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Robert Genin, Briefe, PDF, 427 KB - Sammlung Im Obersteg

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Margarete <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 3.12.1920, ohne PoststempelLieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>Ich habe es nun doch nicht unterlassen können Ihnen eine kleine Batikarbeit zu machen. Esist uns ein Herzensbedürfnis Ihnen und Ihrer lieben Frau eine kleine Freude bereiten zudürfen. Weil ich aber doch nie einen Blick in Ihr Heim tun durfte und ich im Zweifel bin, wasgeeignet und erwünscht wäre, bitte ich Sie von 2 Arbeiten zu wählen. Einen rundenLampenschirm für eine vielleicht vorhandene, hohe Stehlampe habe ich eigens für Siegemacht, wie Sie aus einer kleinen Inschrift ersehen können. Diese hindert aber nicht, dieandere Decke zu wählen falls sie passender oder schöner erscheint. Die Inschrift wäremühelos wieder herauszufärben.Ich müsste Sie nur bitten wenn Sie gewählt haben, mir die andere Arbeit wiederzuschicken zu wollen, da ich vorhabe in Genf möglichst noch vor Weihnachten auszustellen.Mein Mann arbeitet auch fleissig. Er ist zu einer internationalen Ausstellung in Genfaufgefordert.Ihrer lieben Gattin und Ihnen herzliche Grüsse von uns beidenMargarete Gurth <strong>Genin</strong>Margarete <strong>Genin</strong> aus Ascona an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 24.12.1920, ohne PoststempelSehr verehrte liebe Frau <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>Ich machte am Weihnachtsabend noch meinen letzten Gang in die Ortschaft und dachte,dass es doch das erste Mal sei, dass mir zum Weihnachtsfest ohne Freunde, ja sogar ohneein einziges der sonst so vielen, lieben, geheimnisvollen Paketchen bleiben würden - als mirunerwartet der Postbote mit der frohen Nachricht begegnete. Ich liess es mir nicht nehmen,die süsse Last sofort von der Post zu holen, um es in die Mitte unseres Weihnachtstischeszu legen und so meinen Mann wieder damit zu überraschen. Es ist wirklich ausserordentlichlieb von Ihnen so freundlich an uns zu denken. Am Kuchen glaubten wir sofort das WerkIhrer Hände zu erkennen und liessen es uns doppelt so gut schmecken. Die roten Kerzenzieren heut noch unser Bäumchen.Wir verbrachten sonst diesmal ein sehr stilles Festsprachen viel von Familie <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> -fragten uns ob Ihr Herr Gemahl wohl von seiner Reise zurück sei und was er alles vondraussen berichten mag. Wir auf unserem kleinen Felsen hören von der Welt sonst nichtsmehr und werden bald ganz verwildern.Also, recht recht schönen Dank und alles Gute zum kommenden Jahr, von dem ichmeinerseits wünschte, dass es uns Ihren Besuch recht bald brächte - damit wir auch IhreBekanntschaft machten.Ihnen und Ihrem Gatten die herzlichsten Grüsse von uns beidenIhre Margarete Gurth <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 19.2.1921, ohne PoststempelLieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Wie lange haben wir nichts von Ihnen gehört! Ich komme soeben aus Deutschland wo icheinige Aufträge entgegennahm u. die ich hier ausführen werde. Mein Wunsch Ihnen dieVorzugsausgabe meines Buches zu verehren konnte leider nicht in Erfüllung gehen, da derVerlag mir kein einziges Vorzugsexemplar gegeben hat! So sende ich Ihnen die gewöhnlicheAusgabe mit vielen Dank und Grüssen!Darf ich Sie bitten mir zu gestatten dem Rechtsanwalt in Bern für seine Mühe zu danken undwie? Kann ich ihm eine Arbeit von mir zusenden?1


Meine Reise nach München und Berlin war insoferne für mich erfreulich als ich michwiederum überzeugen konnte wie sehr man dort auf meine Mitarbeit Wert legt!Und die wundervolle Apfelsendung zu Weihnachten? War das ein Geschenk von Ihnen? Wirwissen’s bis heute nicht – denn es kommt keine Rechnung ...Werden wir Sie bald einmal begrüssen können – es wäre so schön!Mit herzlichen Grüssen an Ihre Frau Gemahlin von uns beidenIhr ergebener <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 5.3.1921, ohne PoststempelLieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Für Ihr Schreiben besten Dank, wollen Sie mir die Adresse des Dr. Gerber in Bern mitteilen?Auf Ihre liebenswürdige Unterstützung hin hat Bern das Missverständniss aufgeklärt, undheute bin ich benachrichtigt worden dass ich eine Aufenthaltsbewilligung erhalten werde,die einmal im Jahre je weils erneut wird. Das ist ja wunderschön! Nun muss ich eineGarantievon 500 Frs. auf der Bank deponieren! und zwar sogleich.Wir erwarten in den nächsten Wochen einen «Lausbuben»! Dieses Ereigniss ist ja mit so vielAusgaben verbunden, daher ist mir nun dieses Depot sehr sehr ungelegen. Meine Bekannteerzählen mir dass für sie angesehene Schweizer mit ihrem Wort garantiert haben (personalKaution). Sie, lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>, sind unser «Schweizer für alles»! den wir habenkeinen andern. Was für bezaubernde Lakchen und Hemdchen Ihr Leinen hervorgezauberthat! Sie werden sich darüber wundern wenn Ihnen das alles vorgelegt wird! Die Rolle einesTaufpaten ist Ihnen längst zugedacht worden! Und haben Sie so vil Vertrauen zu uns um mitIhrem Wort uns die neue kleine Last zu nehmen?Haben Sie die Mappe bei Fichter gesehen u. hat sie Ihnen gefallen? Ich werde wohl in4 Wochen nach Deutschland gehen müssen um für meinen Verleger eine neue Arbeit zubringen und den Druck überwachen. Ich werde zugleich einige Portraitaufträge ausführenum endlich die 3 000 Frs. die ich noch für mein Häuschen schulde (die Frau hat uns einenZahlungsbefehlt zugeschickt) zu bezahlen.Es hat uns sehr gefreut dass Sie uns Ihren erst. Besuch in Aussicht stellten, wir warten sehr!Recht herzliche Grüsse von uns beiden an sie un[d] Gattin!Ihr <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Ascona 14.3.1921Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Eben erzählt mir Jawlensky dass die russ. Regierung in Paris sich an d. Völkerbund wendenwird um die Kaution den russ. Staatsangeh. zu erlassen. In Tessin wird bloss 500, währendin Zürich 3 000 verlangt wird.Wir freuen uns nun zu sehr und rechnen bestimt m. Ihrem Besuch! Die Adresse des Dr.Gerber bringen Sie dann persönlich mit.Von uns beiden herzliche Grüsse! <strong>Genin</strong>Margarete <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 18.4.1921, ohne PoststempelLieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Wenn Sie mir gestatten, dass ich Ihnen mit Bleistift schreibe – will ich es schon vom Bett austun. – Die Tage des Wartens – der Unruhe und Schmerzen sind vorüber und einschwarzhaariges, dunkeläugiges Bübchen «Mario» liegt neben mir in dem Körbchen. Welche2


Freude für uns ! – Der kleine Kerl hatte noch merkwürdig lang auf sich warten lassen und –als er endlich am 9. April geboren war, waren Ärzte und Pflegerin sehr stolz in diesem –wieder einmal selten schwierigen Fall – eine Glanzleistung an Geschicklichkeit vollbracht zuhaben.Der Bub ist gut entwickelt und scheint verhältnismässig kräftig. Ich selbst hab mich sehrschnell und gut erholt, so – dass mein Mann schon 3 Tage nach der Geburt, wenn auchschweren Herzens – es wagen konnte, die Reise nach München-Berlin zu unternehmen.Übermorgen denke auch ich heimwandern zu können.Da der Knabe grösser als erwartet, haben wir bald wieder zu nähen – und was für einberuhigendes Gefühl – noch ein so schönes Stück weissen Stoffes im Schrank liegen zuhaben. Wir sagen Ihnen vielmals herzlichen Dank dafür! Das wollte ich viel früher schon tun– aber – Unruhe und der Glaube, dass täglich das Erwartete sich einstellen würde – liessenmich zögern zu schreiben.Hoffentlich geht es auch Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin gut! Ich wünsche Ihrer lieben Gattinviel Kraft und alles Gute für die kommenden Tage. Wir hoffen immer, Sie recht bald wiedereinmal in Ascona sehen zu können. Mein Mann wird in spätestens 8 Wochen wieder zurücksein.Von ihm Fräulein Gretel und mir herzliche Grüsse auch Ihrer lieben Frau Gemahlin sendetMargarete Gurth <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin5 an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [April 1921]Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>Was denken Sie wohl von mir! Sie mögen wohl geahnt haben dass ich in Sorgen um meineliebe Frau war – ich war niedergeschlagen, doch ist jetzt alles gut. Was nicht gut ist – am3ten Tage Frau u. Kind verlassen zu müssen, aber auch das habe ich überwunden! Hierheisst es arbeiten – ich bin zu verschiedenen Ausstellungen dringend u. juriefrei eingeladen– dann Aufträge. Denn mein «Zahlungsbefehlt» droht, doch bin ich sicher auch diese Sachein Ordnung bringen zu können!Verirren Sie sich auf Ihrer Weltwanderung Mal hierher? das soll schön sein.Übrigens ging es meiner Frau schwer nur weil es Erstgeburt war, und in der ganzen Familieist es so. Sie brauchen nicht deshalb wegen Ihrer lieben Frau in Sorgen zu sein, Sie sehen janach 8 Tagen ist meine Frau zufuss nach Haus gekommen, und ist blühend.Ich wünschte wir sehen uns sehr bald wieder – alle zusammen und recht gemütlich – aberwann und wo? Jedenfalls wäre Schweiz für uns gar zu trübe gewesen, kämen Sie uns nichtin den Weg.In Freundschaft Ihre <strong>Genin</strong>.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 16.8.1921, ohne PoststempelLieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Wir sitzen in unserer gemütlichen Grunewald-Wohnung und denken an Sie – Ihre Gattin. Siekönnen sich denken wie wir sehr gespannt sind näheres zu hören, vom Kindlein. Bitteschreiben Sie uns ein Wort.Wir denken sehr traurig an Ascona. Die Valuta macht es uns unmöglich im Winterhinzufahren. Nun steht das liebe Häuschen verlassen da! Wir sind in grosser Sorge.Wüssten Sie nicht zuverlässige Mieter für uns? Wir würden das Haus billig vermieten nurdamit es in guten Händen ist. Wollten nicht Sie einen Winter dort verbringen?Uns geht es hier gut. Ich habe viel Erfolg arbeite wie noch nie, vermisse sehr meine schönenKakteen in Ascona. Meine Frau u Bubi sind guter Dinge, wir haben nur die wehmütige Sorge:Ascona. Was tun? Wir würden ja es auch verkaufen denn der Gedanke dass es leer steht3


und leicht auch einmal ausgeräumt werden kann ist graulich. Aber jetzt ist wohl auch zumVerkaufen keine gunstige Zeit wenngleich ich es schon mit Verlust gerne abgebe. Es kostetemir (leer) 38. Ich würd es mit der gesamten Einrichtung um die Summe abgeben. Sie wissenes sind wertvolle Möbelstücke dazwischen.Und wie geht es Ihnen? Es sind schwere Zeit die auch Sie sicherlich durchmachen. Bittegrussen Sie Fichter.Mit allen besten Wünschen an Ihre GattinIhr <strong>Genin</strong>Auch von mir an Sie, lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> und Ihre liebe Gattin herzliche Grüsse. Wiegeht es der jungen Mutter und dem Kleinsten? – Meiner wächst nur langsam und wird erstjetzt das reizende Jäckchen von Ihrer lieben Frau gearbeitet, anziehen können. Kommen Sieniemals nach Berlin? – Vielleicht hören wir recht bald wieder von Ihnen! Herzlichst Margarete<strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [1921]Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Da Sie nun nichts von uns wissen wollen melden also wir uns wieder. Wie ging’s Ihrer Frau?Bub, Mädchen? Sie sind selbst wohl, angestrengt oder ruhiger? Die Geschäfte sind wohldoch nicht gut, kommen Sie hierher. Schon sind Sie vielfacher Millionär ich besorge Ihnenauch eine Wohnung!Wir denken nun nicht mehr an Ascona. Das liebe Häuschen steht leer und verlassen. Heutemöchte ich’s schon mit 10 Tausend Fr. Verlust verkaufen also mit Möbeln um 32 T. Aber wiesoll ich das von hier anstellen? Es sind 21 T. Fr. Hypotheken, und im Dezember muss ichwieder 425 Fr. Zinsen zahlen was ja eine grauenhafte Summe hier ist. Ich würde ja gernemeine Arbeiten nach Basel schicken in der Hoffnung für diese Summe zu verkaufen, aberwohin?Meine Frau u Kind sind wohl, wir haben viel Musik im Hause und es geht uns gut. Warum wirvon Ihnen nie was Hören verstehen wir nicht und tut uns leid. Nun leben Sie wohl wirgrüssen herzlichst.<strong>Genin</strong>sKunz Buntschuhstr.12Grunewald<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Berlin Grunewald 20.11.1922Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Mein Gesuch ist seit 5 Tagen schon unterwegs. Haben Sie für Ihre Bemühungen mit Bernherzlichen Dank. Sie wissen wohl, dass endlich das Haus vermietet ist in Ascona, HerrBachrach hat aber die Figuren die von der Verpfändung frei waren, wohl infolge derSendungen nach Basel zu sich kommen lassen. <strong>Im</strong> Gottes Namen. Es melden sichneuerdings Käufer, vielleicht klappt es einmal. Ich freue mich recht sehr Sie wieder zu sehenund Ihre Gattin kennen zu lernen. Inzwischen herzliche Grüsse von Haus zu Haus!Ihr <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Berlin Grunewald 29.11.1922Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!4


Ihre freundliche Karte erhielt ich. Nun warte ich immer noch auf d. Visum. Sobald es da ist,werde ich Ihnen umgehend schreiben und fragen ob mein Kommen recht ist.Inzwischen recht herzlich Gruss!Ihr <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Berlin 9.12.1922Lieber Herr im <strong>Obersteg</strong>!Sie werden sicher glauben, ich bummle, ich warte jedoch stündlich auf d. Visum. Auf derGesandschaft wurde mir gesagt es dauert gewöhnlich 4 Wochen! Nun kann ich Sie so nahean die Feiertage gar nicht stören. Jedenfalls sobald ich Pass bekommen habe, frage ich beiIhnen an. Ich habe mich so sehr darauf gefreut Sie und Ihre Gattin zu sehen. Inzwischenrecht herzliche Grüsse von Haus zu Haus Ihr <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [ev. Dezember 1922]Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>Eine schöne Weihnachtsfreude für uns ist die Berner Nachricht Ihres Sekretärs. Sie erlaubenmir Ihnen heute kurz danken u. Ihnen mit Ihrer werten Gemahlin viel Freude wünschen.Ich finde 2 alte Abzüge, Blätter die nicht mehr vorhanden sind. Vielleicht darf ich sie auf IhrenWeihnachtstische legen?Ich vergass den Empfang der 500 Fr. zu bestätigen. Ich bitte Ihren Herrn Sekretär mir dieszu entschuldigen.Herzliche Grüsse Ihr <strong>Genin</strong>Eidgenössische Zentralstelle für Fremdenpolizei in Bern an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 23.1.1923, ohne PoststempelMit Schreiben vom 19. Januar 1923 ersuchen Sie uns um Aufklärung darüber, aus welchemGrunde an die Herrn <strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> in München erteilte Einreisebewilligung die Bedingungder vorherigen Leistung einer Kaution im Betrage von Fr. 2000.- geknüpft sei.Wir beehren uns, Ihnen mitzuteilen, dass es sich bei der in Frage stehenden Einreise-Bedingung um eine vom Aufenthaltskanton verlangte Sicherstellung allfälliger Ansprücheöffentlich-rechtlicher Natur, die sich aus dem Aufenthalte eines Ausländers, der keinegültigen Ausweispapiere besitzt, ergeben können, handelt. Zu diesen Ausländern, die keinevon der Schweiz als gültig anerkannten Ausweispapiere besitzen, gehören auch dieAngehörigen der russischen Soviet-Republik. E s ist seit über zwei Jahren allgemeine Praxisder Kantone, die Aufenthaltsbewilligung an russische Staatsangehörige, die des öfternneben dem Mangel gültiger Ausweispapiere auch keine genügenden Subsistenzmittelbesitzen, von einer Garantieleistung, sei es durch Realkaution oder durch anderehinreichende Sicherheiten (Bürgschaft, Wertschriftendepositum) abhängig zu machen.An die Zulassung des Herrn <strong>Genin</strong>, der russischer Staatsangehöriger ist, wurde allein inAnbetracht dieser Tatsache und der damit verbundenen Eventualitäten (infolge derSchriftenlosigkeit) von der zuständigen kantonalen Fremdenpolizeibehörde (Kontrollbureaudes Kantons Basel-Stadt) die Bedingung der vorherigen Deponierung einer Kaution im Wertevon Fr. 2000.- gestellt. Es bleibt Ihnen natürlich unbenommen, diese Kautionshinterlageselbst zu übernehmen, wenn Herr <strong>Genin</strong> dazu nicht in der Lage ist, oder auch eventuell sichmit der genannten kantonalen Amtsstelle auf eine andere Form der Sicherheitsleistung zueinigen. Die Kautionen werden jeweils nach der festgestellten Ausreise der Ausländer, zuderen Gunsten sie errichtet wurden, wieder frei gegeben, soweit nicht Ansprüche dererwähnten Art geltend gemacht werden müssen.5


