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STEUERN 05/2013 - Steuerberater in Hannover

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Mai <strong>2013</strong>H<strong>in</strong>weis:InhaltDie Informationen <strong>in</strong> diesem Mandantenbrief wurden sorgfältig ausgewähltund zusammengestellt. Doch beachten Sie bitte, dass dieser Serviceweder e<strong>in</strong>e Beratung ersetzt, noch e<strong>in</strong>en Beratervertrag darstellt.Bitte haben Sie deshalb Verständnis dafür, dass wir ke<strong>in</strong>e Gewährleistungfür die Richtigkeit oder Aktualität der hier wiedergegebenen Informationenübernehmen. Bei e<strong>in</strong>em Rechts- oder Steuerproblem vere<strong>in</strong>baren Siedeshalb e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> <strong>in</strong> unserer Kanzlei. Nur hier erhalten Sie e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dlicheBeratung, die auf Ihr persönliches Problem bezogen ist.Alle Steuerzahler 4Angestellte 12• Ehrenamt: Gesetzesänderung br<strong>in</strong>gt höhere Freibeträge• Besteuerung von Senioren: Z<strong>in</strong>serlass aus Billigkeitsgründen?• Steuern und Abgaben: 2012 <strong>in</strong> Deutschland stabil• Steuerh<strong>in</strong>terziehung: Nicht bei Geltendmachung e<strong>in</strong>es vomF<strong>in</strong>anzamt fehlerhaft festgestellten VerlustvortragsUnternehmer 6• Unternehmens<strong>in</strong>haber wegen Bestechung angeklagt: Unternehmennicht zum Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkostenberechtigt• Vorsteuerabzug kann trotz falscher Rechnungsangaben aus Billigkeitsgründen<strong>in</strong> Betracht kommen• Bürgschafts<strong>in</strong>anspruchnahme kann zu nachträglichen Anschaffungskostenauf die Beteiligung an e<strong>in</strong>er GmbH führen• Tanken im Ausland: EuGH soll steuerliche Folgen klärenKapitalanleger 8• Sparkassen: AGB zu Erbnachweisen unwirksam• Ke<strong>in</strong> Abschlag bei Lebensversicherungen: Kompromiss zum SEPA-Begleitgesetz erzielt• Unwirtschaftliche Kapitalanlage: Vermittlung durch kundeneigenenAnlageberater schließt Haftung des f<strong>in</strong>anzierenden Kredit<strong>in</strong>stitutsaus• Nachhaltige F<strong>in</strong>anzmärkte: Transaktionssteuer und hohe EigenkapitalpufferunverzichtbarImmobilienbesitzer 10• Umsatzsteuerpflicht: Energie aus Blockheizwerk im E<strong>in</strong>familienhausgehört dazu• Langjähriger Wohnungsleerstand: Richter geben Tipps zum Kostenabzug• Nachbarn scheitern mit Eilantrag gegen Mehrfamilienhaus• Arbeitszeitverr<strong>in</strong>gerung während Elternzeit: Auch nach e<strong>in</strong>vernehmlicherElternteilzeitregelung noch zwei Mal beanspruchbar• E<strong>in</strong> doppelter Haushalt setzt e<strong>in</strong>en "ersten" zu Hause voraus• Arbeitszimmer: Betragsbegrenzung lässt sich nicht pro Personvervielfältigen• Berufliche Nutzung der zweiten Wohnung <strong>in</strong> Zweifamilienhaus:Abzugsbeschränkungen für häusliches Arbeitszimmer greifenFamilie und K<strong>in</strong>der 14• K<strong>in</strong>dergeld darf gleichzeitig <strong>in</strong> mehreren EU-Staaten bezogenwerden• Unterhaltsanspruch e<strong>in</strong>es m<strong>in</strong>derjährigen K<strong>in</strong>des: Ausbildungsvergütungverm<strong>in</strong>dert ihn mit Beg<strong>in</strong>n des Monats der ersten Auszahlung• Streit um Studienplatz: Ke<strong>in</strong>e außergewöhnliche Belastung• Unterhalt: Aus dem erlernten Beruf darf e<strong>in</strong> fiktives Gehaltberechnet werdenArbeit, Ausbildung & Soziales 16• Krankheit im Pflegeheim kann sparen helfen – das Alter alle<strong>in</strong>nicht• Arbeitsunfall: Nicht bei Armbruch während Raucherpause• Herkömmliches Tandem ist ke<strong>in</strong> Hilfsmittel im S<strong>in</strong>ne der gesetzlichenKrankenversicherung• Fettabsaugung: Krankenkasse muss Kosten nicht übernehmen• E<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong>ee-Programm soll E<strong>in</strong>stieg für "Frischl<strong>in</strong>ge" se<strong>in</strong>Bauen & Wohnen 18• Leben im Pflegeheim: Kosten der Mietwohnung s<strong>in</strong>d nicht bei derSteuer absetzbar• Bauzaun: Umfallen begründet Ansche<strong>in</strong>sbeweis für unzureichendeSicherung• Schwarzgeldabrede schließt Gewährleistung für mangelhafteHandwerkerleistungen aus2


Schaufenster SteuernEhe, Familie & Erben 20Bußgeld & Verkehr 26• Zugew<strong>in</strong>nausgleich: Wann die Höhe der Forderung berechnetwird• Scheidungskosten: Nicht alles s<strong>in</strong>d außergewöhnliche Belastungen• Pflichtteilsstrafklausel im Ehegattentestament: B<strong>in</strong>dung daranverh<strong>in</strong>dert wirksame E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Beh<strong>in</strong>dertentestamentsnach Tod des ersten ElternteilsMedien & Telekommunikation 22• Leistungsschutzrecht: Bundesrat gibt grünes Licht• Oper muss Pressefotografen ke<strong>in</strong>e Fotoerlaubnis für Premiereerteilen• Widerrufsrecht besteht auch bei Onl<strong>in</strong>e-Kursen• Mobilfunkvertrag: 10-Euro-Pauschale für Rücklastschrift zu hochStaat & Verwaltung 24• Rechtswidriges Auskunftsersuchen der Steuerfahndung: Steuerpflichtigerkann Rehabilitations<strong>in</strong>teresse haben• F<strong>in</strong>anzamt kann an die Insolvenzmasse erstattete Beträge nichtdurch Verwaltungsakt zurückfordern• Öffentlicher Aufruf zum "Schottern" ist strafbar• Heimbewohner<strong>in</strong> verschenkt Haus an Sohn: Stadt bleibt dennocherst e<strong>in</strong>mal auf Heimkosten sitzen• Wer am Aufbausem<strong>in</strong>ar ke<strong>in</strong> Interesse hat, darf erst mal nichtmehr Auto fahren• Praktische Fahrprüfung: Prüfl<strong>in</strong>g nach offenkundiger Täuschungbei theoretischem Teil nicht zuzulassen• Verkehrsunfall: Schadenersatzanspruch erfasst auch Lohnnebenkostenund Sozialabgaben• Verkehrsunfall: Schadenersatzanspruch erfasst auch Lohnnebenkostenund SozialabgabenVerbraucher, Versicherung & Haftung 28• eBay-Auktion darf bei Beschädigung der Ware vorzeitig beendetwerden• Kostenloses Probetra<strong>in</strong><strong>in</strong>g: Vertragsschluss mit Fitnessstudionicht widerrufbar• Angabe von "Zirka-Lieferfristen" <strong>in</strong> AGB ist unzulässig• Neuwagenkauf: Nachbesserungsverlangen schließt Berufen auffehlende Fabrikneuheit nicht ausWirtschaft, Wettbewerb und Handel 30• Bäckereien und Konditoreien: Beiträge zu gesetzlicher Unfallversicherungdürfen gleich hoch se<strong>in</strong>• Werbung mit durchgestrichenen "Statt"-Preisen: Bei unklaremVergleichspreis unzulässig• Gew<strong>in</strong>nchance "Wetter": Werbeaktion e<strong>in</strong>es Möbelhauses ke<strong>in</strong>Glücksspiel3


Mai <strong>2013</strong>AlleSteuerzahlerEhrenamt: Gesetzesänderung br<strong>in</strong>gt höhereFreibeträgeNachdem der Bundesrat Anfang März <strong>2013</strong> das Gesetz zur Stärkungdes Ehrenamtes (Ehrenamtsstärkungsgesetz) verabschiedet hat, kannes rückwirkend ab Neujahr <strong>in</strong> Kraft treten. Das Gesetz soll die steuerlichenVorschriften handhabbarer machen und den Vere<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e höherezeitliche Flexibilität bei der Verwendung ihrer Mittel gewähren; darüberh<strong>in</strong>aus werden die seit Jahren unveränderten Pauschalen leichtangehoben. Die 7 wichtigsten Änderungen im Überblick:1. Anhebung der Übungsleiterpauschale von 2.100 Euro auf 2.400Euro: Übungsleitertätigkeiten s<strong>in</strong>d nebenberufliche Tätigkeiten für e<strong>in</strong>egeme<strong>in</strong>nützige Organisation oder e<strong>in</strong>e juristische Person des öffentlichenRechts, z.B. als Ausbilder oder Betreuer.2. Anhebung der Ehrenamtspauschale von 500 Euro auf 720 Euro:Die Ehrenamtspauschale kann für jede Art von Tätigkeit für geme<strong>in</strong>nützigeVere<strong>in</strong>e, kirchliche oder öffentliche E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> Anspruchgenommen werden, etwa für Vere<strong>in</strong>svorstände, Platzwart, Fahrdienstvon Eltern etc. Ehrenamtlich engagierte Bürger können damit künftigjährlich bis zu den Grenzen <strong>in</strong> Nr. 1 und 2 Zuwendungen erhalten, ohnedass diese E<strong>in</strong>nahmen steuer- oder sozialversicherungspflichtig s<strong>in</strong>d.3. Verlängerung der Frist um e<strong>in</strong> Jahr, <strong>in</strong> der steuerbegünstigte Körperschaftenihre Mittel verwenden müssen. Bisher mussten steuerbegünstigteKörperschaften bis zum Ablauf des auf den Zufluss folgenden Kalenderjahreserfolgen. Dies ermöglicht e<strong>in</strong>en größeren und flexiblerenPlanungszeitraum für den E<strong>in</strong>satz der zur Verfügung stehenden Mittel.4. Größere Rechtssicherheit im Bereich der Bildung der Wiederbeschaffungsrücklage:Durch e<strong>in</strong>e gesetzliche Regelung können steuerbegünstigteOrganisationen Mittel zurücklegen, um z.B. e<strong>in</strong>en altenPkw durch e<strong>in</strong>en neuen zu ersetzen. H<strong>in</strong>sichtlich der sog. freien Rücklagegilt, dass Körperschaften künftig das nicht ausgeschöpfte Potenzial,das sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr <strong>in</strong> die freie Rücklage hätten e<strong>in</strong>stellen können, <strong>in</strong>den folgenden zwei Jahren ausschöpfen können.5. Erleichterungen bei den zivilrechtlichen Haftungsregeln: Im BGBwird e<strong>in</strong>e Regelung e<strong>in</strong>geführt, die die Haftung von Vere<strong>in</strong>smitgliedernoder Mitgliedern von Vere<strong>in</strong>sorganen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeitbeschränkt, wenn deren Vergütung 720 Euro jährlich nichtübersteigt.6. Erleichterungen h<strong>in</strong>sichtlich der Unterstützung anderer geme<strong>in</strong>nützigerOrganisationen: Andere geme<strong>in</strong>nützige Organisationen können<strong>in</strong> Zukunft leichter mit Kapital unterstützt werden. Dies war bisher nur<strong>in</strong> begrenztem Umfang möglich. Die Neuregelung ermöglicht vor allemdie Schaffung von sog. Stiftungslehrstühlen an Universitäten.7. Anhebung der Umsatzgrenze für sportliche Veranstaltungen um10.000 Euro auf 45.000 Euro: Sportveranstaltungen, die sich im Rahmendieser Umsatzgrenze bewegen, s<strong>in</strong>d steuerfrei.Besteuerung von Senioren: Z<strong>in</strong>serlass aus Billigkeitsgründen?Ob Senioren bei e<strong>in</strong>er verspäteten Abgabe der E<strong>in</strong>kommensteuererklärungaus Billigkeitsgründen die Nachzahlungsz<strong>in</strong>sen zu erlassen s<strong>in</strong>d,wenn das F<strong>in</strong>anzamt ihnen zuvor mehrfach mitgeteilt hatte, dass sienicht mehr zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet s<strong>in</strong>d und sie imVertrauen darauf ke<strong>in</strong>e Steuererklärung mehr e<strong>in</strong>gereicht haben, soll<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Musterverfahren geklärt werden. Hierauf weist der Bund derSteuerzahler h<strong>in</strong>, der das Musterverfahren unterstützt.Die Kläger s<strong>in</strong>d Rentner. Im E<strong>in</strong>kommensteuerbescheid für das Jahr1997 wurde ihnen unter dem Punkt „Erläuterungen – Besonderswichtig“ mitgeteilt, dass sie ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>kommensteuererklärung mehrabgeben müssen. In der Folgezeit fragten die Kläger beim F<strong>in</strong>anzamtmündlich nach, ob diese Regelung noch immer gilt. Das F<strong>in</strong>anzamt bestätigteden H<strong>in</strong>weis im E<strong>in</strong>kommensteuerbescheid mündlich. Im Vertrauenauf diese Auskunft gaben die Kläger ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>kommensteuererklärungmehr ab.Im Jahr 2011 forderte sie das F<strong>in</strong>anzamt auf, die E<strong>in</strong>kommensteuererklärungenfür die Jahre 20<strong>05</strong> bis 2010 abzugeben. Das F<strong>in</strong>anzamt setztedaraufh<strong>in</strong> Steuern und Nachzahlungsz<strong>in</strong>sen fest. Die Kläger machengeltend, dass die F<strong>in</strong>anzverwaltung an der verspäteten Abgabe der E<strong>in</strong>kommensteuererklärungene<strong>in</strong>e Mitschuld trifft und begehrten daherden Erlass der Nachzahlungsz<strong>in</strong>sen. Das F<strong>in</strong>anzamt lehnte dies ab.Ob diese Ablehnung ermessensfehlerfrei war, soll nun gerichtlich geklärtwerden. E<strong>in</strong> entsprechendes Musterverfahren läuft nach Angabendes Bundes der Steuerzahler vor dem F<strong>in</strong>anzgericht Düsseldorf.Bund der Steuerzahler, PM vom 12.03.<strong>2013</strong> zum Verfahren vor demF<strong>in</strong>anzgericht Düsseldorf, 12 K 2776/12 AO4


Schaufenster SteuernSteuern und Abgaben: 2012 <strong>in</strong> Deutschland stabilDer Anteil von Steuern und Abgaben an den Gesamtarbeitskosten,der sogenannte Steuerkeil, ist <strong>in</strong> Deutschland 2012 je nach Familienkonstellationgleich geblieben oder leicht gestiegen. Das E<strong>in</strong>kommene<strong>in</strong>es unverheirateten Angestellten ohne K<strong>in</strong>d und mit durchschnittlichemVerdienst wurde wie im Jahr 2011 mit 49,8 Prozent belastet.Für Alle<strong>in</strong>erziehende mit zwei K<strong>in</strong>dern und unterdurchschnittlichemE<strong>in</strong>kommen sowie für E<strong>in</strong>verdienerpaare mit zwei K<strong>in</strong>dern und Durchschnittsverdienststieg die Belastung um jeweils 0,2 Prozentpunkte,das heißt auf 31,4 beziehungsweise 34,2 Prozent. Dies geht aus voraberhältlichen Daten der Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeitund Entwicklung (OECD) „Tax<strong>in</strong>g Wages – <strong>2013</strong>“ hervor.Die Studie wird nach Angaben der OECD im Mai <strong>2013</strong> komplettveröffentlicht.Insgesamt hat sich die Steuer- und Abgabenlast laut Studie im Jahr2012 <strong>in</strong> 19 von 34 OECD-Ländern erhöht. Am massivsten seien dieSteigerungen <strong>in</strong> den Niederlanden, Polen und der Slowakei ausgefallen.Hier seien die Sozialabgaben nach oben gegangen. Auch Spanierund Australier seien um E<strong>in</strong>iges stärker belastet, was dort nach Angabender OECD allerd<strong>in</strong>gs vor allem Resultat höherer gesetzlicher E<strong>in</strong>kommenssteuersätzewar.Die OECD teilt mit, dass die diesjährige Ausgabe von „Tax<strong>in</strong>g Wages“von e<strong>in</strong>em Arbeitspapier begleitet wird, das sich mit der Frage beschäftigt,wie progressiv die Steuer- und Abgabesysteme <strong>in</strong> der OECD s<strong>in</strong>d.Progressive Systeme zeichneten sich dadurch aus, dass die Gesamtbelastungmit zunehmendem E<strong>in</strong>kommen steigt, während bei regressivenSystemen der Steuerkeil jenseits e<strong>in</strong>er bestimmten Lohnstufewieder kle<strong>in</strong>er wird. Im Großen und Ganzen seien die Systeme allerOECD-Länder progressiv – mit Ausnahme jener <strong>in</strong> Deutschland, Österreichund Spanien.In den beiden deutschsprachigen Ländern sei der Anteil an Steuern undAbgaben beim anderthalbfachen Durchschnittse<strong>in</strong>kommen am höchstenund gehe dann wieder zurück. Diese Dynamik herrsche sowohl beiAlle<strong>in</strong>stehenden mit und ohne K<strong>in</strong>d als auch bei Ehepaaren. Sie sei imWesentlichen auf Bemessungsgrenzen zurückzuführen, ab denen Sozialversicherungsbeiträgenicht weiter steigen. In den meisten OECD-Ländern profitierten vor allem die unteren E<strong>in</strong>kommensstufen vonSteuerfreibeträgen und -gutschriften oder von K<strong>in</strong>dergeld. Auch dieSysteme <strong>in</strong> Deutschland und Österreich entlasteten ärmere Familienmit K<strong>in</strong>dern verhältnismäßig stärker als K<strong>in</strong>derlose.Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,PM vom 26.03.<strong>2013</strong>Steuerh<strong>in</strong>terziehung: Nicht bei Geltendmachunge<strong>in</strong>es vom F<strong>in</strong>anzamt fehlerhaft festgestelltenVerlustvortragsWer e<strong>in</strong>e fehlerfreie Steuererklärung abgegeben und durch e<strong>in</strong>en Fehlerdes F<strong>in</strong>anzamts e<strong>in</strong>en Bescheid über die Feststellung e<strong>in</strong>es verbleibendenVerlustvortrags erhalten hat, begeht ke<strong>in</strong>e Steuerh<strong>in</strong>terziehung,wenn er <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>kommensteuererklärung für e<strong>in</strong> Folgejahr denfestgestellten Verlustvortrag <strong>in</strong> Anspruch nimmt.Der Kläger hatte für Veranlagungszeiträume vor den Streitjahrenfehlerfrei positive E<strong>in</strong>künfte erklärt, die das F<strong>in</strong>anzamt fehlerhaft alsnegative E<strong>in</strong>künfte erfasst und e<strong>in</strong>en verbleibenden Verlustvortragfestgestellt hatte. In der E<strong>in</strong>kommensteuererklärung für den Streitzeitraumnahm er den festgestellten Verlustvortrag zunächst <strong>in</strong> Anspruch,erklärte dann aber unter Abgabe e<strong>in</strong>er strafbefreienden Erklärung imS<strong>in</strong>ne des StraBEG (Gesetz über die strafbefreiende Erklärung), er habedamit e<strong>in</strong>e Steuerh<strong>in</strong>terziehung begangen und deshalb für die zu Unrechtnicht besteuerten E<strong>in</strong>nahmen (nur) e<strong>in</strong>e Abgabe <strong>in</strong> Höhe von 25Prozent dieser E<strong>in</strong>nahmen zu zahlen.Der BFH hat die Auffassung des F<strong>in</strong>anzgerichts bestätigt, das mangelsStraftat die Voraussetzungen für die Abgabe e<strong>in</strong>er strafbefreienden Erklärungverne<strong>in</strong>t hatte. Die E<strong>in</strong>kommensteuererklärungen für die Vorjahrehätten zutreffend positive E<strong>in</strong>künfte ausgewiesen. Auch die Erklärungenfür die Folgejahre seien weder unrichtig noch unvollständig.Denn die Bestandskraft des Verlustfeststellungsbescheids berechtigedazu, den materiell unzutreffend festgestellten Verlustvortrag <strong>in</strong> Anspruchzu nehmen. Insbesondere sei der Kläger nicht dazu verpflichtetgewesen, das F<strong>in</strong>anzamt auf die Fehlerhaftigkeit des Bescheids h<strong>in</strong>zuweisen,da er se<strong>in</strong>e Erklärungspflichten vollständig und richtig erfüllthatte.Bundesf<strong>in</strong>anzhof, Urteil vom 04.12.2012, VIII R 50/1<strong>05</strong>


