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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 226 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

staatsvertrag vor, wonach es den Bundesländern ohne<br />

weitere Zustimmung allein im eigenen Land gestattet<br />

war, Glücksspiele zu vertreiben oder vertreiben zu lassen.<br />

Mit der Durchführung der Glücksspiele ist in jedem Bundesland<br />

eine Lottogesellschaft beauftragt. Die Landeslottogesellschaften<br />

sind aus Gründen der Gewinnpoolung<br />

und zur Vereinheitlichung des Spielangebotes im Deutschen<br />

Lotto- und Totoblock zusammengeschlossen. In § 2<br />

des Blockvertrages der deutschen Lotto- und Totounternehmen<br />

vereinbarten die Gesellschafter, Lotterien und<br />

Sportwetten jeweils nur in dem Bundesland zu vertreiben,<br />

in dem sie eine Genehmigung haben. Durch die aufgeführten<br />

Regelungen in Lotteriestaatsvertrag und Blockvertrag<br />

wurde erreicht, dass die Bundesländer auch ihr<br />

Gebietsmonopol zur Veranstaltung von Glücksspielen<br />

wahren konnten. Das staatliche Monopol auf Glücksspiele<br />

und Sportwetten war im März 2006 auch Gegenstand<br />

eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht.<br />

Die Richter urteilten, dass ein staatliches Monopol<br />

für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit<br />

des Artikel 12 Abs. 1 GG nur dann vereinbar ist, wenn es<br />

konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren<br />

ausgerichtet ist. 19 Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes<br />