Mit vorzüglicher HochachtungEidg. Zentralstelle für Fremdenpolizei<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>Brief, ohne Datum, ohne Poststempel [ca. Februar 1923]Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Nun ist Dank Ihren Bemühungen endlich die Antwort eingetroffen. Wissen denn nicht die inBern, dass ich ein Haus in der Schweiz besitze? Ich glaube dass von dieser Kaution auchdie hiesige Gesandschaft mich befreien könnte, wenn man hier Beziehungen zu ihr hätte.Sie könne sich, lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>, denken wie sehr mich das alles deprimiert! denndas bedeutet ja für alle Zeiten eine glatte Unmöglichkeit hinüberzu fahren!Wie wäre es schön gewesen einen Feiertag bei Ihnen verbracht zu haben; aber so ist dasLeben. Ihrer lieben Frau und Ihnen senden wir beide recht herzliche Grüsse und besteWünsche und recht schönen Dank!Ihr <strong>Genin</strong>Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Mein Mann ist leider inzwischen an einer Angina erkrankt und ich kann die Mitteilung von derGesandtschaft nicht finden, die ich beilegen sollte. Der Inhalt war so, dass ihm die Einreise indie Schweiz unter der Bedingung gestattet worden sei, dass er in Bern eine Kaution vonzweitausend Francs stellt. Leider ist auch das Bübchen an einer Halsentzündung erkrankt,so dass das neue Jahr auch für mich mit etwas Kopfschmerzen beginnt. Es wird hoffentlichnichts Ernstes daraus werden!Wie geht es Ihrer lieben Frau Gemahlin und dem Buben? Wie haben Sie die Feiertageverbracht? Mein Mann hatte sich schon so sehr darauf gefreut, diese vielleicht mit Ihnenverleben zu können, was auch ich ihm von Herzen gegönnt hätte.Ein gutes neues Jahr wünscht Ihnen mit herzlichenGrüssen Ihre Frau M. <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Berlin 2.4.1923Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Heute nur 2 Worte. Meine Frau ist vor 6 Wochen die Treppe heruntergefallen, und liegt bisheute mit Gehirnerschütterung. Wir haben 4 Ärzte; jetzt geht es ihr so weit besser, dass ichsie in ein Erholungsheim am Lande bringen kann. Durch dieses Unglück habe ich versäumtIhnen zu schreiben und auch mitzuteilen dass ich vor einigen Wochen die Erlaubniss docherhalten habe nach der Schweiz zu fahren ohne Kaution. Ende April bin ich nun sicher inBasel. Herzl. Dank für Mühe und Anerbietung. So bald ich meine arme Frau allein lassenkann fahre ich.Ihrer Gattin und Ihnen herzl. Grüsse<strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum (Dienstag), Poststempel Berlin 9.4.1923Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Ich bin im Besitze des Visum’s und fahre heute über München nach Basel. Unterwegs bleibeich bei meiner Frau wo sie zur Erholung weilt, bis Donnerstag. Dahin bitte ich Sie herzlich mirzu telegraphieren falls mein Kommen Ihnen unpässlich ist. Ich denke Freitag und Samstag inMünchen zu verweilen. Meiner Frau geht es etwas besser so dass ich sie allein lassen kann.6


Ich freue mich sehr auf Basel und grüsse Sie und Ihre Gattin vielmals. Adresse bisDonnerstag: Dornburg – a/s. Türinger Goetheschloss bei Fischer.Auf Wiedersehen Ihr <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus München an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel München 14.4.1923Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Ich denke am Montag von hier nach Basel zu reisen, ist es recht? Hoffentlich ja, sonstkönnte Ihr Telegram mich noch hier erreichen München Pension Feldhütter. Ich war einigeTage bei meiner armen Frau auf Dornburg. Herzliche Grüsse an Ihre Gattin und aufWiedersehenIhr <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus München an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel [unleserlich, ?.IV.1923]Lieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Ich habe von Ihnen keine Absage erhalten, ich nehme daher an, mein Kommen sei nichtunpasslich. Leider kommt der Zug abends spät in Basel an, es giebt keine andereMöglichkeit mit dem Schnellzuge von hier. So habe ich mich entschlossen in Karlsruhe zuübernachten um von dort mit dem Frühzug nach Basel zu fahren, also am Donnerstag wäreich dort. Ich hoffe Sie wohl anzutreffen und freue mich darauf.Ihr <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum (Samstag und Sonntag),ohne Poststempel [April 1923]Viele liebe herzliche Grüsse, Frau Marianne! Ich möchte in der Benkenstr sein. Es will mirnirgends mehr gefallen. Mittags war ich bei Keller-Huguenin nachher in der KonditoreiHuguenin, dann im Auto gefahren. Nachts war ich mit den Schauspielern vom Blauen Vogel.Aber ich warte ungeduldig auf Karl dass er mich hier holet, dass ich bald wieder bei Euchbin. Freilich bin ich der lieben Frau Buess böse: hat sie doch ausdrücklich gesagt: morgen!Ich will es mir aber merken und es wird von nun ab nicht mehr auf Morgen geschoben.Beim Packen im Bureau haben die zarten Stellen ganz versagt in meinem Anzuge. Ichkonnte mir nicht anders helfen als mich in Basel einzukleiden. 350 Fr für einen Anzug inZürich auszugeben – das täte ich doch nicht.Ich erwarte nun ein Telegramm von Karl Spielweg 7 Rabinowitsch Wann ich ihn am Bahnhofabhole. Ich erwarte ihn bestimmt am Dienstag, sonst hole ich ihn in der Benkenstr. ab. Ichbin beunruhigt von meiner Frau nichts zu hören, sie wird mich wohl sehr erwarten und ichdarf nunmehr nicht allzu lange ausbleiben. Aber ein Paar Tage will ich mir noch bei euchgönnen, bevor ich in’s Jenseits gehe.Ich hoffe Carl ist ganz wohl, und vor allem seine liebe Gattin. Diese hat wohl doch ammeisten geleistet und etwas zu viel auf ihren Schultern gehabt. Liebe Marianne, willst Dubitte durch Fichter oder telephonisch bei Barth veranlassen, hoffentlich geht es noch, dassmeine Arbeiten nicht wie ich zuletzt bat nach Zürich gesandt werden, sondern in derKunsthalle bleiben, bis ich selbst komme und das persönlich erledige. In treuer FreundschaftR!<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [ca. Ende April 1923]7


Liebe, verehrte Marianne und Kio! Gegen alle Erwartung bin ich am nächsten Morgen schonum 8 in Berlin angekommen, allerdings bekam ich Speisewagenanschluss erst abends um 8,so dass ich sehr büssen musste kein «Packetchen» mitgenommen zu haben. Ja, ichwechselte am Basler Bahnhof 5 Franken ein, mit dieser fabelhaften Summe bin ich nachBerlin gereist und noch 10.000 Mk mitgebracht!Ihr lieben, wo seit Ihr geblieben! Wie war der schone Tag vergangen, dann der Abend? Emilwar gekommen, Frau Lorette kam zu Essen herunter, es gab Chianti (o Gott!) und sicherlichSüssspeise, ich armer sass schrecklich hungrig auf der harten Bank! Und nachher wurde derGrammophon aufgezogen – und meine Mitreisenden, waren äusserst verwundert dass ichso heftig mit den Schultern zu eurem Tanze wackelte – ich war wirklich ganz bei Euch!Und jetzt möchte ich dass ihr bei mir seid unsichtbar und zuhört was ich von Euch erzähle.Und alle kommen mir erstaunt entgegen: wie sehr ich mich erhollte, wie vergnügt ich bin, undwas für schöner Anzug – und erst die Krawatte!Meine Margaritta ist uberraschend gut erholt, so dass ich nun ganz beruhigt bin, war ichdoch über ihr Befinden besorgt, daher meine Unruhe in den letzten Tagen.Jetzt aber heisst es: arbeiten und wieder feste dran! Was ich aus der Benkenstrassemitgenommen, ist viel zu schön, als dass ich es in Worte kleiden möchte – und gar jetztschon. In der nächsten Zeit – in meiner Kunst soll das zum Ausdruck kommen. LiebeMarianne, Du bist mir gar keine Spur über mich ärgerlich, verstimmt oder enttäuscht? Dumusst mich darin beruhigen, dass ich gut arbeiten kann, denn das ist ja Dein Befehl! UndWunsch, Du bist sogar ehrgeizig und willst dass ich mich zum Höchsten entwickle – und dasist schön so!Hier erwartete mich viel was zu erledigen ist. Ich muss noch tausendmal meinen Namenunter graphische Blätter setzen (ich möchte am liebsten Roro signieren) aber nun istSchluss, es wird gemalt! Moderne Galerie in München, wo ich unterwegs zu Euchverschiedene Blätter gelassen habe hat fast alles inzwischen verkauft.Jetzt reiche ich Dir, Marianne, die Hand, das werde ich morgen nicht tun können ohne Dichmit Oelfarbe zu beschmieren! Kio, Emil, und vor allem Frau Lorette – bald mehr! Euer treuerRoro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 3.5.1923, ohne PoststempelMarianne! Gestern noch auf stolzen Rossen – Gestern noch wurde mir das Frühstück an’sBett gebracht, Weissbrot und Zwieback, Butter und Konfittüre, ein Ei und noch ein Grussdazu! Und heute – ach! Ich wälze mich stundenlange auf meinem sehr harten Lager, es wirdbald 9, mein Magen der nun so verwöhnt war und sich leider auch schnell daran gewöhnt hat– schreit – aber keine gute Hand rührt sich mir zur Hilfe, und ich stand soeben erst auf,kochte mir einen Tee fand im Spind eine Dose Sardinnen, machte es mir gemütlich und nunmit Zigarre im Maul schreibe ich an meine liebe Wirtin, Freund und Sekretärin in Basel.Weh, wie schnell ist die Pracht dahin! Wo blieb meine ganze Herrlichkeit? Alle Leute diemich jetzt antreffen fragen ob ich denn nicht wohl sei, dass ich so schlecht aussehe! Undnoch vor 10 Tagen staunten die alle über mein fabelhaftes Aussehen. Und da mein Anzugauch hier alle überraschte, spricht man lange schon in den Künsterkreisen Berlin’s nur nochvom reichen Onkel aus der Schweiz!Aber ich arbeite und lege keinen kleinen Ehrgeiz daran schöne und vollendete Werkemitzubringen.Und meine Ausstellung? Liebe Sekretärin, achte ja darauf dass die Bande michgut hängt, und verteidige Dein Jüngstes!Ich hoffe dass nun, da dein Haus in Ruhe gekommen ist, auch Du nachholst was körperlichversäumt war. Also tatsächlich, Marianne, ich kaufe ein Gramophon um tanzen zu lernen,damit ich im Herbst nicht neidisch zuzukuken brauche wie Ihr schwelgt. Ich will meineArbeitspausen dazu benutzen, wenn ich auch am liebsten keine haben möchte.Ich sehe häufig im Geiste das liebe Trio in der Benkenstr: Kio Marianne und Karl Jürg undgrüsse alle Dreie!8


Dein Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Brugg an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Brugg 11.5.1923Meine Lieben, Ich bin sehr betrübt nirgends euch aufgefunden zu haben, ich suchte bis 6.5.in der Bahnhofgegend herum. Ich hatte den Tag über die Karte in d. Tasche, die nur heuteGültigkeit hatte. Sind die Engländer gekommen, wart Ihr vergnügt? War Frau Mariannevielleicht über ihren treuen Roro etwas ungehalten?Ach, kaum hat mein Zug Basel verlassen – schon wollte ich zurück! Nächsten Dienstaglieber Charles in Zürich, ich wohne bei netten blondine Spielweg 7 Maler Rabinowitsch. Ichmöchte Auto fahren Zürich – Brugg-Benkenstr.Euer Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [ca. Juni 1923]Mein lieber Kio!Schönen Dank! Frau Kohler schrieb mir dass Bachrach selbst die Herausgabe der kleinenunverfändeten Figuren abgelehnt hat bevor die Schuld bezahlt ist. Für mich eine deutlicheBestätigung meiner Befürchtungen.Und ob wir schwitzen! Ich arbeite viel und mit Freude. Leider hatte ich mit meinem AtelierPech. Es wurde nämlich für «Wohnzwecke» beschlagnahmt! Nun sass ich 4 Wochen ohneArbeitsraum. Ich benutzte die Zeit für graphische Arbeiten. Es kommen 5 Veröffentlichungenvon mir zu gleicher Zeit heraus! Darunter ein Artickel im Kunstblatt mit Abbildungen.Wir berechnen hier alles mit Goldmark. Ein Bild kostet 9–700 Goldmark eine Zeichnung50–80 (schwarz) ein Pastell – je nach Ausführung. Ich werde überhäuft von Anfragen undWünschen. Leider Gottes ist dadurch meine Malerei, der ich mich ganz widmen wollte etwaszu kurz gekommen. Ich wollte ja bis Ende August eine Anzahl fertiger Gemälde haben umdiese in Zürich auszustellen. Von dort bekam ich Bescheid, dass das Kunsthaus im Herbstmit einer Ausstellung von 20 Werken rechnet. Nun bin ich in grosser Verlegenheit! JedochMut, ich arbeite.Chianti! Aber wann? erst wen ich’s verdient habe u. Bilder gemalt habe. Erhole Dich recht,lieber Kio und sei gegrüsst auch von Margaritta Dein R.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [ca. Ende Juni 1923]Kio! Ich spreche mit Dir aus einer Stimmung heraus die schon seit Jahren allerdings meineSeele bannt. Schon sind es eine Duzend Jahre dass ich in Blüten stand üppig,verheissungsvoll und alle Welt wartete die kommende Ernte. Die Frucht ist bis heute nichtgereift, und bald verliert die Welt die Geduld zu warten – und bald ich selbst! Was geschah?Es kam der Krieg – der einen betäubte, und was nachher kam ist noch viel schlimmer. DieBlütte ist verdorrt ich fühle wie ich welke in der todbringenden Atmosphere, die mich seitJahren hier umgiebt. Meine Freunde und ich selbst erkannten rechtzeitig die Nottwendigkeitdes Luftwechselns, daher die Asconaperiode die verunglückt war (das aus Gründen über dieich nicht schreiben kann.) Nun aber kam ich vor kaum 2 Monaten aus Basel hierher, kraftvollund voll Hoffnung und bestimter Absichten, ich brachte Geld mit, um über dieSommermonate nicht an’s Verdinen zu denken, um mich ganz der Malerei zu widmen. ZumHerbst wollte ich einige Gemälde für die Zürcher A[u]stellung mitbringen. Und wie stehe ichheute? Die Franken die ich brachte liegen ungewechselt da, ich werde überhäuft mitgraphischen Aufträgen die ich 2 Wochen lange standhaft abgewiesen und schliesslich docheinen nach den anderen angenommen – und schon bin ich in alten Trubel! Alle andren,9


denen die Malerei nicht so heilig ist, malen auf Bestellung so wie ich radiere, aber dieMalerei ist meine ganze Zukunft – und ich warte auf die Sonnenstrahlen die die Frucht miteinem Schlage zur Reife bringen. Tatsächlich, noch stehe ich in voller Kraft da, ich glaubeunerschüttlich an meine grosse Zukunft. Und daher teile ich mit Dir meine Gedanken. Esgiebt eine Rettung für mich, solange ich noch nicht die 40er Schwelle überschritten haben:Kopfüber sich in die Malerei zu stürzen – nichts aus der Hand geben bis jene Kollektion daist, auf die unendlich viele warten bereit sie sofort zu verschlingen. Habe ich erst meineWerke vollendeten 40 Gemälde dann bin ich ein gemachter Mann, die Presse und Käuferdrängten mich zu diesem Schritt. Heute aber muss ich selbst Artickel in der Kunstpresseablehnen weil ich kein Material habe und nicht will, dass ich auf Hand der VorhandenenFothograpien nach Zeichnungen und Pastellen zum Graphiker endgültig gestempelt werde.Also: hinaus in die Luft, der ich meine Blüte verdanke, Italien. Dort in Abgeschlossenheit willich die Frucht gebähren die ich schon jahrelange reif in meinem Inneren trage und balddaran ersticke! Also: Ascona verkaufen! Ich bin dazu entschlossen. Seh ich muss es tun,nach 2 Jahren kann ich mir viel mehr wieder leisten.Wir wollen das aber in Ruhe tun, ich habe ja einige Anfragen – Und nun weiter: die Hypothekan Meyer nicht zu zahlen. Er hat sich durch eine so auffallende Art gesichert – er kann nochein Jahr warten – übrigens – er hat ja auch nicht von selbst gemahnt. Er tat es erst, als ichdie Figuren haben wollte. Dieses Geld soll dagegen mit einem Teil mir die Möglichkeit gebensicheren schon mein Werk zu beginnen in Sienna oder St. Giminiano und langsam Asconazu verkaufen suchen. Kio, ich schreibe in Gedanken, so wie man mit einem vertrautenFreunde spricht in sicherem Gefühl dass mann richtig verstanden wird. Ich habe ja hierschon sehr Schönes geschaft dass ich trotz der unzähligen Anfragen und Angeboten nichtsaus der Hand gebe, denn es ist reines Bildermaterial. Dr. Osborn will eine Mon[o]graphieschreiben, aber was nutzt mir so ein Buch ohne jenes Bildermaterial das ich vollverantworten kann? Margaritta, die als erste sieht wie ich mich mit finstren Gedanken plageund meine sellische Verfassung kennt drängt mich dazu allein zu gehen. Und die VossischeZeitung fragt an wann sie die Notiz von meiner Italien-Reise bringen kann!! Lieber Kio, ichweiss nicht an wem ich schon so offen geschrieben habe. Zerreise den Brief, ich wartedarauf dass Du hierher kommst. Ja? G.Was Du von Jawlensky schriebst wird erledigt.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 20.6.1923, ohne PoststempelLieber Kio!Du weißt dass ich sehr um das Schicksal meiner Figuren bei Bachrach bange war. Ichglaube meine Befürchtungen waren nicht unberechtigt. Bachrach hat nur die kleinerenHolzfiguren zunächst herausgege[be]n, aber auch erst als ich ihm schrieb, ich müsse diesenach Basel senden, und schon erhielt ich gestern von ihm eine Aufforderung die Hypothekalsbald zu bezahlen, Meyer hätte mir ja die Summe nur auf 2 Jahre also bis 15. Juni 1923vorgestreckt. Meine Hoffnung die Figuren herauszubekommen und euch nicht belästigen zumüssen ist getäuscht. Somit, meine lieben Freunde, wenn Ihr wollt und könnt, erlöst michvon dieser Last und Bange, in die mich bei meinem letzten Besuch in Ascona Kohler versetzthaben in Bezug auf M. Wenn Du an Kohler schreibst, so wird sie zum Notar gehen und allesam besten erledigen.Die Figuren selbst die wohl bei Euch ankommen magst Du bei euch aufstellen falls dies DirFreude macht, oder an mich mit entsprechender Rechnung (ich bin im Besitze von Franken)weiterzusenden. Für diesen Fall schreibe ich heute an Kohler, eine Bescheinigung zwecksAusfuhr in Ascona zu wollen.Den Gutschein von 254 Frs.! Mein Gott, ich habe seine Bedeutung nicht begriffen und habeihn schon lange zerrissen. Diese 254 Fr. hat nun Frau Kohler erhalten und ich quittierediesen hiermit. Zugleich erlaube mir ein Paar Zeilen aufzusetzen, die vielleicht Deinergeschäftlichen Gewissenhaftigkeit genehm sein werden.10


