Abschlussbericht der Kommission zur Reform des ...

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12.07.2015 Aufrufe

- 88 -Eine ausdrückliche Einschränkung der freien Anwaltswahl durch eine entsprechende Gesetzesvorschriftwürde gegen europäisches Recht verstoßen und scheidet daher aus. DieRechtsprechung hat allerdings im Zusammenhang mit der Erstattungsfähigkeit von Prozesskostenzu § 91 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO entschieden, dass die Beauftragung von verschiedenenRechtsanwälten durch mehrere Streitgenossen nur dann für die Rechtsverfolgungnotwendig ist, wenn ein sachlicher Grund dafür vorliegt (vgl. etwa OLG Düsseldorf, Rechtspfleger1993, 369 m.w.N.; OLG Hamm, MDR 1990, 1019; OLG München, JurBüro 1995,264). In der Systematik des Gesetzes wäre es theoretisch denkbar, dass die freie Anwaltswahlunter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht nach § 62 VVG in bestimmtenFällen („class actions“) nur in einer bestimmten Richtung ausgeübt werden darf, die durchdie Zusammenfassung mehrerer bei demselben Rechtsschutzversicherer versicherter Versicherungsnehmerzu Streitgenossen im Sinne der §§ 59, 60 ZPO charakterisiert ist. Auf dieseWeise käme es zumindest zu prozessökonomischen Sammelverfahren. Rechtlich erscheintes jedoch problematisch, die gesetzlichen Vorschriften zur Schadenminderungspflicht so zukonkretisieren, dass der bezweckte und rechtspolitisch erwünschte Erfolg eintritt.Ein solches Ergebnis ist unbefriedigend. Dem Grundgedanken der Schadenversicherung,dass der anspruchstellende Geschädigte den Schaden gering zu halten hat, entspricht imBereich der Kostenversicherungen als Grundsatz ein allgemeines Wirtschaftlichkeitsgebot.Rechtlich unproblematisch ist es, für bestimmte Fälle identischer Interessenwahrnehmungdie Kostenerstattung durch AVB-Regelungen zu beschränken. Damit im Rahmen der AGB-Überprüfung eine solche AVB-Regelung nicht als unangemessen und überraschend beurteiltwird, soll eine solche Möglichkeit zur Begrenzung der Kostenerstattung künftig ausdrücklichvorgesehen werden.1.3.1.3 Transportversicherung1.3.1.3.1 AusgangslageDie Transportversicherung ist bisher im geltenden deutschen Recht in zwei Gesetzen geregelt.Einerseits gelten als allgemeine Bestimmungen für die Transportversicherung die §§129 bis 148 VVG. § 186 VVG bestimmt aber deren Nichtanwendbarkeit auf die Seeversicherung,die im 10. Abschnitt des 5. Buches des Handelsgesetzbuchs mit den §§ 778 bis 900sowie in § 905 HGB geregelt ist. Die Bestimmungen für die Transportversicherung im Versicherungsvertragsgesetzsind dispositives Recht, von den übrigen im Versicherungsvertrags-

- 89 -gesetz vorgesehenen Beschränkungen der Vertragsfreiheit ist die Transportversicherungdurch § 187 VVG befreit. Auch die im Handelsgesetzbuch geregelte Seeversicherung istdispositives Recht mit Ausnahme des in § 780 HGB statuierten Verbots der Versicherungvon Heuerforderungen, das seine praktische Bedeutung längst verloren hat, weil Heuerforderungenbei havarierten Schiffen nicht mehr von deren Rettung abhängen.Bei dem bisher im Versicherungsvertragsgesetz und im Handelsgesetzbuch geregeltenTransport- und Seeversicherungsrecht handelt es sich weitgehend um „schlafendes Recht“.In der Praxis der Transport- und Seeversicherung werden in der Regel deutschem Rechtunterliegende Versicherungsverträge auf der Grundlage der Allgemeinen Deutschen Seeversicherungs-Bedingungen(ADS) und sich daran orientierenden weiteren allgemeinen Bedingungswerkenwie den DTV-Güterversicherungs-Bedingungen 2000 abgeschlossen. DieBedingungen enthalten zum Teil Wiederholungen gesetzlicher Bestimmungen, zum Teil abweichendeRegelungen. Die für die Güterversicherung ohne Unterscheidungen von SeeoderBinnenversicherungen neu empfohlenen, aber in der Praxis noch wenig vereinbartenDTV-Güterversicherungs-Bedingungen 2000 verweisen ergänzend auf die §§ 1 bis 80 VVG.§ 187 VVG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 EGVVG rechnet zur Transportversicherungdie Schienenfahrzeugkaskoversicherung, die Luftfahrzeug-Kaskoversicherung, die See-,Binnensee- und Flussschifffahrts-Kaskoversicherung, die Versicherung von Transportgütern,die Haftpflicht aus Landtransporten, die Luftfahrzeug-Haftpflichtversicherung sowie die See-,Binnensee- und Flussschifffahrtsversicherung. Auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Vorgabedurch Artikel 5 der 1. Richtlinie Schadenversicherung (73/239/EWG) ist Transportversicherungper se ein Großrisiko, für das freie Rechtswahl besteht.1.3.1.3.2 RegelungsnotwendigkeitEine wenigstens rudimentäre gesetzliche Regelung der Transportversicherung mit ihren unterschiedlichenSparten ist erforderlich, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dassdie Vertragsfreiheit in der Transportversicherung weiterhin keinen der im Versicherungsvertragsgesetzvorgesehenen Beschränkungen unterliegen soll. Denn nur eine gesetzliche Regelungvermag die Besonderheiten der Transportversicherung mit hinreichender Verlässlichkeitvon allgemeinen Grundsätzen des Versicherungsvertragsrechts abzugrenzen.Die bisherige Regelung der Seeversicherung im Handelsgesetzbuch macht die Seeversicherungzu einer kaufmännischen Versicherung, auf welche die umfangreichen Belehrungs-

