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Bevorschussung der Kosten für eine Ersatzvornahme und weitere ...

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Jusletter 17. März 2003<br />

Roland Hürlimann / Thomas Siegenthaler, <strong>Bevorschussung</strong> <strong>der</strong> <strong>Kosten</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>Ersatzvornahme</strong> <strong>und</strong> <strong>weitere</strong> Trouvaillen zum Mängelhaftungsrecht<br />

dazu – unter Hinweis auf Art. 365 Abs. 3 OR – aus:<br />

[Rz 21] «Nach den Feststellungen <strong>der</strong> Vorinstanz hatte die Beklagte offenbar schon im Jahr 1987 Kenntnis von<br />

den nunmehr geltend gemachten konstruktiven Mängeln des Daches. Sie wäre deshalb verpflichtet gewesen, die<br />

angeblichen Mängel schon damals den Klägerinnen anzuzeigen.»<br />

[Rz 22] Die Abnahme <strong>der</strong> Arbeiten fand am 1. November 1986 statt; Kenntnisse über <strong>eine</strong> allfällige Drittursache<br />

erlangte <strong>der</strong> Unternehmer im Jahre 1987. Daraus folgt, dass <strong>der</strong> Unternehmer erst nach Abschluss s<strong>eine</strong>r Arbeiten,<br />

nämlich im Zuge <strong>der</strong> ersten Nachbesserungsversuche realisiert hat, dass die Wasserinfiltrationen teilweise auf<br />

<strong>eine</strong> mangelhafte Ausführung des Vorunternehmers zurückzuführen sein könnten.<br />

[Rz 23] Nach dem Wortlaut von Artikel 365 Abs. 3 OR hat <strong>der</strong> Unternehmer tatsächlich Anzeige zu machen,<br />

wenn sich «bei <strong>der</strong> Ausführung des Werkes» Verhältnisse zeigen, welche die gehörige Ausführung gefährden.<br />

Indem das B<strong>und</strong>esgericht Artikel 365 Abs. 3 OR auf <strong>eine</strong> erst nach Abschluss <strong>der</strong> Arbeiten eintretende Kenntnis<br />

des Unternehmers anwendet, geht es aber über den Wortlaut dieser Bestimmung <strong>und</strong> wohl auch über <strong>der</strong>en Sinn<br />

hinaus: Das Anzeigeerfor<strong>der</strong>nis bezweckt die rechtzeitige Warnung des Bestellers, so dass dieser in die Lage<br />

versetzt wird, gestützt auf den angezeigten Sachverhalt zweckmässige Entscheidungen zur Abwendung o<strong>der</strong><br />

Minimierung <strong>der</strong> Gefahr zu treffen. Die Verletzung <strong>der</strong> Anzeigepflicht nach Artikel 365 Abs. 3 OR (bzw. nach<br />

Art. 25 Abs. 1 SIA-Norm 118) bedeutet letztlich, dass <strong>der</strong> Unternehmer als Folge <strong>der</strong> unterlassenen Warnung <strong>eine</strong><br />

2<br />

Teilursache <strong>für</strong> das Eintreten <strong>eine</strong>r Gefahr setzt, z.B. <strong>für</strong> die Entstehung <strong>eine</strong>s Werkmangels. Wenn die<br />

Drittursache vom Unternehmer jedoch tatsächlich erst ein Jahr nach Abschluss <strong>der</strong> Arbeiten bzw. in concreto erst<br />

im Zuge <strong>der</strong> Nachbesserung erkannt wurde <strong>und</strong> diese Drittursache auch nicht früher erkannt werden musste, ist<br />

nicht ersichtlich, weshalb die unterlassene Anzeige <strong>für</strong> die Entstehung <strong>der</strong> Werkmängel ursächlich gewesen sein<br />

konnte.<br />

[Rz 24] Dennoch ist die Argumentation des B<strong>und</strong>esgerichts unseres Erachtens zutreffend: Die allgem<strong>eine</strong> Treue-<br />

<strong>und</strong> Sorgfaltspflicht erstreckt sich auch auf den nachbesserungspflichtigen Unternehmer . Der Unternehmer ist<br />

gehalten, auch «<strong>weitere</strong> Mängel s<strong>eine</strong>s Werkes, die er anlässlich <strong>der</strong> Nachbesserung entdeckt, dem Besteller<br />

