Anthony Cragg dinge im kopf / Things on the mind skulpturen ...
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Loyalität zur und Befragung der natürlichen Welt für <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g> stets <str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g> Vordergrund<br />
stand. seine Aussage zu den »Forminifera«-Arbeiten v<strong>on</strong> 2004 ruft uns dies in<br />
erinnerung: »später wurden diese Arbeiten zu einem Werk weiterentwickelt, das<br />
ich ›Forminifera‹ nannte, die Bezeichnung für ein mikroskopisch kleines fossiles<br />
skelett. V<strong>on</strong> diesen Formen existieren milliarden v<strong>on</strong> unterschiedlichen Varianten.<br />
keine zwei gleichen einander, was mich v<strong>on</strong> Anfang an in staunen versetzte.<br />
Unter diesen Foraminiferen finden sich meines Wissens die allerersten organismen<br />
mit mineralisiertem Gewebe, wobei kalzium karb<strong>on</strong>at vom Gewebe auf-<br />
m c C o r m a c k , 2007<br />
U n t i t l e d , 1993<br />
60 61 das innere spiel: Zu Titeln und Titelgebung bei T<strong>on</strong>y <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g>s Plastiken<br />
genommen und in knochen, muschelschale<br />
oder anderes umgewandelt wird, um so<br />
eine struktur auszubilden … Bei meiner Arbeit<br />
geht es mir nicht um eine Nachahmung<br />
der Natur oder evoluti<strong>on</strong>, <str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g> mittelpunkt<br />
stand vielmehr sch<strong>on</strong> <str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g>mer das enge Festhalten<br />
an den Grundlagen der strukturfindung.«<br />
7<br />
die »Grundlagen der strukturfindung« führten<br />
zur einführung v<strong>on</strong> oberbegriffen für ganze<br />
Werkgruppen, etwa bei den kleineren serien<br />
Atmos (s. 60 / 61), Fruit Bottles, Flotsam,<br />
Ferryman, Wirbelsäule und Wooden Crystal,<br />
aber auch bei größeren und jüngeren Werkkomplexen<br />
wie Early Forms (s. 55, 58 / 59),<br />
Columns, Rati<strong>on</strong>al Beings und Relatives.<br />
Wenn <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g>s Titel analog zur Formensprache<br />
seiner <strong>skulpturen</strong> vom biologischen und<br />
evoluti<strong>on</strong>ären denken geprägt sind, dann<br />
ergeben sich innerhalb dieses Ansatzes wiederum<br />
enge Beziehungen zwischen sprachlichen<br />
und plastischen Formen. so wie er<br />
die entwicklung skulpturaler Formen in diversen<br />
kulturen verfolgt, erkennt er auch kulturübergreifende<br />
etymologische Prozesse in der<br />
sprache. damit werden Worte skulptural und<br />
ihrerseits zum material; eine Vorstellung,<br />
die <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g>s Titelfindung und seinen Gebrauch<br />
v<strong>on</strong> Titeln charakterisiert. Was ihn als Bildhauer<br />
zur Beobachtung solcher Übereinst<str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g>mungen<br />
befähigt, ist seine beeindruckende<br />
mehrsprachigkeit, denn er beherrscht neben<br />
englisch, deutsch und Französisch auch<br />
Italienisch, spanisch und schwedisch. Regelmäßig<br />
verwendet er nicht englische und<br />
dann vor allem deutsche Titel wie etwa »die<br />
Predigt«, »menschenmenge«, »eichelhäher«,<br />
»Hildener kreuz«, »eine Wucht in Tüten«,<br />
»Wirbelsäule« und »Unschärferelati<strong>on</strong>« (s. 39).<br />
da er seit 1977 in deutschland lebt, ist er<br />
mit der deutschen sprachkunst gut vertraut,<br />
was sein essay zu »Wirbelsäule« noch einmal<br />
deutlich macht. 8 Auch die klassischen Bildungssprachen<br />
spielen eine Rolle, obwohl<br />
<str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g> in der schule weder Griechisch noch<br />
Latein gelernt hat. 1991 benutzte er mit »Terris<br />
Novalis« einen seltenen lateinischen Titel,<br />
um so auf eine technische errungenschaft<br />
aufmerksam zu machen, die <str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g> 16. Jahrhundert<br />
als messinstrument diente. 9<br />
derlei Assoziati<strong>on</strong>en sensibilisieren auch das<br />
Bewusstsein für die körperlichkeit v<strong>on</strong> sprache<br />
sowie für ihre Tiefe und ihren Umfang.<br />
Nachdem <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g> wiederholt die »Physikalität<br />
v<strong>on</strong> sprache« erwähnt hatte, führte er dies<br />
2004 weiter aus, als er über seine <str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g>aginative<br />
Auseinandersetzung mit etymologie und seine<br />
Freude an mehr sprachigen Wortassoziati<strong>on</strong>en