Mai <strong>2013</strong>UnternehmerUnternehmens<strong>in</strong>haber wegen Bestechung angeklagt:Unternehmen nicht zum Vorsteuerabzug aus StrafverteidigerkostenberechtigtE<strong>in</strong> Unternehmen, dessen Inhaber und Mitarbeiter sich zur Erlangungvon Aufträgen möglicherweise wegen Bestechung oder Vorteilsgewährungstrafbar gemacht haben, ist aus den zur Abwehr dieser Vorwürfeangefallenen Strafverteidigungskosten nicht zum Vorsteuerabzugberechtigt. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf e<strong>in</strong>eVorlage des Bundesf<strong>in</strong>anzhofes (BFH) h<strong>in</strong> entschieden.Im zugrunde liegenden Fall g<strong>in</strong>g es um den E<strong>in</strong>zelunternehmer undMehrheitsgesellschafter X e<strong>in</strong>er GmbH, der auch Geschäftsführer derGmbH war. Zwischen ihm und der GmbH bestand e<strong>in</strong> Organschaftsvertragim S<strong>in</strong>ne des Umsatzsteuergesetzes. Infolgedessen wurde dieGmbH und X als e<strong>in</strong> Steuerpflichtiger behandelt, wobei X als „Organträger“die steuerrechtlichen Verpflichtungen des aus se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>zelunternehmenund der GmbH bestehenden Gesamtunternehmenstrafen.Gegen X wurde wegen Bestechung bei der Erlangung e<strong>in</strong>es Bauauftragsermittelt. Nachdem die Verfahren gegen Zahlung von Geldbeträgene<strong>in</strong>gestellt worden waren, nahm X „als Organträger“ aus den für se<strong>in</strong>eStrafverteidigung aufgewendeten Kosten den Vorsteuerabzug vor.Dem trat das F<strong>in</strong>anzamt entgegen, während das F<strong>in</strong>anzgericht demAnliegen des X entsprach. Der BFH brachte die Sache vor den EuGH.Dieser hat entschieden, dass für die Feststellung, ob Gegenstände undDienstleistungen von e<strong>in</strong>em Steuerpflichtigen „für Zwecke se<strong>in</strong>er besteuertenUmsätze“ verwendet wurden, sich das Vorliegen e<strong>in</strong>es direktenund unmittelbaren Zusammenhangs zwischen e<strong>in</strong>em konkretenUmsatz und der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach demobjektiven Inhalt der von ihm bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungenbestimme. In dem Fall, der dem Vorabentscheidungsersuchendes BFH zugrunde liege, eröffneten die Anwaltsdienstleistungen, derenZweck dar<strong>in</strong> besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürlichePersonen, die Geschäftsführer e<strong>in</strong>es steuerpflichtigen Unternehmenss<strong>in</strong>d, zu vermeiden, diesem Unternehmen danach ke<strong>in</strong>en Anspruch aufAbzug der für die erbrachten Leistungen geschuldeten Mehrwertsteuerals Vorsteuer.Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 21.02.<strong>2013</strong>, C-104/12Vorsteuerabzug kann trotz falscher Rechnungsangabenaus Billigkeitsgründen <strong>in</strong> Betracht kommenWenn die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15Umsatzsteuergesetz (UStG) wegen unzutreffender Rechnungsangabennicht vorliegen, kann im Billigkeitsverfahren ausnahmsweise nachdem allgeme<strong>in</strong>en Rechtsgrundsatz des Vertrauensschutzes e<strong>in</strong> Vorsteuerabzug<strong>in</strong> Betracht kommen. Dies setzt voraus, dass der den Vorsteuerabzugbegehrende Unternehmer gutgläubig war und alle Maßnahmenergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werdenkönnen, um sich von der Richtigkeit der Angaben <strong>in</strong> der Rechnung zuüberzeugen. Auch muss se<strong>in</strong>e Beteiligung an e<strong>in</strong>em Betrug ausgeschlossense<strong>in</strong>. Dies hat das F<strong>in</strong>anzgericht (FG) Hamburg entschieden.Soweit geme<strong>in</strong>schaftsrechtliche Regelungen e<strong>in</strong>e Billigkeitsmaßnahmeerforderten, sei das <strong>in</strong> § 163 Abgabenordnung (AO) beziehungsweise§ 227 AO e<strong>in</strong>geräumte Ermessen auf Null reduziert, heißt es<strong>in</strong> dem Urteil weiter. Es entspreche den Vorgaben des europäischenRechts, dass dem Unternehmer grundsätzlich der Vorsteuerabzug zugewähren ist und ihm dies nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen verweigert werdenkann. Auch entspreche es der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes(EuGH), dass für das Vorliegen e<strong>in</strong>er solchen Ausnahmedas F<strong>in</strong>anzamt darlegungs- und beweislastpflichtig ist.Es entspreche ebenfalls der Rechtsprechung des EuGH, dass die Bekämpfungvon Steuerh<strong>in</strong>terziehungen, Steuerumgehungen und etwaigenMissbräuchen e<strong>in</strong> Ziel ist, das von der Richtl<strong>in</strong>ie 2006/112anerkannt und gefördert wird. Der Rechtsbürger kann sich laut FGHamburg deshalb nicht auf die Bestimmungen des Unionsrechts berufen,wenn er dies <strong>in</strong> betrügerischer oder missbräuchlicher Absicht tut.F<strong>in</strong>anzgericht Hamburg, Urteil vom 21.12.2012, 6 K 33/11Bürgschafts<strong>in</strong>anspruchnahme kann zu nachträglichenAnschaffungskosten auf die Beteiligung an e<strong>in</strong>erGmbH führenDie Bürgschafts<strong>in</strong>anspruchnahme e<strong>in</strong>es GmbH-Gesellschafters kannzu nachträglichen Anschaffungskosten auf se<strong>in</strong>e Beteiligung führen.Dies zeigt e<strong>in</strong> vom F<strong>in</strong>anzgericht (FG) Düsseldorf entschiedener Fall.Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer e<strong>in</strong>er Bauträger-GmbH6


Schaufenster Steuernund musste 1999 gegenüber der f<strong>in</strong>anzierenden Bank e<strong>in</strong>e unbeschränkteselbstschuldnerische Bürgschaft zur Sicherung der Verb<strong>in</strong>dlichkeitender GmbH übernehmen. Nachdem er aus der Bürgschaft <strong>in</strong>Höhe von rund 700.000 Euro <strong>in</strong> Anspruch genommen und die Gesellschaftim Jahr 2008 im Handelsregister gelöscht worden war, begehrteer, den Auflösungsverlust um diesen Betrag zu erhöhen. Das beklagteF<strong>in</strong>anzamt verweigerte den Abzug.Das F<strong>in</strong>anzgericht Düsseldorf hat den erforderlichen eigenkapitalersetzendenCharakter der Bürgschaft bejaht und der Klage stattgegeben.Es handele sich um e<strong>in</strong>e sogenannte Krisenbürgschaft. Zwar reiche esnicht aus, wenn die Gesellschaft e<strong>in</strong>en Bankkredit zu marktüblichenKonditionen rout<strong>in</strong>emäßig nur unter der Bed<strong>in</strong>gung erhalte, dass sichder Gesellschafter hierfür persönlich verbürge. Kreditunwürdigkeit seiaber gegeben, wenn – wie im Streitfall – die Gesellschaft selbst nichtüber ausreichende Sicherheiten verfüge, um sich am Kapitalmarkt zuf<strong>in</strong>anzieren. Dabei sei e<strong>in</strong>e objektive Betrachtungsweise geboten.Das F<strong>in</strong>anzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesf<strong>in</strong>anzhofzugelassen.Tanken im Ausland: EuGH soll steuerliche FolgenklärenDer Europäische Gerichtshof (EuGH) soll klären, welche steuerlichenFolgen es hat, wenn Unternehmer im Ausland tanken. Dies fordert dasF<strong>in</strong>anzgericht (FG) Düsseldorf.H<strong>in</strong>tergrund der Vorlage ist, dass Fuhrunternehmer <strong>in</strong> ihre Fahrzeugedurch Karosseriebauer häufig Kraftstoffbehälter e<strong>in</strong>bauen lassen, diee<strong>in</strong> größeres Fassungsvermögen als die vom Hersteller des Lkw e<strong>in</strong>gebautenKraftstoffbehälter haben. Anlass hierfür ist regelmäßig, dassLkws durch Karosseriebauer entsprechend der <strong>in</strong>dividuellen Bedürfnissedes jeweiligen Fuhrunternehmers zum Beispiel zum Transport vonConta<strong>in</strong>ern, Pkws oder Ähnlichem ausgestattet werden. Zu Problemenkann es laut FG aber führen, wenn das Unternehmen auch im europäischenAusland tanken lässt und mit dem getankten Kraftstoff nachDeutschland fährt.In dem Verfahren vor dem FG Düsseldorf geht es um e<strong>in</strong>en Lkw, <strong>in</strong>dem nach Auslieferung durch den Hersteller durch e<strong>in</strong>en Karosseriebauerder ursprüngliche Tank versetzt und zugleich e<strong>in</strong> weiterer Tankmit e<strong>in</strong>em Fassungsvermögen von 780 Litern e<strong>in</strong>gebaut wurde. DerUmbau war notwendig, um den Lkw mit Conta<strong>in</strong>ern beladen zu können.E<strong>in</strong>e entsprechende Umrüstung durch den Hersteller wäre nichtüblich gewesen. Die Spedition, die das Fahrzeug nutzte, betankte es <strong>in</strong>den Niederlanden. Nach den Betankungen überquerte der Fahrer desFahrzeugs unmittelbar die Grenze nach Deutschland, um Fahrten imInland durchzuführen. Die Zollverwaltung setzte gegenüber der SpeditionEnergiesteuer für den <strong>in</strong> den beiden Tanks e<strong>in</strong>geführten Dieselfest. Es greife ke<strong>in</strong>e Steuerbefreiung e<strong>in</strong>, da beide Tanks nicht serienmäßige<strong>in</strong>gebaut worden seien. Dagegen klagte die Spedition.Das FG hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH den Fall zur Entscheidungvorgelegt. Zwar sei Energiesteuer festzusetzen, wenn Dieselkraftstoff<strong>in</strong> das Inland verbracht werde. Allerd<strong>in</strong>gs sei der Kraftstoffvon der Steuer befreit, wenn und soweit er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em regulären, vomHersteller e<strong>in</strong>gebauten Tank befördert werde. Nachträglich e<strong>in</strong>gebaute,vergrößerte oder weitere Tankbehälter fielen nicht unter dieSteuerbefreiung. Es sei aber europarechtlich zweifelhaft, ob nur vomHersteller des Fahrzeugs e<strong>in</strong>gebaute Tanks von der Steuerbefreiung erfasstwürden. Denn an der Herstellung e<strong>in</strong>es Lkw seien häufig mehrereUnternehmen beteiligt, um das Fahrzeug entsprechend den Anforderungendes Fuhrunternehmens herzurichten. Es spreche daher vielesdafür, die Steuerbefreiung auch auf von Vertragshändlern oder Karosseriebauerne<strong>in</strong>gebaute Behälter zu erstrecken. Zudem handele es sichbeim Tanken im Ausland <strong>in</strong> diesen Fällen nicht um e<strong>in</strong>en typischen Falle<strong>in</strong>es steuerlichen Missbrauchs, sondern um die Nutzung der Preisunterschiede<strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen EU-Mitgliedstaaten.Ganz anders könnten allerd<strong>in</strong>gs die Fälle zu beurteilen se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> denensich Privatpersonen vergrößerte oder zusätzliche Tanks <strong>in</strong> ihren Pkwe<strong>in</strong>bauen lassen und dann im grenznahen Ausland tanken, warnt NilsTrossen, Pressesprecher des FG allerd<strong>in</strong>gs. „Wird <strong>in</strong> diesen Fällen gezieltausländischer Kraftstoff für Fahrten im Inland genutzt, haben dieFahrer mit der Festsetzung von Energiesteuer zu rechnen. In größerenoder wiederholten Fällen kann sogar mit steuerstrafrechtlichen Ermittlungenzu rechnen se<strong>in</strong>.“F<strong>in</strong>anzgericht Düsseldorf, 4 K 3691/12 VE7


Mai <strong>2013</strong>KapitalanlegerSparkassen: AGB zu Erbnachweisen unwirksamDie Klauseln Nr. 5 (1) Satz 1 und Satz 2 der Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen(AGB) der Sparkassen zu Erbnachweisen s<strong>in</strong>d unwirksam,weil sie die Vertragspartner der Sparkasse entgegen den Geboten vonTreu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies hat das Oberlandesgericht(OLG) Hamm auf e<strong>in</strong>e Klage des Bundesverbandes derVerbraucherzentralen entschieden.Im konkreten Fall hatte der Verband von e<strong>in</strong>er Sparkasse aus demEnnepe-Ruhr-Kreis verlangt, es zu unterlassen, folgende AGB-Klauselnzu Erbnachweisen zu verwenden: „Nach dem Tod des Kunden kann dieSparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegunge<strong>in</strong>es Erbsche<strong>in</strong>s, e<strong>in</strong>es Testamentsvollstreckerzeugnisses oderähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkundens<strong>in</strong>d auf Verlangen mit deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Sparkassekann auf die Vorlegung e<strong>in</strong>es Erbsche<strong>in</strong>s oder e<strong>in</strong>es Testamentsvollstreckerzeugnissesverzichten, wenn ihr e<strong>in</strong>e Ausfertigung odere<strong>in</strong>e beglaubigte Abschrift von Testament oder Erbvertrag des Kundensowie die Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlungvorgelegt wird.“Das OLG hat die beiden Klauseln für unwirksam erachtet und die Beklagtezur Unterlassung verurteilt. Die Klauseln wichen von der gesetzlichenRegelung ab, nach der e<strong>in</strong> Erbe se<strong>in</strong> Erbrecht nicht nur durche<strong>in</strong>en Erbsche<strong>in</strong>, sondern auch <strong>in</strong> anderer Form nachweisen könne.Durch die Klauseln werde der Vertragspartner der Sparkasse entgegenden Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. E<strong>in</strong>durchschnittlicher Bankkunde verstehe die Regelung des Satzes 1 so,dass die Sparkasse die Vorlage e<strong>in</strong>es Erbsche<strong>in</strong>s unabhängig davon beanspruchenkönne, ob im konkreten E<strong>in</strong>zelfall das Erbrecht auch aufandere Weise nachgewiesen werden könne. Nach dem Satz 2 sei dieSparkasse <strong>in</strong> ihrer Entscheidung völlig frei, ob sie bei Vorliegen der Voraussetzungendieses Satzes auf die Vorlage e<strong>in</strong>es Erbsche<strong>in</strong>s verzichteoder nicht.Mit diesen Inhalten seien die Klauseln mit dem wesentlichen Grundgedankender gesetzlichen Regelung nicht vere<strong>in</strong>bar. Zu Unrecht lassesich die Sparkasse e<strong>in</strong> Recht auf Vorlage e<strong>in</strong>es Erbsche<strong>in</strong>s unabhängigdavon e<strong>in</strong>räumen, ob das Erbrecht im konkreten E<strong>in</strong>zelfall überhauptzweifelhaft sei, ob es auch anders als durch die Vorlage e<strong>in</strong>es Erbsche<strong>in</strong>snachgewiesen werden könne oder ob das Verlangen nach der Vorlagee<strong>in</strong>es Erbsche<strong>in</strong>s möglicherweise rechtsmissbräuchlich sei, weil dasKonto nur e<strong>in</strong> sehr ger<strong>in</strong>ges Guthaben aufweise. Weder Erblasser nochErbe hätten <strong>in</strong> diesen Fällen an e<strong>in</strong>em Erbsche<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Interesse. Andersdie Sparkasse, weil sie sich nach der Vorlage des Erbsche<strong>in</strong>s auf dessennach den §§ 2366, 2367 des Bürgerlichen Gesetzbuches vermuteteRichtigkeit berufen könne. Diesem Interesse sei aber nicht durch das<strong>in</strong> den AGB statuierte unbeschränkte Wahlrecht, sondern durch e<strong>in</strong>edifferenzierte Betrachtung der jeweiligen Fälle Rechnung zu tragen.Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 01.10.2012, I-31 U 55/12, nichtrechtskräftig (Aktenzeichen beim BGH: XI ZR 401/12)Ke<strong>in</strong> Abschlag bei Lebensversicherungen:Kompromiss zum SEPA-Begleitgesetz erzieltDer Vermittlungsausschuss hat e<strong>in</strong>en Kompromiss zum SEPA-Begleitgesetzerzielt. Danach sollen die umstrittenen Regelungen zur reduziertenBeteiligung der Verbraucher an den Bewertungsreserven derLebensversicherer aus dem Gesetz gestrichen werden. Die von vielenBürgern befürchteten f<strong>in</strong>anziellen E<strong>in</strong>bußen bei aktuell auslaufendenoder gekündigten Versicherungsverträgen träten somit nicht e<strong>in</strong>, soder Bundesrat.Der Bundestag hatte die Neuregelung zu den Bewertungsreserven erstim November 2012 kurzfristig an e<strong>in</strong>en Gesetzentwurf der Bundesregierungangehängt, der ursprünglich lediglich Vorschriften zur Verwirklichungdes e<strong>in</strong>heitlichen europäischen Zahlungsverkehrs (SEPA)enthielt. Der Vermittlungsausschuss schlägt vor, die Neuregelung, dieheftig kritisiert worden war, nun wieder rückgängig zu machen.Mit e<strong>in</strong>er Verordnung soll die Bundesregierung zudem die freien Rückstellungender Versicherer neu regeln, um e<strong>in</strong>en besseren Ausgleichzwischen Alt- und Neukunden zu schaffen. Hierbei erhalten die Ländere<strong>in</strong> Mitspracherecht. Die unstreitigen Vorschriften zur Umsetzunge<strong>in</strong>es EuGH-Urteils zu Unisex-Tarifen verbleiben nach dem Vermittlungsvorschlagim Gesetz. Sie sollen rückwirkend zum 21.12.2012 <strong>in</strong>Kraft treten.Bundesrat, PM vom 26.02.<strong>2013</strong>8


Schaufenster SteuernUnwirtschaftliche Kapitalanlage: Vermittlung durchkundeneigenen Anlageberater schließt Haftung desf<strong>in</strong>anzierenden Kredit<strong>in</strong>stituts ausDer Verbraucher trägt das Risiko, wenn e<strong>in</strong> von ihm beauftragter Anlageberaterihm e<strong>in</strong>e unwirtschaftliche Kapitalanlage vermittelt. Er hatdann ke<strong>in</strong>en Schadenersatzanspruch gegen das Kredit<strong>in</strong>stitut, das dasAnlagegeschäft f<strong>in</strong>anziert, wie das Oberlandesgericht (OLG) Hammentschieden hat.E<strong>in</strong>e vom Kläger beauftragte Kapitalanlageberater<strong>in</strong> vermittelte ihmzu Steuersparzwecken den kreditf<strong>in</strong>anzierten Erwerb von Immobilien.Durch ihre Vermittlung erwarb der Kläger mit e<strong>in</strong>em vom beklagtenKredit<strong>in</strong>stitut gewährten Darlehen Immobilien. Die Kapitalanlageberater<strong>in</strong>fiel <strong>in</strong> Insolvenz. Der Kläger konnte die Immobilien nur zu e<strong>in</strong>emBetrag veräußern, der se<strong>in</strong>e Darlehensverb<strong>in</strong>dlichkeiten nicht abdeckte.Er hat die gerichtliche Feststellung begehrt, dass er der Beklagtenden restlichen Darlehensbetrag <strong>in</strong> Höhe von rund 115.000 Euro nichtzurückzahlen muss. Die Beklagte sei schließlich ebenfalls dafür verantwortlich,dass er den Kredit für e<strong>in</strong> unwirtschaftliches Anlagegeschäftaufgenommen habe.Das OLG Hamm hat das Schadenersatzbegehren des Klägers zurückgewiesen.Der Beklagten sei ke<strong>in</strong>e fehlerhafte Anlageberatung vorzuwerfen.Bei der Kapitalanlage sei der Kläger durch die von ihm beauftragteAnlageberater<strong>in</strong> und nicht durch die Beklagte beraten worden.Die Beklagte habe das Anlageobjekt nicht veräußert und nicht vertrieben.Ihre Kenntnis von e<strong>in</strong>em unlauteren Vorgehen der Berater<strong>in</strong> oderihr unlauteres Zusammenwirken mit derselben seien nicht feststellbar.Die Beklagte hafte auch nicht aufgrund e<strong>in</strong>er Aufklärungspflichtverletzung.Als f<strong>in</strong>anzierendes Kredit<strong>in</strong>stitut habe sie den Kläger wederüber Gefahren und Risiken bei der Verwendung des Darlehens nochdarüber aufzuklären, ob das zu f<strong>in</strong>anzierende Geschäft wirtschaftlichrentabel oder zweckmäßig sei. Der Kreditnehmer trage das Risiko e<strong>in</strong>erfür ihn unwirtschaftlichen Anlage. Die Voraussetzungen dafür, dassdie Beklagte den Kläger abweichend von diesen Grundsätzen aufgrundbesonderer Umstände ausnahmsweise habe aufklären müssen, lägennicht vor.Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.01.<strong>2013</strong>, I-34 U 3/12, nichtrechtskräftigNachhaltige F<strong>in</strong>anzmärkte: Transaktionssteuer undhohe Eigenkapitalpuffer unverzichtbarDie F<strong>in</strong>anztransaktionssteuer und hohe Eigenkapitalpuffer s<strong>in</strong>d die wichtigstenBauste<strong>in</strong>e für e<strong>in</strong> nachhaltiges F<strong>in</strong>anzsystem. Zu diesem Ergebniskommt Forschungsdirektor<strong>in</strong> Dorothea Schäfer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er aktuellen Analysedes Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berl<strong>in</strong>).Sie weist darauf h<strong>in</strong>, dass Nachhaltigkeit „jedoch mehr als Stabilität“umfasse: „E<strong>in</strong> nachhaltiges F<strong>in</strong>anzsystem kann kurzfristig <strong>in</strong>stabil se<strong>in</strong>,kehrt aber von selbst wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en stabilen Zustand zurück, ohnedass der Steuerzahler e<strong>in</strong>spr<strong>in</strong>gen muss.“ Umgekehrt sei e<strong>in</strong> stabiles F<strong>in</strong>anzsystemnicht unbed<strong>in</strong>gt nachhaltig. So setze e<strong>in</strong>e implizite StaatsgarantieAnreize zu hochriskanten Geschäften, die das System leichtzum Zusammenbruch führen könnten.Ebenso wie e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>takte Umwelt, sei auch die Stabilität des F<strong>in</strong>anzmarktesals e<strong>in</strong> öffentliches Gut zu begreifen. Zu den wichtigsten Pr<strong>in</strong>zipiender Nachhaltigkeit zählten vor allem Langfristorientierung undInternalisierung der Nutzungskosten (Verursacherpr<strong>in</strong>zip). Die F<strong>in</strong>anztransaktionssteuersetze an diesen Kriterien an. Sie „bestrafe“ extremkurze Haltedauern von Sekundenbruchteilen. Der geplante Steuersatzvon 0,1 Prozent auf Wertpapiere und 0,01 Prozent auf Derivate sei soniedrig, dass die Steuerbelastung nur bei sehr hohen Handelsaktivitäten<strong>in</strong>s Gewicht falle.Für e<strong>in</strong> nachhaltiges F<strong>in</strong>anzsystem seien auch hohe Eigenkapitalpufferder Banken unverzichtbar. Nachhaltigkeit sei hier nur durch die E<strong>in</strong>führunge<strong>in</strong>er echten, bilanzbezogenen Eigenkapitalquote zu erreichen, soSchäfer. Die gegenwärtig praktizierte Risikogewichtung, die die Bankenselbst vornehmen, sei Ursache e<strong>in</strong>er systematischen Risikounterschätzung.Darüber h<strong>in</strong>aus sei sie e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fallstor für politische E<strong>in</strong>flussnahme,da Interessengruppen versuchten, niedrige Risikogewichte für bestimmteInvestitionen durchzusetzen – beispielsweise für erneuerbareEnergien, für den Mittelstand oder für den Wohnungsbau. Im Fall e<strong>in</strong>esSchocks müsse der Steuerzahler jedoch die gesamte Bankbilanzauffangen und nicht nur die mit risikogewichteten Aktiva unterlegtenTeile des Fremdkapitals. Daher sollte sich auch die Eigenkapitalquotean der Gesamtbilanz ausrichten.Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berl<strong>in</strong>, PM vom vom20.02.<strong>2013</strong>9


