Anthony Cragg dinge im kopf / Things on the mind skulpturen ...
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A f r i c a n C u l t u r e m y t h , 1984<br />
<str<strong>on</strong>g>Anth<strong>on</strong>y</str<strong>on</strong>g> <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g>,<br />
die Anderen und er selbst<br />
siegfried Gohr<br />
die Vielfalt des Werkes v<strong>on</strong> <str<strong>on</strong>g>Anth<strong>on</strong>y</str<strong>on</strong>g> <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g><br />
und die Frage nach dem, was alles zusammenhält,<br />
ist öfter diskutiert worden. es war die<br />
Rede v<strong>on</strong> <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g>s materialismus, was sowohl<br />
eine Haltung als auch die Grundlage seiner<br />
Bildhauerei meinen kann. Außerdem wurde<br />
manchmal seine Nähe zur Wissenschaft, ja<br />
zur Philosophie festgestellt, was nicht zuletzt<br />
durch die erhellenden Texte nahegelegt<br />
wurde, die der künstler selbst verfasst hat.<br />
Unabhängig dav<strong>on</strong>, ob der Interpret die <strong>skulpturen</strong><br />
gleichsam aus einem Urschlamm hervorgehen<br />
sieht oder als exper<str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g>ente für eine<br />
zu erforschende Zukunft, also als regressiv<br />
oder progressiv, bleibt als k<strong>on</strong>stanter eindruck<br />
durch alle Werkphasen hindurch derjenige<br />
einer emergenz v<strong>on</strong> energie. Insofern<br />
bildet das Werk v<strong>on</strong> <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g> einen Gegensatz<br />
zu vielen k<strong>on</strong>zepten v<strong>on</strong> skulptur, die seit der<br />
Renaissance entwickelt worden sind.<br />
Am wenigsten entspricht seine Arbeit der Traditi<strong>on</strong><br />
der »statue«, auch wenn manche seiner<br />
Arbeiten auf den ersten Blick ihr zu entsprechen<br />
scheinen. denn die traditi<strong>on</strong>elle statue<br />
hat in der Regel eine Hauptschauseite, auch<br />
wenn alle details ausgearbeitet sind. <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g>s<br />
<strong>skulpturen</strong> besitzen stattdessen eine Tendenz<br />
zur Allansichtigkeit. diese errungenschaft der<br />
modernen skulptur wurde in Auguste Rodins<br />
Werk (Großer Iris<str<strong>on</strong>g>kopf</str<strong>on</strong>g>, 1891. Abb. 1, s. 26)<br />
vorbereitet und v<strong>on</strong> C<strong>on</strong>stantin Brancusi (Endlose<br />
Säule, 1937. Abb. 2, s. 27) wohl zum ersten<br />
mal k<strong>on</strong>sequent realisiert. einen indirekten<br />
Hinweis auf diese neue eigenschaft v<strong>on</strong><br />
skulptur bildet die Tatsache, dass die Werke<br />
gerade dieser beiden künstler einige Fotografen<br />
zu Aufnahmen inspiriert haben, die<br />
vielfältige d<str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g>ensi<strong>on</strong>en der entsprechenden<br />
Werke <str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g> Wortsinn ausleuchten. Als schließlich<br />
unter dem einfluss v<strong>on</strong> Pablo Picasso<br />
(Ohne Titel, 1914. Abb. 3, s. 29) und marcel<br />
duchamp (Flaschentrockner, 1914. Abb. 4,<br />
s. 40) die objektkunst nach 1910 als eine neue<br />
möglichkeit dreid<str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g>ensi<strong>on</strong>aler Arbeiten entstand,<br />
hatte sich der Betrachterstandpunkt<br />
als sicht v<strong>on</strong> vorne ganz aufgelöst.<br />
R i o t , 1987<br />
24 25 <str<strong>on</strong>g>Anth<strong>on</strong>y</str<strong>on</strong>g> <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g>, die Anderen und er selbst<br />
eine andere eigenschaft des k<strong>on</strong>zeptes »statue«, nämlich ihr Verweis auf die<br />
d<str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g>ensi<strong>on</strong> der Zeit durch Gesten, Haltungen, Wahl des Augenblicks einer Handlung,<br />
Ausdehnung über die sockelfläche hinaus, k<strong>on</strong>nte <str<strong>on</strong>g>Cragg</str<strong>on</strong>g> nicht mehr in<br />
Betracht ziehen, da diese k<strong>on</strong>zepti<strong>on</strong> an figürliche darstellungen <str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g> engeren<br />
sinne gebunden bleibt. dies schließt jedoch nicht aus, dass »Zeit« auf eine andere<br />
als die an Narrati<strong>on</strong> gebundene Weise in seinen Werken Gestalt findet.<br />
seine entsprechenden Lösungen entstanden stattdessen aus der Visualisierung<br />
v<strong>on</strong> energie, die <str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g> material entsteht. Hierfür gibt es historische Vorstufen, die<br />
nicht als einfluss <str<strong>on</strong>g>im</str<strong>on</strong>g> sinne v<strong>on</strong> Abhängigkeit zu betrachten sind, s<strong>on</strong>dern als<br />
momente der entwicklung der skulptur, die deren Feld verändert haben. Zwei<br />
Namen sind wichtig: medardo Rosso (Der Buchmacher, 1894. Abb. 5, s. 43)<br />
und Umberto Bocci<strong>on</strong>i. Rosso wird häufig als Bildhauer dem Impressi<strong>on</strong>ismus