Abschlussbericht der Kommission zur Reform des ...

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12.07.2015 Aufrufe

- 22 -Art schließt und in aller Regel keinen unabhängigen Berater hat. Zwischen Verbraucherneinerseits und Gewerbetreibenden und Freiberuflern andererseits besteht aber insoweit keingrundsätzlicher Unterschied, der es rechtfertigen würde, der letztgenannten Gruppe vonVersicherungsnehmern gerade die Chance einer nochmaligen Prüfung des Versicherungsvertragsnach Vorlage aller Informationen und Unterlagen vorzuenthalten. Zumindest dieMehrzahl der Gewerbetreibenden und Freiberufler verfügt nicht über sehr viel mehr Kenntnisseund Erfahrungen bei Versicherungsverträgen als die privaten Verbraucher.Der Entwurf sieht deshalb auch grundsätzlich für alle Versicherungsverträge (Ausnahmen §8 Abs. 3 E) ein Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers binnen einer Frist von zwei Wochenvor, die erst beginnt, wenn ihm der Versicherungsschein zugeht (hinsichtlich der weiterenVoraussetzungen des Fristbeginns vgl. unten Ziff. 1.2.2.5.4.2). Damit soll dem Versicherungsnehmerdie Möglichkeit gegeben werden, zu einem relativ späten Zeitpunkt noch einmalden endgültigen Vertragsschluss zu bedenken und dabei alle inzwischen vom Versichererzur Verfügung gestellten Unterlagen zu berücksichtigen. Da er keinen Grund für den Widerrufgeltend machen muss, kann er von dem endgültigen Vertragsschluss schon dann Abstandnehmen, wenn er nachträglich auch nur Zweifel an der Zweckmäßigkeit des angebotenenVertrags bekommen hat.Damit werden die nur für einzelne Fallgruppen bisher bestehenden Widerrufs-, Widerspruchs-und Rücktrittsregelungen nach § 5a und § 8 Abs. 4 und 5 VVG durch eine umfassendeRegelung abgelöst. Zugleich werden die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für einzelneVertragsarten (insbesondere für die Lebensversicherung) und Vertriebsformen (insbesonderefür Fernabsatzverträge) zusammengefasst. Für den Versicherer entfällt die Notwendigkeit,sich für die verschiedenen denkbaren Fallgruppen auf unterschiedliche Regelungeneinzustellen, den einzelnen Vertrag der richtigen Fallgruppe zuzuordnen und den Versicherungsnehmerzutreffend zu belehren. Der Versicherungsnehmer erhält auf diese Weise einWiderrufsrecht auch für Verträge, bei denen er bisher kein entsprechendes Lösungsrechthatte; das gilt z.B. für die nach dem Antragsmodell abgeschlossenen Verträge und für Verträge,bei denen der Vermittler die notwendigen Informationen und die Versicherungsbedingungenbereits vor der Unterzeichnung des Antrags durch den Verbraucher bei einem Besuchin dessen Wohnung ausgehändigt hat.Für Lebensversicherungsverträge ist nach dem Wortlaut des Artikels 35 der Richtlinie2002/83/EG ein Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers vorgesehen. Die rechtliche Ausgestaltungist aber dem nationalen Gesetzgeber überlassen. Er muss die Befreiung des Versicherungsnehmersvon den Vertragsverpflichtungen mit Wirkung für die Zukunft vorsehen,

- 23 -kann aber auch die rückwirkende Abwicklung des Vertrags nach Bereicherungsrecht anordnen,als wäre er nie wirksam geschlossen worden. Deshalb erfüllt die vorgesehene allgemeineRegelung des Widerrufsrechts auch diese gemeinschaftsrechtliche Vorgabe. Das giltentsprechend für im Fernabsatz abgeschlossene Versicherungsverträge im Rahmen desArtikels 7 der Richtlinie 2002/65/EG, der ebenfalls nur eine eingeschränkte Unwirksamkeitdesjenigen Vertrags vorsieht, den der Verbraucher fristgerecht widerrufen hat. Für Versicherungsverträgeist nach Artikel 7 Abs. 2 dieser Richtlinie die Kündigung zugelassen mit derRechtsfolge, dass der Verbraucher „keinen Betrag schuldet“; ob sich dies nur auf die zukünftigfälligen Prämien oder auch auf die vor dem Widerruf bereits bezahlte Prämie bezieht,kann dahinstehen.1.2.2.5.4.1 Ausgestaltung des WiderrufsrechtsBei der Ausgestaltung des Widerrufsrechts folgt der Entwurf der allgemeinen Regelung des§ 355 BGB, die der Gesetzgeber insbesondere für diejenigen Verbraucherverträge eingeführthat, für die nach gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ein Widerrufsrecht des Verbrauchersbesteht. Es gibt keine hinreichenden Gründe, für Versicherungsverträge von diesemModell prinzipiell abzuweichen. Insbesondere schreiben die für Versicherungsverträge geltendenRichtlinien keine von den anderen Richtlinien abweichende Umsetzung des im Gemeinschaftsrechtnur grundsätzlich eingeführten Lösungsrechts vor.Solange der Versicherungsnehmer sein Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 E noch ausübenkann, ist er nach Satz 2 dieser Vorschrift „an seine auf den Vertragsschluss gerichteteWillenserklärung nicht gebunden“. Liegt zum Zeitpunkt des Widerrufs nur die Vertragserklärungdes Versicherungsnehmers vor, kann sich diese Rechtsfolge nur auf diese Erklärungbeziehen; es kommt auch dann nicht zu einem Vertrag, wenn der Versicherer doch nochseine Annahme erklären sollte. Hat der Versicherer seine entsprechende Vertragserklärungvor dem Widerruf bereits abgegeben, entfällt mit der Bindungswirkung der Vertragserklärungdes Versicherungsnehmers nachträglich die Grundlage des zunächst zu Stande gekommenenVertrags, der dann nach der Regelung des § 9 E abzuwickeln ist.Damit ist die Einführung des Widerrufsrechts nach § 8 E ambivalent. Einerseits schließt esnicht aus, vor dem Fristablauf bereits einen Vertrag anzunehmen; darauf ist der Verbraucherbei den Versicherungsverträgen tatsächlich angewiesen, da sein Versicherungsschutz nichtdavon abhängen darf, ob das Widerrufsrecht noch besteht. Andererseits kann der Verbrauchersich innerhalb der Frist noch von seiner Vertragserklärung lossagen; er ist also wie bei

