BENNER will eine Erkenntnis dessen, was Wissenschaft ist; er verlangt eineletztgültige Wesenserkenntnis, der man zustimmen müsse, weil sie wahr sei undnicht, weil man sich aus guten Gründen für sie entscheidet. Er selber versuchtdann aber auch nicht zu klären, was Wissenschaft ist 111 , sondern nach längererDiskussion von Entscheidung und Unterscheidung kommt er <strong>auf</strong> <strong>die</strong> ontologischeFrage, was <strong>die</strong> Wirklichkeit sei zu sprechen 112 . Eine "positivistisch vorgehendeWissenschaft" vermöge darüber nichts auszusagen, sie verliere vielmehr"jedes Maß und jede Kontrolle über sich selbst", denn sie habe "immer bereitsdarüber entschieden, was <strong>die</strong> Wirklichkeit als Gegenstand des Erkennens sei" 113 .Allerdings geht es BENNER auch nicht um <strong>die</strong> Diskussion der ontologischen Voraussetzungenvon Wissenschaft, <strong>auf</strong> sie er sich gar nicht einläßt, sondern um <strong>die</strong>Aufhebung der "radikalen Trennung zwischen Sein und Sollen" 114 .Der empirisch-analytische Wissenschaftsbegriff wird von ihm abgelehnt, weildanach Fragen nach dem Sinn des Lebens und dem, was wir tun sollen, letztlichnicht wissenschaftlich beantwortet werden können. Allerdings kann man ausempirisch-analytischer Sicht Sinn- und Zielvorstellungen hypothetisch annehmenund sie beispielsweise <strong>auf</strong> ihre Vereinbarkeit mit anderen Zielsetzungen oder ihreKonsequenzen hin untersuchen. Nach idealistischer Auffassung jedoch ist der Sinnin den Phänomenen verborgen. Durch Interpretation <strong>die</strong>ses Sinnes glaubt manherausfinden zu können, was man in der Erziehung tun soll. In der Pädagogik versuchtman das seit langem. Freilich gelangt jede Schule zu anderen Interpretationen.Das hat zu unfruchtbaren Diskussionen über <strong>die</strong> Wissenschaftlichkeit bzw.Nichtwissenschaftlichkeit von Entscheidungen für Erziehungsnormen geführt.Unabhängig jedoch von den Zielvorstellungen, den Wissenschafts- undontologischen Auffassungen können <strong>die</strong> vorgebrachten Normvorschläge und ihreBegründungen, denn um solche handelt es sich aus empirisch-analytischer Sicht,wertvolle Beiträge darstellen, <strong>die</strong> auch empirisch <strong>auf</strong> ihre Realisierbarkeit, ihreKonsequenzen und analytisch <strong>auf</strong> ihre Konsistenz, ihre logischen Beziehungenzu gesellschaftlichen Idealen usw. untersucht werden können.Auch <strong>die</strong> weiterführende Frage, unter welchen Bedingungen Menschen dazugelangen, ihr Leben als sinnvoll zu betrachten, ist nicht nur pädagogischinteressant, sondern kann auch <strong>auf</strong> hypothetische, prüfbare Weise zu beantworten111 Vgl. ebenda, S. 182 ff.112 Ebenda, S. 186.113 Ebenda.114 Ebenda.52
versucht werden. Erforscht man nämlich <strong>die</strong> Bedingungen, bei deren VorliegenMenschen lernen, ihr Leben in einer Hinsicht als sinnvoll oder sinnlos zuerfahren und zu deuten, dann kann man <strong>die</strong>ses Wissen möglicherweise auch fürerziehungstechnologische Vorschläge nutzen, wie Menschen geholfen werdenkann, ihr Leben als sinnvoll anzusehen 115 . Freilich ist hier dann auch an dasProblem des Mißbrauchs zu denken.Auch <strong>auf</strong> der Basis des Realismus und im Rahmen der empirisch-analytischenErziehungswissenschaft kann man also Sinnfragen in gewissen Grenzendurchaus wissenschaftlich behandeln. Allerdings dürfte <strong>die</strong> Diskussion um ontologischeVoraussetzungen in solchen Zusammenhängen nur dann zu brauchbarenErgebnissen führen, wenn sie sich aus Lösungsversuchen zu einem Sachproblemergibt. Ontologische Annahmen können, wie wissenschaftliche Theorien, immernur vorläufig bewährte Ausgangspositionen sein, <strong>die</strong> verändert werden sollten,wenn Theorien <strong>auf</strong> der Grundlage anderer ontologischer Annahmen erfolgreichersind, d.h. bessere Erklärungen und präzisere Vorhersagen ermöglichen.Der Anspruch einer Erkenntnis des "Wesens" der Wissenschaft kann gewißnicht <strong>auf</strong>recht erhalten werden. Die Wissenschaft ist nicht entdeckt und dannweitergegeben worden, sondern sie ist historisch entstanden durch Versuche,Erkenntnisse über <strong>die</strong> Wirklichkeit zu gewinnen; sie ist ein Ergebnis menschlicherTätigkeit und Erfindungskraft und nicht zuletzt sozialer Setzung. DieseAuffassung relativiert freilich jegliches Wissenschaftsverständnis.b) Relativierung durch ParadigmenpluralismusDer KUHNsche Paradigmenbegriff bezieht sich – bei aller Mehrdeutigkeit 116 –ausdrücklich <strong>auf</strong> einheitliche, "ausgereifte" und allgemein akzeptierte theoretischeAuffassungen, wie sie in der Physik vorliegen 117 . Dieser gemeinsame theoretischeKern kann bei sich häufenden Anomalien und bei Vorhandensein einer neuenTheorie durch <strong>die</strong>se ersetzt werden, wobei "alle Leistungen der überwundenenTheorie" <strong>auf</strong> <strong>die</strong> neue übertragbar sind. Es kommt also nicht zu einem bloßen"Wandel in den Überzeugungen", sondern zu einem echten "Wachstum desWissens nach objektiven Maßstäben" 118 .115 Vgl. dazu <strong>die</strong> wissenschaftlich allerdings problematische Logotherapie V. FRANKLs (1987).116 Vgl. <strong>die</strong> Kritik bei MASTERMAN 1974, S. 59 f.117 Vgl. KUHN 1976, S. 37 ff.; ferner STEGMÜLLER 1973a, Bd. II, 2, S. 203 ff. In der Erzie-hungswissenschaft verfügen wir nicht übersolche Theorien. Das ist auch der Grund, warum in <strong>die</strong>ser Arbeit vom "statement-view" ausgegangen und der "non-statement-view" garnicht berück-sichtigt wird.118 STEGMÜLLER 1973a, Bd II,2, S. 253.53
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Abschlußtest fragte lediglich Grun
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Methoden zwanghaft angewandt werden
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könnte. Dazu müßte die Lernumgeb
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So werden insbesondere in der Wirts
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Bestehendem Vorrang vor Veränderun
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tungen, die die Wahrheit bzw. Wahrh
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Bezug kann auch zu veränderten Ein
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Theorie glaubt, kann gegenteilige B
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Das Argument der Relativität der W
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chung. Sie tat das in engagierter A
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halten und darüber hinausgehende,
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vierung ... für jeden Bildungsraum
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Solchen Auffassungen von Zielentsch
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der Moral zu erforschen ..., die de
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Dennoch wird natürlich immer wiede
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Erziehungswirklichkeit" 103 . Wenn
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ontologischen Voraussetzungen der E
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tion ... verstehend auszuschöpfen"
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Es wäre jedoch unzutreffend, (nur)
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zunehmende Differenzierung und grö
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