Für heute nur Geschäft und Belästigung Deiner Person. Ich drücke Dir die Hand.RoroBerlin, den 20.6.23Ich erkläre hiermit dass Herr Charles <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> keinerlei Haftung über mein bei ihmlagerndes Eigentum übernimmt. Zugleich bestimme ich dass sämtliche Einnahmen vonVerkäufen auf meinen Ausslandsausstellungen an Herrn <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> abgehen sollen, alsAbzahlungen der Hypothek.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong>.P.S. <strong>Im</strong> Falle meines Todes sind die evt. bei Herrn <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> noch lagernden Arbeitenmeiner Hand Eigentum meiner 3 Kinder.<strong>Genin</strong>.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, Poststempel Berlin Grunewald 22.6.1923Liebe Marianne! Tausend Dank für Brief und Karte. Du bist so gut mich von drüben ernährenund kleiden zu wollen! Ich kann Dich aber versichern dass mein Atelier seit Gestern zumwahren Eier-Lager geworden ist, aus allen Wasen, Schalen, Schüsseln kriechen die Eierheraus, rollen am Boden, zerquetschen sich in meinen Taschen; ein Verhungern nicht mehrmöglich! Aber mit der Seide erfüllst Du meinen heissen Wunsch, darf ich’s annehmen, undkannst Du den Stoff hierherschicken?Also auch Karl-Jürg erkrankt, ich hoffe er ist inzwischen gesund und will seinen ElternKummer ersparen. Soll den Männern nun in der Benkenstr. das weibliche Geschlechtfolgen? Aber Frau Marianne hat von ihrer grossen Krankheit genug und will nun ihreGesundheit und Leben geniessen. Gestern gegen Abend konnte ich die Tür zum Atelier nichtaufkriegen so dass ich den Hausmeister holen musste. Wir waren sicher dass sich Diebevon innen eingespert haben, ausgerechnet wo jetzt so schöne und viele Eier dort lagern.Nach einer langen Weile kriegten wir die Tür auf, ich ging mit vor[gestrichen]geladenenRevolver in alle Winkel, hinter mir der Hausmeister mit grossem Hammer, aber es warennirgends Räuber, und freundlich winkten mir aus allen Ecken die niedlichen weissen Dinger,von dennen ich aus grosser Freude eine ganze Menge in die Pfanne schlug.Mein Gott, soeben kommt euere liebe Karte, die mich daran erinnert, dass seit 10 Tagendieser Brief an Dich unfertig am Tische lagert. Wenn ich lange nicht schreibe so magst Duals Ursache wissen nicht dass es mir sehr gut geht. Wie weit die allgemeine Trostlosigkeitund fieberhafte Erregung die offene Seele und empfängliche Nerven eines Schaffenden in sokurzer Zeit beinträchtigen kann magst Du aus der Tatsache ersehen, dass es mir als Ulk undabsolute Unmöglichkeit erscheint – tanzen zu lernen wo ich nun doch im Besitze desApparates bin, und worauf ich mich so gefreut hatte. Fichter wird aber inzwischen sicherköniglich mit Marianne im Arm durch die Lüfte schweben -. Ich fürchte die Athmospher ummich tötet meine Schaffensfreude.Wie sehr freute ich mich wieder von Euch lieben zu hören! Ist mir doch alles bei Euch sovertraut. Wer hat mit unterschrieben? Blosch?Karl-Jürg schüttle ich feste die Hand, er ist auch inzwischen ziemlich an seine Mutterherangekommen – mit seiner Handschrift. Ich umarme Euch alle! Margaritta lässt sich in dieUmarmung einschliessenRoro <strong>Genin</strong>chen.Verzeih das dreckige Papier, es liegt und wanderte vom Atelier in die Wohnung hin und her.Ich kenne nicht die Adresse eurer Eltern.Eidgenössische Zentralstelle für Fremdenpolizei in Bern an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 21.7.1923, ohne Poststempel11


Hiermit ersuchen wir Sie, uns gefl. Mitzuteilen, ob der Kunstmaler <strong>Genin</strong> robert vomSchweizervisum Gebrauch gemacht hat und wo er sich momentan aufhält.HochachtendEidg. Zentralstelle für Fremdenpolizei<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [1923]Kio! Ist der ruhelose Weltenwanderer schon aus dem streikenden Lande zurück, oder ist erschon nach Paris losgezogen? Gedenkt er tatsächlich Berlin zu streifen? Tatsächlich wirhaben uns einen Reisegramophon angeschaft! dass Kio sich bei uns behaglich fühle.Wenn Du auch mit grossen Geschäften belastet bist, so kannst Du doch etwas Mitleid mitmir haben, so viel geschäftliches wartet auf mich. Grosse graphische Aufträge,Aufforderungen, Fluchbriefe dass ich alles versetzt habe - ! Ich bin in mein Atelier geflüchtet5 Treppen hoch und will von nichts wissen: malen, und wieder malen - und in den Pausenvom Herbst träumen, von Italien gar, Deine Ankunft erwarten, und sich in unsere schöneBasler Zeit zurückversetzen, die herrlichen Wochen, die mir immer In Erinnerung bleiben.Nun ist das Haus von Gästen frei, und Du wirst doppelt die Ruhe zu Hause geniessen; einesnoch wünschte ich Dir – Deine Energie und Drang nach der Tat in einer anderen Formanwenden zu können um der Harmonie – dem Endziel und Grundbedingung des Glückes,nahe zu sein. Diese fehlt uns Beiden, Kio, und nach dieser zu streben ist, oft aufreibend –aber schön.So, nun bin ich an Deinem Bureautisch gesessen, und – Adio! Roro.Nach Häusern im Grunewald bin ich auf der Suche, aber die verlangen viel Geld; wenn Duhier bist werde ich’s Dir berichten. Bitte magst Du die 254 Frs. an Frau Kohler senden?Gleich? Sei so gut und schönen Dank!Die Decke, Dein Geschenk für Margarita habe ich liegen lassen! Sie grüsst.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLiebe Marianne! Wie ewig lange kein Wörtlein von den untreuen! Ich glaube 6 Wochen! Ichsass die Zeit über fast ohne Atelier und war etwas böse! Nun arbeite ich aber wieder undalles wird gut.Sicher bist Du längst nicht mehr in Basel. Ich sehe Karl-Jürg herumtoben draussen. Auch diealten Herrschaften mit? Ist meine Karte in deren Hände gelangt? Keiner denkt an mich! DieSchelmin aus Sissach hat meinen Brief nicht beantwortet. Ich werde mich danach benehmenund komme nie wieder!Ich habe einige graphische Werke geschaffen die im Herbst erscheinen. Schaffe Dir, liebeUntreue, eine umfangreiche Mappe für die Abzüge, die bereits für Dich reserviert sind. Dennso habe ich versprochen, denke auch Du an Dein Versprechen und – schreibe. Ich arbeitewieder fieberhaft, Zürcher Kunsthaus rechnet im Herbst mit einer Ausstellung von 20 Werkenvon mir, die Hälfte sollten Oelgemälde sein.Margareta grüsst herzlich, Mario ist auf dem Lande bei Freunden. Erhole Dich recht sehrnach den vielen Anstrengungen und sei nicht böse Deinem Roro! (fals Du es bist).die schöne italienische Hemdenseide ist auch böse?<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 11.8.1923, ohne PoststempelMeine lieben Freunde in den Ferien, ich habe inzwischen viel Freude durch Euch erlebt.12


Heute schmückt die herrliche Seide und die schönen Strümpfe, die eine besondereÜberraschung waren – meinen Geburtstagstisch. Und der liebe Brief aus Boltigen, aus demhervorgeht dass möglicherweise Ihr Beiden zu uns zu Besuch komen ist nun dieHauptfreunde. Und inzwischen ist auch Mariannen’s besseres Jahr angetroffen, und wiederkann Marianne die schöne Natur geniessen. Die lustige Karte war ein Gruss aus bessrenZeiten und Welten. Ich grüsse alle Unterschriften wieder.Auch habe ich mein schönes altes Atelier (durch Todesfall) wieder erhalten – und bin daraufgerüstet den Winter freudigst an den Staffelein zu verbringen.Und Cio! gereinigt zurückgekehrt? Wie schnell waschen doch die Mannen ihre Sünden weg.Ist es Ihnen zu verdenken dass sie es dan mit der Sünde nicht so genau nehmen? Ichglaubte immer dass an dem Reinen die Sünde überhaupt nicht haften bleibt – wozu dennfranzösische Bäder? Ich habe oft in der letzen Zeit an Cio gedacht, wo man unterUmständen schöne Sachen für nichts hätte erwerben können, ich glaube aber die Zeit istvorbei, man tritt auf allen Gebieten die Goldwährung.Meine lieben, und Karl Jürg und Lotte und die Misssss – Addio!Roro.Margaritta kann mit der Feder nicht schreiben – sie freut sich auf – – – Marianne.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [ca. September 1923]Lieber Cio!Bachrach schreibt sehr erregt: das Geld sei fällig, er müsse auf Zahlung bis 15. Septemberbestehen! Da aber evt. die Figuren verkauft werden können, ist mir das wichtigste ihn zubefriedigen, ich begrabe darunter meine italienische Pläne, vielleicht kommt mal dazu! Die250 Frs. (Zinsenrest u.s.w.) sind in meinem Besitz und ich bezahle sie selbst.Kommst Du nach Berlin? Wie herzlich würden wir uns freuen, Du musst mit eigenen Augendie Sowiet-Mark betrachten! Wa sagst Du dazu? Kommet, wir wollen hier lustig sein – es istsonst so bedrückend trostlos! Verzeiht die Handschrift.R.Liebe Frau Marianne!Schönen schönen Dank für den letzten Sommergruss! Nun färben sich schon hier dieBlätter, es sind herrliche Tage, und im Herbst muss die Landschaft euch gegenüberbesonders schön sein!Und die Benkenstrasse. Es muss Dir wohl sein einmal wieder im Hause allein zu sein, dieEngländerin ist wohl schon fort. Und Nachmittags ein Täntzchen, und zum Cianti zuweilenFichter, und sonntags in Sissach! Und zu Cio – die glückliche Frau!Wir aber leben im Hexenkessel, es wirbelt und überschäumt. Wie sich alles überstürzt! Fastverliere ich die Hoffnung Dich hier zu sehen, bitte schreibe mir darüber, kommt es zu eurerReise nach hier? Ich habe es schön in meinem Atelier, wenn Ihr bescheiden sein wollt, könntIhr gut drinnen wohnen, ein Paar Schritte vom Potsdamer Platz! Adresse: Berlin W Königin-Augustastr. 51 Atelier, dort wohne ich ganz, nach dort erbitte ich nunmehr die Post.Margaritta lässt herzlich grüssen, ich habe heute bei ihr übernachtet, was 1–2 Malwöchentlich geschieht.Nun will ich noch Cio ein Paar Worte schreiben, sei recht recht herzlich gegrüsst!Dein R.Soeben Nachricht aus Ascona: im November ein Mieterwechsel! Aber es klappt und das isterfreulich, die neuen Mieter wollen evt. auch die Figuren erwerben. Ferner Mitteilung ausZürich Kunsthaus. Meine Ausstellung soll am 20 Oktober eröffnet werden! Ich bin recht inUnruhe was ich tun soll. Zu den Pastellen wollte ich wenigstens 3–4 Oelbilder ausstellen dieich nun in der Arbeit habe. Es wäre sehr wichtig. Was meint Ihr?13


Margarete <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 1923, Poststempel Berlin Grünau 16.12.1923Sehr verehrte Frau Marianne,Sie sollten längst Nachricht gehabt haben, aber ewig Arbeit und wirkliche Sorgen haben esnicht dazu kommen lassen. Ich weiss nicht, wann Ihnen <strong>Robert</strong> das letzte Mal geschriebenhat und ob Sie von seiner Krankheit wissen? Fast seit gestern scheint sein Zustand sichgebessert und das Schwerste überstanden. – Er lag seit 3 Wochen an Grippe undGelenkreumathismus erkrankt, zuerst in seinem Atelier dann und heut noch imKrankenhause. Ich selbst habe ihn in den letzten 14 Tagen nur einmal für eine halbe Minutesehen dürfen. Er lag in höchstem Fieber ganz apathisch da. Nur die Schwester hatte ergebeten Ihnen zu schreiben, die mir sehr verspätet den Auftrag weiter gab. Nun wartet<strong>Robert</strong> schon täglich und ungeduldig auf Antwort. Auch hat er gebeten Madame Busseeinstweilen für das Paket, das ihm ins Atelier gesandt wurde Dank sagen zu lassen.<strong>Robert</strong> hatte vor dem Kranksein eine gute Zeit und schön geschafft – sich dann leider inZugluft im Atelier erkältet. Schon damals wollte er in allernächster Zeit reisen –Passangelegenheiten waren erledigt – da überkam uns dies Unglück. Ein sehr tüchtiges undkräftiges Mädchen, die ihm auch während der letzten Zeit der Arbeit im Atelier versorgtep[f ]legt ihn mit Anstrengung letzter Kräfte – von mir selbst möchte ich nicht sprechen. DieÄrzte sollen gut sein und versuchen ihm jede Erleichterung zu schaffen. Die kräftigsteNahrung wird hoffentlich seinen Körper kräftigen, das er alles gut übersteht.Wann <strong>Robert</strong> wird reisen können erscheint mir sehr ungewiss – jedenfalls werden Sie wohldie Erste sein, die von ihm sobald wie möglich Weiteres erfährt. Ich bitte Sie mir – antwortenSie ihm so bald Sie können. <strong>Im</strong> Krankenbett ist man ohnehin schon etwas ungeduldiger.Seine Adresse ist Auguste Viktoria Krankenhaus Friedenau Canovastrasse Station 15.Indessen hoffe ich, dass es Ihnen, wie Ihrem lieben Gatten und Buben recht gut geht und Sieein recht frohes Fest verleben mögen.Es grüsst Sie aufs herzlichsteIhre Margarete <strong>Genin</strong>.Margarete <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Januar 1924]Sehr verehrte Frau Marianne!In erster Linie möchte ich Ihnen herzlichst für das wirklich märchenhafte Paket danken. Sogross – so reichhaltig und gut gewählt für Kranke als auch für allzu schlanke und auch dasBübchen kommt nie zu kurz. Die Freude des Auspackens habe ich diesmal leider alleinerleben müssen – denn auch meinen Marion hab ich für einige Zeit zu Freunden gebenmüssen. Und <strong>Robert</strong> – der arme Teufel – wir haben ihn vor 3 Tagen umgebettet das heisstvom Krankenhaus, wo er auf einem harten Lager und in recht unruhiger Umgebung lag insSanatorium gebracht. Das war eine harte Klippe an der wir nun vorbei sind. Das Fieber wargrad an diesem Tage etwas herunter – aber das Bein in der Schiene muss ihm bei dergeringsten Erschütterung, die ja beim Fahren nun einmal nicht zu vermeiden sind, rasendweh getan haben.Dafür ist er mit dem Wechsel jetzt ganz zufrieden. Nur es ist auch wirklich in jeder Hinsicht,denk ich, gut für ihn gesorgt. Von einem andern Arzt und anderer Behandlung erhoffen wiruns ein glückliches Forwärtskommen. Das Fieber geht herauf und herunter derAllgemeinzustand wäre leider nicht der Erwünschte. Mehr als «hoffentlich» sagen sie allezusammen nicht. Man müsse viel Geduld haben. Ich darf jetzt den ganzen Tag bei ihm seinund versuche ihm die Depressionen zu verscheuchen – aber die schlaflosen Nächte sinddas Gefürchtetste. Leider hat das Morphium falls nicht in starker Dosis genommen keineWirkung mehr.Er hat es aber doch geschafft Ihrem lieben Gatten ein paar Zeilen zu schreiben und eineSkizze von sich gemacht – wie er sich sieht. Wir sprechen oft von Ihnen und wie schön es14


gewesen wäre wenn – ja wenn. – Aber immer wieder sagt er dann «aber Kio kommt MitteJanuar». Und Frau Marianne? Wenn auch Sie ihn überraschten – das gäbe eine Freude.Eben geh ich wieder zu ihm. Die Mühe lässt mich früh erwachen. Ich sehe nun, ob der Briefan Ihren Gatten endgültig fertig ist und befördere ihn dann weiter.Ich schreibe bald wieder einmal. Für heute nochmals tausend Dank und herzliche GrüsseIhnen und Ihrem lieben GattenIhre Margarete <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief mit Zeichnung Selbstbildnis (Inv. <strong>Im</strong> 1211), ohne Datum, ohne Poststempel [1924]Mir etwas besser doch viel Schweres bevorÜbersiedelt nach Sanatorium des Westens hier köntest Du Wohnen CioNun schreibe ich schliesslich Euch ihr lieben meine ersten Zeilen. Teuerste MarianneEine schwere Prüfung ist über mich gekommen. Kniegelenkscherz mit Ursachen allerschlimmer Art. Ich liege im Krankenhaus ein Monat lang weg zwischen Schmerzen undMorphium.Kommst Du wirklich nach hier Cio? Jetzt geht etwas besser. Ich will aber in eine Privatklinik.Eure Sendung vom 15ten lieber Kio tausend Dank Euer treuer und vielleicht zum Frühjahrerholter Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Frühjahr 1924]Liebe Marianne!Seit 2 Monaten habe ich von Euch keine Nachricht, ich nehme an es ist Post an michverloren gegangen. Ich liege nunmehr in meinem Atelier bin sehr traurig dass ich noch nichtarbeiten kann, auch nicht reisen kann. Mein Bein bewegt sich im Knie nur ganz wenig undich muss viel üben um die durch langes unbewegliches liegen verursachte Steifheit zuüberwinden.Und meine Freunde in der Benkenstr? Was ist neues, das renovierte Heim? Zufrieden? IstCio immer auf Reisen? Bloss nicht nach Berlin? Bitte, Marianne verschaffe mir im Bett eineschöne Stunde durch das Lesen eines ausführlich[en] <strong>Briefe</strong>s von Dir!Alles liebe Euer R.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [ca. April 1924]Liebe Marianne!Nun bin ich so weit gesund bis auf mein Bein: es ist steif. Nun bin ich wieder im Atelier undmuss daran arbeiten das Bein beweglich zu kriegen.Wirst Du mir Freundschaft kündigen wenn ich ein steifes Bein behalte? Und all meineschöne Pläne und Reisen? So ist das Leben.Cio grüss ich herzlich und ich erbitte mir von ihm die Adresse meiner ersten Frau in Riga, ichhabe sie verloren.Wir haben lange voneinander nicht gehört!Herzlich Euer Roro. auf Krüken.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [April 1924]Liebe Marianne!15


