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Deutscher Bundestag Unterrichtung

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Drucksache 16/10140 – 172 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode<br />

auftreten, dass das vorhandene Einflusspotenzial auf die<br />

Unternehmensverwaltung nicht immer im Sinne des kontrollierten<br />

Unternehmens ausgeübt werden muss.<br />

Eine wichtige Rolle spielten in diesem Zusammenhang<br />

auch die Kreditinstitute und Versicherungskonzerne im<br />

deutschen Corporate-Governance-System, die in der Vergangenheit<br />

als eine wichtige Aktionärsgruppe deutscher<br />

Industrieunternehmen traditionell über unternehmensinterne<br />

Informationen verfügten und Kontrollfunktionen<br />

zur Steuerung ihrer Kredit- bzw. Versicherungsrisiken<br />

ausübten. Interessenkonflikte bestanden in der Weise,<br />

dass Kreditinstitute gleichzeitig die Rolle der Kontrolleure<br />

in den Aufsichtsgremien einnahmen und darüber<br />

hinaus als Anbieter von Finanzdienstleistungen und unabhängige<br />

Berater auftraten. Die Untersuchungen der Monopolkommission<br />

zeigen jedoch, dass diese Möglichkeit<br />

der direkten Kontrolle in den vergangenen Jahren zunehmend<br />

an Bedeutung verloren hat. 44<br />

Personelle Verflechtungen zwischen Großunternehmen<br />

haben zudem eine gesellschaftspolitische Dimension, die<br />

über wettbewerbspolitische Problemstellungen im engeren<br />

Sinne hinausgehen kann. So ist unabhängig davon, ob<br />

die personellen Verflechtungen zwischen Wettbewerbern<br />

bestehen oder nicht, die Frage nach den Einflussmöglichkeiten<br />

einer relativ kleinen Gruppe sehr großer Unternehmen<br />

im Sinne einer Konzentration ökonomischer und<br />

politischer Macht auf die nationale Volkswirtschaft zu<br />

stellen, die ihren Ausdruck auch in personellen Verflechtungen<br />

finden kann.<br />

390. Die isolierte Betrachtung der gemäß den Vorschriften<br />

des Handelsgesetzbuches bzw. Aktiengesetzes abgegrenzten<br />

Konzerne, welche in den vorhergehenden Abschnitten<br />

erfolgte, ergibt aufgrund der personellen und<br />

finanziellen Beziehungen zwischen den derart abgegrenzten<br />

Betrachtungseinheiten keine vollständige Darstellung<br />

der Konzentration von Großunternehmen. Im Sinne der<br />

handels- und aktienrechtlichen Begriffsfassung werden<br />

solche Gruppen von Einzelunternehmen (rechtlichen Einheiten)<br />

als Konzerne betrachtet, welche unter der einheitlichen<br />

Leitung einer Konzernobergesellschaft stehen oder<br />

an denen die Konzernobergesellschaft den Mehrheitsbesitz<br />

der Eigenkapitalanteile hält. 45 Fasst man den Begriff<br />

der Unternehmung als wirtschaftlicher Einheit weiter, so<br />

ist auch eine Betrachtung von Gruppen von Unternehmen<br />

im Sinne rechtlicher Einheiten, zwischen denen lediglich<br />

Minderheitsbeteiligungen bestehen und welche Überschneidungen<br />

der Leitungs- und Kontrollgremien in Form<br />

personeller Verflechtungen aufweisen, als ein Unternehmen<br />

denkbar.<br />

391. Mit der Frage der Unternehmensabgrenzung verknüpft<br />

ist der nicht unmittelbar einleuchtende Zusammenhang,<br />

dass der an der Anzahl und der Höhe der zwischen<br />

den „100 Größten“ bestehenden Beteiligungen und<br />

44 Vgl. hierzu Tz. 403 ff. sowie Monopolkommission, Hauptgutachten<br />

2004/2005, a. a. O., Tz. 354 ff.<br />

45 Vgl. Tz. 327.<br />

der an der Anzahl der personellen Beziehungen gemessene<br />

Verflechtungsgrad sinkt, sofern zwei Unternehmen<br />

aus dem Untersuchungskreis fusionieren und das in den<br />

Untersuchungskreis nachrückende Unternehmen eine geringere<br />

personelle und finanzielle Einbindung aufweist<br />

als das durch die Fusion untergegangene Unternehmen.<br />

Letzteres ist insoweit wahrscheinlich, als der Übernahme<br />

eines Unternehmens häufig der Erwerb von Anteilen vorausgeht.<br />

Somit besteht das Paradoxon, dass ein konzentrationserhöhender<br />

Vorgang zu einer Verminderung der<br />

gemessenen personellen und finanziellen Verflechtung<br />

führt, was bei der Interpretation der nachfolgenden Ergebnisse<br />

zu berücksichtigen ist.<br />

392. Inländische Teilkonzerne werden von den ausländischen<br />

Muttergesellschaften mehr oder weniger weit reichend<br />

gesteuert und haben daher nicht immer eine Konzernobergesellschaft<br />

im Inland, von der der Anteilsbesitz<br />

oder die Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ermittelt<br />

werden können. Sofern die in den vorhergehenden<br />

Abschnitten gewählte Bezeichnung für den inländischen<br />

Teilkonzern von dem Namen des im Rahmen der Verflechtungsuntersuchungen<br />

betrachteten Unternehmens<br />

(juristische Person) abweicht, wird Letzterer zusätzlich in<br />

Klammern angegeben.<br />

In der Regel wählt die Monopolkommission als Untersuchungsobjekte<br />

zur Bestimmung der Verflechtungen unter<br />

den „100 Größten“ die Konzernobergesellschaften. Sofern<br />

die Konzernobergesellschaft ihren Sitz im Ausland<br />

hat, bestehen Verflechtungen in der Mehrzahl der Fälle<br />

nicht zwischen der Konzernobergesellschaft und deutschen<br />

Großunternehmen, sondern die deutschen Tochterunternehmen<br />

sind personell und finanziell mit Unternehmen<br />

aus dem Kreis der „100 Größten“ verbunden. Die<br />

Monopolkommission untersucht daher die personelle und<br />

finanzielle Einbindung sowohl der größten deutschen<br />

Tochter ausländischer Konzernobergesellschaften als<br />

auch der Mutterunternehmen selbst.<br />

Da Gleichordnungskonzerne keine einzelne Konzernobergesellschaft<br />

besitzen, untersucht die Monopolkommission<br />

den Verflechtungsgrad sämtlicher Gesellschaften<br />

bzw. Versicherungsvereine, welche an der Konzernspitze<br />

der im Kreis der „100 Größten“ vertretenen Gleichordnungskonzerne<br />

stehen.<br />

4.2 Anteilsbesitz an den „100 Größten“<br />

4.2.1 Gegenstand und Datenquellen<br />

393. Gegenstand der folgenden Abschnitte ist eine Analyse<br />

der Eigenkapitalgeber der „100 Größten“. Zum einen<br />

erfolgt eine Betrachtung der gesamten Anteilseignerstruktur<br />

der „100 Größten“ hinsichtlich der Anteilseignergruppen<br />

Großunternehmen, ausländische Anteilseigner,<br />

Einzelpersonen, Familien und Familienstiftungen, öffentliche<br />

Hand, Streubesitz sowie sonstige Anteilseigner.<br />

Weiterhin wird die Verflechtung über Kapitalbeteiligungen<br />

innerhalb der Gruppe der Großunternehmen untersucht.

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