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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 222 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

verkäufer abzugelten, die der Franchisegeber zusätzlich<br />

erbracht hat. Dem Verhalten von Praktiker stellt das Gericht<br />

die sich daraus ergebende Wettbewerbsbeschränkung<br />

gegenüber. Im Horizontalverhältnis sieht das Oberlandesgericht<br />

insbesondere die Behinderung gegenüber<br />

dritten Baumärkten als nicht belegt an. Es sei nicht<br />

möglich, allein aus dem Erfahrungsschatz des Bundeskartellamtes<br />

abzuleiten, dass andere bundesweit tätige<br />

Baumarktunternehmen mit ähnlichen Einkaufspreisen<br />

kalkulieren wie Praktiker und damit die höheren Einkaufspreise<br />

der Franchisenehmer gegenüber Dritten zu einem<br />

Wettbewerbsnachteil führen. Eine Behinderung sieht<br />

das Gericht eher hinsichtlich des Wettbewerbsverhältnissses<br />

zwischen Praktiker-Regiebetrieben und den Franchisenehmern,<br />

wenn diese im gleichen räumlich relevanten<br />

Markt aktiv sind. Es lässt in seinem Beschluss<br />

letztendlich offen, in welchem Umfang durch das Bundeskartellamt<br />

vergleichsweise Netto-Einkaufspreise ermittelt<br />

werden müssten, um den Nachweis eines möglichen<br />

Wettbewerbsnachteils zu erbringen. Das Oberlandesgericht<br />

stellt jedoch fest, dass allgemeine Plausibilitätserwägungen<br />

als Nachweis nicht ausreichen. Es sieht das Verhalten<br />

von Praktiker im Rahmen der wettbewerblich<br />

bestimmten Interessenabwägung daher insgesamt nicht<br />

als unbillig im Sinne von § 20 GWB an.<br />

472. Die Monopolkommission hält es für sachgerecht,<br />

die Auswirkungen des Verhaltens eines Franchisegebers<br />

im Vertikalverhältnis auf den Wettbewerb sowohl in Bezug<br />

auf das Verhältnis Franchisenehmer zu Regiebetrieben<br />

als auch auf das Verhältnis Franchisenehmer zu Dritten<br />

zu untersuchen. Zunächst ist dabei der Aspekt der<br />

Nichtweitergabe von Einkaufsvorteilen bei gleichzeitiger<br />

Bezugsbindung durch den Franchisegeber zu beachten.<br />

Es erscheint aus ökonomischer Sicht leistungsgerecht,<br />

dass der Franchisegeber in seiner Funktion als Großhändler<br />

für seine Leistung eine Vergütung verlangt. Die nicht<br />

vollständige Weitergabe der Einkaufsvorteile führt unter<br />

dieser Prämisse erst zu direkten Anreizen für den Großhändler,<br />

Einkaufsvorteile überhaupt auszuhandeln. Die<br />

Monopolkommission schließt sich daher dem Oberlandesgericht<br />

in der Sache an, dass eine nicht vollständige<br />

Weitergabe der Einkaufsvorteile gerechtfertigt sein kann.<br />

Problematisch ist jedoch, dass die Vergütung der Großhändlerleistung<br />

selbst nicht am Markt gehandelt wird,<br />

sondern durch die Alleinbezugsvereinbarung im Wesentlichen<br />

durch den Franchisegeber selbst vorgegeben wird.<br />

Der Franchisegeber entscheidet daher alleine über den<br />

Preis seiner Leistung und muss sich dabei im Innenverhältnis<br />

zu seinem Franchisenehmer nur dann einer Disziplinierung<br />

durch Markt und Wettbewerb aussetzen, wenn<br />

dritte Baumärkte im räumlich relevanten Markt aktiv<br />

sind. Besteht Preiswettbewerb durch Dritte, so kann der<br />

Franchisegeber allerdings kein Interesse daran haben, den<br />

Franchisenehmer im Wettbewerb deutlich zu behindern.<br />

Er kann daher auf die Weitergabe von Einkaufsvorteilen<br />

nur insoweit verzichten, als er damit verbleibende Renten<br />

auf der Einzelhandelsebene abschöpfen kann. Die möglichen<br />

Nachteile auf das Wettbewerbsgeschehen zwischen<br />