Eben war ich im Begriff ein Brief an Dich mit der Bitte mir im Bett durch einen ausführlichenBrief eine schöne Stunde zu verschaffen durch mein Mädchen fortzuschicken – als der Briefvon Dir tatsächlich ankam! Für so schnelle Erfüllung meiner Bitte herzlichen Dank!Ja, ich liege immer noch! Ich bin ja gesund, mein Geist hält bei diesen Sonnenstrahlen nichtim Atelier aus – aber mein Bein! Ich habe es durch Übungen etwas beweglich machenkönnen, es war ja durch die langdauerde Knieentzündung ganz steif geworden. Aber immernoch quellt mich die Frage: soll ich es unbedingt beweglich machen? Das nimmt ein ganzesJahr in Anspruch, ist schmerzhaft und an Schaffen nicht zu denken. Wie denkst Du darüberund Cio?Und auch bei Euch Krankheit? Und Du, Samariterin, hast noch nicht genug und willst auchmich noch pflegen: Nein, das ist zuviel. Das schon bald ein Jahr vergangen – wieder Mai –kann ich nicht begreifen, ich wollte ja so bald wieder kommen! Vielleicht ist Strafe dafür dasund ein Beweis – das mann etwas was so sehr schön war – gar nicht wiederholen darf.Mir gutes schicken? Liebes, es ist ja hier alles vorhanden – schreibe öfters, mich geht EuerLeben und euerer Angehörigen sehr an. Möge Cio und Carljörg bald ganz erholt sein –vielleicht schreibt mir auch Cio ein mal. (Die Adresse aus Riga)Alles gute und Gruss von Margarita die mich sehr oft besucht. Ich liege im Atelier, habe einDienstmädchen bin aber sehr hilflos mir ist ein riesiger Vollbart gewachsen!<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [19.4.1924]Liebe Freunde!Nun ist es ein halbes Jahr, dass ich liege. Ist das nicht grauenhaft? Mitunter verliere ich allenMut, dann wieder ergreift mich eine unbeschreibliche Lust nach Arbeit und Leben. Und dieFreude des Wiedersehens in der Benkenstr. siegt über viele Unentschlossenheit undMisstimmung. Sicher habe ich es nötig meine Krankheitstätte mit einer freudigerenAtmosphäre zu vertauschen, ob ich aber als Lahmer noch Euch Spass machen werde? Sollich wirklich kommen?Am 1. Mai ist Margarita mit Mario zu Freunden nach dem Schwarzwald eingeladen. Ichwerde sie wohl am liebsten begleiten, da es auf dem Wege nach Basel ist und dort etwasverweilen. Ich fürchte mich sehr vor der Reise.Ich gehe jetzt bei gutem Wetter auf 2 Stöcken etwas spazieren, das ermüdet mich sehr.Auch werde ich öfters im Auto abgeholt. Wie herrlich wäre es wenn ich wieder einmal so weitbin dass ich ohne durch Schmerzen verhindert zu sein mich ganz der Arbeit widmen kann.Mit tausendfacher Energie und Erfolg. Kommt die Zeit?Habe Dank liebe Marianne für den lieben Brief, er hat mich erfreut und ermutigt.Und Cio so wie Euch allen wünsche ich vor allem gute Gesundheit. Morgen – Ostern, aberes schüttet vom Himmel, mein Knie fühlt und macht die schlechte Witterung mit – Schöne,frohe Feiertage wünsche ich Euch.R.Ein Jahr unsrer Bekanntschaft und Freundschaft.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Sasbachwalden an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in Basel,Postkarte, ohne Datum, Poststempel Sasbachwalden 9.5.1924Meine lieben Freunde!Einige Stunden Entfernung von Basel, im Schwarzwalde, wo ich Frau und Kinduntergebracht habe, sende ich die herzlichen Grüsse der lieben Benkenstrasse! Ich freuemich schon zu sehr auf das Wiedersehen, als dass ich viel schreiben möchte. Für Deinenletzten Brief, liebe Marianne ganz besonderen Dank, er hat mich ganz nach dem frohen undtapfern Süden versetzt. Hier regnet es leider dauernd und es geht mir daher nicht gut – undwas mein Traum ist? ein heisses Bad, nach so langer langer Zeit. Wann also darf ich bei16


Euch baden? Kann ich etwa am 16 ten reisen? das wäre in einer Woche. Bitte schreibt mirnach Saasbach-Walden bei Achern (Baden)Maler C. Keyser für G.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Sasbachwalden an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Sasbachwalden 30.5.1924Liebe Freunde!Ich komme also am Samstag, weiss aber nicht wie die Züge gehen. So bitte ich mir zuerlauben im Laufe des Tages an Euere Tür zu klopfen.Auf Wiedersehen morgen!Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Sasbachwalden an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Sasbachwalden 18.6.1924Meine lieben Freunde!Gestern volzog sich der grosse Umzug nach dem Murberg. Ihr hättet das sehen sollen: einOchsengespann mit Tausend Schachteln und Matratzen, darauf der kranke Mann, demWagen nach die Familie mit Maler Kayser und ein DuzendSchulkinder! Kayser ist so neidisch auf meine pariser Eleganz in Bezug auf Deine Kragendass ich Dir vorschlagen möchte lieber Kio 2 von denen die ich nicht genommen habe weilsie mir zu klein waren ihm in ein Cuwert hineinlegen. Ich weiss wie sehr Dich freut zu helfen.Recht recht glückliche Wochen und Gesundung wünscht Euch Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Sasbachwalden an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 1924 [ca. August], ohne PoststempelLieber Cio.Wir haben die deutschen Passe (Visa) in Ordnung, haben die Leute in Ascona zum 15enSeptember gekündigt (sie haben auch wo anders gemietet) und nun kommt dieseablehnende Antwort aus Bern.Vor einiger Zeit bekamen wir ein Schreiben der frühren Besitzerin (Frau Krings) in dem sieuns bittet, nicht nach Ascona in unser Haus zu ziehen, da die Mieter nicht wüssten wohin –und baten sie einen Druck auf uns auszuüben. Soll es möglich sein das Winklereien vondieser Seite gegen uns in Bern vor sich gegangen sind? Oder sollen wirklich die gespanntenBeziehungen zu Russland (wie das Consulat sagt) Schuld daran sein?Ich glaube, eine Mitteilung des Dr. Meerwein nach Bern, dass er mir eine Fangokur inAcquearossa vorgeschrieben für die Dauer von 3 Monaten, einen entscheidenden Druckdort ausüben würde. Oder Deines Schwagers? Wenn Du so lieb bist das zu veranlassen?Ich schäme mich Dich wieder in Anspruch nehmen zu müssen, aber Margarete ist ganzunglücklich, wir erhoffen doch für mein Bein jetzt die Genesung, und das andauerndregnerische Wetter hier verursacht mir die grössten Schmerzen, und Margarete freute sichzu sehr einige Monate in Ascona zu verbringen, wo wir doch hier an der Trense sind.Sei nicht für diese Belästigung böse, ich wollte, ich könnte Dir einmal behilflich sein.Und herzliche Grüsse von Haus zu HausRoro.Eidgenössische Zentralstelle für Fremdenpolizei in Bern an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 2.9.1924, ohne Poststempel17


In Beantwortung Ihres gestrigen Schreibens beehren wir uns, Ihnen mitzuteilen, dass dasEinreisegesuch des russischen Staatsangehörigen Herrn <strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> abgewiesen werdenmusste, weil infolge des Boykottes, den Russland über die Schweiz verhängt hat, dieEinreise russischer Staatsangehöriger grundsätzlich gesperrt ist. Die Sperre richtet sichgegen alle Russen, gleichgültig wie sie sich zum Sovietregime einstellen. Da wir Weisungerhalten haben, die Sperre strikte durchzuführen, können wir leider für Herrn <strong>Genin</strong> keineAusnahme machen.Mit vorzüglicher HochachtungEidg. Zentralstelle für FremdenpolizeiDer Chef:Margarete <strong>Genin</strong> aus Sasbachwalden an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 3.9.1924, ohne PoststempelBriefkopf: Sternenwirtshaus Sasbachwalden«Lieber Cio»Schreibe ich in <strong>Robert</strong>s Namen, der eben oben in den Weinbergen malt. Wir wollten in derPassangelegenheit nur noch sagen, dass die Absage erfolgt sei, weil gegenwärtig dieschweizerischen Beziehungen zu Russland gespannte seien und Erholung kein genügenderGrund zur Einreise sei. <strong>Robert</strong> sei sicher, dass wenn Herr Dr. Meerwein die Dringlichkeitnach Bern bestätigte, die Sache geordnet würde. Dumm ist es, dass die deutschen Pässe,die 80 Mark gekostet haben, am 15. September verfallen, worüber wir etwas in Unruhe sind.Wir erleben hier eine geradezu katastrophale Regenperiode, die auch für <strong>Robert</strong>s Bein sehrdeprimierend ist.Hoffentlich geht’s Ihnen und Frau Marianne mit dem Buben recht gut! Wir drei grüssen Sieaufs herzlichsteIhre Margarete <strong>Genin</strong>Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> aus Basel an <strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong>Brief (Durchschlag), datiert 22.10.1924Lieber <strong>Genin</strong>,Ich habe heute Auftrag gegeben, dass Deine Kisten per Frachtgut nach Berlin abgesandtwerden und zwar an die Adresse der Internationalen Verkehrsgesellschaft für Handel &Industrie m.b.H., Luisenstrasse 47, Berlin N.W.6 zur Auslieferung an <strong>Genin</strong>, KöniginAugusta-Strasse 51 Atelier. Wir legen der Spedition die Ausfuhrpermission, die wir seinerzeitvon Ascona erhalten haben, bei.Bitte setze Dich nun mit der obgenannten Speditionsfirma in Verbindung, [KIO]<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Herbst 1924]Liebste Frau Marianne, lieber Cio!Herzlichen Dank für so viel Mühe! Mein armes Bein muss über den Winter ein wärmeresPlätzchen aufsuchen, hier in der Feuchtigkeit wird es immer steifer. Ich habe ein Gesuchnach Italien eingereicht und werde hier abwarten. Margarita mit Mario werden hierüberwintern müssen, wie ungeschickt und dumm das alles! Wir sind für den scharfen Winterabsolut nicht bedacht gewesen, und wenn Du, liebe Marianne von Deinem Knabenabgelegtes warmes Zeug hättest, würde Margarita sich sehr darüber freuen. Für den Falldass Du den blauen Stoff für Karl Jürg verwendet hast und ein Rest für Mario da ist?Du schreibst ja gar nicht. Wie war der Sommer, die Erhollung, ist Karl Jürg zu Hause? Icharbeite viel und dauernd, seitdem mir 40 geschlagen (August) darf keine Stunde verloren18


gehen. Sonst bin ich traurig und sage Kio nochmals meinen Dank. Und Gruss.Dein Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Winter 1924]Lieber Kio!Ich habe im Herbst um einen Kuraufenthalt in Acquarossa mit Familie auf 3 Monate gebeten.Diesmal habe ich genau so um einen Erholungsaufenthalt auf 3 Monate in Ascona gebeten.Dies wurde in Bern ohne weiteres verweigert, und d. hiesige Konsulat sieht den Grund zudieser unerwa[r]teten Verweigerung keinesfalls in dem (inzwischen für frühere «Russen»gemilderten) Konflikt. Ich wäre schon Dir sehr dankbar, wolltest Du mir die Adresse desBerner Anwalts angeben.Die 2 Bilder, von denen ich Euch schrieb sind beim Photografen. Ich werde Dir alsbald diePhotos einsenden. Du weisst, was mir daran liegt gerade bei Dir ein gutes Bild von mirhängen zu wissen. Du fragst nach dem Preise? Ich wiell das gerne Dir überlassen, nachdemDu das Bild gesehen hast. Ich glaube dass die Preise hier allzu aufgeschraubt wordensind – und ich rechne gerne mit einem etwa Pellegrini-Preis.Margarita ist hier bei mir und wir warten und warten! Wohin mit uns? Ich habe Dirgeschrieben dass ich kürzlichst ein Bild für 3.T. verkauft, so dass wir uns eine Reise leistenkönnen, aber die Schwierigkeiten. Das Auswärtige Amt hat mir jetzt eine Empfehlunggegeben, die ich dem Italien. Konsulat eingereicht habe. Aber grade Schweiz und Italien sinddie schwierigsten Fälle für Russen.Ich plage mich schrecklich mit meinem Bein – es ist nicht schön. Wir grüssen herzlichst dieBenkenstrasse!<strong>Genin</strong>’s.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus dem Schwarzwald an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 22.12.1924, ohne PoststempelLiebe Frau Marianne und Cio!Aus dem Schwarzwalde Euch die schönsten Wünsche zum frohen Fest. Die beiliegendeSkize stellt Mario dar. Wir haben hier zwar keinen Schnee, aber die Landschaft ist ganzweiss und wenn ich an diese Zeit im vergangenen Jahre denke – so ist es mir froh froh zuMut!Alles schöne! Roro.Alles Schöne auch von mir! Margarete<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 26.4.1925, ohne PoststempelLieber Cio!Herzl Dank für Dein Schreiben, ich habe an Dr. Gerber mich auch gewandt. Das BernerSchreiben ist ja ein Witz. Ich habe am 8 Juli durch meinen Berliner Freund Schulrat Gollinden Gesuch in Berlin. Konsulat eingereicht. Er bekam dort den Rat in Hinsicht auf denentstandenen russ.-schweiz. Konflikt einige Wochen abzuwarten. Dann habe ich denGesuch am 1ten August eingereicht.Und Aquarossa schliesst im Oktober, und da ist es den Tessiner behörden aufgefallen «ichhatte d. Gesuch nach Aquarossa zu einer Zeit eingereicht wo A. bereits geschlossen werdensollte»???Frau Marianne und Dir recht herzliche Grüsse Roro.19


<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLieber Cio!Ich darf Dir in Eile noch mitteilen, was Dich vielleicht interresierenund verwundern wird. Mein Anwalt ist nach Locarno und Belinzona gefahren und hat inErfahrung gebracht dass 1) gegen mich bei d. Tessiner Behörden nicht das geringste vorliegt2) dass Sie erstaunt sind über die drakonischen Massregeln gegen mich in Bern. Danachmusste doch Bern uns mächtig an der Nase herumführen, indem es Tessin, dass nichteinmal über diese Massregeln unterrichtet ist (Pass nur auf 3 Monate «ohne di[e] Möglichkeitder Verlängerung» Kaution u.s.w.) immer wieder vorschiebt.Entschuldige über meine Eile, vor der Abfahrt. Ich bin sehr mit dem Bein unglücklich undfahre daher durch um die ur anzufangen.Herzlich R.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Palermo an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 30.4.1925, Poststempel Palermo 1.5.1925Mein lieber Cio!Ein Paar Worte in unsrer Schweizer Passangelegenheit. Dr. Gerber schrieb an Margereta,dass der Aufenthalt in Ascona von einer Kaution (3000 Frs) abhängig gemacht wurde. Erglaubt dass die Kaution erlassen wird, sobald meine Frau dort ist, und wir zur Klärung derAngelegenheit einen tessiner Anwalt beauftragen. Es wäre also der letzte Versuch, bevor wirAscona ganz aufgeben, ich glaube es ist der Mühe wert, hängt doch Margarete an demHause. Ich selbst gedenke ein Jahr hier zu verbringen, würde aber zur Klärung derAngelegenheit für 2 Wochen nach Ascona gehen. Es hängt also die Sache davon ab, ob Duin Bern für mich bürgen kannst.Den Brief von Gerber habe ich noch nicht gelesen. Vielleicht aber bist Du durch Dr. Gerberunterrichtet? Bitte, lieber Kio, sage mir ganz freimütig Deine Meinung. Das dume ist, dassMargarete, die ja ein so schweres Lungenleiden durchgemacht hat immer an Hustenreizleidet, und auf den Süden nicht verzichten kann.Jetzt in Eile herzlichst RoroPalermo.Adresse: Roma posta restandeP.S.Ich habe wohl schon geschrieben, dass ich auf Empfehlung des auswärtigen Amtes eineunbefristete Einreise nach Italien erhalten habe.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Termini <strong>Im</strong>erese an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Mai 1925]Meine lieben Freunde!Ich schrieb schon eine Karte aus Sizilien, und habe berichtet, wie ich alles hab stehen undliegen lassen und in das Land meiner Träume flüchtete. Auch ist Margarita mit liegengeblieben doch werde ich sie, ich hoffe, bald sehen.So sehr mich Palermo enttäuscht hatte, so sehr bin ich glücklich hier in Termini am Meer. Ichkraxele und stolpere alle steinige Hügel hinauf, die sizilianischen Knaben kennen schon denhinkenden Pittore laufen ihm nach, dass er sich stütze, und ohne die Hilfe dieser wäre ichauf manchen Hügel sitzen geblieben, denn nach unten geht’s sehr schwer. Ich atme wiederdie Luft, in der meine Kunst geboren, und bin wieder voll von Tatdurst, und will hier meineschönsten Werke schaffen. Und vielleicht will mir wieder einmal das Glück strahlen, dassmich so lange Jahre meines Lebens nicht verliess. Es ist in der Nähe von Rom ein herrlicher20


Besitz, (früher des Kaisers Wilhelm) der mir vielleicht! zur Verfügung gestellt wird – aber ichwill vorläufig noch nicht zu sehr hoffen.Ja, lieber Kio, sehen wir uns hier? Will nicht Marianne mit Dir dieses Jahr nach Italien? Daswäre doch zu schön.Mein Bein schmerzt und wackelt ein wenig. Die Fangokur habe ich hier noch nicht beginnenkönnen, es ist zu früh. Demnächst werden die Bilder, von denen ich Dir schrieb, inAbbildungen erscheinen, ich sende es Dir dann.Und Karl Jürg? Wohl um ein grosses Stück gewachsen, bald so gross wie ich. Ich grüsseihn.Also, recht herzlich! Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Sommer 1925]Lieber Kio!Eben schreibt Margarete von Deinem Besuch, Du hast ihr richtig Lebensmut gegeben undich Danke dir von Herzen dafür. Es ist wahrlich ein Unglück wie die Arme nicht zur Ruhekommen soll, und wie grausam dieser Brief aus Bern ist indem es steht: Die Familie <strong>Genin</strong>hat sich schriftlich verpflichtet die Schweiz nach 3 Monaten zu verlassen und sie hat es zubefolgen.Nur einen könnte nützen, wen Du mit Margarete beim Chef der Berner Fremdenpolizeivorsprechen könntest und darauf hinweisen dass: 1) ich schon nach 2 Wochen Schweizverlassen habe, also keinerlei Verlängerung meines Aufenthal[t]s erbitte 2) dass Margarete(aus Lungenkrankheitsgründen was vollkommen zutrifft) also gesundheitlich im Südenbleiben muss. Nach Italien darf sie solange sie will. 3) und dass man durch solche Chikaneihre Ehe ganz erschüttert u. sie letzen Endes zur Scheidung drängt damit sie nicht mehrunterm «Russentum» leide. Die Rechtsanwälte können da unmöglich mehr machen als siegetan haben. Der böse Geist lebt in Bern, die Tessiner Behörden sind mir gut gesinnt undwussten nichts von all’ diesen Chikanen.Mein lieber Kio, helfe wenn Du willst. Dir und Marianneherzlichst Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Padova an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Juni 1925]Lieber Cio!Ich nehme Bezug auf einen Deiner letzen <strong>Briefe</strong> in dem Du uns freigestellt hast über 500 Frzu verfügen, wenn Margarita nach Ascona kommt. Darf ich nun bitte den Betrag nicht nachAscona sondern zu mir nach Padova (Poste restante) zu senden? Ich will da bleiben zurFangokur.Nunmehr soll es an mir sein Dir für alle Liebesdienste zu danken, durch meine schönsteArbeit, wenn ich nach Ascona komme. Ist der Querschnitt, (Juni) in Deinem Besitz?Herzlichst in Eile am Bahnhof in Bologna Dein Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Sommer 1925]Mein lieber Kio,stelle Dir vor, ich kriege wieder diese Ohrfeige! D. Konsulat hier ist selbst, ratlos und kann esnicht begreifen! Russen die solange die Heimat verlassen haben wie ich werden neuerdingshineingelassen, es liegt also persönliches vor. Die wollen mich nicht hineinlassen. Nun aberhaben sie in Bern die Pflicht offen zu sagen, was los ist, damit ich mich danach richten kannu. nicht dort unnutz Steuern zahle. Ich pfeife dann eben auf Ascona. Der Consul hier hat21