Mai <strong>2013</strong>ImmobilienbesitzerUmsatzsteuerpflicht: Energie aus Blockheizwerk imE<strong>in</strong>familienhaus gehört dazuDer Bundesf<strong>in</strong>anzhof (BFH) hat jetzt private Stromerzeuger beim Eigenverbrauchf<strong>in</strong>anziell entlastet, die im Keller ihres E<strong>in</strong>familienhausese<strong>in</strong> Blockheizkraftwerk betreiben und Strom <strong>in</strong>s Netz und die eigenenvier Wände e<strong>in</strong>speisen. Die Immobilieneigentümer müssen die Umsatzsteuerfür den Eigenbedarf statt auf Basis der relativ hohen Selbstkostennur auf Grundlage des fiktiven E<strong>in</strong>kaufpreises bezahlen, heißtes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em am 27. Februar <strong>2013</strong> <strong>in</strong> München veröffentlichten Urteil(Az. XI R 3/10).Der BFH hat zunächst se<strong>in</strong>e bisherige Rechtsprechung bestätigt, dassder Betreiber e<strong>in</strong>es Blockheizkraftwerks im selbstgenutzten E<strong>in</strong>familienhausumsatzsteuerrechtlich Unternehmer ist, wenn er den Stromteilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt <strong>in</strong> dasallgeme<strong>in</strong>e Stromnetz e<strong>in</strong>speist (Az. XI R 3/10).Der BFH hat darüber h<strong>in</strong>aus nunmehr h<strong>in</strong>sichtlich der umweltfreundlichenStromproduktion entschieden, dass die Verwendung der erzeugtenEnergie – Strom und Wärme – für den eigenen Bedarf dannals Entnahme der Umsatzbesteuerung von 19 Prozent zu unterwerfenist, wenn der Hausbesitzer als Unternehmer zuvor die auf den Anschaffungskostendes Blockheizkraftwerks ruhende Umsatzsteuerbelastungals Vorsteuerabzug steuerlich geltend gemacht hat. Im E<strong>in</strong>zelnen sendetder BFH mit dem Urteil folgende drei Botschaften aus:• Erzeugt der Betreiber e<strong>in</strong>es Blockheizkraftwerks <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>familienhausneben Wärme auch Strom, den er teilweise, regelmäßig undnicht nur gelegentlich gegen Entgelt <strong>in</strong> das allgeme<strong>in</strong>e Stromnetze<strong>in</strong>speist, ist er umsatzsteuerrechtlich Unternehmer.• Hat der Betreiber den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung desBlockheizkraftwerks geltend gemacht, liegt <strong>in</strong> der Verwendung vonStrom und Wärme für den Eigenbedarf e<strong>in</strong>e der Umsatzbesteuerungunterliegende Entnahme.• Bemessungsgrundlage der Entnahme von Strom und Wärme für denEigenbedarf s<strong>in</strong>d die für die Strom- und Wärmeerzeugung mit demBlockheizkraftwerk angefallenen sog. Selbstkosten nur dann, soweite<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kaufspreis für Strom und Wärme nicht zu ermitteln ist.H<strong>in</strong>weisDiese Umsatzsteuerpflicht für die Entnahme gilt nach der aktuellenBFH-Entscheidung allerd<strong>in</strong>gs nicht für die Abwärme, die aus technischenGründen nicht zur Heizung nutzbar ist.Der BFH hat auf die Revision des Hausbesitzers und Betreibers desBlockheizkraftwerks im selbstgenutzten E<strong>in</strong>familienhaus die Vorentscheidungaufgehoben und die Sache an das F<strong>in</strong>anzgericht zur anderweitigenVerhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Entgegender Auffassung des F<strong>in</strong>anzgerichts sei auch bei selbst erzeugter Energiegrundsätzlich der (fiktive) E<strong>in</strong>kaufspreis maßgebend, so der BFHklarstellend. Hierzu muss das Niedersächsische F<strong>in</strong>anzgericht weitereFeststellungen treffen.Langjähriger Wohnungsleerstand: Richter gebenTipps zum KostenabzugDer Bundesf<strong>in</strong>anzhof (BFH) hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er am 27. März <strong>2013</strong> veröffentlichenweiteren Entscheidung die Grundsätze präzisiert, unter welchenVoraussetzungen Aufwendungen für langjährig leerstehende Wohnimmobilienals vorab entstandene Werbungskosten bei den Miete<strong>in</strong>künftenabziehbar s<strong>in</strong>d (IX R 68/10). Der BFH hatte erst jüngst <strong>in</strong> vierim Wesentlichen <strong>in</strong>haltsgleichen Urteilen (Az. IX R 14/12, IX R 39/11;IX R 40/11; IX R 41/11) die <strong>in</strong> der Praxis wichtigen Pr<strong>in</strong>zipien vorgegeben,wann und unter welchen Voraussetzungen e<strong>in</strong> Vermieter se<strong>in</strong>eAufwendungen für langjährig leerstehende Wohnimmobilien abziehenkann. Wichtig ist, dass der Haus- oder Wohnungsbesitzer ernsthafteund nachhaltige Vermietungsbemühungen entfaltet.Im jetzt entschiedenen Sachverhalt g<strong>in</strong>g es um die Anerkennung vonWerbungskostenüberschüssen für e<strong>in</strong>e leer stehende Wohnung. NachdemF<strong>in</strong>anzamt und F<strong>in</strong>anzgericht die Anerkennung mangels E<strong>in</strong>künfteerzielungsabsichtversagt hatten, wurde hiergegen Revision e<strong>in</strong>gelegt.Laut der Richter kann jeder Steuerpflichtige grundsätzlich selbst entscheiden,wie er das von ihm angebotenen Mietobjekt am Wohnungsmarktpräsentiert. Die vom Hausbesitzer im vorliegenden Urteilsfallnachweislich10


Schaufenster Steuern• laufende Sichtung regionaler Wochenzeitungen nach Mietgesuchen• unternommenen und dann gesteigerten Reaktionen auf die Mietersuche• vorgenommene Bewerbung des Mietobjektss<strong>in</strong>d als ernsthafte Vermietungsbemühung anzusehen. Zwar s<strong>in</strong>d fürlangjährig leerstehende Wohnimmobilien an die Nachhaltigkeit derBemühungen erhöhte Anforderungen zu stellen. Diese ergeben sich imUrteilsfall daraus, dass der Immobilieneigentümer mit nahezu allen <strong>in</strong>Betracht kommenden Interessenten tatsächlich Kontakt aufgenommenhatte, betonte der BFH.Zu Unrecht gehen F<strong>in</strong>anzamt und F<strong>in</strong>anzgericht davon aus, dassdeshalb ke<strong>in</strong>e Vermietungsabsicht angenommen werden kann, weilWohnungsbesitzer ke<strong>in</strong>e geeigneteren Schritte der Vermarktung ihresObjekts gewählt hätten. Die Frage, welche Schritte als erfolgversprechendanzusehen s<strong>in</strong>d, bestimmt sich nach den Umständen des E<strong>in</strong>zelfalles.Dabei steht dem Steuerpflichtigen e<strong>in</strong> angemessener, zeitlichbegrenzter Beurteilungsspielraum zu.H<strong>in</strong>weis: Der nachher e<strong>in</strong>getretene Faktor, dass die eigenverantwortlicheMietersuche Erfolg hatte und zu e<strong>in</strong>er ununterbrochenen und bisheute andauernden Vermietung geführt hat, ist e<strong>in</strong> Beweis dafür, dassdie Vermietungsbemühungen richtig waren. Dabei ist das unter denbesonderen Bed<strong>in</strong>gungen zu beurteilen, nach denen e<strong>in</strong>e Vermietungim strukturschwachen ländlichen immer schwierig Raum ist. Das istmit denen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ballungsraum mit erhöhter Wohnungsnachfragenicht zu vergleichen.Zum allgeme<strong>in</strong>en Problem des Leerstands von Wohnungen s<strong>in</strong>d beimBFH noch e<strong>in</strong>e Reihe von weiteren Verfahren anhängig, so etwa unterden Aktenzeichen IX R 39/11, IX R 40/11, IX R 41/11, IX R 9/12, IX R19/11, IX R 7/10. Dabei geht es um folgende Punkte:• Ernsthafte Vermietungsbemühung <strong>in</strong> der Zeit des Leerstands• Vermietungs- und gleichzeitige Verkaufsabsicht• Leerstand bei Unter- bzw. ZwischenvermietungNachbarn scheitern mit Eilantrag gegen MehrfamilienhausZwei Nachbarn s<strong>in</strong>d mit ihren Eilanträgen gegen die Erteilung e<strong>in</strong>erBaugenehmigung für e<strong>in</strong> Mehrfamilienhaus vor dem Verwaltungsgericht(VG) <strong>Hannover</strong> gescheitert. H<strong>in</strong>sichtlich der Art der baulichenNutzung sei alle<strong>in</strong> entscheidend, dass das Mehrfamilienhaus demWohnen diene. Deswegen füge es sich <strong>in</strong> die nähere Umgebung e<strong>in</strong>.Der Bauherr beabsichtigt die Errichtung e<strong>in</strong>es Mehrfamilienhauses mitacht Wohne<strong>in</strong>heiten. Dagegen wandten die Nachbarn, deren Grundstückemit E<strong>in</strong>familienhäusern bebaut s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>, die Bebauung mit e<strong>in</strong>emMehrfamilienhaus füge sich nicht <strong>in</strong> die nähere Umgebung e<strong>in</strong>.Die Balkone erlaubten e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Gärten.Das VG me<strong>in</strong>t dagegen, die Baugenehmigung für das Mehrfamilienhausverletze die Kläger nicht <strong>in</strong> ihren Rechten. H<strong>in</strong>sichtlich der Artder baulichen Nutzung füge sich das Vorhaben <strong>in</strong> die nähere Umgebunge<strong>in</strong>, da es dem Wohnen diene. Das Baurecht unterscheide <strong>in</strong>sofernnicht zwischen dem Wohnen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>familienhäusern und dem<strong>in</strong> Mehrfamilienhäusern. Mit der Größe des Bauvorhabens seien ke<strong>in</strong>eunzumutbaren Bee<strong>in</strong>trächtigungen, die alle<strong>in</strong> abgewehrt werdenkönnten, verbunden. Halte e<strong>in</strong> Bauvorhaben – wie hier – die gesetzlichvorgeschriebenen Abstände e<strong>in</strong>, werde das sogenannte baurechtlicheRücksichtnahmegebot erst dann verletzt, wenn das Nachbargebäude„erdrückt“, „e<strong>in</strong>gemauert“ oder „abgeriegelt“ werde. Das sei hier angesichtsder Abstände der Gebäude zue<strong>in</strong>ander nicht der Fall. Die Antragstellerkönnten auch nicht verlangen, von E<strong>in</strong>blicken auf das eigeneGrundstück verschont zu bleiben. Solche E<strong>in</strong>blicksmöglichkeiten lägenvielmehr <strong>in</strong> der Natur der Sache und seien regelmäßig h<strong>in</strong>zunehmen.Allenfalls unter besonders gravierenden Umständen – die hier nichtgegeben seien – sei damit e<strong>in</strong>e Verletzung des Rücksichtnahmegebotesverbunden.Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde vor dem NiedersächsischenOberverwaltungsgericht zulässig.Verwaltungsgericht <strong>Hannover</strong>, 4 B 2329/13 und 4 B 2330/1311


Mai <strong>2013</strong>AngestellteArbeitszeitverr<strong>in</strong>gerung während Elternzeit: Auchnach e<strong>in</strong>vernehmlicher Elternteilzeitregelung nochzwei Mal beanspruchbarArbeitnehmer können nach dem Gesetz während der Gesamtdauer derElternzeit zwei Mal e<strong>in</strong>e Verr<strong>in</strong>gerung der Arbeitszeit beanspruchen,soweit ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>vernehmliche Regelung mit dem Arbeitgeber möglichist. Auf diesen Anspruch s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>vernehmliche Elternteilzeitregelungen,die der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber getroffen hat, nichtanzurechnen. Dies stellt das Bundesarbeitsgericht (BAG) klar.Die Kläger<strong>in</strong> ist seit 2006 bei der Beklagten <strong>in</strong> Vollzeit beschäftigt. Siebrachte am <strong>05</strong>.06.2008 e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d zur Welt und nahm zunächst für dieDauer von zwei Jahren bis zum 04.06.2010 Elternzeit <strong>in</strong> Anspruch. Am03.12.2008 vere<strong>in</strong>barten die Parteien die Verr<strong>in</strong>gerung der Arbeitszeitfür den Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.<strong>05</strong>.2009 auf wöchentlich15 Stunden und für die Zeit vom 01.06.2009 bis zum Ende der Elternzeitam 04.06.2010 auf wöchentlich 20 Stunden. Mit Schreiben vom07.04.2010 nahm die Kläger<strong>in</strong> ab dem <strong>05</strong>.06.2010 bis zur Vollendungdes dritten Lebensjahres ihres K<strong>in</strong>des erneut Elternzeit <strong>in</strong> Anspruchund beantragte gleichzeitig, wie bisher 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten.Die Beklagte lehnte dies ab.Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, das Angebot der Kläger<strong>in</strong>auf entsprechende Vertragsänderung anzunehmen. Das Landesarbeitsgericht(LAG) hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger<strong>in</strong> hatte Erfolg.Dem Anspruch auf Verr<strong>in</strong>gerung der Arbeitszeit stehe entgegen derAuffassung des LAG die Vere<strong>in</strong>barung der Parteien vom 03.12.2008nicht entgegen, so das BAG. E<strong>in</strong>vernehmliche Elternteilzeitregelungenseien nicht auf den Anspruch auf zweimalige Verr<strong>in</strong>gerung der Arbeitszeitanzurechnen.Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.<strong>2013</strong>, 9 AZR 461/11E<strong>in</strong> doppelter Haushalt setzt e<strong>in</strong>en „ersten“ zu HausevorausWill e<strong>in</strong> alle<strong>in</strong>stehender Arbeitnehmer, der sich am Beschäftigungsorte<strong>in</strong> Zimmer oder e<strong>in</strong>e Wohnung gemietet hat, dadurch entstehendeKosten für e<strong>in</strong>en „doppelten Haushalt“ steuerlich geltend machen, somuss er nachweisen, dass er „zu Hause“ e<strong>in</strong>en „eigenen Hausstand“unterhält, an dem er sowohl f<strong>in</strong>anziell als auch durch se<strong>in</strong>e persönlicheMitwirkung beteiligt ist.Das ist dem Steuerzahler hier nicht gelungen. E<strong>in</strong>e persönliche Mitwirkungbeschränkte sich auf die Mithilfe im Garten, bei Instandsetzungenund beim Kontrollieren der Abrechnungen sowie der gelegentlichenÜbernahme von E<strong>in</strong>käufen. Derartige Besorgungen stellen, sodas F<strong>in</strong>anzgericht Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz, „ke<strong>in</strong>en maßgeblichen Beitrag ander Führung e<strong>in</strong>es Hausstandes dar“, sondern seien vielmehr als üblichefamiliär bed<strong>in</strong>gte Hilfeleistungen an die Mutter zu qualifizieren.Auch habe sich der Sohn nicht <strong>in</strong> der „für e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Haushaltsführungtypischen und erforderlichen Weise“ f<strong>in</strong>anziell am Haushaltse<strong>in</strong>er Mutter beteiligt.FG Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz, 3 K 2338/09 vom 14.02.2012Arbeitszimmer: Betragsbegrenzung lässt sich nichtpro Person vervielfältigenDie Aufwendungen für e<strong>in</strong> häusliches Arbeitszimmer können unterzwei Bed<strong>in</strong>gungen abgezogen werden:• Begrenzung auf 1.250 Euro im Jahr, wenn ke<strong>in</strong> anderer Arbeitsplatzzur Verfügung steht, etwa bei Lehrern oder Außendienstmitarbeiternoder• Abzug der entstandenen Aufwendungen <strong>in</strong> voller und angemessenerHöhe, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamtenberuflichen oder betrieblichen Betätigung bildet – etwa bei Heimarbeitern.Der Höchstbetrag von 1.250 Euro im Jahr für den Abzug der Kostenfür e<strong>in</strong> häusliches Arbeitszimmer ist objekt- und nicht personenbezogenanzuwenden. Das hat das F<strong>in</strong>anzgericht Baden-Württembergentschieden (Az. 3 K 447/12). Das hat den Nachteil, dass die als Werbungskostenabziehbaren Aufwendungen für e<strong>in</strong> häusliches Arbeitszimmerdamit – unabhängig von der Zahl der den Raum nutzendenPersonen – auf den Betrag knapp von 1.250 Euro begrenzt ist.Im Urteil g<strong>in</strong>g es um den im Alltag nicht unüblichen Fall, dass e<strong>in</strong> Lehrerehepaardas häusliche Arbeitszimmer geme<strong>in</strong>sam nutzte und dieKosten hierfür für jeden Ehepartner separat geltend machte. Ihr Argument:Die Räumlichkeiten s<strong>in</strong>d besonders groß und dann führt die12