zur Verfassungskonformität des Wettmonopols<br />

waren die Länder aufgefordert, die bestehenden<br />

Regelungen zu überarbeiten. Zum 1. Januar 2008 ist nunmehr<br />

der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Kraft<br />

getreten, der den zuvor gültigen Lotteriestaatsvertrag ersetzte.<br />

487. Anlass des 2006 abgeschlossenen Verfahrens beim<br />

Bundeskartellamt waren die Pläne des gewerblichen<br />

Spielevermittlers Jaxx, ein Netz terrestrischer Annahmestellen<br />

in Supermärkten und Tankstellen aufzubauen. Bisher<br />

wurden die verschiedenen von den Lottogesellschaften<br />

angebotenen Spiele terrestrisch nur über Lotto-<br />

Annahmestellen, meist Kioske, vertrieben, die eine spezielle<br />

Lizenz der in ihrem Land zuständigen Lottogesellschaft<br />

besaßen. Bereits seit Anfang der 1980er Jahre sind<br />

in Deutschland zudem gewerbliche Organisatoren von<br />

Spielgemeinschaften tätig, die Spielaufträge im Postversand<br />

und durch Call-Center akquirieren und an die Lottogesellschaften<br />

vermitteln. Ende der 1990er Jahre wurden<br />

gewerbliche Spielevermittler auch verstärkt im Internet<br />

aktiv. Da allerdings nur ca. 5 Prozent der Umsätze im<br />

Lotto durch gewerbliche Vermittler generiert werden, ist<br />

deren Marktanteil bisher noch gering geblieben. 20 Die lizenzierten<br />

Lotto-Annahmestellen, die bisher ausschließlich<br />

den terrestrischen Vertrieb von Lotterien übernommen<br />

haben, vermitteln die von ihnen angenommenen<br />

Spielscheine ausschließlich an die jeweilige Landeslottogesellschaft<br />

weiter. Die gewerblichen Vermittler versuchen<br />

dagegen, die bei ihnen eingehenden Spielscheine an<br />

diejenige Lottogesellschaft weiterzuvermitteln, die die<br />

höchste Vermittlungsgebühr zahlt. Durch die von gewerblichen<br />

Spielevermittlern im gesamten Bundesgebiet akquirierten<br />

Spielscheine wird daher faktisch das beste-<br />

19 BVerfG, Urteil vom 28. März 2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115,<br />

276.<br />

20 Stand 2004, Quelle: Bundeskartellamt.<br />

hende Gebietskartell überwunden. Demzufolge existieren<br />

nun zwei Kontrahierungswege (vgl. Abbildung IV.1). Gegenüber<br />

dem klassischen Transaktionenstrom A agieren<br />

im Transaktionenstrom B die gewerblichen Spielevermittler<br />

als Intermediäre, über die Spielverträge zwischen<br />

Spielern und Lottogesellschaften aus verschiedenen Bundesländern<br />

vermittelt werden. Aus diesem Grunde haben<br />

die Länder zur Aufteilung der Einnahmen den am 1. Juli<br />

2004 in Kraft getretenen „Staatsvertrag über die Regionalisierung<br />

von Teilen der von den Unternehmen des<br />

Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen“<br />

(Regionalisierungsstaatsvertrag) geschlossen. Die Einnahmen<br />

aus gewerblicher Vermittlung werden danach abzüglich<br />

der auf sie entfallenden Gewinnausschüttung<br />

weitgehend regionalisiert, indem sie in Relation zu den<br />

von den Lotteriegesellschaften abseits der gewerblichen<br />

Spielevermittlung erzielten Umsätze aufgeteilt werden.<br />

488. Die Landeslottogesellschaften waren in der Vergangenheit<br />

bereits mehrfach bemüht, den zwischen ihnen<br />

durch bundesweit agierende gewerbliche Spielevermittler<br />

entstehenden Wettbewerb einzuschränken. In einem Kartellverfahren<br />

aus dem Jahre 1995 hatte das Bundeskartellamt<br />

den Lottogesellschaften bereits untersagt, gewerbliche<br />

Spielevermittler von der Spielteilnahme auszuschließen. 21<br />

Mit der geplanten Ausweitung der Vermittlungsaktivitäten<br />

gewerblicher Spielevermittler auf den terrestrischen<br />

Bereich beschloss der Rechtsausschuss des Deutschen<br />

Lotto- und Totoblocks am 25./26. April 2005, seine Gesellschafter<br />

aufzufordern, durch terrestrische Spielevermittlung<br />

erzielte Umsätze gewerblicher Spielevermittler<br />

nicht mehr anzunehmen. Am 23. August 2006 schloss das<br />

Bundeskartellamt ein Verfahren gegen dieses Vorgehen<br />

mit einer Unterlassungsverfügung ab. Das Amt wertete<br />

dieses Vorgehen zum einen als Kartell und ahndete somit<br />

einen Verstoß gegen § 1 GWB und Artikel 81 EG, zum<br />

anderen auch als eine missbräuchliche Ausnutzung einer<br />

marktbeherrschenden Stellung durch die Aufforderung<br />

zum Boykott und damit um einen Verstoß gegen § 21<br />

Abs. 1 GWB und Artikel 82 EGV. Mit der Untersagungsverfügung<br />

wendet sich das Bundeskartellamt auch gegen<br />

§ 2 des Blockvertrages der deutschen Lotto- und Totounternehmen,<br />

die von Landeslottogesellschaften veranstalteten<br />

Lotterien und Sportwetten nur in ihrem jeweiligen<br />

Bundesland zu vertreiben, und die damit verbundene<br />

Aufteilung des räumlich relevanten Marktes. Des Weiteren<br />

verstoße auch der Regionalisierungsstaatsvertrag gegen<br />

das Kartellrecht, da dieser den Wettbewerb um die<br />

Leistungen gewerblicher Spielevermittler beschränkt.<br />

Eine Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss<br />

blieb vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf in den wesentlichen<br />

Teilen erfolglos. Am 8. Juni 2007 bestätigte<br />

das Oberlandesgericht sowohl die Verstöße gegen § 1<br />

GWB und Artikel 81 EGV als auch den Vorwurf des<br />

Boykotts. 22 Den Lottogesellschaften ständen keine billigenswerten<br />

Gründe zur Seite, die terrestrisch erzielten<br />

Spielumsätze der gewerblichen Spielevermittler zurück-<br />

21 Vgl. BKartA, Beschluss vom 22. November 1995, B8 – 127/95,<br />

WuW/E BKartA 2849 „Gewerbliche Spielgemeinschaften“.<br />

22 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juni 2007, VI-Kart 15/06 (V).

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