keinen Einblick in die dortigen Akten, er sagt meine Freunde dort müssen es leicht erfahrenkönnen. Also, lieber Kio, wie wäre es wenn wir die Sache zur Klärung wieder jenemRechtsanwalt in Bern geben, den Du mir damals doch zur Verfügung stelltest? Ich bittegegen Rechnung selbstverständlich.Wirklich, kannst Du unsre Unruhe und Ärger und schliesslich Unlust begreifen? Hier bin ichein angsehner Man, das Ministerium gibt mir Empfehlungen für das italienische Konsulat,fals ich nach Italien fahren soll. Ascona wäre für uns eben billiger, ich habe verlangt für michund Frau 3 Monate Aufenthalt in Ascona. Von Aquarossa habe ich nicht geschrieben diesmalweil ich es nach der schweren Dampfkur die ich jetzt hier in der Poliklinik durchmache nichtbenötige vorerst.Mit meiner Arbeit geht es gut, und somit sind mir auch die Geldsorgen genommen. Soebenwieder ein Bild verkauft. Wir könnten gut nach Italien gehen.Mein Freund, entschuldige dies Wirrwar. Ich bin wirklich etwas aufgebracht, ich werdegradezu in Bern an der Nase herumgeführt. Ich gehe eben auf die Strasse vor das BernerFremdenamt und schenke dem ersten Bettler oder Marktweib mein ganzes Ascona umSchluss zu machen.Bitte berichte mir was Du meinst? Willst Du selbst hinschreiben, es ist aber vielleicht dochbesser wenn der Anwalt dort persönlich macht. Ich will keine Gnade, aber Klarheit. Du siehstheute bin ich zu nichts anderem fähig.Ich grüsse Euch herzlich! Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Abano an Marianne und Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, Poststempel [Ort unleserlich] 6.6.1925Meine lieben Freunde Marianne und Cio!Dank Eurer Hilfe haben wir nun das Visum erhalten und seit 2 Tagen ist Margarita mit Marioin Ascona. Ich aber schwelge noch in stärksten Eindrücken, wandere von Ort zu Ort. Allein –und so muss es sein. Ich leugne nicht den Reiz des ehelichen Zusammenreisens: 24 Koffer,bei dennen man die ganze Zeit verweilt, und sich den Kopf zerbricht wie man diese ambesten transportiert; tägliche Wanderungen in die Apotheke, suche nach dem Arzte – da dasKind erkrankt, und es alle 5 Minuten in der schönsten Landschaft ein Eckchen braucht –Aber etwas anderes ist es doch so zu wanderen auf seinen Stock gestüzt, die «Bagage»hängt am Knopfloch, Rasiermesser in der Westentasche, und selbst wen diese Bagage zuschwer wird wirft man sie eben eine malerische Schlucht herunter ohne dass von derbesseren Seite ein Protest erhoben wird.Ich arbeite viel und bin noch zu sehr aufnahmefähig, als das ich es verantworten könnte dasLand jetzt schon zu verlassen. Ihr kennt meine Sehnsucht nach Italien, und hier wird mir erstklar, was ich versäumt habe. Habt Ihr den «Querschnitt»? Am Tittelblat und am Anfangesind die 2 Zeichnungsentwürfe zu den 2 Bildern abgebildet. Die Bilder selbst sind gerollt undich habe in Berlin beauftragt diese nach Ascona zu senden, sobald ich da bin. Auf dieseWeise werden die Bilder leicht Euch zur Ansicht gebracht werden können.Und wo sehen wir uns? Darf ich hoffen Euch in Ascona haben zu dürfen? Ich werde einZimmer schön herrichten. Wie geht es Karl Jürg? Bitte die lieben Sissacher von mir herzlichzu grüssen. Auch bitte Euere Eltern. Und die 84jährige Dame in Sissach geht es ihr gut?Deine Handschrift liebe Frau Marianne ist mir ganz aus den Augen geschwunden, solangehabe ich diese nicht mehr gesehen.Ich selbst denke kurz in Ascona zu verweilen, hauptsächlich um die Passangelgenheit durcheinen tessiner Anwalt zu regeln. Entweder gelingt es mir die verpestete Luft zu reinigen (dieKaution muss sofort aufgehoben werden, meine Frau muss sich unbeschränkt aufhaltendürfen) oder es war mein letzter Aufenthalt dort. Diese infamen Bosheiten wie: meine«tatsächlichen» Absichten oder mein Haus das 6.000 Fr wert worauf ich 20.000 Schuldenhabe u.s.v. müssen einen Ursprung haben.Leider schriebst Du lieber Cio nicht von Eueren Sommerplänen. Ich hoffe aber Du wirst mirnach Padua falls Du sobald schreiben willst ich bin da in 8 Tagen Posta restante oder späterdan nach Ascona ein bisschen gemütliches schreiben, oder gar Marianne? Das wäre schön.22


Recht herzlich Euer Roro.P.S. In der Nähe Padua’s sollten die besten Fangobäder sein, ich hoffe dass auch nicht zuteuer, das Leben ist ja sehr billig hier, sobald man aber als Ausländer kommt wird mangerupft.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 30.6.1925, ohne PoststempelLieber Cio!Bitte, sei nicht böse wegen der Verzögerung mit der Bescheinigung der empfangenen500 frs. Ich bin in grosser seelischer Not! Der Arzt in Padua hat erklärt, mein Fall seihoffnungslos!Ich muss den letzen Versuch machen durch medikomechanische Übungen eineBewegung zu erzielen, und alle 2 Monate dann nach Padua zur Kur kommen. So fahre ichmorgen zurück in’s Berliner Atelier, wo ich auch Apparat bestellt habe, und werde Septemberwieder in Padua und nach 3 Wochen Kur in Ascona sein.Ich habe hier in Ascona bei der Fremdenpolizei vorgesprochen, die «erstaunt» ist dass ich,der ein Haus, worin ich 20.000. Frs in bar hineingesteckt habe, eine Kaution stellen musste!Daraufhin habe ich hier in Ascona einem Anwalt die Angelegenheit anvertraut. Ebenso ist dieBehörde über die sonstigen Beschränkungen «erstaunt», selbstverständlich «werden diePasse verlängert»! Da soll man sich auskennen.Ja, lieber Kio, ich bin etwas stark deprimirt, hoffentlich im Herbst komme ich mit mehrHoffnung wieder nach Ascona und darf hoffen, Euch in Basel zu sehen, oder vielleicht dochwirst Du mit Frau Marianne zu uns kommen. Euch beiden herzliche Grüsse auch vonMargarita, die hier bleibt. Euer Roro.Tausend Dank für die Empfangenen 500 Frs.E. Gerber aus Bern an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 29.9.1925, ohne PoststempelSehr geehrter Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>,Bezugnehmend auf meine Zuschrift vom 24. August 1925 gestatte ich mir, Ihnen mitzuteilen,dass die Eidg. Zentralstelle für Fremdenpolizei der Frau <strong>Genin</strong> und ihrem Kinde dieBewilligung erteilt hat, weitere drei Monate in der Schweiz zu verbleiben und zwar bis zum 6.Dezember 1925. Man ist der Familie <strong>Genin</strong> auf der hiesigen Zentralstelle durchaus nichtfeindlich gesinnt, sondern die Widerstände kommen von Seiten der tessinischen Behörden.Ich habe diesbezüglich vom Chef der Zentralstelle, mit dem ich persönlich bekannt bin,durchaus zuverlässige Aufschlüsse erhalten.Ihrem Wunsch entsprechend lege ich meine kleine Rechnung für die letzten Bemühungen indieser Angelegenheit bei.Inzwischen verbleibe ich achtungsvoll grüssen:Ihr E. GerberMargarete und <strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Anfang Dezember 1925]Liebe Frau Marianne!Nun hat es doch wieder etwas länger gedauert, bis ich zum Abschicken des Korbes und derHefte kam. Inzwischen ist <strong>Robert</strong> auch eingetroffen und wir sind sehr froh mit ihm. Wirüberlegen hin und her was nun am 6. Dezember werden wird – morgen wollen wir nachCannobio uns das südlichere Ufer hier am See anschauen. Ich habe hier einen kleinen23


Prinzen vorgefunden, der in schmucker Kleidung mich kaum ansehen will, wirklich so schönund wie für ihn alles genäht. Tausend Dank Euch Beiden und die herzlichsten Grüsse. RoroIch hatte immer noch damit gerechnet nach Basel zu kommen – nun wird wohl doch nichtsdaraus werden und ich weiss nun nicht wie ich meine Schuld an Sie begleichen soll. Ichhabe noch wieder neue Arbeiten inzwischen gemacht und würde Ihnen gern eineAuswahlsendung schicken. Vielleicht finden Sie doch etwas nach Ihrem Geschmack.Schade, dass aus meinem Besuch nach Basel nichts geworden ist, ich hätte mich bei Ihnensicher sehr wohl gefühlt. Aber es muss doch einmal werden.Ich höre nun, dass das Bild, was auf der Sezession verkauft wurde «Der Raucher» vonmeinem Mann für Sie ursprünglich gedacht war und daher anfangs als unverkäuflichangegeben war. Herr Kohler – dem mein Mann davon gesprochen hatte, wie sehr ihm daranliegt gerade sein Bestes bei Euch in Basel zu haben, hat das Bild in der Ausstellung gesehenund abgeraten es Euch zu geben – weil ein anderes Bild auch ein Raucher schöner sei. Soist das Bild in der Ausstellung um 4 000 MK verkauft worden und nun wäre Euch dasSchönere, was eben im Atelier ist – sicher. <strong>Robert</strong> wird Ihnen noch persönlich darüberberichten. Nochmals vielen lieben Dank für alles Gute mit recht herzlichen GrüssenIhnen Dreien Ihre Marga <strong>Genin</strong><strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [1925?]Liebe FreundeIch sende euch zugleich ein Exemplar meines Buches mit farbigen Zeichnungen. Seid so gutsendet mir das andere zurück ich habe keines mehr.Tausend Dank für Paket, das ich hier in Ascona sehr geniesseEuer Roro<strong>Robert</strong> und Margarete <strong>Genin</strong> aus Cannero an Marianne und Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Cannero 14.12.1925Liebe Frau MarianneWir geniessen sehr das Beisammensein umsomehr als Roro noch einmal vor Weihnachtennach Berlin zurück muss. Ein gut bezahlter Auftrag gerade für Weihnachten zwingt ihn nachdort – Zu dumm und doch in diesen schlechten Zeiten ein Glück. Hier ist es so warm – dichtmit Orangen behängte Bäume – bald hinter Brissago! Wollen Sie nicht auch aufwärmenkommen? Viele herzliche Grüsse Ihnen Dreien Ihre M. <strong>Genin</strong>Liebe Freunde!Wir sind in der warmen Sonne von Cannero am Lago Maggiore «Birraria al Fresko».Tagsüber warm, so dass wir ohne Überzieher laufen. Schade dass uns die Schweiz dasverbotene Paradies ist, und wir uns nicht zu den Feiertagensehen können! Tausend Grüsse Roro.Margarete <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 5.1.1926, ohne PoststempelLieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>, Liebe Frau Marianne,so schreibe ich diesmal, damit dieser Brief, falls nur einer von Ihnen beiden daheim dochgleich geöffnet wird. Haben meine Zweige wenn auch verspätet und nach so schwierigerEinleitung endlich ihr Ziel erreicht. Sie waren dann in der Zeit in den Bergen – wie ich ausIhrem lieben Kartengruss ersehe – und somit war der Schlusseffekt meines unglücklichenUnternehmens erreicht. Aber Sie sind hoffentlich gesund und froh ins neue Jahr marschiert24


– wie auch wir. <strong>Robert</strong> in Berlin, wir hier in Cannero ganz sang und klanglos. Heut sind wirfür einige Tage wieder nach Ascona gekommen. – <strong>Robert</strong> hatte vor Weihnachten die Hälfteder Meyer Hypothek abgezahlt unter der Bedingung, dass er die Figuren herausbekommt,um sie in Berlin verkaufen zu können und dann den Rest an Meyer zahlen zu können.<strong>Robert</strong> hat in Berlin schon mit einem Kunsthändler gesprochen und verspricht sich etwas vonseinem Unternehmen.<strong>Robert</strong> hoffte, dass die Figuren schon möglichst vor Weihnachten in Berlin seinkönnten – aber die Sache war doch nicht so einfach aus allen möglichen Gründen. Erstgestern habe ich mir hier vom Municipio bestätigen lassen, dass die Figuren ursprünglichaus Deutschland stammen – damit wir an der Grenze keine Schwierigkeiten und langenAufenthalt haben. Nun rät mir Frau Kohler dringend, die Figuren (3 Kisten) zuerst an Sie zuspedieren, weil wir zweifellos mit Ihrer Hilfe besser daran wären. Sie täten mir mit Ihrer Hilfediesmal einen besonderen Gefallen – weil von dem Verkauf der Skulpturen auch für michviel abhängt. Wollen Sie hören? – <strong>Robert</strong> plant eine grössere Studienreise – er hat nach derSizilienfahrt fast ausschliesslich Landschaften gemalt – wie man allgemein sagt – sehrschön. Nun fehlt ihm das Figürliche und er hat nun einen besonderen Typus gefunden –ganz südlich der ihn interessiert und wo er nun hinfahren möchte. Nun möchte er mich sehrgern mitnehmen – wenn er den letzten Teil der Mittel, die für die Reise notwendig, nochbeschaffen kann. Und das sollen die Figuren tun. Das Schiff geht aber im Februar und bisdahin müssten natürlich die Figuren verkauft sein. – Nun sind Sie im Bilde! – Könnten Siewohl etwas zur Beschleunigung des Transportes tun? Ich lege Ihnen dieBescheinigung.....[Blatt gerissen. Fortsetzung fehlt][Rückseite] Und hoffentlich habe ich recht bald wieder die Erlaubnis nach Ascona für längerkommen zu können – ich sehne mich nach meiner Arbeit. Und Sie Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>,kommen diesmal vielleicht mit Frau Marianne nach Ascona – möglichst in der ersten Hälfted. Februar damit ich etwas von Ihnen habe – falls ich doch noch mitreisen dürfte EndeFebruar.Ich weiss gar nicht ob <strong>Robert</strong> Ihnen einmal geschrieben hat? –Ich danke Ihnen ... im Voraus........[Fortsetzung fehlt]<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, Poststempel Berlin 25.1.1926Liebe Frau Marianne!Es war schön, einen ausführlichen Brief von Euch zu haben. Mit dem 19en kann sich sehrgut treffen, wir wollen am 23en von Genua lossegeln. Ich schreibe noch genau. Jetzt sei sogut, und schreibe mir die Masse von Euerem Picasso, ich will sehen, wie diese zu meinem«Raucher» harmonieren. Ferner: ich glaube, Kio sagte, er besässe einen schönen Rahmen.In dem Falle bitte ich von diesem die Masse, vielleicht könnte ich meine 2 Bilder ohneRahmen mit zu Euch bringen, aber ich möchte das nur tun, wenn passende Rahmen dawären. Darf ich recht bald die Antwort erwarten? Ich habe eine schweren Kopf, da Montagfrüh ist, und jeden Sonntag bei mir nettes Volk bis tief in die Nacht sich unterhällt. Gesternhaben 2 Schweizer Ballettänzer uns sehr erfreut. Es waren übrigens 9 waschechteSchweizer dabei!Ja, seid alle recht sehr gegrüsst.Euer Ro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 5.2.1926, Poststempel Berlin W 5.2.1926Liebe Freunde.Marga ist glücklich mit ihre Marioaussteuer hier angekommen, und ich danke Euch für dieSorge, die Ihr mit meiner Familie habt. Wir werden uns gewiss sehr sehr anstrengen, am 19en bei Euch zu sein, aber bestimtes kan ich nicht sagen, weil ich mich ebenfalls sehr25


zunächst anstrengen muss das viele Geld beisammenzubringen. Alsbald schreibe ich dannbestimtes.Herzlich Euer Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in Basel,Brief, ohne Datum, ohne Poststempel [1926]Liebe, lustige Benkenstrasse!Du bist heute Abend so ausgelassen lustig wie ich Dich aus alten Zeiten in Erinnerung habeund ich kann nicht zu Dir. Meine Reise macht mir viel zu schaffen, das verstehst Du.Einbeinig in die Tropen, das ist nicht so leicht. Aber freue Du Dich Deiner beiden gesunden,schlanken Beine wegen – und tanze, tanze!Dein Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Herbst 1926]Lieber Kio und Frau Marianne!Es war eine herrliche Reise und ein völlig gelungenes Unternehmen! Ich kam nach Balidirekt zu den grossen Feiertagen und habe unerhört viel gesehen, erlebt, und geschildert.Ich soll das alles in einem Werke, das hier veröffentlicht wird, in Bild und Wort festlegen. Ichbin mächtig an der Arbeit. Vor allem aber habe ich an Bildervorwürfen dort gearbeitet dielängst in meiner Phantasie schwebten. Ich habe endlich meine Stoffe und bin dabei meineschönsten Bilder zu malen. Und ich werde von meinen besten Bildern nun an Euch Berichterstatten, damit endlich ein Bild von mir in der Benkenstrasse hängt, dass sich neben dengrossen Meistern gut sehen lassen kann.Leider habe ich in Basel auf der Hinreise die Benkenstrasse leer gefunden. Ich hätte nungrosse Lust Euch beide zu sehen. Und den grossen Knaben! Bitte schreibt mir in meinAtelier:Königin Augusta Nr. 51.Ich wünschte es geht euch beiden recht sehr gut auch in Sissach!Margarete lässt herzlich grüssen. Euer Roro aus Bali.Komst Du nicht nach hier, Kio?<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [vor Oktober 1926]Mein lieber Kio!Ich war einige Tage auf dem Lande, und komme daher leider etwas spät mit derBeantwortung Deines lieben <strong>Briefe</strong>s.Es ist von Dir ein lieber Gedanke, mit mir ein bischen nach dem Süden zu reisen, und michwieder in Basel zu sehen. Aber Du kannst Dir wohl denken wie sehr ich jetzt – voll vonEindrücken – in der Arbeit stecke. Ich hole jetzt zum grossen Schlage aus! <strong>Im</strong> Okto[ber]stelle ich ein Bild, ein Mädchen aus Bali, aus. In der Sezession. Ich sende Dir diePhotographie davon.Ihr könnt mir glauben mir wie sehr ich nach Basel kommen möchte. Leider habe ich damalsEuch Beide verpasst.Mit recht herzlichem Dank und GrussEuer Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [nach Oktober 1926]26