Schaufenster Steuernstrenge objektbezogene Betrachtung des Höchstbetrages zu e<strong>in</strong>emverfassungswidrigen Gleichheitsverstoß. Denn sofern sie e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>facheTrennwand e<strong>in</strong>ziehen würde, könnten sie den Abzugsbetrag glatt verdoppeln,<strong>in</strong>dem dann die zwei Partner jeweils e<strong>in</strong>en geteilten kle<strong>in</strong>erenRaum e<strong>in</strong>zeln nutzen.Nach Ansicht der Richter ist die Regelung trotzdem objektbezogenauszulegen. Der Gesetzgeber lässt den begrenzten Abzug der Aufwendungennämlich nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen zu, und den nach obenoffen unbegrenzten darüber h<strong>in</strong>aus nur <strong>in</strong> eng umgrenzten weiterenE<strong>in</strong>zelfällen. E<strong>in</strong>e Verdoppelung oder sogar e<strong>in</strong>e Vervielfachung des begrenztenjährlichen Abzugsbetrages pro Kopf würde dem unbegrenztenAbzug nahe kommen, obwohl die Deckelung der tatsächlichenAufwendungen beabsichtigt ist. Damit würde die Unterscheidung derbeiden Alternativen faktisch ausgehebelt. Dagegen spricht auch, dassRaumaufwendungen bei Benutzung durch mehrere Personen weitgehendidentisch s<strong>in</strong>d mit denjenigen, die bei der Nutzung durch nure<strong>in</strong>en Menschen entstehen. Zusatzkosten fallen bei der Mehrfachnutzunge<strong>in</strong>es Arbeitszimmers <strong>in</strong> der Praxis vor allem für die E<strong>in</strong>richtungsgegenständean und auf diese Aufwendungen erstreckt sich die Grenzenicht. PC oder Schreibtisch s<strong>in</strong>d nämlich als Arbeitsmittel absetzbar.Zwar würde Arbeitnehmern der Höchstbetrag zweimal gewährt, wennsie <strong>in</strong> ihrem Haus zwei Arbeitszimmer statt e<strong>in</strong>em nutzen. Ob sie jedochim eigenen Domizil zwei kle<strong>in</strong>eren Räume alle<strong>in</strong>e oder das größereZimmer geme<strong>in</strong>sam als Arbeitszimmer nutzen, ist letztendlich ihreprivate <strong>in</strong>dividuelle Entscheidung. Die unterschiedlichen Rechtsfolgens<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e verfassungswidrige Ungleichbehandlung, sondern e<strong>in</strong>e Folgevon unterschiedlichen Sachverhalten.Berufliche Nutzung der zweiten Wohnung <strong>in</strong> Zweifamilienhaus:Abzugsbeschränkungen für häuslichesArbeitszimmer greifenAufwendungen für die berufliche Nutzung der zweiten Wohnung, diesich im Obergeschoss e<strong>in</strong>es ausschließlich von dem Kläger und se<strong>in</strong>erFamilie genutzten Zweifamilienhauses bef<strong>in</strong>den, fallen unter dieAbzugsbeschränkung für e<strong>in</strong> häusliches Arbeitszimmer. Sie s<strong>in</strong>d somitlediglich pauschal <strong>in</strong> Höhe von 2.400 DM beziehungsweise 1.250 Eurosteuerlich zu berücksichtigen, wie der Bundesf<strong>in</strong>anzhof (BFH) entschiedenhat.Der Kläger erzielte E<strong>in</strong>künfte aus selbstständiger Arbeit als Erf<strong>in</strong>der.Für die Erstellung von Patenten benötigte er zahlreiche Unterlagenund umfangreiche Fachliteratur, sodass er e<strong>in</strong> ausschließlich beruflichgenutztes Büro unterhielt. Dieses befand sich im Obergeschoss desvon ihm und se<strong>in</strong>er Familie bewohnten Zweifamilienhauses. E<strong>in</strong>e direkteVerb<strong>in</strong>dung zwischen den zum Büro gehörenden Räumlichkeitenim Obergeschoss und dem Wohnbereich der Kläger im Erdgeschossbestand nicht. Der Zugang zum Obergeschoss war nur über e<strong>in</strong>en separatenTreppenaufgang möglich, der über e<strong>in</strong>e eigene E<strong>in</strong>gangstürverfügte.Der Kläger machte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>kommensteuererklärung die auf dieBüroräume entfallenden Aufwendungen <strong>in</strong> voller Höhe geltend. DasF<strong>in</strong>anzamt ließ dagegen nur die für e<strong>in</strong> häusliches Arbeitszimmer geltendePauschale zum Abzug zu. Vor Gericht argumentierte der Kläger,das Arbeitszimmer sei nicht „häuslich“ und unterfalle deshalb nicht derAbzugsbeschränkung. Das F<strong>in</strong>anzgericht folgte dem und gab der Klagestatt. Auf die Revision des F<strong>in</strong>anzamts hat der BFH das Urteil aufgehobenund die Klage abgewiesen.Der BFH rechnet das Arbeitszimmer noch dem häuslichen Bereich zu.Der für die Annahme der Häuslichkeit erforderliche Zusammenhangder beruflich und privat genutzten Räume entfalle erst, wenn das Arbeitszimmerüber e<strong>in</strong>e der Allgeme<strong>in</strong>heit zugängliche und auch vonanderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen sei. Hier seijedoch das gesamte Grundstück und Gebäude ausschließlich vomKläger und se<strong>in</strong>er Familie genutzt worden. Die baubed<strong>in</strong>gte räumlicheTrennung zwischen den beruflich und den privat genutzten Räumen seidamit nicht so stark ausgeprägt gewesen, dass der Zusammenhang zurhäuslichen Sphäre h<strong>in</strong>reichend gelöst gewesen sei.Bundesf<strong>in</strong>anzhof, Urteil vom 15.01.<strong>2013</strong>, VIII R 7/1013


Mai <strong>2013</strong>Familie undK<strong>in</strong>derK<strong>in</strong>dergeld darf gleichzeitig <strong>in</strong> mehreren EU-Staatenbezogen werdenUnionsbürger anderer Mitgliedstaaten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichenAufenthalt <strong>in</strong> Deutschland haben, können auch dann <strong>in</strong>Deutschland k<strong>in</strong>dergeldberechtigt se<strong>in</strong>, wenn sie weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> das Sozialsystemihres Heimatlandes e<strong>in</strong>gegliedert bleiben und auch dortK<strong>in</strong>dergeld beziehen. In diesen Fällen ist das deutsche K<strong>in</strong>dergeld allerd<strong>in</strong>gsum die ausländischen Leistungen zu kürzen, wie das KölnerF<strong>in</strong>anzgericht (FG) <strong>in</strong> drei Urteilen entschieden hat.Das FG stützt sich hier<strong>in</strong> auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs(EuGH) vom 12.06.2012 (C-611/10 und C-612/10). Gegenstand diesesUrteils waren die K<strong>in</strong>dergeldansprüche e<strong>in</strong>es von Polen nach Deutschlandentsandten Arbeitnehmers und e<strong>in</strong>es polnischen Saisonarbeiters.Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, dass entsandte Arbeitnehmerund Saisonarbeiter aus Polen und anderen EU-Ländern nicht deshalbgänzlich vom K<strong>in</strong>dergeld <strong>in</strong> Deutschland ausgeschlossen werden dürften,weil sie <strong>in</strong> ihrem Heimatland vergleichbare Familienleistungenerhielten. Dies verstoße gegen die im EU-Vertrag garantierten Freizügigkeitsrechte.Das FG Köln vertritt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Urteilen die Auffassung, dass der Anwendungsbereichdieser EuGH-Entscheidung nicht auf die entschiedenenFallkonstellationen beschränkt sei. Vielmehr gölten diese Grundsätzeauch und erst Recht für andere als entsandte oder nur saisonal beschäftigteArbeitnehmer, wenn diese von ihrem FreizügigkeitsrechtGebrauch gemacht und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltnach Deutschland verlegt hätten. § 65 des E<strong>in</strong>kommensteuergesetzes,der e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>ländischen K<strong>in</strong>dergeldanspruch im Falle des Bezuges ausländischerFamilienleistungen ausschließt, verstößt nach Auffassungdes FG gegen die im EU-Vertrag garantierten Freizügigkeitsrechte.Diese Vorschrift sei daher dah<strong>in</strong>gehend auszulegen, dass das deutscheK<strong>in</strong>dergeld lediglich um die ausländischen Familienleistungen gekürztwerden dürfe.Das FG hat gegen die Urteile die Revision beim Bundesf<strong>in</strong>anzhof zugelassen.F<strong>in</strong>anzgericht Köln, Urteile vom 30.01.<strong>2013</strong>, 15 K 47/09, 15 K 930/09und 15 K 2<strong>05</strong>8/09Unterhaltsanspruch e<strong>in</strong>es m<strong>in</strong>derjährigen K<strong>in</strong>des:Ausbildungsvergütung verm<strong>in</strong>dert ihn mit Beg<strong>in</strong>n desMonats der ersten AuszahlungDie Ausbildungsvergütung verm<strong>in</strong>dert den Unterhaltsanspruch desm<strong>in</strong>derjährigen K<strong>in</strong>des gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil mitBeg<strong>in</strong>n des Monats, <strong>in</strong> dem sie erstmals ausgezahlt wird. Das hat dasOberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden.Der Antragsteller hatte sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Urkunde des Jugendamtes verpflichtet,se<strong>in</strong>er 1993 geborenen Tochter, der Antragsgegner<strong>in</strong>, biszur Vollendung des 21. Lebensjahres monatlich Unterhalt zu zahlen.Nachdem se<strong>in</strong>e Tochter im August 2012 e<strong>in</strong>e Lehre zur Bankkauffraubegonnen hatte, me<strong>in</strong>te er, ab dem 01.08.2012 ke<strong>in</strong>en Unterhalt mehrzu schulden, weil se<strong>in</strong>e Tochter e<strong>in</strong>e den Unterhaltsanspruch übersteigendeAusbildungsvergütung erhalte. Demgegenüber vertrat dieAntragsgegner<strong>in</strong> die Ansicht, für August 2012 noch Unterhalt beanspruchenzu können, weil die Ausbildungsvergütung nachschüssig zumMonatsende gezahlt werde und e<strong>in</strong>e Zahlungspflicht des Antragstellerserst zu diesem Zeitpunkt entfallen könne.Das OLG Hamm hat dem Vater Recht gegeben. Der K<strong>in</strong>desunterhaltsanspruche<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>derjährigen gegen den barzahlungspflichtigenElternteil entfalle ab dem Beg<strong>in</strong>n des Monats, <strong>in</strong> dessen Verlauf dieerste (den Unterhaltsanspruch übersteigende) Ausbildungsvergütunggezahlt werde. Das folge aus § 1602 des Bürgerlichen Gesetzbuches(BGB) und der Systematik weiterer unterhaltsrechtlicher Vorschriftendieses Gesetzes. Nach § 1602 BGB sei der Bedürftigkeit des UnterhaltsberechtigtenRechnung zu tragen. Deswegen sei e<strong>in</strong> faktischesUnvermögen zur Deckung des eigenen Lebensbedarfs bis zur tatsächlichenZahlung des ersten E<strong>in</strong>kommens zu berücksichtigen. Das bedeuteaber nicht, dass die Auszahlung der Vergütung während e<strong>in</strong>es Monatsden Unterhaltsanspruch für diesen Monat noch <strong>in</strong> voller Höhe unberührtlasse. Abgesehen davon, dass der Bedarf des K<strong>in</strong>des dann doppeltgedeckt werde, sei zu beachten, dass E<strong>in</strong>kommen nicht stichtagbezogen,sondern auf den jeweils maßgeblichen Zeitraum bezogen berücksichtigtwürden. Deswegen sei die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Monat gezahlte Vergütungfür den gesamten Monat bedarfsdeckend anzurechnen.Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 23.01.<strong>2013</strong>, 3 UF 245/12,rechtskräftig14


Schaufenster SteuernStreit um Studienplatz: Ke<strong>in</strong>e außergewöhnlicheBelastungWer sich vor Gericht e<strong>in</strong>en Studienplatz erkämpft, darf die Kosten fürden Zivilprozess nicht als außergewöhnliche Belastung geltend machen.Das entschied das FG Düsseldorf im Fall e<strong>in</strong>es Vaters, der fürse<strong>in</strong>e Tochter e<strong>in</strong>en Studienplatz im Fach Psychologie erkämpft hatte.Die dabei entstandenen Prozess- und Anwaltskosten <strong>in</strong> Höhe von6.383 Euro machte er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Steuererklärung als außergewöhnlicheBelastung geltend.Das F<strong>in</strong>anzamt erkannte die Kosten nicht an, und auch vor dem FGMünster hatte der Vater ke<strong>in</strong>en Erfolg.Zwar gibt es e<strong>in</strong> Urteil des BFH, das besagt, dass Kosten e<strong>in</strong>es Zivilprozesses– unabhängig von dessen Gegenstand – bei den außergewöhnlichenBelastungen zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d (Az. VI R 42/10). Leider gibtes zu diesem Urteil aber auch e<strong>in</strong> BMF-Schreiben, aus dem hervorgeht,dass das Urteil nicht über den entschiedenen E<strong>in</strong>zelfall h<strong>in</strong>aus anwendbarist (Az. IV C 4 – S 2284/07/0031:002).Im jetzt entschiedenen Fall handelt es sich bei den Anwalts- und Prozesskostenum Aufwendungen für die Berufsausbildung der Tochteri.S.v. § 33a Abs. 1 EStG: E<strong>in</strong>e Berufsausbildung liegt demnach auchdann vor, wenn das K<strong>in</strong>d des Steuerpflichtigen nach Schulabschlussund der dadurch erlangten Hochschulreife e<strong>in</strong> Erststudium absolviert.Zu den Aufwendungen für die Berufsausbildung gehören auch vorabentstandene Aufwendungen, die vom Steuerpflichtigen zum Zweckgetätigt werden, dem K<strong>in</strong>d die von ihm gewünschte Art der Berufsausbildungzu ermöglichen.Der Vater wollte hier außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStGberücksichtigt wissen – die Anwendung dieser Vorschrift scheidet aberaus, wenn die f<strong>in</strong>anzielle Belastung bereits durch die Vorschrift des §33a Abs. 1 EStG abgefangen wird. Das bestimmt § 33a Abs. 4 EStG.Kann § 33 EStG vielleicht ausnahmsweise angewendet werden? Ist derKampf um e<strong>in</strong>en Studienplatz vor Gericht dafür ungewöhnlich genug,liegen also eventuell Kosten vor, die für e<strong>in</strong>e Ausbildung untypischs<strong>in</strong>d?Ne<strong>in</strong>, sagten die Richter: Zwar ist es bereits vorgekommen, dass dieRechtsprechung außergewöhnliche Unterhaltskosten als außergewöhnlicheBelastung i.S.v. § 33 EStG angesehen hat. Die Richter ausDüsseldorf schlossen sich jedoch der bisherigen Rechtsprechung an,nach der die hier entstandenen Kosten ihrer Art nach nicht so ungewöhnlichs<strong>in</strong>d, dass sie aus dem Rahmen der durch die Pauschalregelungdes § 33a Abs. 1 EStG abgegoltenen Ausbildungskosten fallenwürden.Allerd<strong>in</strong>gs sche<strong>in</strong>en sie sich ihrer Sache nicht zu 100% sicher zu se<strong>in</strong>und haben die Revision zum BFH zugelassen (FG Düsseldorf vom14.1.<strong>2013</strong>, 11 K 1633/12 E).Unterhalt: Aus dem erlernten Beruf darf e<strong>in</strong> fiktivesGehalt berechnet werdenIst e<strong>in</strong> Mann se<strong>in</strong>en m<strong>in</strong>derjährigen K<strong>in</strong>dern zu Unterhalt verpflichtet,übt er aber se<strong>in</strong>en erlernten Beruf nicht aus, so darf e<strong>in</strong> fiktives Gehaltaus dieser erlernten Tätigkeit (hier g<strong>in</strong>g es um den Beruf des Kraftfahrers)ermittelt werden.Im konkreten Fall vor dem Oberlandesgerichts Hamm konnte e<strong>in</strong> Vatervon zwei 13- und 14-jährigen K<strong>in</strong>dern nicht nachweisen, dass er sichum e<strong>in</strong>en Job bemüht hatte, der se<strong>in</strong>en Fähigkeiten entspricht. Alsodürfe e<strong>in</strong> theoretisch erzielbares E<strong>in</strong>kommen angerechnet werden, erklärtendie Richter.Bis zur Trennung hatte der Mann als Berufskraftfahrer gearbeitet, 2011wanderte er nach Südamerika aus und verweigerte dann die Zahlungmit dem H<strong>in</strong>weis auf se<strong>in</strong> dort erzieltes niedriges E<strong>in</strong>kommen. Er habese<strong>in</strong>en Wohnort „ohne Notwendigkeit“ gewechselt, so die Auffassungdes Gerichts.OLG Hamm, 2 UF 53/1215


Mai <strong>2013</strong>Arbeit,Ausbildung &SozialesKrankheit im Pflegeheim kann sparen helfen – dasAlter alle<strong>in</strong> nichtWer altersbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Altersheim untergebracht ist, dem entstehendort „übliche Aufwendungen der Lebensführung“, die durch dieallgeme<strong>in</strong>en Steuerregeln abgegolten s<strong>in</strong>d. Ist jedoch e<strong>in</strong>e KrankheitGrund für den Aufenthalt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Heim, so gelten die Aufwendungenfür die Unterbr<strong>in</strong>gung als Krankheitskosten, die steuerlich als außergewöhnlicheBelastung absetzbar s<strong>in</strong>d.Hier g<strong>in</strong>g es um e<strong>in</strong>en Mann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sozial-therapeutischen E<strong>in</strong>richtungfür geistig beh<strong>in</strong>derte Menschen. Er erzielte neben e<strong>in</strong>er Rente fürse<strong>in</strong>e Tätigkeit dort Arbeitsentgelt, ferner E<strong>in</strong>künfte aus Gewerbebetriebund Kapitalvermögen.Für se<strong>in</strong>e Unterbr<strong>in</strong>gung im Heim hatte er 20.420 Euro bezahlt, dieer steuerlich absetzen wollte. Zu Recht, so der Bundesf<strong>in</strong>anzhof, deres auch – anders als das F<strong>in</strong>anzamt – nicht für erforderlich hielt, dasse<strong>in</strong> Amtsarzt die Notwendigkeit der Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> dem Heim fürerforderlich hielt; das Gutachten e<strong>in</strong>es „fachkundigen Arztes“ – wiehier – reiche aus.BFH, VI R 14/09 vom 09.12.2010Arbeitsunfall: Nicht bei Armbruch während RaucherpauseWer sich auf dem Rückweg von der Raucherpause zum Arbeitsplatzverletzt, erleidet ke<strong>in</strong>en Arbeitsunfall und steht damit nicht unterdem Schutz der Unfallversicherung. Das Sozialgericht (SG) Berl<strong>in</strong> hatentschieden, dass das Rauchen e<strong>in</strong>e persönliche Angelegenheit ohnesachlichen Bezug zur Berufstätigkeit ist. Das Urteil ist noch nichtrechtskräftig. Es kann mit der Berufung angefochten werden.Die Kläger<strong>in</strong> arbeitete als Pflegehelfer<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Berl<strong>in</strong>er Seniorenheim.Im Januar 2012 g<strong>in</strong>g sie wegen des im Gebäude geltendenRauchverbots auf e<strong>in</strong>e Zigarette vor die Tür. Auf dem Rückweg zu ihremArbeitsplatz stieß sie <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>gangshalle mit dem Hausmeisterzusammen. Dieser verlor e<strong>in</strong>en Eimer Wasser, die Kläger<strong>in</strong> rutschteaus und brach sich den rechten Arm. Die Kläger<strong>in</strong> me<strong>in</strong>t, dass es sichum e<strong>in</strong>en Arbeitsunfall handelte. Sie sei am Arbeitsplatz gestürzt. DenWeg durch die E<strong>in</strong>gangshalle würde sie täglich mehrmals bei allenmöglichen Gelegenheiten zurücklegen. Dass sie <strong>in</strong> diesem Fall vomRauchen zurückgekommen sei, dürfe ke<strong>in</strong>e Rolle spielen. Die beklagteBerufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung e<strong>in</strong>es Arbeitsunfalls ab.Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem SG Berl<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>en Erfolg.Der Weg von und zur Raucherpause sei nicht der unfallversicherungsrechtlichgeschützten Tätigkeit zuzurechnen. Es sei die freie Privatentscheidungder Kläger<strong>in</strong>, ob sie zum Rauchen gehe oder nicht. E<strong>in</strong> Bezugzur beruflichen Tätigkeit bestehe nicht. Das Rauchen sei <strong>in</strong>sbesonderenicht mit der Nahrungsaufnahme vergleichbar. Essen und Tr<strong>in</strong>ken seienunter anderem notwendig, um die Arbeitskraft aufrechtzuerhalten.Beim Rauchen handele es sich h<strong>in</strong>gegen um den Konsum e<strong>in</strong>es Genussmittelsund damit um e<strong>in</strong>e Handlung aus dem persönlichen, nichtdem beruflichen Lebensbereich. Deshalb sei zwar der Weg zur Kant<strong>in</strong>eversichert, nicht aber der Weg zur Raucherpause.Sozialgericht Berl<strong>in</strong>, Urteil vom 23.01.<strong>2013</strong>, S 68 U 577/12, nichtrechtskräftigHerkömmliches Tandem ist ke<strong>in</strong> Hilfsmittel im S<strong>in</strong>neder gesetzlichen KrankenversicherungE<strong>in</strong> herkömmliches Tandem ist ke<strong>in</strong> Hilfsmittel im S<strong>in</strong>ne der gesetzlichenKrankenversicherung. Dies hat das Sozialgericht (SG) Ma<strong>in</strong>zentschieden und den Antrag e<strong>in</strong>es an e<strong>in</strong>er spastischen Tetrapareseleidenden Klägers auf Erstattung der Kosten für e<strong>in</strong> serienmäßig hergestelltesTandem abgelehnt.Der behandelnde Arzt hatte dem m<strong>in</strong>derjährigem Kläger zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>galternierender Bewegungsabläufe, Verbesserung der physiologischenBewegungsmuster und Tonusregulation e<strong>in</strong> Tandem verordnet, beiwelchem der vordere Fahrer <strong>in</strong> halb liegender Position die Be<strong>in</strong>e nachvorne h<strong>in</strong> bewegt, während der h<strong>in</strong>tere Fahrer die klassische sitzendePosition e<strong>in</strong>nimmt. Der Kläger erwarb daraufh<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em herkömmlichenFahrradladen e<strong>in</strong> entsprechendes, serienmäßig hergestelltesTandem. Se<strong>in</strong>en Antrag auf Erstattung der Kosten lehnte die beklagteKrankenkasse ab – zu Recht, wie das SG Ma<strong>in</strong>z entschied.Bei dem Tandem handele es sich um e<strong>in</strong>en „Gebrauchsgegenstand destäglichen Lebens“, so das Gericht. Zwar hätten Versicherte grundsätzliche<strong>in</strong>en Anspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse auf dieGewährung von Hilfsmitteln. Nach der gesetzlichen Regelung bestehe16


