energy Sector Inquiry, SEC(2006) 1724,<br />

10 January 2007, Tz. 1007 sowie London Economics, Structure and<br />

Performance of Six European Wholesale Electricity Markets in 2003,<br />

2004, 2005, February 2007, S. 15. Zu weiteren Konzentrationsmaßen<br />

und Vergleichen auch Monopolkommission, Sondergutachten 49,<br />

a. a. O., Tz. 174 ff.<br />

ßerlich sind, z. B. weil der Inhaber sie zur Bedienung<br />

bestehender gesetzlicher oder vertraglicher Lieferverpflichtungen<br />

benötigt und der Inhaber zugleich auch<br />

keine zusätzlichen CO 2-Zertifikate zur Erfüllung der Verpflichtungen<br />

zukaufen muss. Ist jedoch in Lieferverträgen<br />

eine Orientierung an Börsenpreisen fixiert, so ist eine<br />

Einpreisung der CO 2-Zertifikate unstrittig, sofern diese<br />

Kosten auch in den Börsenpreisen enthalten sind.<br />

501. Die Tatsache, dass im Jahr 2005 in den am Emissionshandel<br />

teilnehmenden Ländern deutlich weniger Zertifikate<br />

gebraucht als ausgegeben wurden, hat zwischenzeitlich<br />

zu starken Einbrüchen der Preise für CO 2-<br />

Zertifikate geführt. Bei funktionsfähigem Wettbewerb<br />

sollte sich der Preisabfall auch auf die Strompreise auswirken.<br />

Die Erhöhung der Strompreise im Jahr 2005 ist<br />

auf steigende Grenzkosten der Produktion von Strom<br />

durch die Einführung des Emissionshandelssystems zurückzuführen<br />

und daher nicht missbräuchlich. Erst dann,<br />

wenn das Absinken der Preise für CO 2-Zertifikate nicht<br />

zu einer entsprechenden Senkung der Strompreise führt,<br />

kann ein Missbrauch vermutet werden. Durch die kostenlose<br />

Ausgabe der Zertifikate und die parallele Einführung<br />

des Handels mit Zertifikaten steigen zwangsläufig die<br />

Gewinne der Produzenten, was zwar verteilungspolitisch<br />

nicht begrüßt werden mag, allerdings keinen Missbrauch<br />

im Sinne des Kartellrechts darstellt. Sind diese nicht erwünscht,<br />

so bietet sich eine Versteigerung der Zertifikate<br />

an. Die Monopolkommission sieht einen Handlungsbedarf<br />

hinsichtlich der weiteren Ausgestaltung des Emissionshandelssystems.<br />

Tatsächlich ist auch vorgesehen, dass<br />

im zweiten nationalen Allkokationsplan die Energieerzeuger<br />

deutlicher belastet werden, als es im ersten nationalen<br />

Allokationsplan der Fall war.<br />

2. Zusammenschlusskontrolle<br />

2.1 Statistischer Überblick<br />

502. Die Fusionskontrollstatistik des Bundeskartellamtes<br />

weist für den Berichtszeitraum 2006/2007 der Monopolkommission<br />

einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen<br />

gegenüber den Vorjahren auf (vgl. Tabelle IV.1). Die Zahl<br />

der vollzogenen Zusammenschlüsse stieg von 2 541 im<br />

letzten auf 3 303 in diesem Berichtszeitraum. Hierbei ist<br />

zu beachten, dass das Bundeskartellamt Vollzugsanzeigen<br />

seit Inkrafttreten der siebten GWB-Novelle am 1. Juli<br />

2005 nicht mehr im Bundesanzeiger bekannt macht. Der<br />

Vollzug von Zusammenschlüssen wird dem Bundeskartellamt<br />

weiterhin angezeigt, aber nicht mehr statistisch<br />

aufbereitet. Daher wurde die Statistik der angezeigten<br />

vollzogenen Zusammenschlüsse nicht mehr fortgeführt<br />

und seit dem Berichtszeitraum 2005/2006 des Bundeskartellamtes<br />

auf die Zahl der Anmeldungen abgestellt. Um<br />

einen Bruch in der Berichterstattung zu vermeiden und<br />

die Vergleichbarkeit zur Vorperiode zu gewährleisten,<br />

wurden die entsprechenden Vollzugsanzeigen letztmalig<br />

für den aktuellen Berichtszeitraum 2006/2007 der Monopolkommission<br />

durch das Bundeskartellamt im Rahmen<br />

einer Sonderauswertung erhoben. Aufgrund der Einstellung<br />

der Statistik ist die Zahl der ausgewiesenen angezeigten<br />

Zusammenschlüsse jedoch nur bedingt aussagekräftig.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!