Liebe Frau Marianne,Dein Brief war mir eine Freude, ich liege im Bett, ich habe wohl vorigen Sonntag zuschweren Rotwein getrunken. Ich freue mich über alles sonnige was Du mir von Euchberichtest und es wäre wirklich an der Zeit sich mal zu sehen. Mein Ascona Haus steht freiaber ich stecke zu sehr in der Malerei und kan mich nicht losreisen. Ich habe in derSezession eine Balinesische Tänzerin ausgestellt im Format Eures Picasso in hellenstrahlenden aber maten Farben. Daher lässt sich das Bild nicht photografieren, dasbeiliegende Blatt ist nur eine Andeutung. Frau Corinth sagte es sei eins der allerschönstenBilder die ihr in den letzten 5 Jahren begegnet sind und noch mehr Schmeichelhaftes. Ichmöchte gerne, dass Ihr das Bild besitzt und ich mache Euch folgenden Vorschlag: Es wäremir eine Freude wenn Ihr es aus der Ausstellung sozusagen wegkauft und ich würde miteinem Drittel des Preises bei Streichung meiner Schulden bei Euch einverstanden. Das Bildkostet 4.1/2 T. M. kaum etwas mehr als mein letztes Bild auf der Sezession eingebrachthabe. So wären es noch 1.500 Mk die ich gerne von Euch haben möchte. Wen es Euch zuviel scheint – dann 1500 Frs. Es ist mir von jeher darum zu tun für Euch mein bestes Bild zumalen. Ich werde nach Schluss der Ausstellung das Bild mit 2 etwas Kleineren Eucheinsenden damit Ihr imer noch Auswahl habt. Mein letztes Bild auf der Sezession habe ichtatsächlich für Euch gemalt aber es wurde unerwarteter Weise weggekauft.Habt Ihr einen schönen Utrillo? Allmählich ist es nun eine ausgewählte kleine Samlung inder Benkenstrasse! Ich grüsse jeden dieses Hauses aufs herzlichste bis zu einemWiedersehen in Zeiten wo mein Herz einmal wieder fröhlicher wird als jetzt. Roro.Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> aus Basel an <strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> in BerlinBrief (Durchschlag), datiert 22.11.1926Lieber Roro,Ich komme heute zurück auf Dein letztes Schreiben und schicke Dir in der Beilage Fr. 1500.–mit der Bitte, mir die Balinesische Tänzerin zu senden. Wenn mir das Bild dann sehr gutgefällt, können wir den Preis immer noch etwas ändern.Es hat mich gar gefreut zu hören, dass es Dir immer gut geht. Es wäre auch mir eine grosseFreude, wenn Du wieder einmal nach der Schweiz kommen könntest. Vielleicht überWeihnachten?Ich wollte Dir noch sagen, dass das Terrain oberhalb Ascona in letzter Zeit zu hohen Preisengehandelt worden ist, indem ein deutsches Konsortium die einzelnen Ländereienzusammengekauft hat. Es ist daher möglich, dass man auch bald einmal an dich herantretenund Dir günstige Offerte machen wird.Ueber alles Private wird Dir Marianne berichten. Du musst mich entschuldigen, wenn ichmich kurz halte, ich habe immer viel Arbeit.Ich grüsse Dich herzlichDein [Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>]N.B. Es wäre sehr schön, wenn Du mir das Bild bald schicken könntest, da ich allerleiBesuch in Aussicht habe. Auch wäre es ganz gut, wenn Du noch die beiden kleinerenSachen beilegen könntest.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Dezember 1926]Liebe Freunde!Das grosse Bild stellt eine balinesische Legontänzerin in der Pause: noch im Trance-Zustande erschöpft und gespannt. Das Gesicht durch Schminke hell. Das kleine – einMädchen auf Bali. Die anderen 2 mittleren Formats Bilder habe ich dieser Sendung nichtbeigelegt, von denen ich damals schrieb. Der Grund ist der: Die letzten 3 Wochen verbrachte27


ich im Bett und ganz schlaflos. So konnte ich nicht die Stunde finden um mich noch diesenBildern zu widmen. Aber ich erhofe von einem 7 Tägigen Aufenthalt auf dem LandeBesserung, ich fahre heute fort – bis zu nächsten Dienstag – und dan werde ich alsbald dieBilder Euch senden. Ich werde dan auch ausführlich schreiben. Wie traurig dass Ihr sounerreichbar seid – wie schön wäre es für mich so bei Euch zuweilen Erholung undErfrischung suchen zu können!Herzliche Grüsse.Euer RoroDas kleine Bild fals es jemand kaufen möchte 1200Frs. Selbstverständlich lieber Kio: fallsdas Bild Dir nicht ganz zusagt – so werde ich Dir meine besten Bilder stets zunächst inFotographie zu Gesicht bringen bis Du ganz befriedigt bist. Versuche das Bild mal in demPicasso-Rahmen hineinzustellen.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an <strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, Poststempel Berlin 5.2.1927Lieber Cio!Du hast die sehr anstrengenden, traurigen Wochen hinter Dir, und Dein Leben wird vielleichtin neue Formen gebannt. Das Bild Eueres Verstorbenen Lieben ist frisch in meinemGedächtnisse. Ich kann mir lebhaft denken, wie sehr Du angestrengt bist und auch nicht baldLust zum Schreiben und die Zeit dazu finden wirst.So komen meine Balinesen nicht zu richtiger Zeit zu Euch. Ich werde es sehr gut verstehen,wenn diese Bilder, die eine uns fremde Welt schildern es mir ruhig sagen. Ich schrieb schon,dass Du keinesfals an diese Bilder gebunden, vielmehr werde ich mein bestes Euchzusenden, bis Ihr zufrieden seid.Ich bin in Gedanken bei Euch, und grüsse recht herzlich Eure Mutter <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>, undreiche Euch Beiden die Hand.Euer Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 1.4.1927, ohne PoststempelLieber Kio!Ich lege die Abbildung meines neuen Bildes bei, des jungen Balinesen mit dem Kampfhahn,das in der Sezession ausgestellt ist. Ich sende nachher noch die Kunstzeitschrift mitdem Artikel das diesem Bilde gewidmet ist. Ich glaube zwar nicht, dass dieses Bild Euer Fallwäre, des Thema’s wegen. Den nur das fremdartige des Vorwurfes dürfte für mich eineErklärung sein warum Du mir über die Bilder kein Wort erwantest, ja nicht mal den Empfangbestätigt hast. Oder soll auf der Post etwas verloren gegangen sein?Ich bin, lieber Kio sehr traurig darüber, Du kannst ja sicher sein zu einem sehr schönen Bildevon mir doch zu gelangen ich werde immer Dir die Abbildungen einsenden. Ich befinde michmomentan in einer eckelhaften Lage auch wirtschaftlich, Scheidung Prozess und alles wasdarum ist. Ist kein Liebhaber für das kleine Bild aufzutreiben? Es wäre eine Hilfe.Ich verstehe dass Du mit ganz anderen Dingen belastet bist – entschuldige deshalb dieseZeilen. Vielleicht erfahre ich bald aus Deinem Leben, es sind 4 Monate, dass ich nichtsgehört habe.Mit herzlichen Grüssen an Euch beide Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 11.8.1927, ohne PoststempelLiebe Freunde!28


Seit Jahren schreibe ich Euch immer an diesem Tage, da man zurückschaut und sich denNächsten erinnert. Basel, Sissach, Benkenstrasse ist in leichten Nebel verhüllt – es wäre Zeitsich mal wieder zu sehen!Ich arbeite arbeite an meinem Werke. Bin allein – mit meiner Wirtschafterin, noch derselben.Nachmittags bin ich abgespannt, und ich kam auf die Idee mir einen Wagen zu kaufen – dadoch das Gehen etwas beschwerlich ist – und ich Erholung brauche. Ob das mir gelingenwird. Ist nicht bei Euch ein altes Auto verkaufen? Ich danke herzlich – Marianne, für DeinenBrief. Kio wird doch zurück sein und Ihr seid wohl zusammen auf dem Lande. Und derSorgenjunge hoffentlich ganz gesund. Gute Tage!Mein Asconahaus ist immer vermietet und steigt, wie man sagt, im Werte. Mir ist die Reisenach dort zu weit. Und die Erinnerungen.Lebt den wohl. Ist mein grosses Bild nicht unterzubringen?Alles Gute Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 13.11.1927, ohne PoststempelMein lieber Kio!Ich liege im Bett genessen von Influenzza mit der ewigen Temperatur. Ich gehe morgenwieder an die Arbeit «Galerie Thanhauser» ist nach Berlin eingezogen, im März wird meineKollektivausstellung hier eröffnet, als der einzigen der lebenden in Deutschland Künstlern.Sei es aus Angst einem Kunsthändler in Deutschland in die Hände wieder zu fallen, sei esdass ich in diesen Tagen über vieles klar nachgedacht habe, über Marrés und Fiedler,darüber dass man die einfachsten Dinge sich scheut auszusprechen – kurzum ich mache Dirden Vorschlag, der Besitzer meines gesamten Schaffens zu werden. Ich will Dir alles was ichan Arbeiten besitze (etwa im Werte von 30 T.) schenken und alles künftig Geschaffene alsDein Eigentum überlassen. Die Galerie Thanhauser, die dauernd von mir Bilder hängen wirdwird die Einkünfte Dir übersenden und mit Dir verhandeln. Was ich von Dir als Gegenleistungwünsche 4 bis 5 Hundert Mark monatlich wirst Du überreichlich allein von Thanhauserzurückbekommen. Das gesamte Werk bleibt Dein.Was erträume ich mir davon? Lieber Kio, ich kann nichts machen – ich will nur arbeiten undmein Butterbrot essen. Aber ich denke mir dass Du, der grosse Dinge dreht mit Leichtigkeitmeine Ausstellungen in Paris und Moskau verwirklichen kannst. So kannst Du Rosenberg inParis eine Teil der Bilder schenken, damit es besonders interessiert, ausserdem hat Bingmir angebotten meine Produktion zu übernehmen. Du wirst vielleicht auch später (wieReinhard in Winterthur) einen Museum für meine Bilder bauen!? Und ich werde dengeistigen Nutzen haben. Einen anderen materiellen Nutzen als Butterbrot und Atelier will ichnicht, nachdem ich jetzt geschieden bin werde ich immer asketischer.Die Tatsache aber mit meinen Bildern keine Geschäfte machen zu müssen wird mir dasLeben erst schön gestalten und meine Arbeit fördern. Ich habe jetzt eine grosseUnannehmlichkeit erlebt mit einem Bild dass ich an «Freunde» verkauft – ich bekome keinGeld. Ich habe voriges Jahr 18 T. verdient, und habe Beispielsweise vom Verlag, wo meinBuch erscheint noch 8 T. zu bekommen. Du verstehst wohl den wahren Sinn meinesVorschlages. Es ist letzen Endes die Sehnsucht nach dem Freunde deiner Kunst, dessenName mit verwachsen in der Geschichte bleibt. Und die schwere Krankheit hat mich gelehrtdie Freuden meines Lebens in meinen 4 Wänden in der Arbeit zu suchen. Du aber bistgrosser Kunstfreund geworden, dem dies ein Herzensbedürfniss ist. Ich bin bange ob ichrichtig alles gesagt habe.Dein Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Ende November 1927]Lieber Kio!29


Jetzt wo ich wieder gesund bin und arbeite – also wieder die Psyche eines Gesunden haben– bin ich sicher, dass mein Brief Dir nicht ganz verständlich war. Zur Klärung möchte ichsagen dass die Ide – vielleicht der Traum jedes Künstlers – eine alte und tief Durchdachteist. Kannst Du aber nichts damit anfangen – so bitte verbrenne den Brief und es war nichts.Ich bin in fieberhafter Arbeit - endlich nach langen Jahren – 1917 zuletzt - eineKollektivausstellung.Von Dir weiss ich nichts – Deine veränderten Verhältnisse, Tätigkeit.Sei gegrüsstRoro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelMeine lieben Freunde!Ich denke in den nächsten Tagen nach Ascona zu fahren und dort über den Winter für meineAusstellung bei Thanhauser, die auf März verschoben worden ist (weil vieles nachausserhalb verkauft) zu arbeiten. Kann ich bei Euch einschauen? Ich fahre voraussichtlichmit meinem Freund Hans Bethge. Sacharoff’s haben hier getanzt, waren gestern bei mir. Wirsprachen viel von unseren Freunden in der Benkenstrasse.Herzlich euer Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Dezember 1927]Liebe Freunde!Ich lebe in so anstrengender Arbeit, liebe Frau Marianne, dass ich noch nicht zurBeantwortung Deines lieben <strong>Briefe</strong>s kam. <strong>Im</strong> März gibt es eine grosse Ausstellung – icherwarte einen grossen Erfolg; und im Sommer erscheint in einer Auflage von 175.000 meinBuch «Die Insel der Verheissung».Liebe Frau Marianne, meine frühere Frau bittet dauernd um das «Lithographie Skizzenbuch»es ist eine wertvolle Erinnerung für sie und gehört ihr. Wen Du das an mich senden willst –möchtest Du nicht auch meine «7 Sachen» falls diese noch leben – mitsenden? Ich wäreeuch sehr dankbar dafür (Lampe, Schuhe, Wäsche) Weihnachten wieder vor der Thür.Margarette ist sehr unglücklich, wir sehen uns kaum, sie hat ein schweres Schicksal. Wensie der Wohnungsbeamte aufsucht – stirbt sie vor Schreck und ist krank. Daher ist ihr dasAlleinsein so schwer.Und die lieben Sissacher? Es wäre wahrlich schön einmal wieder eine frohe Woche zuerleben – bei Euch. Ich kann schwer leben ohne Fröhlichkeit – noch weniger schaffen.Seid recht herzlich mit euerem Jungen gegrüsst von Eurem Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Frühjahr 1928]Meine lieben Freunde!Recht herzlichen Dank für die Sendung! Dass sich meine Sachen bei Euch so gut gehaltenhaben, ja um so schöne seidene Hemden sich vermehrt haben hat mich sehr gefreut. Danke!Ich stecke weiss Gott so in der Arbeit, ich weiss nicht einmal ob ich mich für Weihnachtenbedankt habe. Meine Ausstellung bei Thanhauser findet im Herbst statt. <strong>Im</strong> August hatteich die Absicht nach Ascona zu fahren – für einige Wochen – aber mein Mieter will nichtausziehen.Oft denke ich an die Benkenstrasse und Sissach und bedauere dass so ernst die Zeitengeworden. Ich stehe im heissen Kampf um meine Kunst. Die National-Gallerie hat sichgemeldet um mich dort in kleinem Format zu zeigen – aber ich lehne alles ab – bis mein30


Werk einigermassen geschaffen ist.Meine balinesische Tänzerin wird wohl schwer bei Euch einen Freund finden?Ich denke an Euch Dreie herzlich und wünsche guten SommerRoro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Juli 1928]Liebe Freunde!Nun wird Hochsommer, der Brief wird Euch in den Bergen suchen. Bei uns fängt es erst anlangsam warm zu werden. Ich stecke in fieberhafter Arbeit. <strong>Im</strong> Spätherbst soll meineKollektivausstellung eröfnet werden. Auch hat wieder die Nationalgalerie zu einer grösserenSchau eingeladen, und heute schon wird im Kronprinzenpalais «eine» Ausstellung ausPrivatbesitz eröffnet, wo ein halbes Duzend Bilder von mir gezeigt werden. Zugleich hatJusti angekündigt, dass er Ende des Jahres für die Nationalgalerie ein Bild von mir, über daser schon verhandelt, ankaufen wird.Das sind äussere Erfolge, die notwendig sind, um den Mut nicht zu verlieren. Ich habe überden Sommer einen Gast: mein 18jähriger Sohn! ein hübscher Bengel, aber nur Radio undTanz! Wie hat sich Karl Jürg herausgemacht? Sicher ein langer, feingliedriger interessanterjunger Mensch!Und seine Kusine aus Sissach? Ein hübsches sinnliches Mädchen! Wie geht es den liebenMenschen dort? Der alte Herr, die alte Dame?Und Euch selbst? Inzwischen habt Ihr eine herrliche <strong>Sammlung</strong>, und bald ein grosses Haus,wo die Werke wohl noch anders zur Geltung kommen werden. Werde ich noch jemals dieBenkenstrasse 9, wo so herrliche Stunden verflossen – sehen. Das wirklich schöne isteinmalig – und wiederholt sich nicht.Ich wollte schon weiss Gott öfters schreiben, auch wollte ich Frau Marianne fragen, ob meinBild an den Herrn ... gezeigt worden ist, wie sie geschrieben hat. Schrecklich gerne würdeich jetzt verkaufen, und die Preisgestaltung Kio überlassen.Ich werde euch mal ein bischen Literatur schicken von mir über mich alles mögliche. Leiderverschenke ich gleich solche Hefte und habe nie was zur Hand.Kios Tätigkeit, wie hat sich diese entfaltet, ist er immer mehr Kunstfreund, Sammler, oder hater sich ganz seinen Geschäften zugewandt? Vielleicht bekomme ich mal eine Photographievon Euch, dass man sich nicht ganz vergisst. Und – lebt wohl!Euer Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 28.11.1928, ohne PoststempelLiebe Freunde.Nun bin ich endlich bei mir oben es ist wunderbar, die warme Sonne, die leuchtendenNächte. Ich bin vorläufig ganz allein die Blondine ist schon nach Haus gefahren. Wie ist KiosGesundheit. Ist er schon auf und vor Allem, wollt Ihr zu mir kommen? Somit vorläufig rechtherzliche Grüsse, ich warte sehr auf Eure Entscheidung, ob Ihr zu mir kommt. Gestern warenüber Nacht ein Ehepaar aus Lugano, Dr. Kade wir fuhren dan Nachts um 12 noch nachLugano. Schreibt bitteHerzliche GrüsseRoro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 16.12.1928, ohne PoststempelLiebe Frau Marianne!31


Meine Augen schmerzen nach wie vor, ich muss Form meiner letzten <strong>Briefe</strong>nicht zu verübeln. Ich werde mir wohl Augengläser anschaffen müssen. Ich möchte Euchsagen, dass ich mich hier so glücklich fühle wie noch nie, das ist doch ein zu herrlichesStückchen Erde mein Felsen und das Haus habe ich nach langer Mühe wieder schön inOrdnung gebracht. Auch bin ich sehr gut schon in der Arbeit und schaffe erfolgreich. Nunwäre ich sehr, sehr traurig wenn wir uns jetzt wo ich nun in der Schweiz bin, uns nichtausgiebiger sehen würden.Kommt doch hierher. Kio kann keinen besseren Erholungsplatz sich wünschen und Ihrbekommt zwei sonnige Zimmer mit Balkon über dem See.Also, meine lieben Freunde kommt bestimmt: SchreibtRoro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 1929, ohne Poststempel [31.12.1928]Alle gute Wünsche zum neuen Jahr!Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 10.12.1929, ohne PoststempelLiebe Freunde!Durch zu grosse Übermüdung, ich war plötzlich ernstlich erkrankt, konnte ich unsre Absicht,in Basel Euch zu begrüssen nicht ausführen. Ich bin hier in der Sonne, arbeite im Garten undhofe bald wieder ein Mensch zu werden der sehen, essen, und sprechen kann.Meine Pariser Zeit war für mich in jeder Hinsicht wertvoll und wichtig für das ganze Leben.Die dort bereits erzielten Erfolge haben mich veranlasst meinen dauernden Sitz von Berlinnach Paris zu verlegen. Hier bleibe ich bis zum 20en d. M. Ich will wieder zurück, um keinenTag unnutz zu verlieren.Ist nun Kio aus England zurück? Ich habe ihn in Paris dauernd erwartet. Ich habe dort vielBesuch gehabt und viel Freude.Mein lieber Kio, sei so lieb bei dem Automenschen anzurufen, er möchte doch dafür sorgendass der Wagen in eine billige Garage untergebracht wird damit ich nicht entsetzlich vielLagerkosten zu zahlen habe. Ich habe leider nicht seine Adresse. Was so ein Fordbelästigen kann, man wird ihn wohl nur mit dem Grabe los. Ich hoffe doch auf der Fahrt nachParis Euch begrüssen, und viel zu erzählen.Darf ich Dich um die Gefälligkeit bitten, den jungen Kempter der mich schon einmal michzum Konsulat begleitet hat, mit dem beiliegenden Pass der diesmal einen deutschenRückreisevisum hat (15 März 1930) wieder hinschicken mit der Bitte um eine ähnliche Visa(2 Wochen). Ich habe in Paris, wie das beiliegende Récépissé beweisst Aufenthalt bis zum4 Januar 1930. Hier muss ich extra nach Lugano fahren was sehr umständlich ist. DerBeamte dort, der mich wohl noch in Erinnerung haben wird braucht ja nicht zu wissen dassich in Ascona bin, und wird bestimmt mein persönliches Erscheinen nicht fordern.In Paris machen sie mir keine Schwierigkeiten. Überhaupt bin ich sehr dort beglückt, undhoffe doch auch mit Marianne dort einmal bummeln zu können und hoffentlich recht bald.Frau Ines, die sehr für Mariane schwärmt lässt herzlich grüssen Euer Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel [unleserlich, 1930?]Liebe Freunde!32