Schaufenster Steuerndieser Anspruch jedoch nur, soweit die Hilfsmittel nicht als Gebrauchsgegenständedes täglichen Lebens anzusehen s<strong>in</strong>d.E<strong>in</strong> Gegenstand sei e<strong>in</strong> Hilfsmittel, wenn er se<strong>in</strong>er Konzeption nach derSicherung des Erfolgs e<strong>in</strong>er Krankenbehandlung oder der Vorbeugungoder dem Ausgleich e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung dient. Sei dies nicht der Fall,müsse der Gegenstand zum<strong>in</strong>dest den Bedürfnissen erkrankter oderbeh<strong>in</strong>derter Menschen besonders entgegenkommen und von körperlichnicht bee<strong>in</strong>trächtigten Menschen praktisch nicht genutzt werden.Das Bundessozialgericht habe diesbezüglich bereits entschieden, dassFahrräder <strong>in</strong> Form des üblichen Zweirades und serienmäßig hergestellteLiegedreiräder als Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens zubewerten s<strong>in</strong>d. Etwas anderes könne nur gelten, wenn es sich um e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>dividuell für den beh<strong>in</strong>derten Menschen angefertigte Konstruktionhandele.Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung urteilte das SG, dassauch das von dem Kläger erworbene, serienmäßig hergestellte Tandeme<strong>in</strong>en Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt und wiesdie Klage ab.Sozialgericht Ma<strong>in</strong>z, Urteil vom 25.02.<strong>2013</strong>, S 14 KR 379/12, nichtrechtskräftigFettabsaugung: Krankenkasse muss Kosten nichtübernehmenE<strong>in</strong>e Fettabsaugung gehört grundsätzlich nicht zu den Kassenleistungen,die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbr<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>d.Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg im Falle<strong>in</strong>er an Übergewicht leidenden Frau entschieden, die sich ihre Fettdepotsan den Oberschenkeln mittels Absaugung entfernen lassenwollte.Die gesetzlich krankenversicherte Kläger<strong>in</strong> leidet an e<strong>in</strong>er Fettverteilungsstörungim Bereich des Gesäßes und beider Oberschenkel (sogenannteReiterhose). Sie wiegt 91 Kilogramm bei e<strong>in</strong>er Körpergrößevon 1,57 Meter. Durch Sport und e<strong>in</strong>e Ernährungsumstellung war es ihrgelungen, ihr Körpergewicht um mehr als 10 Kilogramm zu reduzieren.An den Oberschenkeln hatte sich jedoch ke<strong>in</strong>e Veränderung gezeigt.Deshalb beantragte die 56-Jährige bei ihrer Krankenkasse die Übernahmeder Kosten für e<strong>in</strong>e Fettabsaugung. Sie leide unter erheblichenSchmerzen an den Oberschenkeln und schäme sich wegen ihres Aussehens.E<strong>in</strong>e Fettabsaugung sei als e<strong>in</strong>zige zielführende Behandlungsmöglichkeitnicht nur kosmetisch, sondern auch mediz<strong>in</strong>isch <strong>in</strong>diziert.Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme ab. Da die Fettverteilungsstörungke<strong>in</strong>e Funktionse<strong>in</strong>schränkungen nach sich ziehe, seike<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische Indikation für e<strong>in</strong>e Fettabsaugung gegeben. Außerdemsei diese Behandlungsmethode nicht als Kassenleistung zugelassen.Der für die Zulassung zuständige Bundesausschuss habe diehierfür erforderliche Empfehlung nicht abgegeben.Das LSG bestätigte – wie schon die Vor<strong>in</strong>stanz – die Ansicht der Krankenkasse.Die Fettabsaugung genüge nach dem derzeitigen Stand derwissenschaftlichen Forschung nicht den Qualitätsanforderungen. Zudemsei e<strong>in</strong>e nachhaltige Wirksamkeit dieser Behandlungsmethodenicht ausreichend belegt. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund verbiete vor allemdas mit e<strong>in</strong>em solchen E<strong>in</strong>griff verbundene erhebliche Gesundheitsrisikofür die Kläger<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Übernahme der Kosten durch die gesetzlicheKrankenversicherung.Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 01.03.<strong>2013</strong>, L 4KR 3517/11E<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong>ee-Programm soll E<strong>in</strong>stieg für „Frischl<strong>in</strong>ge“se<strong>in</strong>E<strong>in</strong> Mann hatte sich auf e<strong>in</strong>e Berufse<strong>in</strong>steiger-Maßnahme e<strong>in</strong>er Versicherungsgesellschaftbeworben und war mit dem H<strong>in</strong>weis abgelehntworden, dass se<strong>in</strong> Studienabschluss mehr als e<strong>in</strong> Jahr zurückliege. Daraufh<strong>in</strong>verklagte er das Unternehmen auf Altersdiskrim<strong>in</strong>ierung.Die Richter des Hessischen Landesarbeitsgerichtes konnten ihm allerd<strong>in</strong>gske<strong>in</strong>e Aufnahme <strong>in</strong> das Programm zusprechen. Zwar sei die Stellenausschreibungmittelbar diskrim<strong>in</strong>ierend. Das Unternehmen habejedoch e<strong>in</strong> berechtigtes Interesse daran, Menschen ohne praktischeErfahrungen e<strong>in</strong>zustellen. Denn nur wenn die Bewerber „frisch von derUni“ kämen, sei das Ziel, erste berufliche E<strong>in</strong>stiegschancen im Rahmendes Tra<strong>in</strong>ee-Programmes anzubieten, gewährleistet.Hessisches LAG, 7 Sa 615/1117


Mai <strong>2013</strong>Bauen undWohnenLeben im Pflegeheim: Kosten der Mietwohnung s<strong>in</strong>dnicht bei der Steuer absetzbarBei Kündigung der Mietwohnung wegen der anstehenden Unterbr<strong>in</strong>gung<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Pflegeheim können die Mietzahlungen für die Monateder e<strong>in</strong>zuhaltenden Kündigungsfrist nicht als außergewöhnliche Belastungabgezogen werden. Das hat das F<strong>in</strong>anzgericht Rhe<strong>in</strong>land-Pfalzklargestellt (Az.: 5 K 2017/10).Dabei hatte sich das F<strong>in</strong>anzgericht (FG) mit der Frage beschäftigt, obMietzahlungen, die e<strong>in</strong>e alle<strong>in</strong>stehende und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Pflegeheim untergebrachtePerson trotz Kündigung der Mietwohnung – wegen dere<strong>in</strong>zuhaltenden Kündigungsfrist – entrichten muss, als sog. außergewöhnlicheBelastung nach § 33 E<strong>in</strong>kommensteuergesetz (EStG) berücksichtigtwerden können.Die im Jahre 1926 geborene Frau machte <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>kommensteuererklärungfür das Jahr 2009 Aufwendungen für die Weiterzahlung derMiete ihrer gekündigten Wohnung bis zum Ende der gesetzlichen Kündigungsfrist<strong>in</strong> Höhe von 830 Euro geltend. Zur Begründung führte sieaus, im Mai 2009 sei sie operiert worden. Ihr Gesundheitszustand seidanach so schlecht gewesen, dass sie sich nur noch <strong>in</strong> Krankenhäusernund Reha-Kl<strong>in</strong>iken habe aufhalten können. Seit August 2009 sei sie <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Pflegeheim untergebracht. Da sie nicht mehr <strong>in</strong> ihre Wohnunghabe zurückkehren können, sei sie gezwungen gewesen, ihr Mietverhältniszu kündigen. Wegen der e<strong>in</strong>zuhaltenden Kündigungsfrist habesie noch für mehrere Monate Miete zahlen müssen, trotz leer stehenderWohnung.Das F<strong>in</strong>anzamt berücksichtigte zwar die Heimkosten, nicht h<strong>in</strong>gegendie Mietzahlungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG.Die berechneten sich nach dem nicht von dritter Seite nicht erstatteteneigenen Aufwand abzüglich der zumutbaren Eigenbelastung.E<strong>in</strong>spruch und Klage der Frau gegen diese Vorgehensweise blieben erfolglos,denn auch das F<strong>in</strong>anzgericht teilte die Auffassung des F<strong>in</strong>anzamtes.Das FG führte zur Begründung aus, die Kosten für den krankheitsbed<strong>in</strong>gtenAufenthalt im Alten- bzw. Pflegeheim stellten zwar grundsätzliche<strong>in</strong>e außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG dar. Dieüblichen Aufwendungen der Lebensführung seien allerd<strong>in</strong>gs aus demAnwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Demzufolge s<strong>in</strong>ddie Kosten der Heimunterbr<strong>in</strong>gung regelmäßig um die ersparten Verpflegungs-und Unterbr<strong>in</strong>gungskosten (sog. Haushaltsersparnis) zukürzen. Von dieser Kürzung um die Haushaltsersparnis ist allerd<strong>in</strong>gsabzusehen, solange e<strong>in</strong> Pflegebedürftiger se<strong>in</strong>en normalen Haushaltbeibehält. Denn dann bleibt er – trotz der Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emPflegeheim – mit den Fixkosten des Hausstandes wie Miete oder Z<strong>in</strong>saufwendungen,Grundgebühr für Strom, Wasser und die sonstigenlaufenden Kosten sowie Re<strong>in</strong>igungskosten belastet.Auch im zugrunde liegenden Streitfall hat daher das beklagte F<strong>in</strong>anzamtzu Recht ke<strong>in</strong>e Kürzung der Heimkosten um die Haushaltsersparnisvorgenommen. Die von der Betroffenen darüber h<strong>in</strong>aus begehrteBerücksichtigung der Mietzahlung für den Monat Dezember 2009als außergewöhnliche Belastung würde somit e<strong>in</strong>e ungerechtfertigteDoppelbegünstigung bewirken. Das ist daher nicht zulässig, resümiertendie Richter und ließen ke<strong>in</strong>e Revision gegen das Urteil zu.Bauzaun: Umfallen begründet Ansche<strong>in</strong>sbeweis fürunzureichende SicherungE<strong>in</strong> ordnungsgemäß gesicherter Bauzaun muss sämtlichen Witterungsbed<strong>in</strong>gungen,auch W<strong>in</strong>dböen, standhalten. Alle<strong>in</strong> schon durchdas Umfallen des Zaunes besteht e<strong>in</strong> Ansche<strong>in</strong>sbeweis für e<strong>in</strong>e unzureichendeSicherung. Hierauf weist das Amtsgericht (AG) Münchenh<strong>in</strong>.Im November 2010 fuhr der Kläger mit se<strong>in</strong>em Auto an e<strong>in</strong>er Baustellevorbei, die durch e<strong>in</strong>en 20 Meter langen Bauzaun abgesichert war.Der Zaun stürzte plötzlich auf die Fahrbahn und beschädigte den Pkw.Es entstand e<strong>in</strong> Schaden <strong>in</strong> Höhe von 1.500 Euro. H<strong>in</strong>zu kamen nochSachverständigenkosten <strong>in</strong> Höhe von 386 Euro sowie die Kosten füre<strong>in</strong> Ersatzfahrzeug von 556 Euro, das der Kläger während der Reparaturgemietet hatte. Den Schaden wollte der Kläger von der Baufirmaersetzt bekommen. Diese hatte vom Bauherrn e<strong>in</strong>en Generalauftragerhalten, der auch die Baustellene<strong>in</strong>richtung umfasste. Die Baufirmaweigerte sich jedoch. Sie habe ihre Sicherungspflicht auf e<strong>in</strong>e andereFirma übertragen, die immer zuverlässig gewesen sei. Die eigenen Mitarbeiterseien zudem jeden Dienstag auf der Baustelle gewesen. Außerdemsei der Zaun ordnungsgemäß aufgestellt worden. Mit e<strong>in</strong>emSturm habe man nicht rechnen können.18


Schaufenster SteuernDas AG München gab dem Kläger Recht. Es befand, dass die Baufirmaihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Die allgeme<strong>in</strong>e Verkehrssicherungspflichttreffe denjenigen, der e<strong>in</strong>e Gefahrenquelle schaffe.Da die Beklagte als Baufirma auf der Baustelle tätig gewesen sei, habesie e<strong>in</strong>e tatsächliche Gefahr eröffnet. Die Verkehrssicherungspflichthabe die Beklagte zwar übertragen. Das entb<strong>in</strong>de sie jedoch nicht vonder Pflicht zur Kontrolle und Überwachung. Auch wenn die andere Firmabislang zuverlässig gewesen sei, entfielen diese Pflichten nicht.Der Kontroll- und Überwachungspflicht sei die Baufirma nicht h<strong>in</strong>reichendnachgekommen. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige Kontrolle pro Woche reichenicht aus. Dass der Zaun nicht ausreichend gesichert gewesen sei, folgeschon aus der Tatsache, dass er umgestürzt sei. E<strong>in</strong> ordnungsgemäßgesicherter Bauzaun müsse sämtlichen Witterungsbed<strong>in</strong>gungen, auchW<strong>in</strong>dböen, standhalten. Alle<strong>in</strong> das Umfallen des Zaunes begründe bereitse<strong>in</strong>en Ansche<strong>in</strong>sbeweis für e<strong>in</strong>e unzureichende Sicherung. DiesenAnsche<strong>in</strong>sbeweis habe die Baufirma nicht entkräften können. Vielmehrhätten Lichtbilder gezeigt, dass die Zaunelemente nicht mittig <strong>in</strong>der Betonsockeln gestanden hätten, sondern <strong>in</strong> den äußeren Löchernauf der Seite der Fahrbahn. Dadurch sei ke<strong>in</strong>e gleichmäßige Gewichtsverteilungvorhanden gewesen.Amtsgericht München, Urteil vom 26.04.2012, 244 C 23760/11,rechtskräftigSchwarzgeldabrede schließt Gewährleistung fürmangelhafte Handwerkerleistungen ausIst vere<strong>in</strong>bart, dass Handwerkerleistungen ohne Rechnung erbrachtwerden, damit der Umsatz den Steuerbehörden verheimlicht werdenkann (Schwarzgeldabrede), kann der Auftraggeber der Leistungen vondem Unternehmer ke<strong>in</strong>e Gewährleistung verlangen. Das Oberlandesgericht(OLG) Schleswig-Holste<strong>in</strong> weist darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> solchen Fällender geschlossene Vertrag <strong>in</strong>sgesamt nichtig ist.Im zugrunde liegenden Fall hatten die Parteien e<strong>in</strong>en Werkvertrag überPflasterarbeiten geschlossen. Der Beklagte sollte für 1.800 Euro e<strong>in</strong>eetwa 170 Quadratmeter große Auffahrt auf dem Grundstück der Kläger<strong>in</strong>neu pflastern. Die Kläger<strong>in</strong> stellte das Material. Die Auffahrt sollteden Belastungen durch das Befahren mit e<strong>in</strong>em Lkw standhalten.Die Parteien sprachen ab, dass die Arbeiten ohne Rechnung erbrachtwerden. Kurz nach Durchführung der Pflasterung traten Unebenheitenauf. Der Beklagte bearbeitete daraufh<strong>in</strong> die Fläche mit e<strong>in</strong>em Rüttler,allerd<strong>in</strong>gs ohne Erfolg. Nach Feststellungen e<strong>in</strong>es Sachverständigenhatte der Beklagte die Sandschicht unterhalb der Pflasterste<strong>in</strong>e zu dickausgeführt. Die Kläger<strong>in</strong> verlangte daraufh<strong>in</strong> vom Beklagten die Erstattungder Kosten <strong>in</strong> Höhe von mehr als 6.000 Euro für die Beseitigungder Unebenheiten.Die Klage blieb erfolglos. Die Parteien hätten gegen die Vorschriftendes Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung(SchwarzArbG) verstoßen, so das OLG. Sie hätten vere<strong>in</strong>bart,dass die Werkleistung ohne Rechnung erbracht wird, damitder entsprechende Umsatz den Steuerbehörden verheimlicht werdenkann. Der Verstoß gegen das Verbotsgesetz des § 1 Abs. 2 Schwarz-ArbG führe zur Nichtigkeit des gesamten Werkvertrags. In der „Ohne-Rechnung-Abrede“liege die Vorbereitung e<strong>in</strong>er späteren Steuerh<strong>in</strong>terziehung.Die Abrede wirke sich unmittelbar auf die Höhe desvere<strong>in</strong>barten Werklohns aus, der voraussichtlich niedriger ausfällt,als wenn er bei Abführung der anfallenden Steuer vere<strong>in</strong>bart wordenwäre. Da die Preisabrede und damit e<strong>in</strong> entscheidender Bestandteildes gegenseitigen Vertrages nichtig sei, erfasse die Nichtigkeit den gesamtenVertrag.Dies führe dazu, dass der klagenden Auftraggeber<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e vertraglichenGewährleistungsansprüche zustehen, und zwar auch nicht aus Treuund Glauben. Anderenfalls würde der Zweck des SchwarzArbG umgangen.Die Auftraggeber<strong>in</strong> würde ke<strong>in</strong> Risiko aus dem Gesetzesverstoßtragen, obwohl sie durch die beabsichtigte Steuerh<strong>in</strong>terziehung e<strong>in</strong>enPreisvorteil erzielt und so gerade Interesse an der Schwarzgeldabredehat. Weder die Auftraggeber<strong>in</strong> ersche<strong>in</strong>e schutzwürdig noch verhaltesich der beklagte Unternehmer widersprüchlich, wenn er sich auf dieNichtigkeit des Vertrages beruft. Schließlich würde man den Parteien,die sich durch die Vertragsgestaltung außerhalb der Rechtsordnunggestellt haben, ansonsten dennoch e<strong>in</strong>en gerichtlich durchsetzbarenAnspruch zubilligen.Oberlandesgericht Schleswig-Holste<strong>in</strong>, Urteil vom 21.12.2012, 1 U1<strong>05</strong>/11, nicht rechtskräftig19


Mai <strong>2013</strong>Ehe, Familieund ErbenZugew<strong>in</strong>nausgleich: Wann die Höhe der Forderungberechnet wirdDie meisten Ehen bestehen im gesetzlichen Güterstand der Zugew<strong>in</strong>ngeme<strong>in</strong>schaft.Der seit der Hochzeit angesammelte Zugew<strong>in</strong>n wird beie<strong>in</strong>er Scheidung unter den Partnern ausgeglichen. Dies unterwirft dasF<strong>in</strong>anzamt zwar nicht der Schenkungsteuer und die Zahlung von Geldbeträgenunterliegt auch nicht der E<strong>in</strong>kommensteuer. Dennoch s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>diesem Zusammenhang e<strong>in</strong>ige Besonderheiten zu beachten.Relevant ist <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie zunächst das Zivilrecht, denn nach dem BGBberechnet sich der Zugew<strong>in</strong>n. E<strong>in</strong> aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs(Az. XII ZR 80/10) ist <strong>in</strong>teressant für die Scheidungspraxis. Zudemist durch die Neuregelung im BGB der Stichtag für die Begrenzung derZugew<strong>in</strong>nausgleichsforderung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeitdes Scheidungsantrags vorverlegt worden. Diese Verschiebung begründetaber nach Ansicht der Richter ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>schränkende Auslegungdah<strong>in</strong>gehend, dass bei e<strong>in</strong>em vom Ausgleichspflichtigen nicht zu verantwortendenVermögensverlust e<strong>in</strong>e Begrenzung <strong>in</strong> Betracht kommt.Im zugrunde liegenden Fall machte der Ausgleichsschuldner geltend,er habe nur noch e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>i-Vermögen besessen und sei <strong>in</strong>zwischenfaktisch vermögenslos. Der Wert se<strong>in</strong>es Aktiendepots sei gefallen undihm seien aufgrund der vielen Verfahren erhebliche Mehraufwendungenangefallen, die er nicht von se<strong>in</strong>em laufenden E<strong>in</strong>kommen habebestreiten können. Insoweit wollte er e<strong>in</strong>en reduzierten Zahlbetrag.Auch <strong>in</strong> diesem Fall ist die Annahme, dass der Berechnungszeitpunktfür die Begrenzung der Zugew<strong>in</strong>nausgleichsforderung durch die Neufassungdes BGB vorverlagert wurde, rechtlich nicht zu beanstanden.Durch die Neuregelung soll die Rechtsposition des von e<strong>in</strong>er illoyalenVermögensm<strong>in</strong>derung betroffenen Ehegatten gestärkt werden. Zwarwird dieses Ergebnis für den Fall kritisiert, dass e<strong>in</strong> rechtschaffenerAusgleichsschuldner se<strong>in</strong> Vermögen unverschuldet verliert, etwa durchden Kurse<strong>in</strong>bruch e<strong>in</strong>es Wertpapierdepots. Insofern wird die Auffassunge<strong>in</strong>er Kappungsregelung vertreten, mit der vermieden werdensolle, dass sich e<strong>in</strong> Ehegatte verschulden muss, um den Ausgleichsanspruchzu erfüllen. Dieser Ansicht kann allerd<strong>in</strong>gs nicht gefolgt werden.Angesichts des klaren Wortlauts im BGB, der Zielrichtung der Gesetzesbegründungund auch der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusseskommt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>schränkende Auslegung nicht <strong>in</strong> Betracht.E<strong>in</strong>e solche alle<strong>in</strong> zugunsten des von e<strong>in</strong>em unverschuldeten Vermögensverfallbetroffenen Ausgleichspflichtigen wäre überdies nicht ausgewogen.Denn auch der Berechtigte kann im E<strong>in</strong>zelfall benachteiligtse<strong>in</strong>, etwa wenn das Vermögen beim Ausgleichspflichtigen <strong>in</strong> der Zeitbis zur Rechtskraft der Scheidung ansteigt.Praxish<strong>in</strong>weis: Die Bezahlung e<strong>in</strong>er Zugew<strong>in</strong>nausgleichsschuld istgrundsätzlich dem privaten Vermögensbereich zuzurechnen, der Zahlungspflichtigekann ke<strong>in</strong>e steuerlichen Vergünstigungen <strong>in</strong> Anspruchnehmen. Dies gilt auch, wenn anstelle e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>maligen Zahlung regelmäßigeUnterhaltsleistungen vere<strong>in</strong>bart werden.Scheidungskosten: Nicht alles s<strong>in</strong>d außergewöhnlicheBelastungen§ 33 des E<strong>in</strong>kommensteuergesetzes (EStG) bietet privaten Steuerzahlerndie Möglichkeit, ihre persönliche E<strong>in</strong>kommensteuer auf Antragum außergewöhnliche Belastungen zu ermäßigen, wenn e<strong>in</strong>erPerson zwangsläufig größere – an sich private und nicht absetzbare– Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigengleicher E<strong>in</strong>kommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichenFamilienstands entstehen. Hierzu gehören grundsätzlich neben denKrankheits- auch die meist teuren Scheidungskosten.Doch nach dem Urteil des F<strong>in</strong>anzgerichts München s<strong>in</strong>d bei e<strong>in</strong>er Scheidungnur die unmittelbar mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängendenKosten als zwangsläufig anzusehen und daher als außergewöhnlicheBelastungen abzugsfähig (Az.10 K 800/10). Das F<strong>in</strong>anzgericht entschiedim konkreten Fall zu e<strong>in</strong>em geschiedenen Ex-Ehemann. Der machte imRahmen se<strong>in</strong>er Steuererklärung die Kosten se<strong>in</strong>es Scheidungsverfahrensals außergewöhnliche Belastungen geltend. Das F<strong>in</strong>anzamt machte daraufaufmerksam, dass nur die unmittelbaren und unvermeidbaren Kostendes Scheidungsprozesses abzugsfähig s<strong>in</strong>d. Daraufh<strong>in</strong> wurden vonihm die Aufwendungen anhand von beigefügten Rechnungen geschätzt,und die F<strong>in</strong>anzbeamten berücksichtigten <strong>in</strong> dem Zusammenhang nur diebelegten Scheidungskosten sowie die Vorschüsse für den anstehendenProzess, nicht aber die Aufwendungen für die Regelung des K<strong>in</strong>des- undTrennungsunterhalts sowie des Zugew<strong>in</strong>nausgleichs. Er beantragte vordem F<strong>in</strong>anzgericht München jedoch weiterh<strong>in</strong> den vollen Abzug der ihmentstandenen Kosten als außergewöhnliche Belastungen.20


