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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/10140<br />

lich Zweifel. Neben der Tatsache, dass sich die Anbieter<br />

auf dem Gasmarkt in einem gewissen Substitutionswettbewerb<br />

mit den Anbietern anderer Rohstoffe befinden,<br />

setzen sich die Gasanbieter primär aus Unternehmen zusammen,<br />

deren Hauptsitz außerhalb der EU liegt. Falls<br />

Unternehmen wie Gazprom zu einer Entflechtung ihrer<br />

Netze innerhalb der EU gezwungen werden sollten, können<br />

sie hierauf problemlos mit einer Erhöhung der<br />

Netzentgelte/Gaspreise an der russischen Grenze reagieren.<br />

Bei einer Trennung von Gasproduktion, Transport<br />

und Vertrieb wäre die Gefahr einer doppelten Marginalisierung<br />

erheblich größer als auf dem Strommarkt, da die<br />

Gasimportpreise kaum beeinflusst werden können.<br />

12.* Daher empfiehlt die Monopolkommission, in den<br />

nächsten zwei bis drei Jahren die bestehende Netzregulierung<br />

durch gezielte Maßnahmen zu festigen, und begrüßt<br />

deshalb prinzipiell die geplante Verschärfung der bestehenden<br />

Entflechtungsvorschriften des EnWG im Rahmen<br />

des sog. dritten Weges. Sie stimmt jedoch der EU-Kommission<br />

zu, dass die Auflagen an den Netzbetreiber weiter<br />

verschärft werden müssen. Die Monopolkommission<br />

hat sich in ihrem Sondergutachten zum Energiemarkt<br />

vom November 2007 dafür ausgesprochen, dass es sämtlichen<br />

Mitarbeitern des Netzbetreibers verboten sein<br />

sollte, andere Funktionen innerhalb des Konzerns wahrzunehmen.<br />

Somit würde die Weitergabe geschäftssensibler<br />

Informationen und die hierdurch induzierte Bevorzugung<br />

von Konzernschwestern deutlich erschwert.<br />

13.* Zusätzlich sollte das detaillierte Maßnahmenbündel,<br />

das die Monopolkommission in ihrem Sondergutachten<br />

zum Energiemarkt vorgeschlagen hat, zügig umgesetzt<br />

werden. Lassen sich nach einem Zeitraum von etwa<br />

sechs Jahren seit Beginn der Regulierung noch immer<br />

gravierende strukturelle Defizite auf den Märkten für leitungsgebundene<br />

Energien nachweisen, wäre eine eigentumsrechtliche<br />

Entflechtung als Ultima Ratio denkbar.<br />

Übergang von der Regulierung zur Wettbewerbsaufsicht<br />

bei Telekommunikationsmärkten<br />

14.* Mit zunehmendem Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten<br />