3<br />

mitzuteilen». Anzuzeigen hat <strong>der</strong> Unternehmer nicht nur «Mängel s<strong>eine</strong>s Werkes», son<strong>der</strong>n nach Massgabe von<br />

Art. 30 Abs. 5 SIA-Norm 118 auch «Mängel o<strong>der</strong> Verzögerungen bei <strong>der</strong> Arbeit <strong>eine</strong>s Nebenunternehmers,<br />

welche Einfluss auf die vertragsgemässe Ausführung <strong>der</strong> eigenen Arbeit haben können, .. an<strong>der</strong>nfalls (..) er die<br />

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sich <strong>für</strong> s<strong>eine</strong> Arbeit ergebenden Folgen zu tragen (hat)».<br />

2. «Garantiefrist» als Rügefrist:<br />

[Rz 25] Der Unternehmer machte im Verfahren vor B<strong>und</strong>esgericht ferner geltend, die Vorinstanz habe es<br />

versäumt, die Rechtzeitigkeit <strong>der</strong> Mängelrüge zu klären, konkret die Frage, ob die Bauherrschaft mit ihrer Anzeige<br />

am 20. Juni 1996 den Mangel «sofort nach <strong>der</strong> Entdeckung» (Art. 179 Abs. 2 SIA-Norm 118) gerügt habe.<br />

Diesem Argument wi<strong>der</strong>sprach das B<strong>und</strong>esgericht wie folgt:<br />

[Rz 26] «Die Vorinstanz hat zutreffend festgehalten, dass die Parteien <strong>eine</strong> Garantiefrist von zehn Jahren<br />

vereinbart haben. Gemäss Art. 173 Abs. 1 SIA-Norm 118 kann <strong>der</strong> Bauherr in Abweichung vom Gesetz (Art. 367<br />

<strong>und</strong> 370 OR) während <strong>der</strong> Garantiefrist Mängel aller Art je<strong>der</strong>zeit rügen. Er muss den Mangel nicht sofort geltend<br />

machen, son<strong>der</strong>n darf damit bis zum letzten Moment <strong>der</strong> Garantiefrist zuwarten. Die Garantiefrist ist auch <strong>eine</strong><br />

Rügefrist (Peter Gauch, Kommentar zur SIA-Norm 118, Art. 157-190, Zürich 1991, N. 4 zu Art. 173 m.w.H.; in<br />

diesem Sinn auch BGE 107 II 172 E. 1c S. 178).»<br />

[Rz 27] Im Entscheid ist <strong>der</strong> Wortlaut <strong>der</strong> vereinbarten Garantie, welche die «Garantiefrist» enthält, nicht<br />

wie<strong>der</strong>gegeben. In Ziffer 1 <strong>der</strong> Urteilserwägungen wird die Klausel vom B<strong>und</strong>esgericht als « zehnjährige<br />

(Haltbarkeits-) Garantie» bzw. als «Haltbarkeitsgarantie» bezeichnet. Eine solche Klausel kann je nach Inhalt <strong>der</strong><br />

getroffenen Abrede <strong>eine</strong> Rügefrist, <strong>eine</strong> Verjährungsfrist, <strong>eine</strong> Haltbarkeitsfrist o<strong>der</strong> <strong>eine</strong> Kombination dieser<br />

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Fristen regeln. Eine spezielle Auslegungsregel, die im Zweifel <strong>für</strong> <strong>eine</strong> bestimmte Bedeutung <strong>der</strong> vereinbarten<br />

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Garantie-(frist) spricht, gibt es nicht. Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob <strong>der</strong> Unternehmer dem<br />

Bauherrn mit <strong>der</strong> vereinbarten Zehnjahresfrist ein je<strong>der</strong>zeitiges Rügerecht, <strong>eine</strong> verlängerte Verjährungsfrist<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> <strong>weitere</strong> Rechtsvorteile einräumen wollte. Die Auslegung <strong>der</strong> im B<strong>und</strong>esgerichtsurteil als<br />

(Haltbarkeits-)garantie bezeichneten Klausel hätte daher auch zu <strong>eine</strong>m an<strong>der</strong>en Ergebnis führen können, zum<br />

Beispiel zum Ergebnis, dass <strong>der</strong> Unternehmer dem Bauherrn <strong>eine</strong> definierte Werkeigenschaft (Tragfähigkeit <strong>eine</strong>r

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