Schaufenster SteuernNach dem Urteil hat das F<strong>in</strong>anzamt völlig richtig nur die mit dem Gerichtsverfahrenzusammenhängenden Scheidungskosten als außergewöhnlicheBelastungen berücksichtigt. Laut EStG erwachsen Aufwendungene<strong>in</strong>em Steuerpflichtigen dann zwangsläufig,• wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichenGründen nicht entziehen kann• soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig s<strong>in</strong>d und• sofern die Kosten e<strong>in</strong>en angemessenen Betrag nicht übersteigen.Das ergibt sich auch aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesf<strong>in</strong>anzhofesbei Aufwendungen anlässlich e<strong>in</strong>er Ehescheidung. Dementsprechend s<strong>in</strong>d nur die mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängendenKosten – Gerichts- und Anwaltskosten für Scheidung undVersorgungsausgleich – als zwangsläufig anzusehen, und die Kostenfür die Scheidungsfolgesachen stellen ke<strong>in</strong>e außergewöhnlichen Belastungendar.Das gilt etwa für die Regelung von vermögensrechtlichen Fragen, denEhegattenunterhalt, den Unterhalt der K<strong>in</strong>der und e<strong>in</strong> Umgangs- undSorgerecht.Im Ergebnis scheitert der Abzug an der Zwangsläufigkeit, weil sich dieEhegatten <strong>in</strong> diesen Punkten auch ohne Mitwirkung des Familiengerichtse<strong>in</strong>igen können.Pflichtteilsstrafklausel im Ehegattentestamentverh<strong>in</strong>dert wirksame E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Beh<strong>in</strong>dertentestamentsnach Tod des ersten ElternteilsDie Pflichtteilsstrafklausel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von e<strong>in</strong>em Ehepaar errichtetenBerl<strong>in</strong>er Testament greift auch dann e<strong>in</strong>, wenn e<strong>in</strong> Träger der Sozialhilfebeim Tod des Erstversterbenden aus übergegangenem Recht für e<strong>in</strong>esder K<strong>in</strong>der den Pflichtteil verlangt. Der Pflichtteilsanspruch des K<strong>in</strong>desnach dem Tod des zuletzt Versterbenden kann dann durch e<strong>in</strong>e spätereErbe<strong>in</strong>setzung des K<strong>in</strong>des durch den überlebenden Elternteil im Rahmene<strong>in</strong>es sogenannten Beh<strong>in</strong>dertentestaments nicht ausgeschlossenwerden. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden.Zwei Ehepartner hatten sich <strong>in</strong> 1979 und 1995 errichteten Berl<strong>in</strong>er Testamentenwechselseitig zu Erben e<strong>in</strong>gesetzt und bestimmt, dass ihrevier Töchter Schlusserben nach dem Tod des Letztversterbenden werdensollten. Zugleich hatten sie angeordnet, dass e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das nachdem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil fordert, auch nach demTod des später Versterbenden auf den Pflichtteil beschränkt se<strong>in</strong> sollte(Pflichtteilsstrafklausel). Die jüngste Tochter des Ehepaars ist seit ihrerGeburt schwer beh<strong>in</strong>dert, lebt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>dertene<strong>in</strong>richtung undsteht im Leistungsbezug des klagenden Landschaftsverbandes.Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1997 machte der Kläger aus übergegangenemRecht der jüngsten Tochter gegen die überlebende Muttererfolgreich e<strong>in</strong>en Pflichtteilsanspruch geltend. Mit e<strong>in</strong>em 1998errichteten notariellen Testament setzte die Mutter alle vier Töchterzu gleichen Teilen als Erben e<strong>in</strong> und ordnete bezüglich ihrer jüngstenTochter e<strong>in</strong>e Vorerbschaft an, wobei ihre Schwestern Nacherben se<strong>in</strong>sollten (sogenanntes Beh<strong>in</strong>dertentestament). Hiermit wollte sie e<strong>in</strong>enweiteren Zugriff des Klägers auf das Erbe der beh<strong>in</strong>derten Tochter beimVersterben der Mutter verh<strong>in</strong>dern.Nach dem Tod der Mutter im Jahr 2010 verlangte der Kläger, wiederumaus übergegangenem Recht der jüngsten Tochter, von den dreiweiteren Schwestern erneut den Pflichtteil. Diesen verweigerten dieSchwestern unter H<strong>in</strong>weis darauf, dass ihre jüngste Schwester aufgrunddes Testaments aus dem Jahr 1998 Vorerb<strong>in</strong> und deswegen nichtpflichtteilsberechtigt sei.Das OLG Hamm hat dem klagenden Landschaftsverband Recht gegebenund entschieden, dass die <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leistungsbezug stehendebeh<strong>in</strong>derte Tochter nach dem Tod der Mutter pflichtteils- und nichterbberechtigt ist. Die Pflichtteilsstrafklausel aus den Berl<strong>in</strong>er Testamentender Eltern greife auch dann e<strong>in</strong>, wenn e<strong>in</strong> Träger der Sozialhilfeaus übergegangenem Recht und nicht das beh<strong>in</strong>derte K<strong>in</strong>d selbst denPflichtteil nach dem Tod des Erstverstrebenden verlangt habe. DiesenTestamenten sei nicht zu entnehmen, dass die für den Schlusserbfallangeordnete Miterbenstellung der beh<strong>in</strong>derten Tochter dem Zugriffdes Sozialhilfeträgers entzogen se<strong>in</strong> sollte.Zu Lebzeiten beider Eltern sei ke<strong>in</strong> Beh<strong>in</strong>dertentestament errichtetworden. Die beh<strong>in</strong>derte Tochter sei daher <strong>in</strong>folge des Pflichtteilsverlangensdes Klägers beim Tod des Vaters wirksam enterbt worden. Hieranhätten die Regelungen des Folgetestaments aus dem Jahr 1998 nichtsändern können. Die Mutter sei nach dem Tod des Vaters an die entgegenstehendenVerfügungen aus den geme<strong>in</strong>schaftlichen Testamentengebunden gewesen und habe nicht anderweitig verfügen können.Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 28.02.<strong>2013</strong>, I-10 U 71/1221


Mai <strong>2013</strong>Medien &TelekommunikationLeistungsschutzrecht: Bundesrat gibt grünes LichtDer Bundesrat hat e<strong>in</strong>e Änderung des Urheberrechts gebilligt, mitder e<strong>in</strong> Leistungsschutzrecht e<strong>in</strong>geführt wird. Dieses räumt Presseverlegerndas ausschließliche Recht e<strong>in</strong>, Presseerzeugnisse oder Teilehiervon zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zumachen.Geschützt werden die Presseverleger vor systematischen Zugriffen aufdie verlegerische Leistung durch die Anbieter von Suchmasch<strong>in</strong>en undanderen Diensten. Damit Suchmasch<strong>in</strong>en und sogenannte Aggregatorenihre Suchergebnisse kurz bezeichnen können, ohne gegen Rechteder Urheber zu verstoßen, bleiben e<strong>in</strong>zelne Wörter und kle<strong>in</strong>ste Textausschnittelizenzfrei.In e<strong>in</strong>er begleitenden Entschließung machen die Länder allerd<strong>in</strong>gsdeutlich, dass Urheber, Verleger und Plattformbetreiber klare Spielregelnbenötigen, die für e<strong>in</strong>en fairen Ausgleich ihrer unterschiedlichenInteressen sorgen, um digitale Freiheit zu ermöglichen. Das Gesetz genügediesen Anforderungen nicht. Es be<strong>in</strong>halte zahllose unbestimmteRechtsbegriffe und schaffe dadurch rechtliche Grauzonen. Der Bundesrathält es daher für notwendig, e<strong>in</strong>en Vorschlag zu entwickeln, derdie Möglichkeiten der Presseverleger zur Durchsetzung ihrer Rechtestärkt, dabei die Interessen der Urheber wahrt und den Grundsatz derInformationsfreiheit gewährleistet. Die Länder drücken <strong>in</strong> ihrer Entschließungdie Erwartung aus, dass nach der Bundestagswahl e<strong>in</strong> Vorschlagzur Novellierung des Gesetzes beschlossen wird.Bundesrat, PM vom 22.03.<strong>2013</strong>Oper muss Pressefotografen ke<strong>in</strong>e Fotoerlaubnis fürPremiere erteilenDie Oper Köln muss e<strong>in</strong>em Pressefotografen bei Opernpremieren ke<strong>in</strong>eFotoerlaubnis erteilen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG)Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen entschieden.E<strong>in</strong> Fotojournalist hatte erfolglos e<strong>in</strong>e Fotoerlaubnis zur Premiere derInszenierung „Samson et Dalila“ im Mai 2009 begehrt. Diese Aufführunghatte <strong>in</strong> der Öffentlichkeit Aufsehen erregt, weil sich zahlreicheSänger<strong>in</strong>nen und Sänger angesichts grausamer Gewaltszenen undMassenvergewaltigungen krank gemeldet hatten. Die gewünschte Fotoerlaubniswar unter H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es Fotografierverbotbei Aufführungen und mit Rücksicht auf private Rechte der Darstellerversagt worden. Im Klageverfahren sollte allgeme<strong>in</strong> geklärt werden, obdie Oper verpflichtet ist, Fotojournalisten bei Premierenaufführungeneigene Aufnahmen zu gestatten.Laut OVG ergibt sich das geltend gemachte Recht, eigene Fotos aufzunehmen,weder aus dem presserechtlichen Auskunftsanspruch nochaus der grundrechtlich geschützten Presse- und Informationsfreiheit.Zwar sei die Oper Köln grundsätzlich zur Auskunftserteilung auf konkreteAnfragen der Presse verpflichtet. Jedoch stehe die Art und Weiseder Auskunftserteilung <strong>in</strong> ihrem Ermessen. Dabei müsse sie dem presserechtlichgeschützten Wunsch des Klägers, über e<strong>in</strong>e bestimmteAufführung e<strong>in</strong>en Bildbericht erstellen zu wollen, Rechnung tragen.Dies könne etwa dadurch geschehen, dass wesentliche Fakten zur Inszenierungmitgeteilt würden und ergänzend e<strong>in</strong>e Auswahl an Bildaufnahmenaus der Probenarbeit angeboten werde.Mit Blick auf die Pressefreiheit sei aber nicht zu beanstanden, Journalistendenselben Verhaltensregeln zu unterwerfen, die die Oper imInteresse e<strong>in</strong>er ungestörten Aufführung und mit Rücksicht auf berechtigteBelange der Darsteller jedem anderen Besucher abverlange. DasOVG hat die Revision gegen se<strong>in</strong>e Entscheidung nicht zugelassen.Oberverwaltungsgericht Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, Urteil vom 13.03.<strong>2013</strong>,5 A 1293/11Widerrufsrecht besteht auch bei Onl<strong>in</strong>e-KursenE<strong>in</strong> Anbieter von Onl<strong>in</strong>e-Kursen zur Vorbereitung auf e<strong>in</strong>en Sportbootführersche<strong>in</strong>muss se<strong>in</strong>en Kunden e<strong>in</strong> Widerrufsrecht e<strong>in</strong>räumen undsie darüber <strong>in</strong>formieren. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hammnach e<strong>in</strong>er Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegenden Betreiber der Internetseite „sportbootfuehrersche<strong>in</strong>.de“ entschieden,wie der Verband am 02.04.<strong>2013</strong> mitteilte.Der Betreiber hatte Onl<strong>in</strong>e-Kurse mit e<strong>in</strong>er Laufzeit von 24 Stundenbis zu sechs Monaten angeboten, die Nutzer aber nicht über ihr Widerrufsrechtaufgeklärt. Vor Gericht berief er sich laut vzbv auf e<strong>in</strong>e Ausnahmeregelungim Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 312b BGB). Danachgilt das Widerrufsrecht nicht für Verträge im Bereich der Freizeitgestaltung,wenn sich der Unternehmer dazu verpflichtet, se<strong>in</strong>e Leistung zu22


Schaufenster Steuerne<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt oder <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es genau angegebenenZeitraums zu erbr<strong>in</strong>gen.Die Nutzung e<strong>in</strong>es Onl<strong>in</strong>ekurses zur Vorbereitung auf e<strong>in</strong>en Sportbootführersche<strong>in</strong>stelle zwar e<strong>in</strong>e Freizeitveranstaltung dar, so das Gericht.Damit aber die Ausnahmeregelung greift, müsse diese Leistung vomUnternehmer zeitlich so e<strong>in</strong>gegrenzt se<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> Widerruf des Vertragsihn <strong>in</strong> unangemessener Weise schädigen würde. Im vorliegendenFall habe der Schwerpunkt der Leistung dar<strong>in</strong> gelegen, dass Kursmaterialfür den Sportbootführersche<strong>in</strong> für die Teilnehmer onl<strong>in</strong>e gestelltwurde. Die Nutzer könnten zwar nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitraumauf die Materialien zugreifen. Doch das alle<strong>in</strong> belaste den Unternehmernicht. Denn der Anbieter müsse deshalb ke<strong>in</strong>e besonderen Vorkehrungentreffen, um zu e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt leistungsfähigzu se<strong>in</strong>, so die Richter.Typisches Merkmal für die vom Widerrufsrecht ausgenommenen Verträgesei, dass der Unternehmer nur e<strong>in</strong>e begrenzte Zahl von Kundengleichzeitig bedienen kann und daher die Leistungszeit im Voraus genaufestlegen muss. Kurzfristige Stornierungen könnten dazu führen,dass die Nachbesetzung e<strong>in</strong>es Teilnehmerplatzes nicht mehr möglichsei und der Unternehmer dadurch unverhältnismäßig belastet werde.In diesem Fall sei die Teilnehmeranzahl jedoch nicht begrenzt gewesen.Des Weiteren treffe die Ausnahmevorschrift auch deshalb nicht zu,weil Verbraucher sich <strong>in</strong> der Praxis nicht vor Vertragsschluss über Inhaltund Qualität des Onl<strong>in</strong>e-Kurses <strong>in</strong>formieren können. Die Kursmaterialienseien erst nach Abschluss des Vertrages abrufbar. Schondeshalb müsse der Verbraucher den Vertrag widerrufen können.Verbraucherzentrale Bundesverband, PM vom 02.04.<strong>2013</strong> zu OberlandesgerichtHamm, Urteil vom 21.02.<strong>2013</strong>, I-4 U 135/12Mobilfunkvertrag: 10-Euro-Pauschale fürRücklastschrift zu hochE<strong>in</strong>e Schadenspauschale von 10 Euro für Rücklastschriften, die sich e<strong>in</strong>Anbieter von Mobilfunkleistungen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen(AGB) vorbehält, ist zu hoch.Damit hatte e<strong>in</strong>e Klage des Deutschen Verbraucherschutzvere<strong>in</strong>s e.V.Erfolg. Dieser hatte den Mobilfunkanbieter aufgefordert, Klauseln <strong>in</strong>se<strong>in</strong>en AGB zu unterlassen, die für Rücklastschriften e<strong>in</strong>e Schadenspauschale<strong>in</strong> Höhe von 10 Euro und höher festlegten. Der Mobilfunkanbieterhatte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en AGB für e<strong>in</strong>e „Rücklastschrift (die vomKunden zu vertreten ist)“ e<strong>in</strong>e Pauschale von 20,95 Euro verlangt. Diesesetzte er im Anschluss an die Abmahnung zunächst auf 14,95 Euround dann auf 10 Euro herab. Der Verbraucherschutzvere<strong>in</strong> verlangtevor Gericht die Unterlassung der Klausel und die Zahlung der Gew<strong>in</strong>nean den Bundeshaushalt (Abschöpfung), die der Mobilfunkanbieterdurch die Verwendung der unwirksamen Klausel erzielt hatte.Das OLG entsprach dem Klagebegehren. Die beanstandete AGB-Klauselsei unwirksam, weil die Rücklastschriftpauschale von 10 Euro dennach dem „gewöhnlichen Lauf der D<strong>in</strong>ge zu erwartenden Schaden“übersteigt (§ 309 Nr. 5a Bürgerliches Gesetzbuch).Der beklagte Mobilfunkanbieter habe nicht schlüssig dargelegt, dassdie jetzige Rücklastschriftpauschale dem branchentypischen Schadenentspricht, der durch e<strong>in</strong>e Rücklastschrift entsteht. Der Verwender vonAGB müsse darlegen und beweisen, dass die Pauschale im Rahmen desgewöhnlich zu erwartenden Schadens liegt. Der Mobilfunkanbieterhabe hier aber nicht dargelegt, dass ihm über die M<strong>in</strong>destbankgebührenvon 3 Euro für e<strong>in</strong>e nicht e<strong>in</strong>gelöste oder stornierte Rücklastschrifth<strong>in</strong>aus durchschnittlich höhere Bankgebühren entstehen. Allenfallskönne e<strong>in</strong> l<strong>in</strong>earer Mittelwert zwischen den M<strong>in</strong>destbankgebühren von3 Euro und den höchsten vorgetragenen Bankgebühren von 8,75 Eurozugrunde gelegt werden, also e<strong>in</strong> Wert von 5,87 Euro. H<strong>in</strong>zu kämendie Benachrichtigungskosten. Diese habe der Mobilfunkanbieter selbstmit 0,40 Euro kalkuliert, sodass sich allenfalls e<strong>in</strong> durchschnittlicherSchaden <strong>in</strong> Höhe von 6,27 Euro ergibt.Die vom Mobilfunkanbieter angesetzten Personalkosten und IT-Kostenfür die Software, die zur Bearbeitung der Rücklastschriften erforderlichist, dürften nicht <strong>in</strong> die Schadenspauschale e<strong>in</strong>gerechnet werden. Imvertraglichen Schadenersatzrecht gelte der Grundsatz, dass Personalkostenund systembed<strong>in</strong>gte allgeme<strong>in</strong>e Kosten nicht erstattungsfähigs<strong>in</strong>d, die zur weiteren Durchführung und Abwicklung des Vertrags aufgewendetwerden, so das OLG.Das OLG sah auch e<strong>in</strong>en Gew<strong>in</strong>nabschöpfungsanspruch zugunsten desBundeshaushalts als gegeben an, weil der Mobilfunkanbieter vorsätzliche<strong>in</strong>e unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen und hierdurchzulasten e<strong>in</strong>er Vielzahl von Kunden Gew<strong>in</strong>n erzielt habe.Schleswig-Holste<strong>in</strong>isches OLG, Urteil vom 26.03.<strong>2013</strong>, 2 U 7/1223


