Abschlussbericht der Kommission zur Reform des ...

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12.07.2015 Aufrufe

- 146 -1.3.2.4.2.2.4 Voraussetzungen und Grenzen einer ÜbertragungDie hier erörterte Problematik der Übertragbarkeit von Alterungsrückstellungen stellt sich nur,wenn ein Versicherungsnehmer von seinem bisherigen Versicherer zu einem anderen Unternehmender privaten Krankenversicherung wechseln will. Der Versicherungsnehmer hatbei dem bisherigen Versicherer über den reinen Risikobeitrag hinaus Beträge vorfinanziert,aus denen in späteren Jahren die altersbedingt höheren Krankheitskosten seiner Altersgruppebei grundsätzlich unveränderten und deshalb dann unzureichenden Prämien finanziertwerden. Diesen durchaus erheblichen Vermögenswert, der eine Art „Vorsorge für das Alter“darstellt, verliert der einzelne Versicherungsnehmer bei einem Wechsel nach gegenwärtigemRecht an diejenigen Versicherungsnehmer, die bei demselben Versicherer bisher versichertsind und dies auch weiterhin bleiben; der wechselnde Versicherungsnehmer muss dagegenbei dem neuen Versicherer mit einem neuen Ansparvorgang von Anfang an beginnen unddeshalb höhere Prämien auch dann bezahlen, wenn sich sein Gesundheitszustand nichtverschlechtert hat.Schon deshalb sollte die bisherige Regelung nur bei unüberwindbaren Schwierigkeiten oderbei untragbaren Folgen jeder denkbaren Neuregelung aufrecht erhalten werden. Der Verlustder „Vorsorge für das Alter“ hat darüber hinaus auch einen erheblichen gesamtwirtschaftlichenNachteil. Der dem wechselnden Versicherungsnehmer drohende Verlust schirmt denVersicherer gegen Kündigungen in einem erheblichen Maß ab und mindert zugleich dieChancen anderer Versicherer, neue Kunden zu gewinnen, die bisher schon privat krankenversichertwaren. Je größer der Nachteil der bisherigen Regelung für den einzelnen Versicherungsnehmerist, um so nachhaltiger ist der Wettbewerb zwischen den Versicherern umbisher schon versicherte Kunden beschränkt.Allerdings hatte der wechselnde Versicherte den Vorteil, dass auch ihm die sog. Vererbungprämienmindernd zu Gute kam. Jede Umstellung auf ein System mit Rückstellungsübertragungwürde zu erheblichen Prämienerhöhungen führen, die von der Kommission nicht beziffertwerden können. Dabei stellt sich aber auch die Frage, wie die Nachteile des bisherigenSystems für die wechselnden Versicherungsnehmer mit Vorteilen der anderen Versichertendes Kollektivs gerechtfertigt werden können. Es handelt sich um eine systembedingteUmverteilung von erheblichem Gewicht.Unter diesen Umständen sollte ein Weg für die Vermeidung der individuellen und der gesamtwirtschaftlichenNachteile der gegenwärtigen Regelung gefunden werden. Allerdingsdürfen über den zwangsläufigen Verlust der „Vererbung“ hinaus auch keine grundlegenden

- 147 -Nachteile für diejenigen Versicherten entstehen, die letztlich von einer neu geschaffenenWechselmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollen oder wegen einer inzwischen eingetretenenRisikoverschlechterung keinen Gebrauch machen können.1.3.2.4.2.3 Übertragungsmodelle1.3.2.4.2.3.1 Kalkulierte AlterungsrückstellungDie kalkulierte Alterungsrückstellung ist diejenige Alterungsrückstellung, die für alle Versichertender gleichen Gefahrengemeinschaft in die Beiträge einkalkuliert und entsprechendals Rückstellung gebildet wird. Da alle Versicherten desselben Versichertenkollektivs mitdenselben Wahrscheinlichkeiten kalkuliert werden, ist der Wert der kalkulierten Alterungsrückstellungfür alle Versicherten desselben Versichertenkollektivs gleich hoch. Ob dieserWert dem tatsächlichen künftigen Krankheitskostenbedarf des einzelnen Versicherten entspricht,ist nicht ermittelbar, denn dies würde vollständige Information über seinen Gesundheitsverlaufbis zum Tode voraussetzen.Die Mitgabe der kalkulierten Alterungsrückstellung würde zu unvertretbarer Risikoselektionund Entmischung führen: Im Wege der Kündigung könnten nur die überdurchschnittlich Gesundenaus dem Kollektiv ausscheiden, weil aufgrund der erneuten Risiko- und Gesundheitsprüfungdes neuen Versicherers die schlechteren Risiken keine Aussicht auf Aufnahmezu normalen Konditionen hätten; sie müssten mit Risikozuschlägen, Leistungsausschlüssenoder Ablehnung rechnen.Für die überdurchschnittlich guten Risiken wäre der durchschnittliche Wert der Alterungsrückstellungstets zu hoch, so dass sie mehr an Alterungsrückstellung mitnehmen würden,als sie – aus der Sicht des Kündigungszeitpunktes – tatsächlich an Krankheitskosten bis zumTode verbrauchen werden. Der neue Versicherer, der den Betrag erhält, würde also ungerechtfertigteVorteile haben. Für die überdurchschnittlich schlechten Risiken wäre der durchschnittlicheWert der Alterungsrückstellungen dagegen stets zu niedrig. Sie erhielten – ausder Sicht des Kündigungszeitpunktes – zu wenig; ein neuer Versicherer würde sie deshalbnicht ohne höhere Prämie aufnehmen.Der bisherige Versicherer könnte der systematischen Verschlechterung der Bestandsmischungseines Versichertenkollektivs nicht ausweichen, weil sein Kündigungsrecht ausge-