- 88 -Eine ausdrückliche Einschränkung <strong>der</strong> freien Anwaltswahl durch eine entsprechende Gesetzesvorschriftwürde gegen europäisches Recht verstoßen und scheidet daher aus. DieRechtsprechung hat allerdings im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Erstattungsfähigkeit von Prozesskostenzu § 91 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO entschieden, dass die Beauftragung von verschiedenenRechtsanwälten durch mehrere Streitgenossen nur dann für die Rechtsverfolgungnotwendig ist, wenn ein sachlicher Grund dafür vorliegt (vgl. etwa OLG Düsseldorf, Rechtspfleger1993, 369 m.w.N.; OLG Hamm, MDR 1990, 1019; OLG München, JurBüro 1995,264). In <strong>der</strong> Systematik <strong>des</strong> Gesetzes wäre es theoretisch denkbar, dass die freie Anwaltswahlunter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Schadenmin<strong>der</strong>ungspflicht nach § 62 VVG in bestimmtenFällen („class actions“) nur in einer bestimmten Richtung ausgeübt werden darf, die durchdie Zusammenfassung mehrerer bei demselben Rechtsschutzversicherer versicherter Versicherungsnehmerzu Streitgenossen im Sinne <strong>der</strong> §§ 59, 60 ZPO charakterisiert ist. Auf dieseWeise käme es zumin<strong>des</strong>t zu prozessökonomischen Sammelverfahren. Rechtlich erscheintes jedoch problematisch, die gesetzlichen Vorschriften <strong>zur</strong> Schadenmin<strong>der</strong>ungspflicht so zukonkretisieren, dass <strong>der</strong> bezweckte und rechtspolitisch erwünschte Erfolg eintritt.Ein solches Ergebnis ist unbefriedigend. Dem Grundgedanken <strong>der</strong> Schadenversicherung,dass <strong>der</strong> anspruchstellende Geschädigte den Schaden gering zu halten hat, entspricht imBereich <strong>der</strong> Kostenversicherungen als Grundsatz ein allgemeines Wirtschaftlichkeitsgebot.Rechtlich unproblematisch ist es, für bestimmte Fälle identischer Interessenwahrnehmungdie Kostenerstattung durch AVB-Regelungen zu beschränken. Damit im Rahmen <strong>der</strong> AGB-Überprüfung eine solche AVB-Regelung nicht als unangemessen und überraschend beurteiltwird, soll eine solche Möglichkeit <strong>zur</strong> Begrenzung <strong>der</strong> Kostenerstattung künftig ausdrücklichvorgesehen werden.1.3.1.3 Transportversicherung1.3.1.3.1 AusgangslageDie Transportversicherung ist bisher im geltenden deutschen Recht in zwei Gesetzen geregelt.Einerseits gelten als allgemeine Bestimmungen für die Transportversicherung die §§129 bis 148 VVG. § 186 VVG bestimmt aber <strong>der</strong>en Nichtanwendbarkeit auf die Seeversicherung,die im 10. Abschnitt <strong>des</strong> 5. Buches <strong>des</strong> Handelsgesetzbuchs mit den §§ 778 bis 900sowie in § 905 HGB geregelt ist. Die Bestimmungen für die Transportversicherung im Versicherungsvertragsgesetzsind dispositives Recht, von den übrigen im Versicherungsvertrags-

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