Mai <strong>2013</strong>Staat &VerwaltungRechtswidriges Auskunftsersuchen der Steuerfahndung:Steuerpflichtiger kann Rehabilitations<strong>in</strong>teressehabenDer Steuerpflichtige hat e<strong>in</strong> Rehabilitations<strong>in</strong>teresse, wenn die Steuerfahndungim steuerlichen Ermittlungsverfahren den E<strong>in</strong>druck erweckt,dass trotz der E<strong>in</strong>stellung des Strafermittlungsverfahrens weiter wegendes Verdachts der Steuerh<strong>in</strong>terziehung ermittelt wird, hierdurchdas Ansehen des Steuerpflichtigen erheblich gefährdet wird und mite<strong>in</strong>em Auskunftsersuchen durch die Veranlagungsstelle e<strong>in</strong> milderesMittel zur Verfügung gestanden hätte. Dies hat der Bundesf<strong>in</strong>anzhof(BFH) entschieden.Der Kläger erzielte E<strong>in</strong>künfte aus selbstständiger Arbeit für e<strong>in</strong>e leitendeTätigkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong>. Im Verlauf e<strong>in</strong>es gegen ihn e<strong>in</strong>geleitetensteuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durchsuchte die Steuerfahndungauch die Räume des Vere<strong>in</strong>s. Nach der E<strong>in</strong>stellung des Strafverfahrenswegen des Verdachts der Steuerh<strong>in</strong>terziehung forderte dasF<strong>in</strong>anzamt unter dem Briefkopf der Dienststelle für Steuerstrafsachenund Steuerfahndung den Vere<strong>in</strong> auf, <strong>in</strong> dem steuerlichen ErmittlungsverfahrenAuskunft darüber zu geben, welche Konten der Vere<strong>in</strong> fürden Kläger geführt habe.Der BFH entschied, dass das Auskunftsersuchen unverhältnismäßigund deshalb rechtswidrig war, weil es von der Steuerfahndung undnicht von der Veranlagungsstelle stammte. Zwar habe e<strong>in</strong> Auskunftsersuchender F<strong>in</strong>anzbehörde grundsätzlich ke<strong>in</strong>e diskrim<strong>in</strong>ierendeWirkung. Dies gelte jedoch nicht, wenn sich daraus – trotz der vollständigenE<strong>in</strong>stellung des Strafermittlungsverfahrens – der Vorwurfder Steuerh<strong>in</strong>terziehung herleiten lasse. Dies sei hier der Fall, da demVere<strong>in</strong> aufgrund der Durchsuchung bekannt gewesen sei, dass dieSteuerfahndung gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerh<strong>in</strong>terziehungermittelt habe.Dass sich das F<strong>in</strong>anzamt im Betreff se<strong>in</strong>es Auskunftsersuchens auf e<strong>in</strong>„steuerliches Ermittlungsverfahren“ bezogen habe, rechtfertige ke<strong>in</strong>eandere Beurteilung, so der BFH. Denn die Unterscheidung der doppelfunktionalenAufgabenbereiche der Steuerfahndung, Steuerstraftatenzu erforschen und die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sei demRechtsunkundigen nicht geläufig. Das Ansehen des Klägers <strong>in</strong> se<strong>in</strong>erleitenden Tätigkeit für den Vere<strong>in</strong> sei durch das Auskunftsersuchen derSteuerfahndung erheblich gefährdet worden, weil der Verdacht derSteuerh<strong>in</strong>terziehung bei Dritten Zweifel an der persönlichen Integritätdes Verdächtigen begründen könnte.Bundesf<strong>in</strong>anzhof, Urteil vom 04.12.2012, VIII R 5/10F<strong>in</strong>anzamt kann an die Insolvenzmasse erstatteteBeträge nicht durch Verwaltungsakt zurückfordernDas F<strong>in</strong>anzamt kann, wenn es bereits e<strong>in</strong>gezogene Steuerbeträge andie Insolvenzmasse erstattet, diese Erstattungsbeträge nicht durche<strong>in</strong>en Verwaltungsakt zurückfordern. Vielmehr muss es etwaige Rückforderungsansprüchevor den Zivilgerichten geltend machen. Diesstellt das F<strong>in</strong>anzgericht (FG) Düsseldorf klar.Im Streitfall hatte das F<strong>in</strong>anzamt von e<strong>in</strong>er GmbH angemeldete Lohnsteuerbeträgeim Wege der Lastschrift e<strong>in</strong>gezogen. Die GmbH wurde<strong>in</strong>solvent. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens focht der Insolvenzverwalterdie Zahlungen an, sodass das F<strong>in</strong>anzamt sie an die Insolvenzmasseerstattete. Nach erneuter Überprüfung des Sachverhaltesgelangte das F<strong>in</strong>anzamt aber zu der Erkenntnis, dass die Voraussetzungene<strong>in</strong>er Insolvenzanfechtung nicht vorlagen und deswegen dieInsolvenzmasse ke<strong>in</strong>en Erstattungsanspruch gemäß § 143 Absatz 1 Insolvenzordnung(InsO) gehabt habe. Deswegen forderte es die Beträgenach den Vorschriften der Abgabenordnung mittels Rückforderungsbescheidvom Insolvenzverwalter zurück.Das F<strong>in</strong>anzgericht Düsseldorf hat der dagegen gerichteten Klage stattgegebenund das F<strong>in</strong>anzamt auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Das F<strong>in</strong>anzamthabe den mit dem angefochtenen Bescheid geforderten Betragnicht zuvor an den Kläger zur Erfüllung e<strong>in</strong>es Anspruches aus demSteuerschuldverhältnis zurückgezahlt. Die Erstattung sei vielmehr <strong>in</strong>Befolgung e<strong>in</strong>er – verme<strong>in</strong>tlich oder tatsächlich – sich aus § 143 Absatz1 InsO ergebenden, bürgerlich-rechtlichen Verpflichtung erfolgt.Dies schließe die Rückforderung der solchermaßen erstatteten Beträgedurch Verwaltungsakt aus. Das F<strong>in</strong>anzamt sei verpflichtet, etwaigeAnsprüche vor den Zivilgerichten durchzusetzen.F<strong>in</strong>anzgericht Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 22.01.<strong>2013</strong>, 12 K3560/12 AO24


Schaufenster SteuernÖffentlicher Aufruf zum „Schottern“ ist strafbarWer andere öffentlich zum „Schottern“ aufruft, um e<strong>in</strong>en Castortransportzu verh<strong>in</strong>dern, macht sich strafbar. Dies hat das Oberlandesgericht(OLG) Celle <strong>in</strong> zweiter Instanz bestätigt. Beim sogenannten Schotternsoll durch die Entfernung der Schotterste<strong>in</strong>e aus dem Gleisbett e<strong>in</strong>erSchienenstrecke die Standfestigkeit des Gleisbettes derart bee<strong>in</strong>trächtigtwerden, dass die Strecke unbefahrbar wird.Etwa 1.780 Unterzeichner, darunter auch der Angeklagte, hatten sichim Jahr 2010 auf e<strong>in</strong>er frei zugänglichen Internetseite mit ihren Namen<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e dort veröffentlichte Liste e<strong>in</strong>getragen, um die angekündigte„Schotter-Aktion“ anlässlich des Castortransportes zu unterstützen.Ziel der Aktion war es, den damaligen Castortransport aufzuhalten.Das Amtsgericht (AG) Lüneburg verurteilte den Angeklagten im Juni2012 wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu e<strong>in</strong>er Geldstrafe<strong>in</strong> Höhe e<strong>in</strong>es halben Netto-Monatsgehalts.Das OLG Celle hat auf die Revision des Angeklagten die Entscheidungdes AG Lüneburg bestätigt. Die Entfernung der Schotterste<strong>in</strong>e aus e<strong>in</strong>emGleisbett, bis dieses unterhöhlt und unbefahrbar ist, stelle e<strong>in</strong>estrafbare Handlung im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Störung öffentlicher Betriebe dar.Die Gleise der Deutschen Bahn AG dienten dem öffentlichen Verkehr,auch wenn sie <strong>in</strong> gewissen Zeiträumen ausschließlich dem Castortransportzur Verfügung stünden.Der Angeklagte habe sich mit der Unterzeichnung e<strong>in</strong>er öffentlichzugänglichen Unterschriftenliste, die ausdrücklich den bildlichen undschriftlichen Aufruf zum „Schottern“ unterstützen sollte, den Aufrufzur Störung öffentlicher Betriebe zu eigen gemacht. Damit habe erdie Schwelle von e<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ungsäußerung oder straflosen Befürwortungvon Straftaten zur strafbaren Aufforderung überschritten. DieVeröffentlichung der Aktionspläne könne nicht mehr als Versuch derSensibilisierung anders Denkender <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es politischen Streitesgesehen werden. Vielmehr enthalte der Aufruf die Handlungsanweisung,an e<strong>in</strong>em bestimmten Tattag und Tatort e<strong>in</strong>e näher bezeichnetestrafbare Handlung umzusetzen. Die tatsächliche Umsetzung der Aktion„Schottern“ sei vom Aufruf bezweckt und durch die Unterzeichnungdes Angeklagten von diesem auch ausdrücklich erwünscht undangestrebt gewesen.Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 14.03.<strong>2013</strong>, 31 Ss 125/12Heimbewohner<strong>in</strong> verschenkt Haus an Sohn: Stadtbleibt dennoch erst e<strong>in</strong>mal auf Heimkosten sitzenDas Landgericht (LG) Düsseldorf hat e<strong>in</strong>e Klage der LandeshauptstadtDüsseldorf auf Ersatz von Heimkosten gegen den Sohn e<strong>in</strong>er Heimbewohner<strong>in</strong>als derzeit unbegründet abgewiesen. Der Beklagte könnesich zum<strong>in</strong>dest zum jetzigen Zeitpunkt erfolgreich auf die E<strong>in</strong>rede desNotbedarfs berufen. Damit blieb das Begehren der Stadt zunächst erfolglos,zur Bestreitung der Pflegekosten das Eigenheim zu verwerten,das die Heimbewohner<strong>in</strong> dem Beklagten im Jahr 2003 geschenkt hatte.Gegen das Urteil kann Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorfe<strong>in</strong>gelegt werden.Die Voraussetzungen für die Geltendmachung e<strong>in</strong>es Rückforderungsansprucheslägen zwar vor, so das LG. Denn die Schenker<strong>in</strong> sei nicht<strong>in</strong> der Lage, die Kosten ihrer Unterbr<strong>in</strong>gung selbst aufzubr<strong>in</strong>gen undmüsse deswegen Sozialhilfeleistungen <strong>in</strong> Anspruch nehmen.Der Beklagte sei jedoch momentan außerstande, das Geschenk herauszugeben.Er müsse se<strong>in</strong>er an Multiple Sklerose leidenden EhefrauUnterhalt leisten, die auf e<strong>in</strong>e beh<strong>in</strong>dertengerechte Wohnung angewiesensei. Das entsprechend e<strong>in</strong>gerichtete Siedlungshaus ermöglichee<strong>in</strong> solches beh<strong>in</strong>dertengerechtes Wohnen und erfülle damit den durchdie Erkrankung gesteigerten Bedarf des Ehepaars. Zudem handele essich um e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Siedlungshaus, das der Vater des Beklagten, e<strong>in</strong>Handwerker, teilweise unter E<strong>in</strong>satz der eigenen Arbeitskraft errichtethabe und <strong>in</strong> dem der Beklagte auch selbst aufgewachsen sei.Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.03.<strong>2013</strong>, 14c O 2<strong>05</strong>/1125


Mai <strong>2013</strong>Bußgeld &VerkehrWer am Aufbausem<strong>in</strong>ar ke<strong>in</strong> Interesse hat, darf erstmal nicht mehr Auto fahrenAutofahrer, die mit m<strong>in</strong>destens 15 Punkten <strong>in</strong> der Flensburger Sünderkarteibelastet s<strong>in</strong>d, haben nach Aufforderung durch die Verkehrsbehördean e<strong>in</strong>em Aufbausem<strong>in</strong>ar teilnehmen. Andernfalls kann ihnenauch schon vor Erreichen der 18-Punkte-Grenze der Führersche<strong>in</strong> vorübergehendabgenommen werden.Im entschiedenen Fall kam die Verkehrssünder<strong>in</strong> nicht mit demWunsch durch, dass die Verfügung des Amtes „aufgeschoben“ werdensolle, bis ihre Klage gegen die Entziehung vor dem Amtsgericht entschiedenworden sei, da „die gesetzlich vorgesehene sofortige Vollziehungder Fahrerlaubnisentziehungs-Verfügung gegenüber dem privatenInteresse der Frau“ überwiege.VwG Gelsenkirchen, 7 L 812/12Praktische Fahrprüfung: Prüfl<strong>in</strong>g nach offenkundigerTäuschung bei theoretischem Teil nicht zuzulassenE<strong>in</strong> Fahrschüler hat ke<strong>in</strong>en Anspruch auf Zulassung zur praktischenFahrprüfung, wenn trotz bestandener theoretischer Prüfung massiveZweifel an se<strong>in</strong>er theoretischen Befähigung bestehen. Das hat das Verwaltungsgericht(VG) Neustadt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Prozesskostenhilfebeschlussausgeführt.Der aus dem Libanon stammende Kläger legte dreimal die theoretischeFahrprüfung ab. Im Juni 2011 erzielte er 65 Fehlerpunkte, im März 2012waren es 110 Fehlerpunkte und am 30.04.2012 bestand er die theoretischePrüfung mit null Fehlerpunkten. Anfang Juli 2012 absolvierte erdie praktische Fahrprüfung mit negativem Ergebnis, weil er e<strong>in</strong>e „rot“anzeigende Fußgängerampel ohne das E<strong>in</strong>greifen des Fahrlehrers überfahrenhätte. Als Grund führte er an, er habe die Anweisung des Prüfersnicht richtig verstanden. Bereits vor Beg<strong>in</strong>n der Fahrprobe zeigte derKläger Verständigungsprobleme.Die beklagte Stadt Ludwigshafen lud den Kläger sodann im Juli 2012 zue<strong>in</strong>er Vorsprache e<strong>in</strong>. Dabei wurden ihm aus der theoretischen Prüfungmehrere Fragen mündlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Formulierung gestellt. Ke<strong>in</strong>edieser Fragen konnte er beantworten. Ferner wurden ihm Verkehrsschilderaus dem Prüfbogen se<strong>in</strong>er theoretischen Prüfung gezeigt. Erkonnte ke<strong>in</strong>es der Schilder erklären. Die Beklagte forderte daraufh<strong>in</strong>vom Kläger die Wiederholung der theoretischen Prüfung. Dieser weigertesich und erhob Klage auf Zulassung zur praktischen Fahrprüfungmit der Begründung, die Beklagte verwehre ihm zu Unrecht die Wiederholungder praktischen Fahrprüfung. Weil er stottere, glaubtenmanche Menschen, er beherrsche die deutsche Sprache nicht.Se<strong>in</strong>en zugleich gestellten Prozesskostenhilfeantrag hat das VG jetztabgelehnt. Der Kläger habe ke<strong>in</strong>en Anspruch auf Ablegung der praktischenFahrprüfung. Diese dürfe erst nach Bestehen der theoretischenPrüfung abgelegt werden. Mit der theoretischen Prüfung sei zunächstder Nachweis zu führen, dass der Fahrerlaubnisbewerber mit den füre<strong>in</strong> Kraftfahrzeug maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen vertrautsei, die typischen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs kenneund sie abzuwenden <strong>in</strong> der Lage sei. Die praktische Fahrprüfung dürfetrotz erfolgreicher theoretischer Prüfung nicht durchgeführt werden,wenn bei dieser getäuscht worden sei. Davon sei hier auszugehen.Zwar habe der Kläger nach zweimaligem Scheitern die Prüfung mit nullFehlerpunkten abgeschlossen. Es bestünden aber massive Zweifel ander theoretischen Befähigung des Klägers. Aufgrund der Vorfälle beider praktischen Prüfung im Juli 2012 und der danach erfolgten Vorsprachedes Klägers bestehe der nicht nur fern liegende Verdacht, dassdas Prüfungsergebnis mit irregulärer Hilfe erzielt worden sei. Daherdürfe die Beklagte als zuständige Fahrerlaubnisbehörde von dem Klägerverlangen, dass er sich e<strong>in</strong>er erneuten theoretischen Prüfung unterziehe,bevor er die praktische Fahrprüfung ablege.Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 26.03.<strong>2013</strong>, 3 K1009/12.NWVerkehrsunfall: Schadenersatzanspruch erfasst auchLohnnebenkosten und SozialabgabenHat jemand nach e<strong>in</strong>em Verkehrsunfall die fiktiven Kosten zu ersetzen,die bei e<strong>in</strong>er Reparatur anfallen würden, umfasst der Schadenersatzanspruchauch die Lohnnebenkosten und Sozialabgaben, auch wenndiese tatsächlich nicht anfallen. Dies hebt das Amtsgericht (AG) Münchenhervor.Der bei e<strong>in</strong>em Verkehrsunfall geschädigte Autofahrer ließ se<strong>in</strong>en Mercedesbegutachten. Der Sachverständige bezifferte die Kosten für e<strong>in</strong>e26


Schaufenster Steuernsach- und fachgerechte Reparatur auf netto 16.512 Euro e<strong>in</strong>schließliche<strong>in</strong>es Betrages für Lohnkosten von 7.688 Euro. Diese Kosten machteder Autobesitzer gegenüber se<strong>in</strong>em Unfallgegner geltend. Dieser zahlteallerd<strong>in</strong>gs nur 15.743 Euro. Mehr schulde er nicht. Schließlich seidas Auto nicht tatsächlich repariert worden, die Lohnnebenkosten undSozialabgaben daher nicht angefallen. E<strong>in</strong> Abschlag von zehn Prozentsei daher auf jeden Fall gerechtfertigt.Das AG München gab dem Kläger Recht. Dieser habe e<strong>in</strong>en Anspruchauf Erstattung weiterer Reparaturkosten <strong>in</strong> Höhe von 769 Euro. Dievon dem Kfz-Sachverständigen ermittelten voraussichtlichen Reparaturkostenvon netto 16.512 Euro seien vollumfänglich erstattungsfähig.Der Beklagte sei nicht berechtigt, auf die enthaltenen geschätztenLohnkosten von netto 7.688 Euro e<strong>in</strong>en Abschlag von zehn Prozentvorzunehmen.E<strong>in</strong> Geschädigter könne den Geldbetrag verlangen, der zur Herstellungdes früheren Zustandes des Pkws erforderlich sei. Er sei damit grundsätzlichberechtigt, se<strong>in</strong>en unmittelbaren Sachschaden fiktiv abzurechnenund mith<strong>in</strong> die Kosten, die bei e<strong>in</strong>er sach- und fachgerechte Reparaturder beschädigten Sache üblicherweise anfallen würden, geltendzu machen. Diese Kosten setzten sich aus e<strong>in</strong>er Fülle von Positionenzusammen. Zu ihnen gehörten nicht nur die E<strong>in</strong>kaufspreise für die Ersatzteileund Verbrauchsmaterialien sowie die Nettolohnkosten fürdie Mechaniker, Lackierer und Elektroniker, sondern auch die Anteilean den allgeme<strong>in</strong>en Anschaffungs- und Betriebskosten (zum BeispielDarlehensz<strong>in</strong>sen, Mietz<strong>in</strong>sen, Stromgebühren, Öl- oder Gasgebühren,Wasser- und Abwassergebühren, Müllgebühren, Versicherungsbeiträge,Lohnkosten für Geschäftsleitung, Sekretariat, Buchhaltung,Steuerberatung, Hausmeister- und Re<strong>in</strong>igungsdienst, Kaufpreise fürWerkstatt- und Büroausstattung), der Gew<strong>in</strong>n sowie die Steuern (zumBeispiel Lohnsteuer, Grundsteuer, Gewerbesteuer, M<strong>in</strong>eralölsteuer)und Abgaben (zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträge). E<strong>in</strong>e Unterscheidung,ob diese Faktoren auch wert- oder nur preisbildend s<strong>in</strong>d,werde dabei grundsätzlich nicht vorgenommen.E<strong>in</strong>e Ausnahme enthalte das Bürgerliche Gesetzbuch lediglich für diePosition der Umsatzsteuer. Diese sei nur erstattungsfähig, wenn undsoweit sie tatsächlich angefallen sei, da der Geschädigte zwar nichtschlechter, aber auch nicht besser als ohne das schädigende Ereignisgestellt werden solle. Für die vorliegenden Positionen der Lohnnebenkostenund Sozialabgaben mache das Gesetz e<strong>in</strong>e solche E<strong>in</strong>schränkungdagegen gerade nicht. Dies beruhe auf dem Umstand, dass dieUmsatzsteuer zum e<strong>in</strong>en den größten Faktor der durchlaufenden Kostendarstelle, zum anderen auch auf dem Gedanken, dass deren Ausnahmeanders als die Ausnahme anderer durchlaufender Kosten handhabbarsei. Andere Positionen könnten nicht ohne Weiteres ermitteltund beziffert werden.Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Übergang von auch wert- zunur preisbildenden Faktoren fließend sei. Nicht jede Position sei soklar zu zuordnen wie die Umsatzsteuer. Ebenso würden die betriebswirtschaftlichenKalkulationsgrundlagen der voraussichtlichen Reparaturkostenweder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bei e<strong>in</strong>er Kfz-Fachwerkstatt e<strong>in</strong>geholtenKostenvoranschlag noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von e<strong>in</strong>em Kfz-Sachverständigenerstatteten Schadensgutachten (vollständig) offengelegt. Von dendurchlaufenden Positionen werde lediglich die Umsatzsteuer als solcheausgewiesen und beziffert.Amtsgericht München, Urteil vom 24.04.2012, 332 C 1529/12, rechtskräftig27


