Abschlussbericht der Kommission zur Reform des ...

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12.07.2015 Aufrufe

- 34 -1.2.2.9.1 Nichtzahlung der ErstprämieWenn der Versicherer keine Einlösungsklausel vereinbart und deshalb Versicherungsschutzschon vor der Prämienzahlung gewährt, ist er bisher nach § 38 Abs. 2 VVG leistungsfrei fürSchäden, die vor der Zahlung der Prämie eintreten. Daran hält § 40 Abs. 2 E fest. Außerdemist er in jedem Fall berechtigt, von dem Vertrag zurückzutreten, solange die Prämie nichtbezahlt ist. Beide Regelungen führen zu unbilligen Ergebnissen, wenn die Zahlung unverschuldetunterbleibt. Deshalb schließt der Entwurf in § 40 Abs. 1 und 2 Satz 1 E den Rücktrittund die Leistungsfreiheit aus, wenn der Versicherungsnehmer die Nichtzahlung nicht zu vertretenhat.Die Rechtsfolgen des § 40 E treten auch ein, wenn nur ein Teil der Erstprämie nicht bezahltwird. Der Entwurf führt das Proportionalprinzip, das dem Versicherungsnehmer bei teilweiserZahlung der Prämie einen proportional gekürzten Versicherungsschutz erhalten würde, ausfolgenden Gründen nicht ein:Der Versicherungsnehmer hat einen Versicherungsvertrag abgeschlossen und sich zurZahlung der Prämie verpflichtet. Er mag das im Einzelfall nachträglich nicht mehr für zweckmäßighalten. Dann muss er aber mit dem Versicherer über eine Aufhebung des Vertragsoder über eine Reduzierung des Versicherungsschutzes verhandeln. Es ist dem Versicherernicht zuzumuten, dass der Versicherungsnehmer das Recht zur einseitigen Reduzierung derPrämie und des Versicherungsschutzes hat. Der Versicherer wäre anderenfalls an den Teilvertrag,definiert durch die Teilzahlung des Versicherungsnehmers, gebunden, obwohl ereinen solchen Vertrag möglicherweise gar nicht abgeschlossen hätte. Er wäre auch an einenVertragspartner gebunden, der schon die erste Zahlung nicht vollständig leistet. Bei jederweiteren Prämie könnte dieser wiederum den Umfang des Versicherungsschutzes einseitigallein durch die Höhe seiner Zahlung bestimmen.1.2.2.9.2 Nichtzahlung kleiner TeilbeträgeDie Rechtsfolgen des § 40 E treten auch ein, wenn der Versicherungsnehmer nur einen geringfügigen(Rest-)Betrag nicht bezahlt. Wenn der Rückstand im Verhältnis zu der geschuldetenPrämie und in absoluten Zahlen sehr gering ist, würde die uneingeschränkte Anwendungder Regelung allerdings zu einem unbilligen Ergebnis führen. Deshalb hat die Rechtsprechungdem Versicherer im Einzelfall die Berufung auf § 38 VVG nach Treu und Glauben

- 35 -versagt. Davon ist auch für die insoweit nur überarbeitete neue Fassung des § 40 E auszugehen.Der Entwurf sieht keinen Grenzwert nach dem Vorbild des § 39a ÖVVG vor. Die Rechte desVersicherers nach § 40 E wären dann ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nurmit einem bestimmten Betrag oder nur mit einem bestimmten Prozentsatz der Prämie imRückstand ist (nach ÖVVG: 60 Euro bzw. 10 % der Prämie). Gegen eine solche Regelungsprechen folgende Gründe:Das Ziel, die sich aus der genannten Rechtsprechung ergebende Unsicherheit über die Bewertungeines Rückstandes als „geringfügig“ zu beseitigen, kann die Regelung nicht erreichen.Wenn der Grenzwert wie in Österreich auf 60 Euro festgesetzt würde, kommt es zuRückständen geringfügig über diesem Betrag. Die unvermeidliche Unsicherheit der Rechtsprechungüber die Geringfügigkeit bleibt also bestehen - nur verlagert auf einen bestimmtengesetzlichen Grenzwert. Lässt man den böswilligen Versicherungsnehmer, der absichtlichimmer etwas weniger als die vereinbarte Prämie bezahlt, außer Betracht, spielen vor allemdie Fälle eine Rolle, in denen der Versicherungsnehmer versehentlich zu wenig überweist(Schreib- oder Lesefehler). Solche Fehler treten aber nicht nur unterhalb eines Grenzwertesauf, sondern führen in gleicher Weise auch zu Rückständen oberhalb eines Grenzwertes.Dem Versicherungsnehmer kann die Verantwortung für die rechtzeitige und vollständigeZahlung der Erstprämie nicht abgenommen werden; bei unverschuldetem Rückstand hilft dieneue Regelung des § 40 E, die unverschuldete Fehler folgenlos lässt. Umgekehrt besteht dieGefahr, dass manche Versicherungsnehmer dazu übergehen könnten, nie mehr als geradedenjenigen Betrag zu zahlen, der seinen Versicherungsschutz nicht gefährdet. Der Versicherermüsste dann die kleinen Restbeträge mit entsprechendem Kostenaufwand vermehrt gerichtlichgeltend machen, soweit er keine Verrechnungsmöglichkeit mit Schadenzahlungenhat.1.2.2.9.3 Gerichtliche Geltendmachung der ErstprämieNach § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG „gilt (es) als Rücktritt“, wenn der Versicherer den Anspruch aufdie Prämie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gerichtlich geltend macht. DieseFiktion wird aufgeben, denn der Rücktritt liegt nicht immer im Interesse des Versicherungsnehmers.Das berechtigte Interesse des Versicherers, sich von dem Vertrag mit einem schonzu Beginn des Versicherungsverhältnisses säumigen Vertragspartner zu lösen, wird dadurch

