Sollen, das "in allgemeiner und notwendiger Weise ... gültig" 101 wäre. Da <strong>die</strong>Welt der Werte, des Sinns oder der Zwecke gewiß nicht nur gesellschaftlich erwünschtebzw. positiv bewertete Zwecke usw. enthält, wäre ihre automatischeGültigkeit auch gar nicht wünschenswert.Wenn <strong>die</strong> Phänomenologie aber von ewigen platonischen Wesenheiten oderWertideen ausgeht, dann müßten <strong>die</strong>se entdeckt werden können. Die Frage ist,wie solche Entdeckungen überprüfbar sind. Wenn man nicht Betrügern <strong>auf</strong> denLeim gehen will, <strong>die</strong> vorgeben, "wahre Werte" erkannt zu haben, aber in Wirklichkeitnur ihre eigenen Interessen verfolgen, scheint eine solche Prüfungsmöglichkeitin jedem Fall angebracht. Eine wissenschaftliche Lehre, <strong>die</strong> behauptet,"objektive" oder "wahre Werte" erkennen zu können bzw. erkannt zu haben,ohne Möglichkeiten zuverlässiger, intersubjektiver Prüfungen zu nennen, mußsich im Prinzip <strong>auf</strong> den Glauben und <strong>die</strong> ergebene Gefolgschaft ihrer Anhängerstützen. Dieses Problem entfällt, wenn man sich dar<strong>auf</strong> beschränkt festzustellen,wo es welche Zwecke, Akte der Sinnverleihung usw. gibt und zu erklären versucht,warum Menschen in bestimmten Umständen in ihrem Handeln bestimmteZwecke voraussetzen, und was man tun kann, um <strong>die</strong>se Zwecke zu erreichen.Dieser Auffassung kommt der Phänomenologe m.E. dort nahe, wo er <strong>die</strong>pädagogische Praxis in den Blickpunkt rückt. Dabei geht es darum, durch"denkende Reflexion" herauszufinden, wie man von einem "Zustand eines sozialenSystems zu einem bestimmten Zeitpunkt ... mittels menschlicher Praxis zueinem späteren Zeitpunkt einen besseren Zustand" kommen kann 102 . Wenn <strong>die</strong>seReflexion zur Aufstellung hypothetischer Norm- und Mittelvorschläge führt,kann geprüft werden, ob erstens <strong>die</strong> Normvorschläge Verbesserungen im Sinnübergeordneter Normen darstellen und zweitens ob <strong>die</strong> vorgeschlagenen Mittelzur Herbeiführung des Ziels brauchbar sind.Die Hermeneutik gilt ebenfalls als eine Methode zur Sinnfindung. NachBOLLNOW <strong>die</strong>nt sie der "Wesensbestimmung" von "mit bestimmten Wörtern bezeichnetenErscheinungen". Diese Wesensbestimmung sei "nicht unabhängig vonder Erfahrung, sondern unterliegt jederzeit der Überprüfung und Abwandlungdurch neue Erfahrungen". Diese Form der Hermeneutik führt also zu überprüfbarenErgebnissen. Die hermeneutische Begriffsklärung wachse aber über <strong>die</strong>se Aufgabehinaus und münde "in eine inhaltliche Entfaltung des gesamten inneren Aufbaus der101 STRASSER 1964, S. 282.102 STRASSER 1972, S. 675 (im Original kursiv).158
Erziehungswirklichkeit" 103 . Wenn nun <strong>die</strong>se "Entfaltung des inneren Aufbaus" alsTheorie gegenwärtiger oder konstruierter Erziehungswirklichkeit verstanden werdenkönnte, <strong>die</strong> empirischer Prüfung zugänglich ist, so würde sie dem empirischanalytischenWissenschaftsverständnis entsprechen. Daß das aber nicht gemeint ist,wird aus BOLLNOWs Auffassung deutlich, <strong>die</strong> Wirklichkeit selbst sei werthaltig, sielasse "sich darum auch gar nicht wertfrei beschreiben" 104 .Als Beispiel führt BOLLNOW den Befund an, daß "<strong>die</strong> durchgängige gefühlsmäßigeTönung des elterlichen Erziehungsverhaltens ... <strong>die</strong> Entwicklung derKinder mehr [beeinflußt] als irgendeine spezielle Technik der Kindererziehung..." 105 . BOLLNOW meint nun in hermeneutischer Interpretation, "aus der Feststellungder Wirksamkeit der gefühlsmäßigen Tönung ... führt notwendig derWeg zur Forderung, daß <strong>die</strong>se Zuwen-dung ... auch sein soll". Es folge "aus derUntersuchung der Wirklichkeit eine Folge-rung für das richtige Verhalten ...,weil <strong>die</strong> Wirklichkeit selber so beschaffen ist, daß <strong>die</strong> Wertung nicht in siehineingetragen wird, sondern ... durch Analyse herausgehoben und bewußt gemachtwird" 106 . Das ist der naturalistische Fehlschluß. BOLLNOW übersieht in seinerAnalyse einen Zwischenschritt. Die Wertung liegt nicht in der Wirklichkeitselbst, sondern wird unbewußt der Interpretation des empirischen Befundes alsnormative Prämisse zugrunde gelegt. Nur unter der normativen Voraussetzung,daß alles, was <strong>die</strong> Entwicklung von Kindern in einer gewünschten Richtungbeeinflußt, auch getan werden soll, läßt sich der von BOLLNOW angegebene Soll-Satz logisch folgern 107 .Auch DERBOLAV hält es für möglich, das Sollen aus dem Sein erschließen zukönnen. Mittels der Dialektik könne <strong>die</strong> Pädagogik "nicht nur etwas vom Sein,sondern auch vom Sollen (oder Sinn) der Erziehung" erkennen. Hierzu einBeispiel: "'Wo Reifen als Lernen in Erscheinung tritt, beginnt <strong>die</strong> Kompetenz undder Aussagebereich der pädagogischen Psychologie, in deren Schwerpunkttraditionellerweise <strong>die</strong> Genese und Strukturierung der seelisch-geistigen Leistungsfunktionbzw. der Lernprozeß mit allen seinen Voraussetzungen, Realbedingungen,unterstützenden oder hindernden Begleit-phänomenen usw. steht'. All <strong>die</strong>s103 BOLLNOW 1971, S. 698.104 Ebenda, S. 702.105 BERELSON/STEINER 1969, S. 51 (Hinzufügung in Klammern H.L.).106 BOLLNOW 1971, S. 703.107 Ähnliche Fehlschlüsse begehen MENRATH 1978, S. 148-149; STRASSER 1972, S. 673; GUSS1975b, S. 34 ff. und S. 170 f. Zur Kritik der Logik solcher Schlüsse vgl. z.B. ZECHA 1984, S.84-88.159
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1. Einleitung1.1 Der Richtungsstrei
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Pädagogik als "Gesetzeswissenschaf
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nissen ermöglichen, die unter best
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interessierte Verkündigung dessen,
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sie nicht eine kräftige und ehrlic
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unter Erkenntnis verstehen wollen.
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Wie der folgende Abschnitt zeigt, l
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c) Zur Universalität der wissensch
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fen, ob das Ziel der Berufstüchtig
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d) Selektion von TheorienDer Selekt
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werden, unabhängig vom Untersucher
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