Abschlussbericht der Kommission zur Reform des ...

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12.07.2015 Aufrufe

- 114 -indem ein ungezillmertes Deckungskapital gegenüber gestellt wird. Andererseits erhält derVersicherungsnehmer aber auch nur die Hälfte dieses fiktiven Deckungskapitals; die andereHälfte bleibt dem Versicherer zur Deckung derjenigen Abschlusskosten, für die er in derPrämienkalkulation die Zillmerung vorgesehen hat. Der einzelne Versicherer wird nicht gehindert,zusätzlich zu den Prämien eine offen ausgewiesene Abschlussgebühr einzuführen,die dann im Falle der Kündigung verloren wäre.Tatsächliche Auswirkungen hat diese Regelung lediglich bei einer Kündigung in den erstenVertragsjahren. Nur dann ist das tatsächlich gezillmerte Deckungskapital niedriger als dieHälfte des fiktiven ungezillmerten Deckungskapitals.1.3.2.1.4.4 Herabsetzung des Rückkaufswertes in besonderen FällenDie vorstehenden Neuregelungen - insbesondere die Umstellung der Rückkaufswertberechnungauf das Deckungskapital, die Begrenzung der Stornoanzüge und die Sonderregelungfür das Frühstorno - sind vertragsrechtliche Rahmenbedingungen, die in Zukunft in die Kalkulationder Versicherer eingehen müssen. Die Versicherungsnehmer werden dadurch nichtungerechtfertigt belastet, denn jeder einzelne von ihnen nimmt an dem Vorteil der Neuregelungteil, wenn er sich zur Kündigung veranlasst sieht. Da jedenfalls bei einem Versichererohne aggressive Vertriebspolitik die Zahl der frühzeitig gekündigten Verträge weitaus geringersein wird als die Zahl der nicht entsprechend gekündigten Verträge, ist hier die anteiligeBelastung jedes einzelnen Vertrags durch die Frühstornoregelung deutlich geringer als dieEntlastung des einzelnen frühzeitig gekündigten Vertrags. Bei einer hohen Frühstornoquotekann ein Versicherer allerdings Konsequenzen für seine Vertriebs- und Provisionspolitik erwägen.Trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Neuregelung in Zukunft bei einemVersicherer wirtschaftliche Schwierigkeiten verursachen kann. So könnte ein Versicherer voneiner Welle von Kündigungen weit über die nach seiner bisherigen Erfahrung zu erwartendeQuote hinaus überrascht werden. Dann würde ihn die Belastung durch die Regelung zuGunsten der kündigenden Versicherungsnehmer in besonderer Weise treffen. Er könnte gezwungensein, Vermögenswerte zur Unzeit, d.h. in einer ungünstigen Marktlage unter Verlustenzu veräußern. In einem anderen Fall könnte die Neuregelung die wirtschaftlichenSchwierigkeiten eines Versicherers über eine kritische Grenze hinaus vergrößern, wenn seineVermögenswerte bei marktgerechter Bewertung die Verbindlichkeiten nicht mehr decken.In diesem Fall würde die Auszahlung des Deckungskapitals, das wirtschaftlich schon nicht

- 115 -mehr voll vorhanden ist, die kündigenden Versicherungsnehmer im Verhältnis zu den bleibendenbegünstigen; letztere haben nur die Chance einer späteren Erholung der Vermögenswerte,behalten aber das Risiko einer Minderung ihrer Versicherungsansprüche bei tatsächlicheroder drohender Insolvenz.Dieses Problem kann nicht durch ein einseitiges Leistungskürzungsrecht des Versicherersim Versicherungsvertragsrecht gelöst werden. Wollte man den Versicherungsnehmer nichtder Willkür aussetzen, müsste ein solches Recht des Versicherers an bestimmte Voraussetzungengebunden werden, die vom Versicherer dargelegt, vom Versicherungsnehmer nachvollzogenund im Streitfall von den Gerichten nachgeprüft werden können. Es ist schon ausgeschlossen,dass ein Versicherer im Rechtsstreit seine Vermögenslage dem kündigendenVersicherungsnehmer in allen Einzelheiten offen legt. Er müsste zusätzlich noch darlegen, inwelcher Weise die volle Erfüllung der vertraglichen Ansprüche dieses Vertragspartners,eventuell unter Berücksichtigung entsprechender Ansprüche anderer Vertragspartner, dieauch schon gekündigt haben oder möglicherweise noch kündigen werden, zu einer Gefährdungdes Unternehmens und damit der Erfüllbarkeit der übrigen Versicherungsverträge führenwürde. Im Rechtsstreit über den Zahlungsanspruch des einzelnen kündigenden Versicherungsnehmersmüsste dann auch Beweis erhoben werden, wenn der Sachvortrag desVersicherers vom Versicherungsnehmer im Einzelnen bestritten wird.Das Versicherungsaufsichtsrecht kennt demgegenüber vergleichbare Vorschriften, die einenEingriff in vertragliche oder gleichwertige Rechte der Versicherungsnehmer durch Verwaltungsaktermöglichen. Nach § 56a Satz 5 VAG kann die Aufsicht „in Ausnahmefällen“ gestatten,eine nach Satz 4 dieser Vorschrift an sich für die Überschussbeteiligung gebundeneRückstellung für Beitragsrückerstattung „im Interesse der Versicherten zur Abwendung einesNotstandes heranzuziehen“. Damit werden Mittel, auf die eine Art Anwartschaftsrecht derVersicherungsnehmer besteht, für andere Zwecke, letztlich für die Auffüllung des Eigenkapitalsdes Versicherers verwendet. Nach § 89 Abs. 2 VAG kann die Aufsicht zur Vermeidungeines Insolvenzverfahrens die vertraglichen Verpflichtungen eines Versicherers seinem Vermögensstandentsprechend herabsetzen; der Versicherungsnehmer verliert also teilweiseseinen vertraglichen Anspruch, soweit dieser wegen einer Überschuldung des Versicherersbereits nicht mehr werthaltig ist.Beide genannten Vorschriften können zur gesonderten Herabsetzung der Verpflichtungendes Versicherers gegenüber kündigenden Versicherungsnehmern nicht herangezogen werden.§ 56a VAG gilt nur für die Rückstellung für Beitragsrückerstattung; § 89 VAG setzt zuspät, nämlich erst bei einem drohenden Insolvenzverfahren ein. Deshalb soll eine aufsichts-