Ich bin also in Paris richtig stecken geblieben! Ich habe ein nettes Atelier undarbeite wie in meiner besten Zeit. Der Erfolg im Reinland hat es mir ermöglicht eine Zeit hierauszuhalten und Ihr nach hier? Meine Adresse:6. rue armand moisant direkt am Gare Montparnasse.Lieber Kio hast Du mal nach meinem Ford Dich erkundigt? Tue es bitte, ich habe ja garkeine Adresse, die Leute versprachen Dir Bescheid zu sagen. Bitteschreibt uns, wir beide grüsse herzlich Euch 3 Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [nach 1930]Lieber Kio!Ich habe leider in Basel, weder Dich noch Frau Marianne angetroffen. In Ascona hörte ichdass Du dort warst, und sogar gedenkst ein Asconese zu werden.Ich möchte Dir nur doch vorschlagen, die kaputen Pastelle mir einmal mitzubringen. Du hastmir eigentlich das versprochen, wir wollen sehen wie weit diese zu retten sind. Ferner istvielleicht nun die Zeit gekommen, dass Du das Bild bei mir eintauschst, wie wir diesseinerzeit besprochen haben. Tue diess solange ich noch im Atelier Bilder habe.Falls Du allein in Paris bist, so steht Dir unser Fremdenzimmer mit Freuden zur Verfügung,was ich nicht wagen würde einem verwöhnten Paar anzubieten. Bitte notiere Dir auch meineAdresse29. rue Raffet.An Frau Marianne, Karl-Jürg, und Dich herzliche Grüsse von uns beidenRoro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert, 25.10.1930, ohne PoststempelLieber Kio!Verzeihe, wenn ich Dich nocheinmal mit dem unglücklichen Ford belästig. Ein Freund, dersich für den Wagen interesierte, ihn aber leider nicht nahm, teilte mir mit, dass die Batterieganz neu geladen war, also der Wagen sich im vollen Betrieb befand. Und ich derartdauernd an der Nase herumgeführt werde. Herr Birnbaum hat mir vor sechs Monatenversprochen, den Wagen versteigern zu lassen. Vor etwa drei Monaten schrieb ich ihmdringend er soll ihn versteigern, da ich keine Unkosten habe möchte. Ich bitte nun Dich ihmein energisches Wort zu sagen um diesen Schwindel ein Ende zu machen.Ich hoffe, dass Ihr bald nach Paris kommt. Ihr werdet mich dann in meinem neuen kleinenHause vorfinden. Ich habe mir hier im Auteuill ein winziges Stückchen Erde mit nochwinzigerem altfranzösischen Pavillon gekauft. Und zwei Fliedersträuche. Kommt bitte balddieses zu bewundern. Adresse: Paris 16, 29 rue Raffet.Euch beiden von uns beiden herzliche GrüsseEuer Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Fontenay-aux-Roses an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Fontenay-aux-Roses 26.11.1930 [ev. 1935]Lieber Kio,jetzt weiss ich doch nicht, ob ich Dir meine Pariser Adresse angegeben habe, ich bintagsüber im Atelier 50 rue Vercingetorix (atelier 29) sonst wohnen wir immer in Fontenay auxroses 7. rue Guérard Telef. Fontenay 1208. Wir haben eine liebe Schweizer Dame zur Zeitbei uns zu Besuch.Frau Marianne Dir und eurem grossen Sohne unsere herzlichen GrüsseRoro.33


<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus St. Moritz an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Winter 1931]Lieber Kio!Es wird mir soeben ein Brief von Dr. Barth nachgesandt der mir eine Ausstellung in Basel für1932 in Aussicht stellt. Ich möchte gerne Deinen Rat hören, bevor ich auf dem Wege nachParis in Basel mit ihm verhandle. Glaubst Du daran dass es Zweck hat d.h. ob Chancen aufVerkauf im kommenden Jahre vorhanden sind?Ich frage Dich ferner an, ob Dich mein Wassergrundstück in Ascona interessieren würde. Esist das sonnigste Stück Erde in Ascona mit guter Badegelegenheit etwa 350 m2 also Platzfür ein geräumiges Haus mit Bäumen. Es ist mir bereits 8.000 geboten worden. Nun aber hatmich mein grosser Erfolg in Paris darin verstärkt auch die Sommer in Frankreich zu bleiben,und habe meine Baupläne in Ascona aufgegeben. Ich bitte Dich um eine Hypothek von4.000 Fr. und gebe Dir das Vorkaufsrecht. Das Grundstück ist schuldenfrei.Ich habe Einladungen und Pläne für Amerika, ich brauche dazu sehr Geld und ich bitte Dichmir diese Hypothek zu 6% nicht zu verweigern. Solltest Du gegenwärtig Interesse für dasGrundstück haben so fahre ich gerne mit Dir einen Tag nach Ascona es zu besichtigen.Auch im Kauffalle brauchst Du mir bares Geld nicht mehr als 4.000 geben, der Rest kann für2 Jahre oder noch länger bleiben.Bitte gieb mir bald Bescheid ich bleibe hier noch eine Woche.Sei mit Deiner Familie herzlich gegrüsstRoro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [ca. Dezember 1931]Liebe Frau Marianne, Kio und Sohn!Wieder geht ein Jahr zu Ende, und ich glaube dass das nächste Jahr uns allen in erster Liniebessere Gesundheit bringen könnte! Dies sind meine Wünsche, dass Marianne frisch undmunter wieder wird wie einst, und mich einmal in meiner Heimath aufsuchen wird. Karl Jürghabe ich gezeichnet voriges Mal in Basel. Die Zeichnung habe ich coloriert um es heut Euchzu schicken. Aber es hat sich versteckt, ich finde die Zeichnung nicht.Ich war längere Zeit recht krank: Herzerweiterung! Muss wieder erholen, möchte am liebstenin die Höhenluft, aber die Schweiz ist zu teuer. Weißt Du nicht, lieber Kio einen Höhenortnicht teuer?Nochmals meine guten Wünsche für das neue Jahr! Euer Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus St. Moritz an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 24.12.1931, ohne PoststempelLiebe Freunde!Zum ersten Mal bin ich in solcher Höhe! Herrlich! Ich war bis zum aussersten erschöpft undkann mich langsam hier wieder erholen.Sitzt Ihr bei Euch in der Benkenstrasse zu dritt am Weihnachtsbaum? Oder auch in denBergen, oder gar in Ascona? Ich wünsche Euch ein gesundes neues Jahr!Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus St. Moritz an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel St. Moritz 7.1.1932Lieber Kio34


Ich habe hier einen ersten Käufer gefunden, und bitte Dich um die Freundlichkeit mirumgehend das eine Bali-Bild (ich sandte Dir damals zur Wahl zwei) an die Adresse: Dr.Kade St. Moritz einzusenden, als Frachtgut. Die Angelegenheit wird ohne mich durch Kadeweiter behandelt, ich muss in einigen Tagen nach Paris zurück.In Eile Dein Roro.herzliche Grüsse an Frau Marianne<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Fontenay-aux-Roses an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Fontenay-aux-Roses 3.1.1935Mein lieber Kio,würdest Du so gut sein mir sofort mitzuteilen ob Du schon in den nächsten Tagen nach Pariskommst, sonst würde ich anfang nächster Woche nach Amsterdam zur Zahnbehandlungfahren.In Eile herzlichen GrussRoro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Paris 26.1.1935Lieber Kio, falls du meine Telephonnummer nicht weisst: Fontenay 1208HerzlichRoro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Fontenay-aux-Roses an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Fontenay-aux-Roses ?.2?.1935Lieber Kio,warum höre ich nichts von Dir? Du wolltest Ende Januar hier sein. Ich frage deshalb weil ichdoch beunruhigt bin wegen Mariannes Gesundheit. Schreibe ein WortHerzlich RoroKarl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> aus Basel an <strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> in ParisBrief (Durchschlag), datiert 28.3.1935Lieber Roro,Ich habe in England ein garstiges Nesselfieber geholt, sodass ich meine Heimreise sehrbeschleunigen musste. <strong>Im</strong>merhin wollte ich während den kurzen Stunden, die ich in Pariswar, Dich in Deinem Atelier aufsuchen. Leider warst Du nicht dort; ich steckte aber meineKarte unter die Türe, die Du vielleicht gefunden hast.Ich hätte gerne mit Dir über Deine Pläne gesprochen, die mich sehr interessierten und dieich grundsätzlich für Dich als richtig erachte. Du wirst ja nicht sobald Deinen Wigwamabbrechen, sodass ich Dich vorher sicherlich noch in Paris werde treffen können odervielleicht kommst Du doch einmal nach der Schweiz, sodass wir länger zusammen redenkönnen.Bitte berichte mir kurz und sei Du und Frau Genia herzlich gegrüsst vonDeinem [KIO]<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, Poststempel Paris 1.4.1935Lieber Kio35


Hab vielen Dank für Dein Schreiben; tatsächlich sind meine Vorbereitungen für meine Reiseweit vorgeschritten. So muss ich doch noch nach Ascona um dort zu ordnen und ich bitteDich mir zu schreiben ob es Dir recht ist dass ich 20 ausgesuchte Pastelle u. Oel in Basel Dirpersönlich in 2 Wochen etwa bringe. Ich würde gerne das Einrahmen besorgen.Wen Du lieb bist so kanst Du mir ein billiges Hotel dort nennen. Da Marianne krank ist somöchte ich Dir nicht zu Last fallen. Wie geht es der armen? Bitte schreib mir.Herzliche Grüsse an Marianne und Karl Jürg!Dein Roro.Genia bittet Dich zu grüssen. Wir freuen uns tatsächlich dass Du so viel Verständnis undTeilnahme an meinen Plänen hast. Ich habe es auch so vorausgesehen.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [April 1935]Lieber KioLeider warst Du wohl schon in Paris, als ich in Deinem Büro auf der Durchfahrt in Baselanrief.So bin ich weitergefahren. Nun habe ich 25 ausgesuchter Pastelle hergerichtet, die ich inBasel und darauf in Zürich auf Deine Anregung hin austellen möchte. Soll ich dieses Packetan Dich senden, oder willst Du mir die Adresse der Kunsthandlung angeben?Diese 25 Pastelle sollen Dir als Pfand für Tausend Schweizer Frs dienen, um welchenBetrag ich Dich anpumpen möchte. Du weißt, Kio, dass ich diese Bitte an Dich stelle nur weiles sich um einen dringenden Fall handelt, und dass ich Dich mit solchen Ansuchen nichtgrade belästige.Aber es geht um die Zinsen für mein Haus und die Kerle hier verfahren rücksichtslos.Das Geld brauche ich sofort. Willst du eine weitere Sicherheit, so bekomst Du noch dieBilder, die van Leer von mir hat als Pfand dazu.Unter allen Umständen bezahle ich Dir das Geld im Herbst zurück. Ich bitte Dich mir dieseBitte nicht abzuschlagen, und sende mir diesen Betrag zu.Sei nicht böse und grüsse mir Frau Marianne.Dein Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [ca. April 1935]Lieber KioVor einigen Tagen schrieb ich Dir, ich bat Dich mir 1000 Schw. Fr. zu borgen. Zugleichschrieb ich Dir, dass ich 25 Pastelle bereit halte um Dir nach Basel zu senden. Inzwischenhabe ich mich entschlossen auf einen Brief von Tanner hin auch in Zürich auszustellen undwerde baldigst nach Ascona fahren um mein Grundstück zu [legalisieren]. Ich bleibe dorteinen Monat und vielleicht kommst auch Du mal dort vorbei. Jedenfalls bekommst du nochim Frühling das Geld zurück. Was ich umgehend brauche, das sind die Zinsen für mein Hausdie fällig geworden sind, genau 4350 franz. Fr. Schicke mir bitte diesen Betrag telegraphischzu, sonst weiss ich mich nicht zu helfen. Du kannst sicher sein, dass ich auch Deine Lagenicht als rosig ansehe, aber wir werden noch eines Tages über diese Krise lachen. Heute hilfmir, einmal werde ich vielleicht auch Dir zu Diensten sein können.Dein Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Mai 1935]Lieber Kio36


Fals mein eingeschriebener Brief der nach England weitertransportiert wurde als Du bereitsschon wohl auf dem Rückweg warst nicht in deine Hände gekomen ist, schreibe ich wiederseinen Inhalt. Ich bat Dich mir etwa 900 Schw. Frs. zu borgen und zwar bitte ich Dich mirdieses telegraphisch zu schicken, da jeder Tag, ja jede Stunde mir viele Schmerzenverursacht. Ich brauche das Geld dringend und werde es Dir recht bald zurückzahlen. Bittelasse mich nicht nochmals schreiben, ich habe hier die schlimmsten Schwierigkeiten, undkeine weitere Möglichkeiten Dein Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Paris 15.4.1935L.K. ich habe mein Atelier schon aufgegeben, sei so gut mir nach meiner Wohnung Fontenayaux roses 7 rue Guérard zu telegraphieren fals es Dir nicht passt dass ich Donnerstag Dichim Bureau aufsuche. Ich wäre Dir dankbar, wen Du für mich 3 Gläser zuschneiden liessest60 x 41 38 x 51 33 x 56. Ich bringe die Rahmen mit.Herzlich Dein Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, Poststempel Ascona 29.4.1935Lieber Kio, ich habe doch nichts passendes in Oel zu Hand. Ich glaube, die Sachen die Duvon mir hast sind recht geeignet Deinen Freunden vorzuführen. Ich weiss, lieber Kio, dassDu anderes im Kopfe hast, es tut mir leid Dich zu bemühen, aber kennst die Situation, undich wäre schon sehr glücklich etwas günstiges zu hören. Ich denke in 2 Wochenzurückzufahren.Die Bücher sind nicht mehr da? doch nicht ausverkauft? Zu schade. An Madonna meineKomplimente Sei herzlich gegrüsst Dein Roro.Liebe Marianne, Vielen Dank für Deinen Gruss von zu Hause, hast brav Wort gehalten. Daich glaube Du bist ganz gesund, denn Du hast mir mächtig wieder einmal zugesetzt.Doch ist die Strafe für die kühle nicht ausgeblieben: den zur selben Stunde als ich hier DeineIronien über Asconas Gemüsegarten las, warst Du bereits im Besitz von richtigen BlumenAsconas. Die Kamelien sind leider vorbei, das ist schade.Liebe Marianne, werde noch gesünder und davon überzeuge ich mich persönlich bei meinerRückkehrherzlich Dein Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [ca. Mitte Mai 1935]Liebe Frau Marianne!Es tut mir wirklich Herzweh Dich krank im Bett zu wissen! Muss ich doch daran denken wiegut Du zu mir warst als ich krank bei Euch lag. Was fehlt Dir? Magst Du Dich nicht aufraufenjetzt zum Frühling. Du weisst der Mensch ist selbst sein bester Arzt, es ist vor allem derWille. Kann ich Dich am Dienstag gegen Abend besuchen? Ich bin da in Basel zu einerBesprechung wegen einer Ausstellung von kleinen Bildern die durch die Schweiz gehen soll,und werde Dich anrufen. Ich werde Dir viel erzählen von Paris und meinen Plännen und vonallem was geschah. Du weißt ich bin heute ein sehr viel genannter Maler in Paris. Picasso,Matisse und Braque haben mich zu ihrer Gruppe eingeladen, es ging besser und schnellerals ich erwartet habe. Wen Du willst übernachten wir bei Dir. Frau Ines hat inzwischen 2 Malausgestellt und ihre Bilder gingen durch die Presse. Ich habe das Gefühl, sie könnte Dir guttun, aber ich komme auch gerne ein Momentchen allein bei Dir vor.37


Du wirst Dich vielleicht wundern über meinen eingeschrieben Brief. Es handelt sich umfolgendes: Ich habe mein Haus hier und meine Hypothekenzinsen, die ich immer sehrpünktlich zahle, 3 monatlich etwa 900 Schw. Frs. Und nun dieses Mal bin ich ganzunerwartet durch eine entsprechende Zahlung an mich im Stich gelassen worden, was nunmich in grosse Aufregung versetzt hat, da der Hypothekenmensch rücksichtlos vorgeht. Sobat ich Kio mir die 900 Frs. telegraphisch zu borgen. Ihr könnt ja genug mich um zu wissendass mein Versprechen diese Sume baldigst Euch zurückzugeben keine leeren Worte sind.Ich hoffe dass Kio mir noch während des Montags den Betrag zusenden wird. Am Dienstaggehe ich nach Basel. Das ist alles.Was sind aber die momentanen Geldsorgen gegen die Tatsache dass Du krank im Bettliegst!Ich hoffe sehr, Dir zu begrüssen und bin bis dahin mit allen Wünschen von uns beidenDein alter Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLiebe Frau Marianne, ich stehe vor einem Rätsel, und werde Dir dankbar wen du mirAufklärung geben köntest. Nach damaligen Eingeschriebenen Brief (ich nahm wohl an, dassKio auf Reisen war) schrieb ich vor 4 Tagen wieder einen Brief, mit der nochmaligenWiederholung der Bitte mir die erbetenen 900 Schw. Fr. einzusenden, bin aber bis heuteohne Nachricht von Kio auf all diese <strong>Briefe</strong>! Ich kann doch nicht annehmen, dass Kio in denBesitz eines einzigen <strong>Briefe</strong>s gekommen war, er würde mir doch bestimmt umgehendAntwort erteilt haben. So warte ich seit 10 Tagen von Stunde auf Stunde. Sei nicht böse bittedass ich Dich damit belästige, kannst Dir denken wie sehr ich in gedrängter Lage bin, ohnemich rühren zu können. Dein Roro, mit allen guten Grüssen.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [Mai 1935]Mein lieber Kio, darf ich an Dich mit der bitte kommen die 8 Kritiken in’s englische zuübertragen? Ich brauche es für Amerika. Ich wäre Dir sehr dankbar dafür.Ich war nicht sehr wohl, und so bin ich direkt nach Paris gefahren. Wie geht es Marianne?Ich fürchtete auch, mein Besuch könnte sie ermüden. Lieber Kio, ist keine Möglichkeit imLaden zu erfragen wo mein Buch jetzt zu haben wäre? Vielleicht sind die Bücher dochirgendwo in der Schweiz?Bitte schreibe mir ein Wort, falls Du keine Zeit hast, sende mir das Papier (Kritiken) zurück.Meine herzliche Grüsse auch von Genia an Frau Marianne und Dich, die Madonna nicht zuvergessenRoroKarl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> aus Basel an <strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> in Fontenay-aux-RosesBrief, (Durchschlag), datiert 21.5.1935Lieber Roro,Beiliegend gebe ich Dir die Uebersetzungen zurück. Wegen Deinem Buch haben wir hier inmehreren Läden nachgefragt, konnten aber kein Exemplar erhalten. Die Exemplare imWarenhaus, von denen ich Dir sprach, sind teilweise verkauft und teilweise vernichtetworden.Mit Deinen Bildern habe ich bis jetzt kein Glück gehabt; ich konnte nichts verkaufen. Das tutmir sehr leid.Mit herzlichen Grüssen Dir und GeniaDein [KIO]38


