Dr. Seidl - Vinnolit
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ALT-NEUÖTTINGER ANZEIGER VOM 13. JANUAR 2004 4/4<br />
in der Umorganisation der<br />
Standorte scheint die<br />
Globalisierung das<br />
Bayerische Chemiedreieck<br />
inzwischen voll erreicht zu<br />
haben. Der ehemalige<br />
Hoechst-Standort in Gendorf<br />
ist aufgesplittert in<br />
verschiedene Unternehmen,<br />
die SKW ist in der<br />
international aufgestellten<br />
Degussa aufgegangen, aus<br />
der VAW ist die VAW-IMCO<br />
geworden und aus der PVC<br />
Produktion bei WACKER<br />
und Hoechst ist die <strong>Vinnolit</strong><br />
hervorgegangen.<br />
Das ist richtig. Mit dieser<br />
Umstrukturierung haben die<br />
Unternehmen auf die<br />
Anforderungen der<br />
Globalisierung reagiert. Der<br />
Trend geht zu Spezialprodukten,<br />
die auf dem<br />
Weltmarkt ihr Geld<br />
verdienen, aber auch zu<br />
transparenten Kostenrechnungen.<br />
Das heißt, die<br />
Unternehmen müssen ihr<br />
Geld verdienen und es muss<br />
für die Investoren und<br />
Eigner sichtbar werden, wo<br />
das Geld verdient wird.<br />
Quersubventionen, wie sie<br />
in den großen und kaum<br />
mehr zu überschauenden<br />
Konzernen einst möglich<br />
waren, lässt die Wettbewerbssituation<br />
auf dem<br />
Weltmarkt nicht mehr zu. Ich<br />
sehe in dieser Entwicklung<br />
auch nichts schlechtes,<br />
denn sie hat enorme<br />
Investitionen für das<br />
Chemiedreieck gebracht.<br />
Die Unternehmen werden<br />
nicht abgebaut, sondern für<br />
den weltweiten Wettbewerb<br />
fit gemacht.<br />
Lässt sich einschätzen, wie<br />
es um die chemische<br />
Industrie im Bayerischen<br />
Chemiedreieck in etwa 20<br />
Jahren bestellt sein wird?<br />
Die Zeit der Planwirtschaft in<br />
den unübersichtlichen und<br />
weltweit aufgestellten<br />
Konzernen, wie sie bis Mitte<br />
der 90-er Jahre gewachsen<br />
waren, ist irreversibel vorbei.<br />
Aber ich sehe darin eher<br />
eine Chance, denn eine<br />
Gefahr. Die Marktwirtschaft<br />
hat Einzug gehalten und<br />
wird sich weiter entfalten.<br />
Das Hoffen auf staatliche<br />
Subventionen bringt vor<br />
diesem Hintergrund gar<br />
nichts. Andererseits ist es in<br />
den vergangenen Jahren<br />
gelungen, internationales<br />
Kapital, zum Beispiel<br />
angloamerikanischer<br />
Pensionsfonds in das<br />
Bayerische Chemiedreieck<br />
zu holen. <strong>Vinnolit</strong> mit Advent<br />
International und Klöckner<br />
Pentaplast mit Cinven als<br />
Investoren sind Beispiele.<br />
Die Finanzierung der<br />
Investitionen erfolgt nicht<br />
durch einen Ausverkauf des<br />
sprichwörtlichen Tafelsilbers<br />
der Unternehmen, sondern<br />
zu 30 bis 40 Prozent mit<br />
Geld aus den Fonds und in<br />
der Restsumme mit Bankgeld.<br />
Dem gegenüber steht<br />
als Leistungsziel ein<br />
Mehrwert an den Standorten,<br />
die sich auf dem<br />
Weltmarkt mit Gewinn<br />
behaupten können. Ein<br />
Vorteil in der Region ist hier<br />
die hohe Qualifikation und<br />
Motivation der Mitarbeiter,<br />
aber auch der bestehende<br />
Strukturverbund in großem<br />
Stil. Das Bayerische<br />
Chemiedreieck hat hier gute<br />
Karten, auch in Zukunft mit<br />
innovativen Produkten zu<br />
bestehen, wenn die<br />
Hausaufgaben - auch in der<br />
Strukturpolitik -gemacht<br />
werden.<br />
Herr <strong>Dr</strong>. <strong>Seidl</strong>,<br />
Heimatwirtschaft dankt für<br />
das Gespräch.<br />
Das Interview führte Ernst<br />
Deubelli.