- 23 -kann aber auch die rückwirkende Abwicklung <strong>des</strong> Vertrags nach Bereicherungsrecht anordnen,als wäre er nie wirksam geschlossen worden. Deshalb erfüllt die vorgesehene allgemeineRegelung <strong>des</strong> Wi<strong>der</strong>rufsrechts auch diese gemeinschaftsrechtliche Vorgabe. Das giltentsprechend für im Fernabsatz abgeschlossene Versicherungsverträge im Rahmen <strong>des</strong>Artikels 7 <strong>der</strong> Richtlinie 2002/65/EG, <strong>der</strong> ebenfalls nur eine eingeschränkte Unwirksamkeit<strong>des</strong>jenigen Vertrags vorsieht, den <strong>der</strong> Verbraucher fristgerecht wi<strong>der</strong>rufen hat. Für Versicherungsverträgeist nach Artikel 7 Abs. 2 dieser Richtlinie die Kündigung zugelassen mit <strong>der</strong>Rechtsfolge, dass <strong>der</strong> Verbraucher „keinen Betrag schuldet“; ob sich dies nur auf die zukünftigfälligen Prämien o<strong>der</strong> auch auf die vor dem Wi<strong>der</strong>ruf bereits bezahlte Prämie bezieht,kann dahinstehen.1.2.2.5.4.1 Ausgestaltung <strong>des</strong> Wi<strong>der</strong>rufsrechtsBei <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>des</strong> Wi<strong>der</strong>rufsrechts folgt <strong>der</strong> Entwurf <strong>der</strong> allgemeinen Regelung <strong>des</strong>§ 355 BGB, die <strong>der</strong> Gesetzgeber insbeson<strong>der</strong>e für diejenigen Verbraucherverträge eingeführthat, für die nach gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ein Wi<strong>der</strong>rufsrecht <strong>des</strong> Verbrauchersbesteht. Es gibt keine hinreichenden Gründe, für Versicherungsverträge von diesemModell prinzipiell abzuweichen. Insbeson<strong>der</strong>e schreiben die für Versicherungsverträge geltendenRichtlinien keine von den an<strong>der</strong>en Richtlinien abweichende Umsetzung <strong>des</strong> im Gemeinschaftsrechtnur grundsätzlich eingeführten Lösungsrechts vor.Solange <strong>der</strong> Versicherungsnehmer sein Wi<strong>der</strong>rufsrecht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 E noch ausübenkann, ist er nach Satz 2 dieser Vorschrift „an seine auf den Vertragsschluss gerichteteWillenserklärung nicht gebunden“. Liegt zum Zeitpunkt <strong>des</strong> Wi<strong>der</strong>rufs nur die Vertragserklärung<strong>des</strong> Versicherungsnehmers vor, kann sich diese Rechtsfolge nur auf diese Erklärungbeziehen; es kommt auch dann nicht zu einem Vertrag, wenn <strong>der</strong> Versicherer doch nochseine Annahme erklären sollte. Hat <strong>der</strong> Versicherer seine entsprechende Vertragserklärungvor dem Wi<strong>der</strong>ruf bereits abgegeben, entfällt mit <strong>der</strong> Bindungswirkung <strong>der</strong> Vertragserklärung<strong>des</strong> Versicherungsnehmers nachträglich die Grundlage <strong>des</strong> zunächst zu Stande gekommenenVertrags, <strong>der</strong> dann nach <strong>der</strong> Regelung <strong>des</strong> § 9 E abzuwickeln ist.Damit ist die Einführung <strong>des</strong> Wi<strong>der</strong>rufsrechts nach § 8 E ambivalent. Einerseits schließt esnicht aus, vor dem Fristablauf bereits einen Vertrag anzunehmen; darauf ist <strong>der</strong> Verbraucherbei den Versicherungsverträgen tatsächlich angewiesen, da sein Versicherungsschutz nichtdavon abhängen darf, ob das Wi<strong>der</strong>rufsrecht noch besteht. An<strong>der</strong>erseits kann <strong>der</strong> Verbrauchersich innerhalb <strong>der</strong> Frist noch von seiner Vertragserklärung lossagen; er ist also wie bei

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