<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Fontenay-aux-Roses an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Fontenay-aux-Roses [Mai 1935?]Lieber Kio,ich werde, fals Dir das passt am 18en direkt fahren u. Nachmittag Dich im Bureauaufsuchen. Ich steige im Basler Hof ab. Hab, vielen Dank für die Ausbesserung desenglischen.Es freut ich besonders, dass ich Marianne in Ihrem Heim und gesund wiedersehen werde.Dein Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Fontenay-aux-Roses an Karl und Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Fontenay-aux-Roses 8.10.1935Liebe Freunde,bitte gebt mir doch ein Lebenszeichen. Aus Holland vor einiger Zeit schickte ich einen Grussan Cio, aber ich bin unberuhigt von Euch nichts zu hören.Vielleicht fahre ich über Basel auf einer Autofahrt mit einem Freund. Wir würden gerne Euchbegrüssen. Was macht Eure Gesundheit, ich nehme das allerbeste an.Euer Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Paris 27.10.1935Lieber Kio, ich fahre für 10 Tage nach dem Tessin, u. werde bei Dir auf dem Rückwegevorbeikommen.Bitte grüsse Jawlensky herzlichst wen er noch bei Dir ist.Sei so liebe, für den Fall dass Du wegreist Deinem Mädchen Bescheid zu sagen: ich möchtemir die Arbeiten wieder mitnehmen. Hoffentlich hast Du Dir etwas rausgesucht. Die Rahmendarf ich Dir verehren!Und die arme immer noch krank! Herzlich Dein Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Paris an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne Poststempel [1935]Lieber Kio!Wir waren noch einige Zeit in Bosco 1.500 m Höhe. Auf dem Rückweg nach Paris, habe ichin Basel Dich besucht, doch nicht angetroffen. Ich hoffe nun, dass Du bald nach hierkommst. Schreibe mir über die Gesundheit Deiner Frau, die ich herzlichst grüsse und DeinesSohnes. Hier ist es erträglich kühl so dass ich schon in der tiefsten Arbeit steckeHerzlich Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Fontenay-aux-Roses an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselPostkarte, ohne Datum, Poststempel Fontenay-aux-Roses 8.11.1935Lieber KioEs war wirklich eine Dummheit von mir! Hier bin ich sofort mit Halsschmerzen ins Bett, sonsthätte ich Dir schon geschrieben. Meine Reise hoffe ich wird doch zustande kommen, da willich auch meine Bilder mitnehmen. Vielleicht kome ich doch noch mal vorbei, oder jemandvon meinen Freunden, es ist ja leicht eine Rolle von den Blätte[r]n u. der Leinwandt (ich habeim Schrank des Zimmers Bilderrollen gelassen, wie Du Dich wohl erinnerst) zu machen.39


Ich freue mich dass Marianne bald wieder nach Hause komt! Vielleicht sehen wir auch Dichhier? Es geht Genia und mir so weit gutHerzliche GrüsseRoro.Genia Ines aus Sanary-sur-Mer an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert 5.6.1936, ohne PoststempelLieber Herr Carl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>!Sie werden sich wundern, dass ich an Sie schreibe und dementsprechend Gutes? Odernichts Gutes ahnen. Tatsache vor allem ist, Gutes zu ahnen für <strong>Genin</strong>. Er ist in seinerHeimath seit März dieses Jahres. Der Auftakt zu neuem Leben dort gefällt ihm sehr gut,weiss nicht, ob er Ihnen nicht vielleicht selbst schon von dort geschrieben hat. Ich sitze nunallein in Westeuropa u. im westlichsten paradiesisch schönen Örtchen von Frankreich,Sanary. Das Meer, die Landschaft, Luft u. Sonne, alles das ist sehr, sehr schön, aber derMensch braucht bekanntlich auch was zum Erhalten seines werten Körpers. Und da wirleider zur Welt gekommen sind, ohne der geeigneten Kräfte zum sofortigem Selbsterhaltenseines eigenen Ichs u. dafür noch nicht einmal etwas schuld sind, so mess’ich mir auch nichtdie alleinige Schuld meines Malerdaseinwollens bei. Es ist zwar ein wirkliches UnglückHeutzutage noch malen zu wollen. Kriegsmaschinen erfinden ist mehr geschätzt u. gesucht.Aber da Sie noch zu den Menschen gehören, die auch Kunst sammelt, so wende ich michhilfesuchend an Sie. Kann ja sein dass Sie meine Kunstentwicklung u. Förderung ganz u.gar nicht interresiert. Dann dürfen Sie es mir glatt ins Gesicht sagen, das kränkt mich nicht.Für <strong>Genin</strong> taten Sie ja in der letzten Zeit nichts, weiss nicht warum. Trotzdem schreibe ich anden Furchtgott. Plage mich seit <strong>Genin</strong> fort ist, mit Gebrauchsgegenständen aus Ton ab, dasnimmt mir so viel Zeit u. das Verdienstresultat ist jämmerlich. Jedenfalls so werde ich sehrlangsam in meiner Entwicklung vorwärts kommen. Und habe ich schon so viel Jahre verlorendurch das gespaltene Leben. Können Sie mir da nicht irgendwie helfen? MeineAnfangsstadien kennen Sie ja schon ein bischen. Frau Zak hat im Moment keine Bilder vonmir. Habe alles fortgenommen. Sie muss ja zu viel daran verdienen, um einem Künstler zuhelfen, leben u. existieren zu können. Wissen Sie nicht etwas, oder jemanden, der alsoeinem jungen Künstler helfen will seinen Weg zu machen? Man ist ja bescheiden, kann aufvieles im Leben verzichten, aber Essen u. Farben brauch so ein Maler doch, um als solcherzu existieren. Russl. ist nicht meine Heimath, sonst wäre ich auch hingegangen. Mit Ro ginges so nicht. Meine zugeschriebene Heimath ist ja Wien. Aber dort kann man sich mit Haut u.Haaren begraben lassen. So etwas, wie Kunst ist dort nicht heimisch. Und ist es, wie gesagt,bloss meine, auf dem Pass vermerkte Zugehörigkeit. Geburtsort von mir ist Cechoslovakei.Aber dort kann ich nicht so ohne weiteres hin. So bin ich gezwungen schon hier zu bleiben.Für die Kunst ist ja das trotz Dekadenz doch noch gut. Vorläfig wenigstens. Könnten Sie,oder jemand mir helfen einige Monate in Ruhe zu arbeiten. Würde schon jetzt gleich meinebesten Bilder hingeben, um Neues zu schaffen. Verkaufte meine Bilder für Frs Frz. 1.000.-Obwohl ich nicht viele habe u. sie zu Ausstellungszwecken selbst sehr brauche. Oder nocheine Idee. Vielleicht für irgend einen Geschäftsmann interresanter. Meine Tonmodelle sindsehr schön, aber so einzeln zu verkaufen raubt mit zu viel Zeit. Würde die Modelle zumFabrikserzeugniss verkaufen. Dies wäre sehr schön in Metall. Hab da schon ganzinter[es]sante Ideen. Und neu. - Also lieber Herr <strong>Obersteg</strong> nehmen Sie es mir nicht übel,dass ich Sie in Anspruch nehme. Wie geht es Frau Marianne? Ist sie schon gesund? Bittegrüssen Sie sie herzlichst von mir. Und beste Grüsse u. hoffe bald etwas von Ihnen zu hörenIhre Genia InesMargarete <strong>Genin</strong> aus Kohlegraben i.d. Rhön an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, datiert, 27.7.1937, ohne PoststempelLieber Herr <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>,40


sicher werden Sie recht erstaunt sein, nach so langer Zeit wieder von mir zu hören. Wäre ichauch nur einmal in die Nähe Basels gekommen, hätte ich schon allzu gern die Gelegenheitbenützt, mich persönlich nach Ihnen und Ihrer lieben Frau und Sohn zu erkundigen. – MeineGrüsse an Sie, die ich gemeinsamen Bekannten aufgab auszurichten, haben Sie vielleichterreicht? –Zu schreiben zögerte ich – weil ich nicht sicher war, ob Sie mich in angenehmer Erinnerunghaben - und, um nicht zu klagen. – Heut, muss ich mein Leid von damals überwinden – meinMario ist inzwischen 16 Jahr alt geworden – und ich hoffe, mich wirtschaftlich etwasdurchgerungen zu haben, treten neue Probleme in Erscheinung und suche ich als sorgendeMutter Rat. Zwar wissen Sie warscheinlich kaum noch von Mario und kann ich Ihnen auchnur sagen - dass er ein lieber, feinsinniger – äusserst rücksichtsvoller Junge geworden ist,der – allerdings mit Fleiss glatt durch die Schule kam und im letzten Frühjahr sein«Einjähriges» machte, aber sonst keinerlei besondere Begabung zeigt! Aber Sie kennenseinen Vater und wissen um die Schwierigkeiten hier zu Land und die Möglichkeit einesVorwärtskommens – als nicht deutschstämmig. – Und gerade aus diesem Grunde wende ichmich an Sie – als einen weiterblickenden vorurteilsfreien Menschen und erbitte mir Ihren Rat.Wenn ich es auch voraussichtlich noch schaffte die Mittel für die noch fehlende Zeit bis zumAbitur aufzubringen – so frage ich mich, ob es unter gegenwärtigen Verhältnissen hier –einen Sinn hätte, ihn länger in der Schule zu belassen – oder ihn besser hinaus in die Weltschickte – eine gute Lehrzeit durchzumachen! – Wenn ich an solche Möglichkeit dachte, kammir immer wieder der Gedanke in den Sinn, dass Sie mir vielleicht irgendwie dabei behilflichsein könnten den Anfang zu finden.Mario ist – während ich die letzten Jahre mit Anstrengung äusserster Kraft um unsererExistenzmöglichkeit bemüht war – in einem Landerziehungsheim erzogen und hat immer nurein Viertel des Jahres – die Ferienzeit bei mir verbracht – ist aber ein innerlich sauberervernünftiger Junge geworden, der bestrebt ist seine Mutter zu entlasten.Ich selbst habe nach jahrelangen Versuchen und immer erneutem Umstellen es geschafft,mir in guter Gegend Berlins einen netten Laden einzurichten, in dem ich gutes modischesKunsthandwerk und eigene Produktionen verkaufe. – Dies seit einem Jahr und hoffe ich,dass mir mein Vorhaben langsam weiter aufbauen zu können gelingt. Von <strong>Genin</strong> fehlt mirjede Spur und suche ich sie nicht. Gegenwärtig verbringe ich ein paar Sommerwochen inKohlgraben i. der Rhön und würde ich mich schrecklich freuen von Ihnen oder Ihrer liebenFrau irgend ein – wenn auch nur Lebenszeichen – von Ihnen zu haben und begrüsse Sie inder Hoffnung, dass es Ihnen – Ihrer Frau und Sohn gut geht – herzlichst Marga <strong>Genin</strong>.Margareta <strong>Genin</strong> an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLiebe Frau <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong>,Sie haben uns durch das schöne Weihnachtspaket am ersten Feiertag sehr angenehmüberrascht und besonders auch Mario sehr beglückt. Wie es amLande üblich ist hat alles diese schöne Dinge betrachtet und uns um unsere SchweizerFreunde beneidet. Wir danken Ihnen herzlichst.Leider konnte ich Sie bis jetzt noch immer nicht mit der Arbeit überraschen, die ich Ihnenschon längst zugedacht hatte. Mir fehlen doch für einen Lampenschirm nähere Angabenwohl über Farben wie Format. Es wäre eine leichte Arbeit, wenn ich das Zimmer einmalgesehn hätte.In der angestrengten Vorweihnachtszeit konnte ich schwer die Zeit finden Ihnen für Ihregrosse Mühe zu danken, die Sie sich mit dem Besorgen der Stoffproben machten. Es istdoch eigenartig, dass der Crepe Chiffon so schwer zu haben ist und das Lustigste ist, dassich ihn zum Schluss ausgerechnet in Achern in einem Lädchen entdeckte. Auch für dieRücksendung der 100 Franken meinen herzlichen Dank. Ich hoffe nun, dass die Tage für Siemit Gatten und Kind recht schöne waren und wünsche Ihnen ein recht frohes, gesundesneues Jahr mit herzlichsten Grüssen Ihre41


M. <strong>Genin</strong>Auch von Mario und Roro!<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLiebe Frau Marianne!Wie lange haben wir voneinander nichts gehört! Wo bist Du? Und wo warst Du? Ich kann nurannehmen, ihr wart in Paris inzwischen, und wie war die die Reise? Ich habe nichts von euchgehört.Das liebe Sissach mit den bedeutenden Häusern, lieben Menschen, Weinfässern und derfabelhaften Probierstube grüsse ich von Herzen. Ich kann mir so recht euch alle dort denken,und ich bin froh doch alles kennen gelernt zu haben. Und die Yvonne und Karl-Jürg. UndVater Buess. Ich bin oft in dieser Zeit zu Euch in Gedanken hinausgeflogen, und das hat mirrecht wohl getan.Und in meinem Atelier mitten im Chaos wird leidenschaftlich getanzt. Der Zuschauer bin ich.Heute abends, Morgen Sonntag Nachmittag und Abends. Dieser Sonntag ist der letzte, daich nach Zürich fahre um dort einiges zu erledigen. Inzwischen wird wohl Cio auchangekommen sein – und auch Du in der Benkenstrasse, dann hoffe ich bei Euch einen Tagzu verbringen und ich freue mich so sehr drauf. Bitte berichte mir hierher wann das wohl seindürfte. Dan werde ich erfahren worüber ich so gerne ausfragen möchte und sicher auchEuch und «Lore die Schelmin» zu Gesicht kriegen und eine Flasche Chianti dazu!Vorgestern bekam ich endlich meine Hemden genäht, und ich bin fabelhaft stolz undzufrieden und muss nun dauernd an Dich denken, liebe kühle Frau.Bis baldEuer Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLiebe Frau Marianne!Darf ich Dich bitten, d. beiliegende Bescheinigung Margarete zu geben. Sie wird diese TageBasel passieren, und Euch einen Besuch machen. In Basel muss sie auf dem deutschenKonsulat ihr Pass in Ordnung bringen lassen, und dazu benötigt sie diese Bescheinigung,die Margarete mir gut aufbewahrt wieder nach Berlin bringen muss.Margarete kommt nach hier, um den Knaben für die Zeit unsrer Reise hier unterzubringen.Euch alles Gute! Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLiebe Frau Marianne!Soeben komme ich Heim und finde endliche einen Brief von Dir – wenn auch nicht an mich:Und ich habe so gewartet. Und wie war es in Paris mit Emils? Kio schrieb, Du wolltest mirdarüber berichten.Ich habe Margarita mit Ski bewaffnet, und ausgestattet und nun geht es los. Ich muss imKämmerlein bleiben. Doch ich bin gerne darin, denn ich arbeite und bin wunschlos, auch wasdas schlimme Bein angeht.Karl Jürg? Wohl braun heimgekehrt und stark. Und Margarete dankt herzlich für Brief undMühe. Sie hat heute indem sie mir nach Karlsruhe entgegenkam dort die nötige Seideentdeckt und will es dort bestellen. Sei nicht böse ob dieser neuerlichen Belästigung.Wir senden Euch die herzlichsten Grüsse42


Roro<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Berlin an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLieber KioIch habe Kohler so viel von Eurer <strong>Sammlung</strong> erzählt, dass es mich freuen würde, er könntesich die Bilder bei Euch ansehen. Auch Soutin[e]. Hoffentlich ist es euch recht, Kohler wirdsich bei Euch telephonisch anmelden.Ich freue mich Euch bald zu sehen und zu plaudern.Euer Roro.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> an Marianne <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLieber Freund Marianne!Noch habe ich mich vor Tagen bei Dir beklagt, dass Du mich ganz vergessen – heute schonschwelge ich in Üppigkeit durch Deine Freundschaft! Margaritta ist bei’m Kinde draussen,aber die ganze Nachbarschaft ist alarmiert, alles spricht von meinen reichen SchweizerVerwandten, die mir Salami und Kaffe schickten und die [..... .....], die mich mit dem riesigenPaket umarmt laufen sah ist von Neid erfüllt. Du weißt verehrte Marianne wie wenig materiellich bin, aber die Freude über diese Liebesgaben übertrifft wohl die der Krieger amSchützengraben, und das Gefühl des fern vorhandenen Freunde ist beglückend, heutetausendmal stärker als je.Wohl ist die Sendung schon im Atelier, wo ich zur Feier einige Künstler zum Kafee geladenhabe am Freitag nachmittags, da zugleich in meinem Ateliergarten Boccia gespielt wird.Aber, Marianne, warum kein Wort von Dir? Ich bin wirklich ängstlich darüber es war so schönjede Woche ein Lebenszeichen von der Benkenstr zu erhalten. Doch so ist das Leben, wiebald wird die Wirklichkeit zum Traume, jedoch so schnell? Noch ist es zu früh um an demTraume zu zehren. Ich undankbarer! Wahrhaftig zehre ich an wirklicher Salami, traumhaftschön und doch Wirklichkeit zugleich – und diese Vereinigung ist wohl doch noch dashöchste!Ich arbeite viel ung erträglich, aber die Luft beraubt mich der Muse für die Malerei, die nur inMuse reifen will. Zwei Flügel anbinden, Frau und Kind lebewohl zu sagen und mit einerLeinwandrolle unter dem Flügel - hinaus, in die Lüfte, in Basel über die Benkenstr. kreisenund zum Fenster Grüssgott sagen - und weiter südwerts-Die Wirklichkeit ist hier hässlich, ich muss träumen. Ja ich glaube hier zu ersticken.Ich reiche Dir die Hand und verneige mich artig und grüsse alle die Dir nahe stehen.Roro.Die Sendung kam « beanstandet» an, sie war etwas zerdrückt und amtlichsehr schön verpackt, sie war vollkommen in Ordnung und fehlte nichts.Der Zentner Schokolade kommt der Frau und Kinde zu Gute. Die Beamtenhaben ordentlich Augen gemacht über diese Fülle.<strong>Robert</strong> <strong>Genin</strong> aus Ascona? an Karl <strong>Im</strong> <strong>Obersteg</strong> in BaselBrief, ohne Datum, ohne PoststempelLieber Kio,ich habe mein Versprechen gehalten, und Dir 2 Grundstücke gefunden. 1) vor Roros 5000m2 a 10 Frs. 2) nach Roro ein riesiger Besitz mit Gebäude darauf m2 3 Fr.! ich glaube etwa30.000 m2. Du musst das an Ort und Stelle selbst besichtigen, recht bald. Schreibe wann Du43

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