Franchisenehmer und Dritten bei Nichtweitergabe der<br />

Einkaufsvorteile schätzt die Monopolkommission daher<br />

als gering ein, auch da gerade unter Baumärkten intensiver<br />

Wettbewerb wahrzunehmen ist.<br />

Problematischer stellt sich die Situation in Bezug auf das<br />

Wettbewerbsverhältnis Franchisenehmer und Regiebetriebe<br />

dar. Hier hat der Franchisegeber die Möglichkeit,<br />

die Wettbewerbssituation durch die nicht vollständige<br />

Weitergabe von Konditionen an die Franchisenehmer zugunsten<br />

seiner Regiebetriebe zu beeinflussen. Stehen in<br />

einem räumlich relevanten Markt alleine Franchisenehmer<br />

und Regiebetriebe im Wettbewerb, kann es zu einer<br />

monopolgleichen Anhebung der Endverkaufspreise kommen.<br />

Anders als im Fall einer Essential Facility ist die<br />

Handelsebene allerdings nicht vor der Konkurrenz Dritter<br />

geschützt. Selbst wenn keine dritten Anbieter im gleichen<br />

räumlich relevanten Markt aktiv sind, ist damit zu rechnen,<br />

dass eine durch den Franchisegeber ausgelöste Preissetzung<br />

Newcomer in den Markt lockt. In begrenztem<br />

Maße ist daher auch der potenzielle Wettbewerb geeignet,<br />

in einem solchen Falle die Nutzung einer Preis-Kosten-<br />

Schere zu verhindern.<br />

473. Der Aspekt einer möglichen Preis-Kosten-Schere<br />

ist im Rahmen der letzten Änderung des GWB als Regelbeispiel<br />

einer unbilligen Behinderung aufgenommen worden.<br />

Gemäß dem geänderten § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3<br />

GWB 10 liegt eine unbillige Behinderung nun insbesondere<br />

dann vor, wenn ein Unternehmen von kleinen oder<br />

mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten<br />

Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen<br />

Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen<br />

höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt<br />

anbietet. Die Monopolkommission erachtet die Änderung<br />

nur begrenzt für sinnvoll, da zwar der Franchisenehmer<br />

gegenüber den Regiebetrieben des Franchisegebers nunmehr<br />

besser gestellt wird, der Franchisegeber aber auch<br />

bei paritätischer Preissetzung die im Markt verbleibenden<br />

Renten auf der Großhandelsebene abschöpfen kann.<br />

Preiswettbewerb zwischen Franchisenehmern und Regiebetrieben<br />

ist daher nur eingeschränkt zu erwarten. Der<br />

Missbrauchsnachweis durch das Bundeskartellamt wird<br />

auf diese Weise zwar deutlich vereinfacht, da dieser nunmehr<br />

bereits an einzelnen Produktbeispielen festgestellt<br />

werden kann. Es ist jedoch zu befürchten, dass auch effizienzsteigernde<br />

Praktiken nunmehr untersagt werden.<br />

1.4 Angebote unter Einstandspreis<br />

474. Im Berichtszeitraum ist es erneut zu einem Einschreiten<br />

der Kartellbehörde wegen eines Verstoßes gegen<br />

das Untereinstandspreisverbot des § 20 Abs. 4 GWB<br />

gekommen. Das Untereinstandspreisverbot war mit der<br />

sechsten Novelle in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />

aufgenommen worden. Bereits in ihren<br />

letzten Hauptgutachten hat sich die Monopolkommission<br />

kritisch mit dem Untereinstandspreisverbot auseinander-<br />

10 Die Änderung von § 20 Abs. 3 und 4 GWB durch das Gesetz zur Bekämpfung<br />

von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung<br />

und des Lebensmittelhandels vom 18. Dezember 2007 wird gemäß<br />

Artikel 1a, Artikel 3 Satz 2 des Gesetzes zum 1. Januar 2013 wieder<br />

zurückgenommen und ist damit zunächst auf fünf Jahre befristet.

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