sind nach und nach Märkte aus der<br />

sektorspezifischen Regulierung in das allgemeine Wettbewerbsrecht<br />

zu entlassen. Die institutionelle Zuständigkeit<br />

wechselt von der Bundesnetzagentur zum Bundeskartellamt.<br />

Bei der Diskussion um den Übergang in das<br />

allgemeine Wettbewerbsrecht stehen zwei Aspekte im<br />

Vordergrund. Erstens wird bemängelt, dass bei der Prüfung<br />

der Regulierungsbedürftigkeit gemäß § 10 Abs. 2<br />

TKG das Kriterium der Insuffizienz des Wettbewerbsrechts<br />

lediglich unzureichend untersucht wird. In der<br />

Folge komme es zu einer Zementierung der Regulierung.<br />

Zweitens wird vorgebracht, dass das Wettbewerbsrecht<br />

bei der Verfolgung von missbräuchlichen Verhaltensweisen<br />

weniger effizient sei als die Ex-Post-Regulierung<br />

nach dem TKG und dass die Regulierungsbehörde für die<br />

Missbrauchsaufsicht im Bereich der Telekommunikation<br />

die sachnähere Behörde sei. Daher bedürfe es bei der Deregulierung<br />

eines Zwischenschritts.<br />

15.* Bestandteil des Drei-Kriterien-Tests des § 10<br />

Abs. 2 TKG ist die Prüfung, ob das allgemeine Wettbewerbsrecht<br />

ausreicht, einem bestimmten Marktversagen<br />

entgegenzuwirken. Dieser Insuffizienztest ist potenziell<br />

das wichtigste Kriterium für die Frage der Deregulierung,<br />

was aber weder in der Märkteempfehlung der Europäischen<br />

Kommission noch in der praktischen Anwendung<br />

des Drei-Kriterien-Tests zum Ausdruck kommt. In der<br />

Praxis der Regulierung wird die fehlende Eignung des<br />

Wettbewerbsrechts regelmäßig mit strukturellen Unterschieden<br />

zwischen Wettbewerbsrecht und Regulierungsrecht<br />

begründet, die immer bestehen. Reichen sie zur Begründung<br />

von sektorspezifischer Regulierung bzw. zur<br />

Verneinung eines Deregulierungsbedarfs aus, läuft die<br />

Begrenzungswirkung des dritten Kriteriums des Drei-Kriterien-Tests<br />

ins Leere.<br />

16.* Nach Auffassung der Monopolkommission sollten<br />

an die Prüfung der Insuffizienz des Wettbewerbsrechts<br />

hohe Anforderungen gestellt werden. Dabei ist zu beachten,<br />

dass die strukturellen Nachteile der lediglich nachträglich<br />

und nur punktuell möglichen Eingriffe nach dem<br />

Wettbewerbsrecht nicht bedeuten, dass das Wettbewerbsrecht<br />

stets ungeeignet ist. Dagegen spricht nicht nur, dass<br />

Regulierung in der Marktwirtschaft wegen ihrer Eingriffsintensität<br />

die zu begründende Ausnahme sein muss,<br />

sondern auch, dass sie die wichtigste Ursache für Marktversagen<br />

auf Telekommunikationsmärkten, nämlich die<br />

Existenz von Bottlenecks, nicht beseitigen kann, sondern<br />

diese eher dadurch zementiert, dass Zugangsregulierung<br />

Anreize vermindert, in die Umgehung oder Duplizierung<br />

von Bottlenecks zu investieren. Hilfreich wäre, wenn die<br />

Europäische Kommission, die den Drei-Kriterien-Test<br />

auf der Gemeinschaftsebene anwendet, Prüfkriterien für<br />

die Durchführung dieses Tests auf nationaler Ebene vorgeben<br />

würde.<br />

17.* Die Monopolkommission lehnt es ab, als Zwischenschritt<br />

für den Übergang in das allgemeine Wettbewerbsrecht<br />

im TKG eine von der Feststellung der Regulierungsbedürftigkeit<br />

unabhängige Missbrauchsaufsicht<br />

zu verankern. Zweifelhaft ist bereits, ob eine Regelung,<br />

die darauf hinausläuft, die Vorschriften des TKG zur<br />

Missbrauchsaufsicht von der Feststellung der Regulierungsbedürftigkeit<br />

abzukoppeln, mit europäischem Recht<br />

vereinbar wäre. Wenig überzeugend sind auch die Argumente,<br />

die Bundesnetzagentur sei die sachnähere Behörde<br />

für die Missbrauchsaufsicht auf Telekommunikationsmärkten<br />

und das TKG erlaube ein effizienteres und<br />

schnelleres Eingreifen. Selbst wenn es zutrifft, dass die<br />

Bundesnetzagentur über größere spezifische Marktkenntnisse<br />

im Bereich der Telekommunikation verfügt, hat das<br />

Bundeskartellamt aufgrund der Vielzahl der Fälle eine<br />

höhere Sachkunde in ökonomischen Fragen und ist wegen<br />

seiner langjährigen Amtspraxis die sachnähere Behörde<br />

für die Aufgabe der Missbrauchsaufsicht über<br />

marktbeherrschende Unternehmen. Hinzu kommt, dass<br />

das wettbewerbsrechtliche Instrumentarium im Bereich<br />

der Verhaltenskontrolle in den letzten Jahren verschärft<br />

worden ist und die Befugnisse der Kartellbehörden erweitert<br />

wurden. Für einen konsequenten Übergang in das allgemeine<br />

Wettbewerbsrecht spricht auch, dass die Regu-

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