- 146 -1.3.2.4.2.2.4 Voraussetzungen und Grenzen einer ÜbertragungDie hier erörterte Problematik <strong>der</strong> Übertragbarkeit von Alterungsrückstellungen stellt sich nur,wenn ein Versicherungsnehmer von seinem bisherigen Versicherer zu einem an<strong>der</strong>en Unternehmen<strong>der</strong> privaten Krankenversicherung wechseln will. Der Versicherungsnehmer hatbei dem bisherigen Versicherer über den reinen Risikobeitrag hinaus Beträge vorfinanziert,aus denen in späteren Jahren die altersbedingt höheren Krankheitskosten seiner Altersgruppebei grundsätzlich unverän<strong>der</strong>ten und <strong>des</strong>halb dann un<strong>zur</strong>eichenden Prämien finanziertwerden. Diesen durchaus erheblichen Vermögenswert, <strong>der</strong> eine Art „Vorsorge für das Alter“darstellt, verliert <strong>der</strong> einzelne Versicherungsnehmer bei einem Wechsel nach gegenwärtigemRecht an diejenigen Versicherungsnehmer, die bei demselben Versicherer bisher versichertsind und dies auch weiterhin bleiben; <strong>der</strong> wechselnde Versicherungsnehmer muss dagegenbei dem neuen Versicherer mit einem neuen Ansparvorgang von Anfang an beginnen und<strong>des</strong>halb höhere Prämien auch dann bezahlen, wenn sich sein Gesundheitszustand nichtverschlechtert hat.Schon <strong>des</strong>halb sollte die bisherige Regelung nur bei unüberwindbaren Schwierigkeiten o<strong>der</strong>bei untragbaren Folgen je<strong>der</strong> denkbaren Neuregelung aufrecht erhalten werden. Der Verlust<strong>der</strong> „Vorsorge für das Alter“ hat darüber hinaus auch einen erheblichen gesamtwirtschaftlichenNachteil. Der dem wechselnden Versicherungsnehmer drohende Verlust schirmt denVersicherer gegen Kündigungen in einem erheblichen Maß ab und min<strong>der</strong>t zugleich dieChancen an<strong>der</strong>er Versicherer, neue Kunden zu gewinnen, die bisher schon privat krankenversichertwaren. Je größer <strong>der</strong> Nachteil <strong>der</strong> bisherigen Regelung für den einzelnen Versicherungsnehmerist, um so nachhaltiger ist <strong>der</strong> Wettbewerb zwischen den Versicherern umbisher schon versicherte Kunden beschränkt.Allerdings hatte <strong>der</strong> wechselnde Versicherte den Vorteil, dass auch ihm die sog. Vererbungprämienmin<strong>der</strong>nd zu Gute kam. Jede Umstellung auf ein System mit Rückstellungsübertragungwürde zu erheblichen Prämienerhöhungen führen, die von <strong>der</strong> <strong>Kommission</strong> nicht beziffertwerden können. Dabei stellt sich aber auch die Frage, wie die Nachteile <strong>des</strong> bisherigenSystems für die wechselnden Versicherungsnehmer mit Vorteilen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Versicherten<strong>des</strong> Kollektivs gerechtfertigt werden können. Es handelt sich um eine systembedingteUmverteilung von erheblichem Gewicht.Unter diesen Umständen sollte ein Weg für die Vermeidung <strong>der</strong> individuellen und <strong>der</strong> gesamtwirtschaftlichenNachteile <strong>der</strong> gegenwärtigen Regelung gefunden werden. Allerdingsdürfen über den zwangsläufigen Verlust <strong>der</strong> „Vererbung“ hinaus auch keine grundlegenden

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