Deutscher Bundestag Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/10140<br />
Kurzfassung<br />
Aktuelle Probleme der Wettbewerbspolitik<br />
Wettbewerbspolitische Aspekte<br />
der Bahnprivatisierung<br />
1.* Die Bundesregierung hat beschlossen, die Beteiligung<br />
privaten Kapitals an der Deutschen Bahn AG (DB<br />
AG) noch im Jahr 2008 zu ermöglichen. Dazu sollen die<br />
gegenwärtigen Gesellschaften für den Güterverkehr, den<br />
Personenverkehr und den Regionalverkehr in einer neuen<br />
Gesellschaft für die Bereiche Verkehr und Logistik zusammengefasst<br />
werden. Die DB AG als ihr – bislang –<br />
alleiniger Gesellschafter soll bis zu 24,9 Prozent der<br />
Tochtergesellschaft an private Investoren veräußern. Außerdem<br />
wird die DB AG weiter 100 Prozent des Eigentums<br />
an der Netzgesellschaft halten. Die DB AG ihrerseits<br />
steht auch künftig im 100-prozentigen Eigentum des<br />
Bundes; der Bund bleibt damit auch alleiniger Eigentümer<br />
der Infrastrukturen.<br />
2.* Die Monopolkommission sieht in dem Teilprivatisierungskonzept<br />
einen deutlichen Fortschritt gegenüber<br />
früheren Plänen zur integralen Privatisierung der DB AG<br />
unter Einschluss von Netz und Betrieb. Zwar wird die<br />
Empfehlung der Monopolkommission zu einer Trennung<br />
von Netz und Betrieb nicht erfüllt, weil der Konzernverbund<br />
von Infrastruktur und Verkehrsunternehmen bestehen<br />
bleibt. Einer späteren Aufspaltung des Konzerns in<br />
ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, das dann vielleicht<br />
auch in größerem Umfang privatisiert werden könnte,<br />
und ein davon unabhängiges Infrastrukturunternehmen<br />
steht das nunmehr beschlossene Teilprivatisierungsmodell<br />
aber jedenfalls nicht entgegen. Nach Auffassung der<br />
Monopolkommission ist eine solche Aufspaltung nach<br />
wie vor wünschenswert, damit die Netzgesellschaft in<br />
dem Wettbewerb zwischen der Verkehrsgesellschaft der<br />
DB AG und den privaten Konkurrenten eine neutrale<br />
Position einnimmt. Von einem unverzerrten Wettbewerb<br />
im Netz ist am ehesten eine Ausweitung der Verkehrsanteile<br />
des Bahnsektors im gesamten Verkehrsmarkt zu<br />
erwarten. Damit ließen sich auch die Umweltbelastungen<br />
reduzieren, die vor allem vom Straßenverkehr ausgehen.<br />
3.* Die einheitliche Konzernleitung von Netz- und Verkehrsunternehmen<br />
begründet freilich auch für die<br />
Zukunft die Gefahr der Diskriminierung privater Wettbewerber<br />
im Netz. Dieses Bedenken ist nicht nur wettbewerbspolitischer,<br />
sondern auch europarechtlicher Natur.<br />
Die Eisenbahn-Richtlinien der Europäischen Union<br />
fordern eine tatsächliche Unabhängigkeit des Bereichs<br />
Verkehr und Logistik vom Netzbereich. Ihr Sinn und<br />
Zweck wird durch den Bestand einer gemeinsamen Holdinggesellschaft<br />
stark gefährdet. Die institutionelle Verflechtung<br />
darf nach Auffassung der Monopolkommission<br />
nicht noch zusätzlich durch personelle Verflechtungen<br />
verstärkt werden. Die Führung von Netzgesellschaft, Verkehrsgesellschaft<br />
und Holdinggesellschaft in Personal-<br />
union begegnet daher gemeinschaftsrechtlichen Bedenken.<br />
Die Beziehungen zwischen den Gesellschaften sollten<br />
vielmehr so gestaltet werden, dass Netzunternehmen einerseits<br />
und Verkehrsunternehmen andererseits jeweils<br />
die größtmögliche operative Unabhängigkeit genießen.<br />
4.* Im politischen Raum sind Forderungen nach einer<br />
Veränderungssperre für das nun gefundene Privatisierungsmodell<br />
laut geworden. Ihnen tritt die Monopolkommission<br />
entgegen. Die DB AG muss die Möglichkeit haben,<br />
auch jenseits der gegenwärtig vereinbarten Tranche<br />
von 24,9 Prozent durch weitere Privatisierungen privates<br />
Eigenkapital anzuziehen. Nur so kann sie langfristig den<br />
Innovations- und Investitionserfordernissen genügen, die<br />
auf sie zukommen werden, wenn sie im Wettbewerb mit<br />
anderen Verkehrsträgern Schritt halten will. Eine Veränderungssperre<br />
wäre auch mit den Grundgedanken des<br />
Artikel 87 e GG unvereinbar und ließe sich nach Überzeugung<br />
der Monopolkommission auch nicht mit den<br />
Mitteln des Tarifvertrages einführen.<br />
5.* Problematisch erscheinen der Monopolkommission<br />
die Absichten der Bundesregierung hinsichtlich der Verwendung<br />
des Veräußerungserlöses. Er soll zum Teil in<br />
den Bundeshaushalt fließen, zum Teil für Investitionsprogramme<br />
und zum Teil zur Aufstockung des Eigenkapitals<br />
der DB AG verwendet werden. Eingenommen wird der<br />
Veräußerungserlös von der DB AG, also der Holding. Die<br />
Monopolkommission macht darauf aufmerksam, dass<br />
eine Mittelzuweisung durch dieses Staatsunternehmen an<br />
die Tochtergesellschaften, also die Netzgesellschaft einerseits<br />
und das Verkehrsunternehmen andererseits, den Tatbestand<br />
der Beihilfe gemäß Artikel 87 EG erfüllt. Die<br />
Zulässigkeit einer solchen Beihilfe ist hinsichtlich der Infrastruktur<br />
gemäß Artikel 73 EG eher zu bejahen, als<br />
wenn die Mittel dem Verkehrsunternehmen zugewendet<br />
werden. Denn im letzteren Falle hätten sie eine Verzerrung<br />
des Wettbewerbs zwischen dem Verkehrsunternehmen<br />
und seinen privaten Wettbewerbern zur Folge.<br />
Entflechtungsvorschläge der EU-Kommission<br />
für die Energiewirtschaft<br />
6.* Am 19. September 2007 wurde von der EU-Kommission<br />
das 3. Legislativpaket zur Förderung des europäischen<br />
Energiebinnenmarktes verabschiedet. Einen<br />
zentralen Aspekt des Pakets stellt die Konzernentflechtung<br />
des Übertragungsnetz- bzw. Fernleitungsnetzbetriebs<br />
dar. Diese soll entweder in Form einer eigentumsrechtlichen<br />
Entflechtung (ownership unbundling) oder<br />
alternativ durch den Einsatz eines unabhängigen Netzbetreibers<br />
(Independent System Operator, ISO) erreicht<br />
werden. Hierdurch erhofft sich die EU-Kommission, den<br />
negativen Folgen der vertikalen Integration auf den Wettbewerb<br />
am besten entgegenwirken zu können.