Mai <strong>2013</strong>Verbraucher,Versicherung& HaftungeBay-Auktion darf bei Beschädigung der Warevorzeitig beendet werdenWer über eBay e<strong>in</strong> Produkt zum Verkauf anbietet und während nochlaufender Auktion merkt, dass dieses e<strong>in</strong>en Mangel aufweist, darf,wenn er den Mangel nicht selbst verschuldet hat, die Auktion vorzeitigbeenden. Dies hat das Bochumer Landgericht (LG) <strong>in</strong> zweiter Instanzbestätigt. Die Revision wurde zugelassen, weil das Gericht dem Fall,über den das Nachrichtenmagaz<strong>in</strong> „Heise.de“ berichtet hatte, grundsätzlicheBedeutung beimisst.E<strong>in</strong> Autobesitzer hatte se<strong>in</strong>en alten Mercedes über eBay zum Verkaufangeboten. Nach Anlaufen der Auktion g<strong>in</strong>g bei dem Wagen die Zentralverriegelungkaputt. Deswegen beendete der Verkäufer die Auktionvorzeitig. Hiermit war der zu diesem Zeitpunkt Höchstbietende nichte<strong>in</strong>verstanden. Er klagte auf Erfüllung des se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach zustandegekommenen Kaufvertrags beziehungsweise Schadenersatz. DieKlage hatte weder <strong>in</strong> erster noch <strong>in</strong> zweiter Instanz Erfolg.Das LG Bochum verwies den Kläger auf die eBays Allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen,die die vorzeitige Beendigung des Angebots beiBeschädigung der Ware deckten.„Heise-onl<strong>in</strong>e“, Meldung vom 22.01.<strong>2013</strong>Kostenloses Probetra<strong>in</strong><strong>in</strong>g: Vertragsschluss mitFitnessstudio nicht widerrufbarWirbt e<strong>in</strong> Fitnessstudio mit e<strong>in</strong>em kostenlosen Probetra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, liegtes auf der Hand, dass es den Betreibern darum geht, neue Mitgliederanzuwerben. Schließt jemand dann e<strong>in</strong>en Vertrag ab, besteht ke<strong>in</strong> Widerrufsrecht.Insbesondere handelt es sich nicht um e<strong>in</strong>e Freizeitveranstaltungnach § 312 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diesstellt das Amtsgericht (AG) München klar.E<strong>in</strong>e Münchner<strong>in</strong> wurde durch e<strong>in</strong> Werbeangebot auf e<strong>in</strong> kostenlosesProbetra<strong>in</strong><strong>in</strong>g e<strong>in</strong>es Fitnessstudios aufmerksam gemacht. Sie begabsich im März 2008 dorth<strong>in</strong> und unterzeichnete e<strong>in</strong>en Mitgliedschaftsvertrag,der e<strong>in</strong>e Laufzeit von zwölf Monaten vorsah. Anschließend begutachtetesie die Räumlichkeiten und die Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmöglichkeiten undentschloss sich, doch nicht dort Mitglied se<strong>in</strong> zu wollen. Sie kündigteam nächsten Tag. Das Fitnessstudio akzeptierte die Kündigung zumEnde der Vertragslaufzeit und forderte den vere<strong>in</strong>barten Mitgliedsbeitragvon 599 Euro. Die Münchner<strong>in</strong> weigerte sich zu zahlen. Siesei überrumpelt worden. Das Geschäftsgebaren sei unseriös. Deshalbhabe sie zu Recht widerrufen.Die Betreiber des Fitnessstudios klagten vor dem AG München undbekamen Recht. Die Beklagte habe den Vertrag nicht wirksam widerrufen,da ke<strong>in</strong> Widerrufsrecht bestehe. Ke<strong>in</strong>e der Voraussetzungen desWiderrufsrechts bei Haustürgeschäften liege hier vor. Insbesonderehandele es sich bei der Werbeaktion des Studios um ke<strong>in</strong>e Freizeitveranstaltung.Es sei nicht überraschend, dass e<strong>in</strong> Probetra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emFitnessstudio den Zweck habe, Mitglieder anzuwerben. Schließejemand aufgrund der Werbeaktion e<strong>in</strong>en Vertrag, sei weder von e<strong>in</strong>erÜberrumpelung noch von e<strong>in</strong>er Täuschung auszugehen. Anders als <strong>in</strong>den Fällen, <strong>in</strong> denen Kunden <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Studio gelockt wurden, weil sie angeblichfür e<strong>in</strong>e bestimmte Zeit e<strong>in</strong>e kostenlose Mitgliedschaft gewonnenhätten, sei hier das Ziel der Werbeaktion klar erkennbar gewesen.Amtsgericht München, Urteil vom 25.10.2012, 223 C 12655/12, rechtskräftigAngabe von „Zirka-Lieferfristen“ <strong>in</strong> AGB ist unzulässigE<strong>in</strong>e Bestimmung <strong>in</strong> Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen (AGB), durchdie sich der Verwender e<strong>in</strong>e nicht h<strong>in</strong>reichend bestimmte Frist fürdie Erbr<strong>in</strong>gung se<strong>in</strong>er Leistung vorbehält, ist wegen Verstoßes gegen§ 308 Nr. 1 BGB unwirksam. Das hat das Oberlandesgericht (OLG)Hamm entschieden.Die Beklagte mit Sitz <strong>in</strong> Dorsten vertreibt Artikel über die InternetplattformeBay, unter anderem mit Traubenkernen gefüllte Wärmepantoffeln.Als Konkurrent<strong>in</strong> vertreibt die <strong>in</strong> Bielefeld ansässige Kläger<strong>in</strong> mitLe<strong>in</strong>ensamen gefüllte Wärmepantoffeln. Mit ihrer Wettbewerbsklagehat die Kläger<strong>in</strong> von der Beklagten die Unterlassung des Gebrauchsfolgender Vertragsklausel verlangt: „Angegebene Lieferfristen stellennur e<strong>in</strong>en Richtwert dar und gelten daher nur annähernd vere<strong>in</strong>bart(Zirka-Fristen)“.Das OLG Hamm gab der Kläger<strong>in</strong> Recht. Mit der Verwendung dieserKlausel verstoße die Beklagte gegen § 308 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches(BGB). Die Vorschrift sei e<strong>in</strong>e Marktverhaltensregelungim S<strong>in</strong>ne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, bei dessen28


Schaufenster SteuernVerletzung e<strong>in</strong>em Wettbewerber e<strong>in</strong> Unterlassungsanspruch zustehe.§ 308 Nr. 1 BGB untersage e<strong>in</strong>em Verwender, sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en AGB nichth<strong>in</strong>reichend bestimmte Fristen für die Erbr<strong>in</strong>gung e<strong>in</strong>er Leistung vorzubehalten.Damit solle verh<strong>in</strong>dert werden, dass der AGB-Verwenderdie Leistungszeit mehr oder weniger <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Belieben stellt. Der Kundemüsse <strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong>, das Fristende selbst zu erkennen oder zu errechnen.Das sei mit der beanstandeten Klausel nicht möglich. Dassangegebene Lieferfristen „vere<strong>in</strong>bart“ seien, werde durch den Zusatz„annähernd“ und den H<strong>in</strong>weis darauf, dass sie nur e<strong>in</strong>en „Richtwert“darstellten, e<strong>in</strong>geschränkt. Mit dem Klammerzusatz „Zirka-Fristen“würden die E<strong>in</strong>schränkungen nicht dah<strong>in</strong>gehend korrigiert, dass letztendlichdoch verb<strong>in</strong>dliche Fristen vere<strong>in</strong>bart werden sollten.Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 18.09.2012, I-4 U 1<strong>05</strong>/12, nichtrechtskräftigNeuwagenkauf: Nachbesserungsverlangen schließtBerufen auf fehlende Fabrikneuheit nicht ausDer Käufer e<strong>in</strong>es Neuwagens kann sich auch dann noch auf die fehlendeFabrikneuheit des Fahrzeugs berufen, wenn er die Abnahme des anLackierung und Karosserie beschädigten Fahrzeugs nicht generell abgelehnt,sondern zunächst e<strong>in</strong>e Beseitigung der Schäden verlangt hatund diese anschließend nur unzureichend gelungen ist. Dies hat derBundesgerichtshof (BGH) entschieden.Der Kläger bestellte im November 2009 bei der Beklagten, e<strong>in</strong>erBMW-Vertragshändler<strong>in</strong>, zum Preis von 39.000 Euro e<strong>in</strong>en BMW 320dals Neuwagen. Im Dezember 2009 verweigerte er die Annahme desFahrzeugs wegen Schäden an Lackierung und Karosserie und verlangteNachbesserung. Gestützt auf e<strong>in</strong> Sachverständigengutachten, das diedaraufh<strong>in</strong> vorgenommene Nachbesserung für nicht ordnungsgemäßerachtet hatte, lehnte er Mitte Januar 2010 e<strong>in</strong>e Übernahme des Fahrzeugserneut ab und trat vom Vertrag zurück, nachdem die Beklagtesich darauf berufen hatte, dass das Fahrzeugs nunmehr mängelfrei sei.Der Kläger hat die Beklagte auf Rückzahlung der von ihm geleistetenAnzahlung von 10.000 Euro, Freistellung von den zur Fahrzeugf<strong>in</strong>anzierunge<strong>in</strong>gegangenen Darlehensverb<strong>in</strong>dlichkeiten sowie Ersatz vonSachverständigenkosten <strong>in</strong> Anspruch genommen. Das Landgericht hatder Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. DerKläger könne sich angesichts se<strong>in</strong>es Nachbesserungsverlangens nichtmehr auf die fehlende Fabrikneuheit des Fahrzeugs berufen. Auch seiendie verbliebenen Mängel, auch wenn zu deren Beseitigung Kosten vonbis zu sieben Prozent des Kaufpreises anfallen könnten, lediglich optischerNatur und kaum wahrnehmbar.Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der BGH hat entschieden, dassder Käufer e<strong>in</strong>es Neuwagens grundsätzlich erwarten kann, dass dievon ihm verlangte Nachbesserung technisch den Zustand herbeiführt,der dem werksseitigen Auslieferungsstandard entspricht. Verlange derKäufer e<strong>in</strong>es Neuwagens die Beseitigung von Mängeln, verzichte erdamit nicht auf die mit der Neuwagenbestellung vere<strong>in</strong>barte Beschaffenheite<strong>in</strong>er Fabrikneuheit des Fahrzeugs. Werde durch die Nachbesserungsarbeitene<strong>in</strong> Fahrzeugzustand, wie er normalerweise bei e<strong>in</strong>erwerksseitigen Auslieferung besteht, nicht erreicht, könne der Käufervom Vertrag zurücktreten.Der Rücktritt sei auch nicht wegen Unerheblichkeit der Pflichtverletzungausgeschlossen. Denn der als Beschaffenheit vere<strong>in</strong>barte fabrikneueZustand des Fahrzeugs sei e<strong>in</strong> maßgeblicher Gesichtspunktbei der Kaufentscheidung und spiele auch wirtschaftlich e<strong>in</strong>e Rolle.Fahrzeuge, die nicht mehr als fabrikneu gelten, würden mit deutlichenPreisabschlägen gehandelt, argumentiert der BGH.Er hat das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zurKlärung neu aufgetretener Umstände, die aus prozessualen Gründenim Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden konnten, an dasBerufungsgericht zurückverwiesen.Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.<strong>2013</strong>, VIII ZR 374/1129


Mai <strong>2013</strong>Wirtschaft,Wettbewerb& HandelBäckereien und Konditoreien: Beiträge zu gesetzlicherUnfallversicherung dürfen gleich hoch se<strong>in</strong>Von Bäckereien und Konditoreien dürfen <strong>in</strong> der gesetzlichen Unfallversicherunggleiche Beiträge gefordert werden. Dies hat das Bundessozialgericht(BSG) entschieden.Die Kläger<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d zwei Unternehmen des Konditoreigewerbes. E<strong>in</strong>eKläger<strong>in</strong> stellt Konditoreiwaren <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustrieller Fertigung, die andereals handwerklich geprägter Betrieb her. Beide Unternehmen wurdenvon der beklagten Berufsgenossenschaft für Nahrungsmittel undGastgewerbe für das Jahr 20<strong>05</strong> nach dem neuen Gefahrtarif zu derGefahrtarifstelle 1 mit Gefahrklasse 6,0 veranlagt. In dem Gefahrtarifwurden die Gewerbezweige „Herstellung von Back- und Konditoreiwaren“erstmals zusammengefasst. Dies führte bei den „Nur-Konditoren“zu e<strong>in</strong>er erheblichen Beitragssteigerung. Hiergegen wandten sich dieKläger<strong>in</strong>nen und machten geltend, der Gefahrtarif sei rechtswidrig,weil beide Gewerbezweige zu derselben Tarifstelle veranlagt werden.Diese seien weiterh<strong>in</strong> getrennt zu veranlagen, weil die Risiken signifikantvone<strong>in</strong>ander abwichen.Das BSG ist dem nicht gefolgt. Es hat den Gefahrtarif 20<strong>05</strong> der Beklagtengebilligt. Die Unfallversicherungsträger setzen die Gefahrklassendurch ihre Vertreterversammlungen als autonomes Recht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emGefahrtarif fest. Bei der Bildung von Gefahrklassen steht der Vertreterversammlungals Satzungsgeber e<strong>in</strong> selbstständig auszufüllender Entscheidungs-und Gestaltungsspielraum zu. Die hier mittelbar angegriffeneRegelung im Gefahrtarif 20<strong>05</strong> halte sich noch im Rahmen diesesGestaltungsspielraums. Sie entspreche den Vorgaben der gesetzlichenErmächtigungsnormen, so das BSG.Würden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tarifstelle verschiedene Gewerbezweige zusammengefasst,dürften die Belastungsziffern der e<strong>in</strong>zelnen Zweige statistischnicht signifikant von der durchschnittlichen Belastungsziffer der Tarifstelleabweichen. Das sei hier (noch) nicht der Fall. Für den Gefahrtarif20<strong>05</strong> wäre bei getrennter Veranlagung für die Herstellung von Konditoreiwarendie Gefahrklasse 4,0 vorzusehen gewesen. Die Abweichungder Gefährdungsrisiken der Konditoreien zu der festgesetzten Gefahrklasseerreiche zwar e<strong>in</strong> Ausmaß von rund e<strong>in</strong>em Drittel. Damit haltesich der Normgeber unter Berücksichtigung e<strong>in</strong>es versicherungsmäßigenAusgleichs aber gerade noch im Rahmen se<strong>in</strong>es Regelungsspielraums.Auch die Grundrechte der Kläger<strong>in</strong>nen seien nicht verletzt. Der Schutzder allgeme<strong>in</strong>en wirtschaftlichen Handlungsfreiheit schließe e<strong>in</strong>e Zusammenführungvon Tarifstellen oder die Überführung von sich wandelndenGewerbezweigen <strong>in</strong> andere Tarifstellen grundsätzlich nichtaus. Bei der Prüfung, ob den Kläger<strong>in</strong>nen Vertrauensschutz zugestandenhabe, sei zu berücksichtigen, dass der Gefahrtarif jeweils nach Ablaufse<strong>in</strong>er Geltungsdauer zw<strong>in</strong>gend neu festzulegen ist und das Gesetzselbst e<strong>in</strong>e maximale Geltungsdauer e<strong>in</strong>es Gefahrtarifs von sechsJahren vorsieht. Die Regelungen des Gefahrtarifs hielten sich auch <strong>in</strong>den durch Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz gesetzten Grenzen e<strong>in</strong>er zulässigenTypisierung.Bundessozialgericht, Entscheidung vom 11.04.<strong>2013</strong>, B 2 U 4/12 R undB 2 U 8/12 RWerbung mit durchgestrichenen „Statt“-Preisen: Beiunklarem Vergleichspreis unzulässigDie Werbung e<strong>in</strong>er sogenannten Postenbörse mit durchgestrichenen„Statt“-Preisen ist mehrdeutig und damit irreführend, wenn nicht klargestelltist, um was für e<strong>in</strong>en Vergleichspreis es sich bei dem durchgestrichenenPreis handelt, und wenn nicht alle <strong>in</strong> Betracht kommendenBedeutungen der Werbeaussage zutreffen. Das stellt das Oberlandesgericht(OLG) Hamm klar.Die Antragsteller<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong>e Warenhandelsgesellschaft, die Waren unterschiedlichsterArt importiert und überregional vertreibt. Sie verlangtvom Antragsgegner, dem Betreiber e<strong>in</strong>er sogenannten Postenbörse, eszu unterlassen, für angebotene Artikel mit durchgestrichenen, nichtnäher erläuterten „Statt“-Preisen zu werben. Das Landgericht hattezunächst e<strong>in</strong>e dem Begehren entsprechende e<strong>in</strong>stweilige Verfügungerlassen, diese mit dem angefochten Urteil aber wieder aufgehoben,weil sich die beanstandete Prospektwerbung des Antragsgegners nichtauf Markenware beziehe und deswegen nicht mehrdeutig und irreführendsei.30


Schaufenster SteuernAuf die Berufung der Antragsteller<strong>in</strong> hat das OLG Hamm den wettbewerbsrechtlichenUnterlassungsanspruch der Antragsteller<strong>in</strong> bestätigt.Die beanstandete Werbung mit e<strong>in</strong>em nicht näher erläuterten„Statt“-Preis sei irreführend. Sie sei mehrdeutig und könne von e<strong>in</strong>emdurchschnittlich <strong>in</strong>formierten und verständigen Verbraucher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emden tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden S<strong>in</strong>ne verstandenwerden.Die Werbung könne e<strong>in</strong>erseits den E<strong>in</strong>druck vermitteln, es handelesich bei dem durchgestrichenen „Statt“-Preis um e<strong>in</strong>en früher von derPostenbörse selbst geforderten Preis, der nunmehr gegenstandslos sei.Um solche Preise gehe es nach dem Vortrag des Antragsgegners. E<strong>in</strong>Verbraucher könne aber andererseits auch annehmen, bei dem durchgestrichenen„Statt“-Preis handele es sich um e<strong>in</strong>en vom regulärenE<strong>in</strong>zelhandel üblicherweise oder früher geforderten Preis.Sogenannte Postenbörsen böten nach landläufigem Verständnis unteranderem als Wiederverkäufer Restposten, Zweite-Wahl-Ware, Ladenhüter,Auslaufmodelle und Ähnliches an, und zwar zu gegenüber dem„regulären“ E<strong>in</strong>zelhandel deutlichst niedrigeren Preisen. Darauf legeder potentielle Kunde e<strong>in</strong>er solchen Postenbörse gesteigerten Wert.Werde nun mit der dargestellten Mehrdeutigkeit für die Artikel geworben,müsse der Werbende die verschiedenen Bedeutungen der Werbunggegen sich gelten lassen. Das heißt, dass jede e<strong>in</strong>zelne Angabewahr se<strong>in</strong> müsse. Andernfalls sei sie – wie im vorliegenden Fall – unlauter,so das OLG.Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 24.01.<strong>2013</strong>, 4 U 186/12, rechtskräftigGew<strong>in</strong>nchance „Wetter“: Werbeaktion e<strong>in</strong>es Möbelhauseske<strong>in</strong> GlücksspielDie von e<strong>in</strong>em Möbel-E<strong>in</strong>richtungshaus geplante Werbeaktion mitdem Slogan „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am ... regnet“ist ke<strong>in</strong> erlaubnispflichtiges Glücksspiel im S<strong>in</strong>ne des Glücksspielstaatsvertrages.Denn die Kunden, die an der Werbeaktion teilnehmen,zahlten den Kaufpreis für ihre Ware nicht auch als Entgelt für denErwerb e<strong>in</strong>er Gew<strong>in</strong>nchance, so der Verwaltungsgerichtshof (VGH)Baden-Württemberg. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutungder Rechtssache zugelassen.An der Werbeaktion sollen Kunden teilnehmen können, die im AktionszeitraumWaren zum Preis von m<strong>in</strong>destens 100 Euro kaufen. DasMöbelhaus will jedem Teilnehmer den Kaufpreis erstatten, wenn es ane<strong>in</strong>em festgelegten Stichtag ungefähr drei Wochen nach der Teilnahmezwischen 12 und 13 Uhr am Flughafen Stuttgart amtlich festgestelltm<strong>in</strong>destens drei Milliliter pro Quadratmeter regnet. Den Antrag desMöbelhauses, festzustellen, dass es sich nicht um Glücksspiel im S<strong>in</strong>nedes Glücksspielstaatsvertrages handele, lehnte das RegierungspräsidiumKarlsruhe ab. Der dagegen erhobenen Klage der Kläger<strong>in</strong> gab dasVerwaltungsgericht Stuttgart statt. Es stellte fest, dass die Werbeaktionke<strong>in</strong> unerlaubtes Glücksspiel im S<strong>in</strong>ne des Glücksspielstaatsvertragsdarstellt. Diese Rechtsauffassung hat der VGH bestätigt.E<strong>in</strong> Glücksspiel im S<strong>in</strong>ne des Glücksspielstaatsvertrages setze voraus,dass im Rahmen e<strong>in</strong>es Spiels für den Erwerb e<strong>in</strong>er Gew<strong>in</strong>nchance e<strong>in</strong>Entgelt verlangt werde und die Entscheidung über den Gew<strong>in</strong>n ganzoder überwiegend vom Zufall abhänge. Danach seien Wetten gegenEntgelt auf den ungewissen E<strong>in</strong>tritt oder Ausgang e<strong>in</strong>es zukünftigenEreignisses zwar Glücksspiele. Die Kläger<strong>in</strong> verlange aber ke<strong>in</strong> Entgeltfür den Erwerb der Gew<strong>in</strong>nchance. Ihre Kunden entrichteten den Kaufpreisnur für die zu erwerbende Ware, nicht aber auch für die Teilnahmeam Gew<strong>in</strong>nspiel. Der Kaufvertrag stehe im Vordergrund. Die Teilnahmean der Werbeaktion sei nur gegebenenfalls Folge des E<strong>in</strong>kaufs,wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte. Die Kunden seien ander Gew<strong>in</strong>naktion nur beteiligt, wenn sie ihren Gew<strong>in</strong>n „aktivierten“,<strong>in</strong>dem sie ihn geltend machten. Auf ihre Motive für den Erwerb derWaren komme es <strong>in</strong>soweit nicht an. Das klagende Möbelhaus habezudem unwidersprochen vorgetragen, dass se<strong>in</strong>e Preise im Aktionszeitraumunverändert blieben. Die Gew<strong>in</strong>nchance werde somit nicht<strong>in</strong> den Warenwert e<strong>in</strong>gepreist.Schließlich werde sie auch nicht, wie es der Glücksspielstaatsvertragvoraussetze, im Rahmen e<strong>in</strong>es Spieles, sondern im Rahmen e<strong>in</strong>esKaufvertrages erworben. Damit sei schon der Anwendungsbereich desGlücksspielstaatsvertrages nicht eröffnet, me<strong>in</strong>t der VGH. Andernfallswürde der Beklagte nicht mehr ordnungsrechtlich unter dem Gesichtspunktder Glücksspielaufsicht, sondern unter wettbewerbs- und verbraucherschutzrechtlichenVorgaben tätig.Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 09.04.<strong>2013</strong>,6 S 892/1231

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