- 35 -versagt. Davon ist auch für die insoweit nur überarbeitete neue Fassung <strong>des</strong> § 40 E auszugehen.Der Entwurf sieht keinen Grenzwert nach dem Vorbild <strong>des</strong> § 39a ÖVVG vor. Die Rechte <strong>des</strong>Versicherers nach § 40 E wären dann ausgeschlossen, wenn <strong>der</strong> Versicherungsnehmer nurmit einem bestimmten Betrag o<strong>der</strong> nur mit einem bestimmten Prozentsatz <strong>der</strong> Prämie imRückstand ist (nach ÖVVG: 60 Euro bzw. 10 % <strong>der</strong> Prämie). Gegen eine solche Regelungsprechen folgende Gründe:Das Ziel, die sich aus <strong>der</strong> genannten Rechtsprechung ergebende Unsicherheit über die Bewertungeines Rückstan<strong>des</strong> als „geringfügig“ zu beseitigen, kann die Regelung nicht erreichen.Wenn <strong>der</strong> Grenzwert wie in Österreich auf 60 Euro festgesetzt würde, kommt es zuRückständen geringfügig über diesem Betrag. Die unvermeidliche Unsicherheit <strong>der</strong> Rechtsprechungüber die Geringfügigkeit bleibt also bestehen - nur verlagert auf einen bestimmtengesetzlichen Grenzwert. Lässt man den böswilligen Versicherungsnehmer, <strong>der</strong> absichtlichimmer etwas weniger als die vereinbarte Prämie bezahlt, außer Betracht, spielen vor allemdie Fälle eine Rolle, in denen <strong>der</strong> Versicherungsnehmer versehentlich zu wenig überweist(Schreib- o<strong>der</strong> Lesefehler). Solche Fehler treten aber nicht nur unterhalb eines Grenzwertesauf, son<strong>der</strong>n führen in gleicher Weise auch zu Rückständen oberhalb eines Grenzwertes.Dem Versicherungsnehmer kann die Verantwortung für die rechtzeitige und vollständigeZahlung <strong>der</strong> Erstprämie nicht abgenommen werden; bei unverschuldetem Rückstand hilft dieneue Regelung <strong>des</strong> § 40 E, die unverschuldete Fehler folgenlos lässt. Umgekehrt besteht dieGefahr, dass manche Versicherungsnehmer dazu übergehen könnten, nie mehr als geradedenjenigen Betrag zu zahlen, <strong>der</strong> seinen Versicherungsschutz nicht gefährdet. Der Versicherermüsste dann die kleinen Restbeträge mit entsprechendem Kostenaufwand vermehrt gerichtlichgeltend machen, soweit er keine Verrechnungsmöglichkeit mit Schadenzahlungenhat.1.2.2.9.3 Gerichtliche Geltendmachung <strong>der</strong> ErstprämieNach § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG „gilt (es) als Rücktritt“, wenn <strong>der</strong> Versicherer den Anspruch aufdie Prämie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gerichtlich geltend macht. DieseFiktion wird aufgeben, denn <strong>der</strong> Rücktritt liegt nicht immer im Interesse <strong>des</strong> Versicherungsnehmers.Das berechtigte Interesse <strong>des</strong> Versicherers, sich von dem Vertrag mit einem schonzu Beginn <strong>des</strong> Versicherungsverhältnisses säumigen Vertragspartner zu lösen, wird dadurch

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