- 115 -mehr voll vorhanden ist, die kündigenden Versicherungsnehmer im Verhältnis zu den bleibendenbegünstigen; letztere haben nur die Chance einer späteren Erholung <strong>der</strong> Vermögenswerte,behalten aber das Risiko einer Min<strong>der</strong>ung ihrer Versicherungsansprüche bei tatsächlichero<strong>der</strong> drohen<strong>der</strong> Insolvenz.Dieses Problem kann nicht durch ein einseitiges Leistungskürzungsrecht <strong>des</strong> Versicherersim Versicherungsvertragsrecht gelöst werden. Wollte man den Versicherungsnehmer nicht<strong>der</strong> Willkür aussetzen, müsste ein solches Recht <strong>des</strong> Versicherers an bestimmte Voraussetzungengebunden werden, die vom Versicherer dargelegt, vom Versicherungsnehmer nachvollzogenund im Streitfall von den Gerichten nachgeprüft werden können. Es ist schon ausgeschlossen,dass ein Versicherer im Rechtsstreit seine Vermögenslage dem kündigendenVersicherungsnehmer in allen Einzelheiten offen legt. Er müsste zusätzlich noch darlegen, inwelcher Weise die volle Erfüllung <strong>der</strong> vertraglichen Ansprüche dieses Vertragspartners,eventuell unter Berücksichtigung entsprechen<strong>der</strong> Ansprüche an<strong>der</strong>er Vertragspartner, dieauch schon gekündigt haben o<strong>der</strong> möglicherweise noch kündigen werden, zu einer Gefährdung<strong>des</strong> Unternehmens und damit <strong>der</strong> Erfüllbarkeit <strong>der</strong> übrigen Versicherungsverträge führenwürde. Im Rechtsstreit über den Zahlungsanspruch <strong>des</strong> einzelnen kündigenden Versicherungsnehmersmüsste dann auch Beweis erhoben werden, wenn <strong>der</strong> Sachvortrag <strong>des</strong>Versicherers vom Versicherungsnehmer im Einzelnen bestritten wird.Das Versicherungsaufsichtsrecht kennt demgegenüber vergleichbare Vorschriften, die einenEingriff in vertragliche o<strong>der</strong> gleichwertige Rechte <strong>der</strong> Versicherungsnehmer durch Verwaltungsaktermöglichen. Nach § 56a Satz 5 VAG kann die Aufsicht „in Ausnahmefällen“ gestatten,eine nach Satz 4 dieser Vorschrift an sich für die Überschussbeteiligung gebundeneRückstellung für Beitragsrückerstattung „im Interesse <strong>der</strong> Versicherten <strong>zur</strong> Abwendung einesNotstan<strong>des</strong> heranzuziehen“. Damit werden Mittel, auf die eine Art Anwartschaftsrecht <strong>der</strong>Versicherungsnehmer besteht, für an<strong>der</strong>e Zwecke, letztlich für die Auffüllung <strong>des</strong> Eigenkapitals<strong>des</strong> Versicherers verwendet. Nach § 89 Abs. 2 VAG kann die Aufsicht <strong>zur</strong> Vermeidungeines Insolvenzverfahrens die vertraglichen Verpflichtungen eines Versicherers seinem Vermögensstandentsprechend herabsetzen; <strong>der</strong> Versicherungsnehmer verliert also teilweiseseinen vertraglichen Anspruch, soweit dieser wegen einer Überschuldung <strong>des</strong> Versicherersbereits nicht mehr werthaltig ist.Beide genannten Vorschriften können <strong>zur</strong> geson<strong>der</strong>ten Herabsetzung <strong>der</strong> Verpflichtungen<strong>des</strong> Versicherers gegenüber kündigenden Versicherungsnehmern nicht herangezogen werden.§ 56a VAG gilt nur für die Rückstellung für Beitragsrückerstattung; § 89 VAG setzt zuspät, nämlich erst bei einem drohenden Insolvenzverfahren ein. Deshalb soll eine aufsichts-

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